Basilika
[* 2] (grch.), ursprünglich königl. Halle, [* 3] Amtssitz des Archon Basileus der alten Athener, ist der Name einer Gebäudegattung, die besonders bei den alten Römern zu eigentümlicher Ausbildung gekommen und dann auf eine besondere Art auf die christl. Kirche übertragen worden ist. Die Basiliken des Altertums dienten gleichzeitig dem kaufmännischen Verkehr und der bürgerlichen Rechtspflege; sie bestanden aus zwei Hauptteilen, dem Tribunal (Apsis, s.d.), das die Sitze der Richter enthielt und von halbkreisförmiger Grundform war, und dem Raume, der für den Verkehr großer Menschenmengen bestimmt und gewöhnlich von oblonger Grundfläche, mit Säulenhallen umgeben war.
Der Haupteingang befand sich meist gegenüber der
Apsis. Solche
Gebäude waren im
Römischen
Reich sehr häufig.
Doch haben sich nur bescheidene Reste derselben erhalten. Das bedeutendste dürfte die Basilika
Ulpia auf dem
Forum
[* 4] des
Trajan zu
Rom
[* 5] gewesen sein (110 m lang, 45 m breit), deren
Anlage aus dem Erhaltenen sich rekonstruieren läßt. Die große Mittelhalle
wurde hier von zwei Säulenreihen umgeben.
Besser erhalten ist
die nicht minder bedeutende Basilika
des Marentius
(erbaut noch 306 n. Chr.). Sie besteht aus einer mächtigen überwölbten
Halle mit je drei tiefen Seitennischen. Die etwa
gleichzeitige Basilika
zu
Trier
[* 6] ist der bedeutendste Rest einer solchen auf deutschem
Boden. Sie war einschiffig und mit flacher
Balkendecke versehen.
Basiliken hießen auch gewisse Säle in den größern Privatpalästen mit einer den Gerichtsbasiliken ähnlichen Anlage. Dieselben wurden von den ältesten Christen zu ihren Versammlungen benutzt und dienten dann, weil hierzu im hohen Grade geeignet, als Vorbild für die Anlage der ersten christl. Kirchen. (S. Altchristliche Kunst.) Im Laufe der Jahrhunderte wurde diese ursprüngliche Form, den erweiterten Bedürfnissen entsprechend, vielfach umgestaltet und künstlerisch weiter ausgebildet.
Die Umgestaltung betraf zunächst die alte Basilika
, indem diese aus einem meist ringsum mit
Säulen
[* 7] umgebenen Raum zu einem durch
Arkaden in 3 oder 5 Schiffe
[* 8] getrennten Langhaus wurde, das an beiden Seiten durch
Wände abgeschlossen war. Vor die vordere
Seite legte sich die Vorhalle
(Narthex, s. d.) und der
Vorhof
(Atrium, s. d.), die andere war vom großen
Thore durchbrochen
(Triumphbogen, s. d.) und führte zur
Apsis. Zwischen diese und das Langhaus wurde früh ein Querschiff eingefügt.
Im Langhause erheben sich die
Mauern über die
Arkaden des Mittelschiffs bis über die Dächer der Nebenschiffe,
so daß hier lichtbringende Fenster angebracht werden können.
Die Ausschmückung der Basilika
war eine sehr reiche: antike Marmorsäulen, großartige Bilderreihen in Mosaik, reicher
Marmorfußboden, bunt bemalte Deckenkonstruktionen in Holz.
[* 9] Außen wurde meist ohne
Verbindung mit der ein
Glockenturm
(Campanile,
s. d.) angefügt. Die großen frühchristl. Basiliken finden sich in
Rom und Ravenna. In
Rom die seit 1452 abgebrochene fünfschiffige Peterskirche (begonnen um 350 n. Chr.;
s.
Tafel: Altchristliche Kunst II,
[* 1]
Fig. 5), ferner Sta. Maria
Maggiore (nach 352 begonnen, mehrfach umgebaut, dreischiffig,
teilweise noch im alten Schmuck prangend),
San Paolo fuori le mura (5. Jahrh., bis zum
Brande von 1823 fast
unbeschädigt, jetzt glänzend erneuert, fünfschiffig;
[* 1]
Fig. 8), Sta.
Sabina (dreischiffig),
San Prassede (9. Jahrh., mit Beginn der Überwölbung der Schiffe) u. a.;
in Ravenna
San Apollinare nuove (Anfang 6. Jahrh., reichgeschmückt),
San Apollinare in Classe (534-549, prachtvolles Hauptwerk
des
Stils in Ravenna).
Der Basilikenbau verbreitete sich über
Syrien,
Kleinasien und gab auch im Norden
[* 10] die Anregung für die
Anlage der christl.
Kirchen; namentlich im frühroman.
Stil findet man eine eigenartige Fortbildung der frühchristlichen in
späterer Zeit verdrängen
Gewölbe
[* 11] die Balkendecke. Die durch Langhaus, Querschiff und
Chor festgestellte Kreuzform der Basilika
blieb
dauernd das
Merkmal namentlich der kath.
Kirchen. Erst in der Renaissance trat ihr der
Centralbau (s. d.)
gleichwertig zur Seite, der sich später mit der Basilika
zu neuen Gebilden mischte. Das charakteristische
Merkmal einer mittelalterlichen
Basilika
ist das überhöhte Mittelschiff mit Oberfenstern. Im 19. Jahrh. haben König
Ludwig I. von
Bayern
[* 12] und König
Friedrich Wilhelm IV. von
Preußen
[* 13] die Form der altchristl. Basiliken für
Kirchen wieder aufgenommen. Besonders glücklich geschah dies an der Basilika
des heil.
Bonifatius zu
München
[* 14] (1835-50 von Ziebland erbaut). Die
Kirche St.
Jakob zu
¶
mehr
Berlin
[* 16] (1850 vollendet, von Stüler) und die Friedenskirche zu Potsdam
[* 17] (gleichzeitig, von Persius) beweisen, daß die Basilika
, auf
deren Vorbild Bunsen hingewiesen hatte, sich für den prot. Kultus nickt eignen.
Vgl. von Quast, Die Basilika
der Alten (Berl. 1845);
Zestermann, Die antiken und christl. Basiliken (Lpz. 1847);
Weingärtner, Ursprung und Entwicklung des christl. Kirchengebäudes (ebd. 1858);
Mothes, Die Basilikenform bei den Christen der ersten Jahrhunderte (ebd. 1865);
Canina, Ricerche sull' architetura piu propria die tempi cristiani (Rom 1846);
Hübsch, Die altchristl.
Kirchen (Karlsr. 1863); Holtzinger,
Handbuch der altchristl. Architektur (Stuttg. 1889); Crostarosa, Le
[* 18] basiliche cristiane (Rom 1892); Allmers, Die altchristliche
Basilika
(Oldenb. 1894).