ein gräflich Hahnsches Gut in Mecklenburg-Schwerin, unweit des Malchiner Sees, an der Linie
Malchin-Waren der Mecklenburgischen Eisenbahn, mit einer altgotischen Kirche, einem prächtigen Schloß nebst schönen Gartenanlagen
und Tiergarten, Gestüt und (1880) 429 Einw.
Johann Bernhard (eigentlich Joh. Berend Bassedau), bekannter Reformator des Erziehungs- und Unterrichtswesens,
geb. zu Hamburg, war der Sohn eines Perückenmachers, welcher ihn unter so strenger Zucht hielt,
daß der Knabe aus dem väterlichen Haus entfloh und bei einem Landphysikus im Holsteinischen in Dienste trat. Dieser erkannte
die reichen Anlagen des Knaben und schickte ihn mit Empfehlungen zu seinem Vater
nach Hamburg zurück. Hier besuchte Basedow 1741-44
das Johanneum und studierte dann in Leipzig Theologie.
Nach kurzem Aufenthalt in der Vaterstadt war er (1749-53) in einem adligen Haus in Holstein Hofmeister, worauf er 1753 die Professur
der Moral und der schönen Künste, später auch der Theologie an der Ritterakademie zu Sorö erhielt. Freisinnige Schriftstellerei,
namentlich sein Buch »Praktische Philosophie für alle Stände« (Kopenh. 1758),
brachte ihn in Widerstreit
mit dem Kurator der Akademie, Grafen Daneskiold, infolge dessen er 1761 an das Gymnasium zu Altona versetzt ward. Seine dort verfaßten
popularphilosophischen Schriften: »Philalethie. Neue Aussichten in die Wahrheiten und Religion der Vernunft etc.« (Altona 1764, 2 Bde.),
»Theoretisches System der gesunden Vernunft« (das. 1765),
wie die theologisch-pädagogischen: »Grundriß
der Religion, welche durch Nachdenken und Bibelforschen erkannt wird« (das. 1764),
»Methodischer Unterricht der Jugend in der
Religion und Sittenlehre der Vernunft« und »Methodischer Unterricht in der überzeugenden Erkenntnis der biblischen Religion« (das.
1764), erregten gewaltige Bewegung unter den orthodoxen Theologen und wurden in mehreren deutschen Ländern
verboten. Sie machten aber gleichzeitig in der öffentlichen Meinung Basedow zum Helden und Märtyrer der Aufklärung. Ermutigt vom
Minister Grafen Bernstorff, der ihn mit Belassung seines Gehalts vom Lehramt entband, widmete sich Basedow seit 1767 ganz der Reform
des Unterrichtswesens welche er im Anschluß an Rousseaus inzwischen erschienenen »Émile« im großen Stil
plante.
Ostern 1768 erschien seine »Vorstellung an Menschenfreunde für Schulen, nebst dem Plan eines Elementarbuches der menschlichen
Erkenntnisse«. Er legte in derselben die unschätzbare Wichtigkeit einer guten Erziehung und namentlich eines richtig erteilten
Unterrichts, der von der Körperpflege und Betrachtung der Sinnenwelt auszugehen und der Natur sich anzuschließen
habe, mit Begeisterung dar und forderte zur Unterstützung seiner Unternehmungen auf. Der Erfolg war großartig. Aus dem umfassenden
Briefwechsel, in welchen ihn die zahlreichen Anfragen seiner Anhänger verwickelten, entstanden (1768 u.
1769) seine »Unterhaltungen mit Menschenfreunden«, später »Vierteljährige Nachrichten vom Elementarwerk« betitelt (1770 u.
1771). Die Pränumeration auf das große Elementarwerk ergab bis 1770 mehr als 7000 Reichsthaler.
Als Vorläufer erschien 1769 das Schriftchen »Endzweck, Möglichkeit und Probe
des versprochenen Elementarbuches«; 1770 das »Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien der Völker«; 1774 das »Elementarwerk«
selbst in 4 Bänden mit 100 größtenteils von Chodowiecki entworfenen Kupfertafeln. Es fand allgemeinen
Beifall und wurde in mehrere fremde Sprachen, selbst ins Russische, übersetzt, hatte aber keineswegs den gehofften praktischen
Erfolg und wurde nur wenig im Unterricht der öffentlichen Schulen verwertet.
Auf den Ruf des Fürsten Leopold Franz Friedrich von Anhalt-Dessau war inzwischen Basedow 1771 mit 1100 Thlr. Gehalt
nach Dessau übergesiedelt, um dort eine Musterschule nach seinen Grundsätzen ins Leben zu rufen. Die 1774 eröffnete Anstalt
erhielt den Namen »Philanthropin«, welchen Basedow gewählt hatte, um allgemein menschliche Bildung und naturgemäße, zwanglose
Weise der Erziehung öffentlich als sein Ziel hinzustellen. Seine Mitarbeiter waren die Schweizer Simon und Schweighöfer
und der Jeveraner Wolke. Anfangs gedieh die
mehr
Anstalt zu erfreulicher Blüte, und anderwärts, besonders in Deutschland und in der Schweiz, wurden »Philanthropine« nach ihrem
Muster in ziemlicher Anzahl gegründet; aber schon die 1775 unter großem Geräusch abgehaltene erste öffentliche Prüfung
fand sehr verschiedene Beurteilung, und Basedow selbst hielt bei dem Werk, welches er ins Dasein gerufen hatte,
nicht lange aus. Nach vielen Händeln, besonders mit seinem Mitarbeiter Wolke, legte er schon 1776 die Direktion der Anstalt
nieder und lebte seitdem bald in Dessau, bald in Leipzig, Halle, Magdeburg.
Seiner pädagogischen Studien überdrüssig, wandte er sich wieder der Theologie zu. Aus jener Zeit datieren seine Schrift »Vermächtnis
für die Gewissen«, die »Urkunde einer neuen Gefahr für das Christentum« (welche er in Semlers Widerlegung
des Wolfenbütteler Fragmentisten finden zu müssen glaubte) und sein »Examen in der alten natürlichsten Religion«, welch letztere
Schrift er selbst »den besten Sohn seines Geistes« zu nennen pflegte. Er starb in Magdeburg.
Basedow, von seinen Zeitgenossen oft über Gebühr gepriesen, ist von der Nachwelt bisweilen unterschätzt worden. Er war ein reichbegabter,
anregender Geist und erfüllt von aufrichtiger Begeisterung für das erkannte Gute, namentlich für das Wohl der Menschheit.
Leider fehlten ihm Selbstbeherrschung, Ausdauer und fester sittlicher Halt, lauter Eigenschaften, welche der Pädagog
zu einer gedeihlichen Ausübung seines Berufs am wenigsten entbehren kann. Bekannt ist die Parallele, welche Goethe in »Wahrheit
und Dichtung« zwischen und Lavater, seinen beiden Begleitern auf einer Rheinreise (1774), entwirft. In religiöser Beziehung
war Basedow leidenschaftlicher Rationalist und Anhänger der natürlichen Religion, welche er für den wahren Kern
des Christentums hielt; auch auf diesem Gebiet beeinträchtigte der Mangel an Gemütstiefe sein Wirken.
Auf dem Gebiet der Pädagogik ist trotz allem die Nachwirkung seiner Anregungen eine sehr bedeutende und nach der kritischen
Ausscheidung seiner Einseitigkeiten eine im ganzen heilsame gewesen.
Vgl. Rathmann, Beiträge zur Lebensgeschichte Basedows
(Magdeb. 1791);
J. Chr. Meyer ^[Johann Christian Meier], Leben, Charakter und Schriften Basedows (Hamb. 1791-92, 2 Bde.);
K. v. Raumer, Geschichte der Pädagogik, Bd. 2 (5. Aufl., Gütersl.
1879);