Baseler
Konzil, die letzte der allgemeinen Kirchenversammlungen des 15. Jahrh., auf der eine Kirchenreform angestrebt wurde, dauerte vom bis Das Konstanzer Konzil (s. d.) hatte, um die Kirche an Haupt und Gliedern zu reformieren, die altkirchliche Anschauung von den allgemeinen Konzilien als oberster richterlicher und gesetzgebender Macht in der Kirche erneuert und durch das Dekret Frequens den periodischen Zusammentritt solcher Kirchenversammlungen verordnet.
Martin V., durch polit. Bedrängnisse und durch die Hussiten in Verlegenheit gebracht, berief ein neues Konzil nach Basel. Sein Nachfolger Eugen IV. bestätigte die Berufung und übertrug die Leitung des Konzils dem Kardinallegaten Giuliano Cesarini von St. Angelo. Am wurde das Konzil eröffnet und bestimmte in seiner Geschäftsordnung, daß nicht, wie in Konstanz, nach Nationen abgestimmt werden sollte, daß vielmehr aus allen Nationen und Rangstufen vier Deputationen (für Glaubenssachen, Friedensahngelegenheiten, Kirchenreform und Konziliengeschäfte) zu bilden und drei davon zu einem allgemeinen Konzilbeschlusse nötig seien.
Die erste öffentliche Versammlung fand 14. Dez. unter dem Vorsitze Cesarinis statt und bestimmte als Aufgaben des Konzils die Ausrottung der Ketzereien, die Vereinigung aller christl. Völker in der allgemeinen kath. Kirche, die Beilegung der Kriege zwischen christl. Fürsten und die Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern. Infolge dieser energischen Beschlüsse löste der Papst bereits 18. Dez. durch die Bulle Quoniam alto das Konzil auf; aber Kaiser Sigismund wie der Kardinallegat machten Gegenvorstellungen, und das Konzil selbst erklärte daß es als ökumenisches über dem Papste stehe.
Der Papst wurde wiederholt nach Basel eingeladen, und als er nicht erschien, mit Absetzung bedroht. Durch Empörungen im Kirchenstaate bedrängt, gab er nach und erkannte das Konzil und dessen Beschlüsse an. Dieses hatte unterdessen sein Ansehen sehr gehoben durch die teilweise Beseitigung der hussitischen Ketzerei. Durch ein Schreiben vom dann durch mehrere Deputationen eingeladen, erschien eine große Deputation der Hussiten in Basel. Auf Grund der hier gepflogenen Verhandlungen kamen die sog. Prager Kompaktaten (auch Baseler Kompaktaten) zu stande, nach welchen gegen Einräumung des Laienkelchs und einiger anderer Punkte die gemäßigtere Partei der Hussiten (s. d.) sich mit Rom versöhnte.
Bei der Durchführung einer Reform der Kirche an Haupt und Gliedern ließ das Konzil sich allzusehr von seiner Feindschaft gegen die Kurie leiten. Seit dem Jan. 1435 wurden Beschlüsse zur Hebung der Sittenzucht und Reform des Klerus gefaßt, wie gegen das Konkubinat der Priester, gegen Mißbräuche des Bannes, des Interdikts, des Appellationsrechts u.s.w. Die freie Wahl der Kapitel wurde wiederhergestellt, die päpstl. Disposition über die Pfründen an Kathedral- und Kollegiatkirchen beinahe völlig aufgehoben, die Appellationen nach Rom beschränkt und durch Abschaffung der Annalen, Palliengelder und ähnlicher Einnahmen der röm. Kurie die reichste Quelle ihrer Einkünfte verstopft.
Den Schluß der Reformen bildete ein neues Papstwahlgesetz und eine Umgestaltung des Kardinalkollegiums. Der Papst sollte hiernach beim Antritte seines Amtes eidlich geloben, die Beschlüsse des Konzils aufrecht zu erhalten und dasselbe alljährlich zusammenberufen. Das Kardinalkollegium wurde auf 24 Mitglieder beschränkt, die aus allen Nationen in der Weise zu wählen sein sollten, daß keiner mehr als ein Dritteil angehörte, und die sich selbst ergänzen und alle Amtshandlungen des Papstes überwachen, seine Bullen kontrasignieren und dafür die Hälfte der Einkünfte des Kirchenstaats beziehen sollten.
Diese Beschlüsse, die von der mildern Minorität des Konzils gemißbilligt wurden, erneuerten den Streit mit dem Papste, und die Union, die der von den Türken arg bedrängte griech. Kaiser Johannes VIII. Paläologos mit dem Abendlande anstrebte, führte den völligen Bruch herbei. In einer stürmischen Sitzung, beriet das Konzil über den Ort der Unionsversammlung mit den Griechen; die Majorität beschloß, dieselbe in Basel, Avignon oder einer Stadt Savoyens abzuhalten, während die dem Papste mehr geneigte Minorität eine Stadt Italiens bestimmte.
Darüber trennte sich das Konzil; die päpstl. Partei verließ Basel und siedelte nach Ferrara über. Die feindliche Mehrheit, geleitet von Louis d'Allemand, Kardinal und Erzbischof von Arles, blieb zurück und ging jetzt immer weiter in ihrer Opposition gegen den Papst. Am wurde dieser nebst seinen Kardinälen binnen 60 Tagen nach Basel geladen, von seinem Amte suspendiert, und als er nicht erschien, auf Grund der acht kath. Wahrheiten als rückfälliger Ketzer abgesetzt. An seiner Stelle ward Herzog Amadeus von Savoyen, der die Regierung niedergelegt hatte, als Felix V. zum Papste gewählt. Der neue Papst ward nur von seinem Sohne, den Schweizern und dem Herzoge von Bayern anerkannt, während Eugen den meisten Mächten Euro-[^folgende Seite]
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pas nach wie vor als das rechtmäßige Oberhaupt der Kirche galt. Die Franzosen und Deutschen suchten wenigstens die vor dem Prozesse gegen Eugen erlassenen Reformdekrete des Konzils zu retten. Karl VII. von Frankreich erhob dieselben durch die Pragmatische Sanktion zum Staatsgesetz, und auch die deutschen Kurfürsten nahmen sie auf dem Tage zu Mainz an; in dem Kompetenzstreite zwischen Eugen und dem Konzil erklärten sie sich neutral. Aber der neue Kaiser Friedrich III. war dem Konzil nicht geneigt.
Sein Geheimschreiber Äneas Sylvius (später Pius II.), früher eins der Häupter der Opposition auf dem Konzil, leitete jetzt insgeheim die Verhandlungen des Kaisers mit Rom. Die Erzbischöfe von Trier und Köln, wegen ihres Festhaltens an den Baseler Beschlüssen von Eugen IV. entsetzt (1445), vereinigten noch einmal die deutschen Kurfürsten zu einer Art von Ultimatum an Eugen worin sie die Genehmigung der Baseler Dekrete und die Einberufung eines neuen Konzils nach einer deutschen Stadt auf den verlangten und im Weigerungsfalle sich förmlich auf die Seite der Baseler Versammlung zu stellen drohten.
Aber Friedrich III. ließ durch Äneas Sylvius hinter dem Rücken der Kurfürsten mit dem Papste und den übrigen Reichsfürsten unterhandeln. Gegen geringe Zugeständnisse und gegen die Zurücknahme der Dekrete, welche die beiden Erzbischöfe entsetzten, ließ sich die Mehrheit der Reichsstände zur Anerkennung Eugens IV. herbei (Sept. 1446), und der Papst empfing auf dem Sterbebette die Obedienz der deutschen Nation Die Schlauheit des neuen Papstes Nikolaus V. und die Treulosigkeit des Äneas Sylvius wußten bald darauf auch noch die wenigen Zugeständnisse Eugens den Deutschen größtenteils zu entwinden (Wiener Konkordat vom Der Kaiser ging mit einem Separatvertrage voran, die Reichsfürsten traten einer nach dem andern bei, die Mächtigern durch besondere Verwilligungen gewonnen.
Die Reste des Konzils, denen die Reichsstadt Basel ihren Schutz entzog, siedelten nach Lausanne über. Aber als ihr Papst Felix seine Würde niederlegte und sich mit dem Kardinalstitel begnügte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als Nikolaus V. anzuerkennen und sich aufzulösen. Die Baseler Beschlüsse sind in keine röm. Konziliensammlung aufgenommen und von den röm. Kurialisten für nichtig erklärt worden. Dennoch sind sie eine Quelle des kanonischen Rechts für Frankreich und Deutschland, da sie in die Pragmatische Sanktion von Bourges und teilweise auch in die Mainzer Acceptation übergegangen, auch nachmals, wenigstens soweit sie die Kirchenzucht betreffen, nicht völlig aufgehoben worden sind. Die handschriftlich in Paris und Basel aufbewahrten Akten des Konzils sind gedruckt in der Sammlung von Mansi und öfter. -
Vgl. auch Wessenberg, Die großen Kirchenversammlungen des 15. und 16. Jahrh., Bd. 2 (Konstanz 1840);
G. Voigt, Enea Sylvio de' Piccolomini, als Papst Pius II., und sein Zeitalter, Bd. 1 (Berl. 1856);
Hefele, Konziliengeschichte, Bd. 7 (Freib. i. Br. 1874; 2. Aufl. 1891);
O. Richter, Die Organisation und Geschäftsordnung des Baseler Konzil (Lpz. 1877);
Pastor, Geschichte der Päpste (Freib. i. Br. 1886).