Basilika
[* 1] (griech., lat. vollständig basilica domus),
ursprünglicher
Name großer, zu Gerichtssitzungen und
Handelsgeschäften bestimmter Prachtgebäude. In
Athen
[* 2] hieß so besonders
der Amtssitz des Archon
Basileus; doch erhielt
Griechenland
[* 3] erst durch die
Römer
[* 4] Basilikenbauten. Die erste Basilika
wurde in
Rom
[* 5] von
Cato
Censorinus am
Forum
[* 6] zur Seite der
Kurie 185
v. Chr. errichtet und Basilica
Porcia genannt. Südlich
hinter dem
Forum lag die Basilica Sempronia, von
Tiberius
Sempronius
Gracchus erbaut, an der Ostseite des
Forums die Basilica
Opimii, ein Werk des
Konsuls
Quintus
Opimius von 151
v. Chr. Besonders prachtvoll war die Basilica Aemilia, von
Ämilius Paullus
auf der Nordseite des
Forums neben den
Stationes Municipiorum (Gesandtenquartier der Munizipien) aufgeführt.
Dieser gegenüber stand die Basilica
Julia an der Südwestecke des
Palatin, von
Julius Cäsar angefangen, von
Augustus vollendet
und zu den
Sitzungen des Zentumviralgerichts bestimmt. In
Pompeji
[* 7] stehen drei
Basiliken von mäßiger
Größe nebeneinander auf
einer der schmälern Seiten des
Forums
[* 1]
(Fig. 1). Vitruv beschreibt die in
Fano von ihm selbst erbaute Basilika.
Jene
Basilika
des
Cato war ein oblonger
Raum mit zwei Schmalseiten, deren eine, gegen das
Forum gekehrt, die
Fronte bildete, deren andre
eine
Exedra oder Apsisnische hatte.
Der mittlere
Raum
war an allen vier Seiten mit zweigeschossigen Säulenstellungen umsäumt, jedoch nicht
höher als die
Umgänge.
Vor der
Fassade des Gebäudes lag ein flach gedeckter
Portikus. Spätere Basilika
bauten behielten den
Saalbau im Innern, schlossen daran aber mannigfache Zuthaten, so einen doppelten
Umgang mit Pfeilerarkaden (Basilika
Julia), die
Fronte kam oft an die Langseite, und die
Apsis fiel weg, was auch an der Basilika
des Vitruv und der in
Pompeji
der
Fall war.
Die Basilika
Ulpia hatte dagegen große Exedren an beiden Schmalseiten; noch mehr variiert ist die des
Maxentius (von
Konstantin
vollendet), sie ist ganz gewölbt, mit zwei
Apsiden, einer an der Schmal- und einer an der Langseite.
Aus derselben Zeit stammt die seit 1846 hergestellte, für den evangelischen
Gottesdienst eingerichtete Basilika
zu
Trier,
[* 8] deren 69 m
langer, 31 m breiter und 30,5 m hoher Innenraum nördlich durch eine
Apsis geschlossen und durch eine Doppelreihe von
Fenstern
erleuchtet ist.
Die älteste Gestaltung der Basilika
, nämlich die Form aus den
Zeiten der
Republik, gewann dann eine weitere
Fortbildung in der
Architektur des Privathauses. Weil die große Anzahl der Schutzbefohlenen und die Parteibesprechungen in
den
Häusern der
Großen umfangreiche
Räume erforderten, bestanden Pfeilerbasiliken in den
Häusern, welche den
Plan der alten
Porcia in der Hauptsache festhielten, während die öffentliche in der angegebenen
Weise sich erweiterte
und umgestaltete. Da nun die ersten
Christen ihren
Gottesdienst in den
Häusern und zwar in deren Basilika
abhielten, so kam es, daß
nach dem Vorbild der
Basiliken die ersten christlichen
Kirchen erbaut wurden; doch zeigt sich schon gegen das Ende des 4. Jahrh.,
seit dessen Beginn der
Name Basilika
für christliche
Kirchen aufkommt, an den christlichen
Basiliken eine eigentümliche und bedeutsame
Umbildung der ursprünglichen
Anlage, die durch die
Katakomben- und Cömeterial-
(Begräbnis-)
Kirchen veranlaßt worden ist,
deren charakteristischer Bauteil die halbrunde
Apsis war.
Der Grundplan der alten Basilika
ist beibehalten: ein oblonger
Raum, der
Länge nach durch zwei Säulenstellungen
in drei
Schiffe
[* 9] geteilt, von denen das mittlere, das Hauptschiff, die größere
Breite
[* 10] hat und durch das neu hinzutretende
Element, die
Nische des
Altars (jetzt Tribuna,
Apsis, Absida,
Concha genannt), abgeschlossen wird. Das Mittelschiff ist zugleich
nicht nur breiter, sondern auch zu einer bedeutendern
Höhe als die Seitenschiffe emporgeführt.
Noch eigentümlicher
gestaltet sich die
Anlage der christlichen Basilika
, wenn
vor der Altartribüne, nach der
Breite des Gebäudes und aus dessen Seitenwänden
hervortretend, ein
Querschiff von der
Höhe und
Breite des mittlern Langschiffs angebracht ist, wodurch im
Grundriß die Gestalt
eines
Kreuzes entsteht. In ästhetischer Hinsicht ist die Einführung des
Querschiffs aber insofern sehr
wirksam, als dadurch der Innenraum des Gebäudes, ehe er in der Altarnische sich abschließt, noch einmal in großartiger
Erweiterung erscheint und somit die erhabene Bedeutung des Sanktuariums entschieden hervorhebt. Wo das mittlere Langschiff
in das
Querschiff mündet, ist eine große Bogenwölbung von der einen Wand zur andern geführt, welche
auf vortretenden kolossalen
Säulen
[* 11] ruht und an den
Pfeilern, mit denen die Säulenreihen der
Schiffe hier abschließen, sowie
an den Seitenwänden des
Querschiffs ihr
Widerlager findet.
Dieser Bogen [* 12] heißt, indem man einen heidnischen Namen auf die christliche Vorstellung vom Sieg Christi über den Tod, den das Sakrament des Altars feiert, übertrug, der Triumphbogen. Mehrfach haben die großen Basiliken, welche mit einem Querschiff versehen sind, statt jener drei Langschiffe deren fünf, so daß sich dem höhern Mittelschiff auf jeder Seite zwei niedrigere Seitenschiffe anreihen. Das Äußere dieser im Innern mit prachtvollen Mosaiken geschmückten Basiliken war sehr einfach, und nur die in großen Dimensionen ausgeführten Fenster gaben demselben einige Abwechselung. Wirkungsreich aus-
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1.
Grundriß der Basilika
zu
Pompeji.]
¶
mehr
gebildet erscheint die Anlage der Fenster, wenn sie von einer vorspringenden Bogenarchitektur umfaßt werden, wodurch die ganze Wand durch eine Stellung von Arkaden auf Pfeilern, in welche die Fenster eingesetzt zu sein scheinen, aufgelöst erscheint. Auch die Fassade hat ähnliche Fensteröffnungen. Zuweilen (meist indes wohl nur in späterer Zeit) ward der obere Teil der Fassade mit Mosaikgemälden geschmückt, während der untere Teil derselben, welchen die Thüren einnahmen, mit einem Portikus versehen war.
In der Regel war vor den Kirchen, wenigstens var den größern, ein Vorhof (Atrium oder Paradisus) mit einem Brunnen [* 14] in der Mitte, der zum Reinigen der Hände, als Sinnbild der Reinigung der Seele, ehe man die Kirche betrat, bestimmt war [* 13] (Fig. 2). Unter dem Hauptaltar, welcher vor der Tribüne stand, befand sich in der Regel eine kleine unterirdische Kapelle, in welcher die Gebeine des Heiligen ruhten, von dem die Kirche den Namen führte. Die Form dieser Kapelle (Krypte, Confessio, Memoria) war verschieden, bald ein einfaches Gruftgewölbe, bald ein architektonisch ausgebildeter Raum.
Kirchen dieser oder ähnlicher Art waren und sind zu Rom: Johann im Lateran und Paul außer den Mauern (jetzt nach dem zerstörenden
Brand von 1823 nicht geschickt und willkürlich wiederhergestellt; Innenansicht [vor der Restauration], Grundriß und Querschnitt
der alten Kirche s. Tafel »Baukunst
[* 15] VII«,
[* 16] Fig. 1-3), Santa Maria Maggiore, San Elemente, San Pietro in Vincoli, Santa Sabina auf
dem Aventin, Santa Maria und San Crisogono jenseit des Tiber; zu Ravenna: Sant' Apollinare, von Justinian I. erbaut und sehr gut
erhalten. In neuester Zeit hat König Ludwig von Bayern
[* 17] durch Ziebland eine Basilika
(des heil. Bonifacius) im
alten Stil zu München
[* 18] aufführen lassen.
Auch die Jakobikirche in Berlin [* 19] von Stüler ist in diesem Stil erbaut.
Vgl. »Die christlichen Basiliken Roms« (50 Tafeln von Gutensohn und Knapp mit Text von Bunsen; neue Ausg., Münch. 1864);
Zestermann, Die antiken und christlichen Basiliken (Leipz. 1847);
Quast, Die Basilika
der Alten (Berl. 1845);
Meßmer, Ursprung der Basilika (Leipz. 1854);
Weingärtner, Ursprung des christlichen Kirchengebäudes (das. 1857);
Hübsch, Die altchristlichen Kirchen (Karlsr. 1861-63, 63 Tafeln mit Text);
Reber, Die Urform der römischen Basilika (»Mitteilungen der k. k. Zentralkommission«, Wien [* 20] 1869);
Derselbe, Kunstgeschichte des Altertums (Leipz. 1872);
Kraus, Die christliche Kunst in ihren frühsten Anfängen (das. 1872);
Stockbauer, Der christliche Kirchenbau in den ersten sechs Jahrhunderten (Regensb. 1874);
Dehio, Die Genesis der christl. Basilika (Münch. 1883);
Lange, Haus und Halle [* 21] (Leipz. 1885).
[* 13] ^[Abb.: Fig. 2. Grundriß einer altchristlichen Basilika.]