Baschkiren
,
eigentlich Baschkurt, ein gewöhnlich zu den turk-tatar. Stämmen gerechnetes, aber wahrscheinlich ursprünglich finnisches, doch durch Mischung in Sprache [* 3] und Sitte wie in Gesichtsbildung und Farbe tatarisch gewordenes Volk, von den Kirgisen Istäk (Ostjak) genannt. Sie wohnen im südl. Uralgebiete, hauptsächlich auf dessen Westseite und den anstoßenden Ebenen des Wolgagebietes, zu beiden Seiten der Bjelaja in den Gouvernements Ufa, Orenburg, Perm, Samara und einem Teile von Wjatka. Der Name Baschkurt kommt zum erstenmal im Anfang des 10. Jahrh, bei dem Araber Ibn Fadlâh in dem Berichte von dessen Gesandtschaft zu den Wolga-Bulgaren vor. Von abendländ. Schriftstellern werden sie zuerst im 13. Jahrh. von den Reisenden Plano Carpini und Rubruquis erwähnt. Diese bezeichnen sie unter dem Namen Pascatir als ein am obern Teile des Uralstroms wohnendes Volk, ¶
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das dieselbe Sprache rede wie die Ungarn [* 5] (daher Major Hungaria). Bis zur Ankunft der Mongolen und Tataren waren die ein selbständiges, großes Volk, welches fortwährend die benachbarten Weißen Bulgaren beunruhigte. Kurz vor der Mitte des 13. Jahrh, wurden sie jedoch von den Tataren unterworfen und standen nun unter einer dreifachen Herrschaft: die Sauralskije (jenseit des Ural) gehörten zum sibirischen, die Bjelskije (am Flusse Bjelaja) zum kasanischen, die Gorskije (Bergbewohner) zum nogaischen Chanat.
Sie selbst leiten sich von den turk-tatar. Nogaiern ab, welche im 14. und 15. Jahrh, den südl.
Ural beherrschten, und von denen die anstoßenden Steppenniederungen die große Nogai hießen. Zur
Zeit, als Kasan
[* 6] durch den russ. Großfürsten Iwan I. 1487 erobert wurde und durch Iwan II. 1552 das kasanische Chanat ein Ende
nahm, waren die Baschkiren
bereits ohne Macht. Sie unterwarfen sich dem russ. Scepter
und erhielten das Land zwischen der Kama und Bjelaja angewiesen; an letzterer wurde 1573 Ufa als Hauptstadt
des Baschkiren
landes zum Schutze gegen die Kirgisen gegründet.
Die Baschkiren
empörten sich indes wiederholt gegen die russ. Herrschaft: so 1672-76
unter Seit, 1707-8 unter Aldar und Kußjum, zuletzt zur Zeit der Gründung Orenburgs 1735-41 unter Abys Kilmjak, wodurch
sie in Wohlstand und Volksmenge sehr herunterkamen. Nach ihrer Unterwerfung (1741) erhielten sie eine
militär. Organisation. 1786 wurden sie von Steuern befreit und seit 1798 sind sie zum Dienste
[* 7] der unregelmäßigen Reiterei
herangezogen. Früher zahlten sie keine Steuern; jeder mußte aber vom 17. bis 40. Jahre Kriegsdienst leisten.
Die Baschkiren
bildeten den Hauptteil der sog. Baschkirskoje Woisko
(Baschkiren
heers), zu dem auch viele in den Gouvernements Orenburg, Ufa, Wjatka und Samara wohnende Tataren, hauptsächlich
Teptjären und Tümen gehörten; sie zerfielen in 13 Kantone, und jeder von diesem in eine Anzahl Jurten. Sie standen unter
dem Gouverneur von Orenburg, militärisch unter einem eigenen Ataman; jeder Jurt wählte seinen Starschina
oder Anführer selbst. Pfeil und Bogen,
[* 8] mit denen sie in den Befreiungskriegen im westl. Europa
[* 9] erschienen, wurden später
mit Lanze und Flinte vertauscht.
Sie bildeten, mit übergesiedelten Donkosaken gemischt, den Uralfluß entlang den Grenzkordon gegen Asien
[* 10] oder die Linie der
Uralischen Kosaken. Jetzt ist das Baschkirenheer
aufgelöst, und die Baschkiren
sind Abgaben zahlende Kronsbauern
wie die übrigen Tataren des östl. Rußlands. Offiziell werden aber noch alle diese Tataren ohne Rücksicht auf ihre Abstammung
als Baschkiren
bezeichnet. Die eigentlichen Baschkiren bewohnen, etwa 750000 Köpfe stark, ein Gebiet von ungefähr 140000 qkm, das halb mit
Wald bedeckt ist.
Man teilt sie in ansässige und wandernde Baschkiren.
Die erstern wohnen in Dörfern und treiben
Viehzucht,
[* 11] Ackerbau und Bienenzucht.
[* 12] Die nomadisierenden, wiederum in Gebirgs- und Steppenbaschkiren
zerfallend, leben teils
von der Jagd, teils von Viehzucht, aber mit solcher Sorglosigkeit, daß im Winter manchmal das Futter fehlt. Die Baschkiren
haben
große, runde Köpfe, ein plattes Gesicht
[* 13] mit großen Ohren und schwachem Barte, dunkle Hautfarbe, schmalgeschlitzte
Augen, eine gerade, kurze Stirn, schwarze Haare,
[* 14] breite Brust und breite Schultern, sind überhaupt stark und muskulös und zu
jeder Arbeit und Ertragung von Beschwerden tüchtig. Sie bekennen sich seit alter Zeit zum Islam. Die Kleidung der Baschkiren
besteht
in einem blauen Hemde oder einem
langen, asiat. Oberkleide nebst Gürtel
[* 15] und einem großen Schafpelz,
die Kopfbedeckung aus einer spitzen Filzmütze. Sie zeigen sich gastfrei, sind aber mißtrauisch, träge und diebisch, besonders
zum Pferdediebstahl geneigt. Ihr Lieblingsgetränk ist gesäuerte gekochte Milch (Airan), nächstdem Thee und der Kumys (s. d.).
Im J.1874 wurde nach Aufhebung des Baschkiren
heers bei den Baschkiren, wie bei einigen andern
der russ. Herrschaft unterworfenen Fremdvölkern, die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, und 6.Iuli 1874 wurde, zunächst
versuchsweise, in Orenburg eine Schwadron Baschkiren
für die Dienstpflichtigen errichtet. Der Generalgouverneur Kryschanowskij förderte
erfolgreich die Entwicklung dieser Truppe, durch welche die Baschkiren
allmählich mit dem Dienste der regulären
Reiterei bekannt gemacht werden sollen, errichtete 1875 bereits eine zweite Schwadron und 1876 ein Baschkiren
regiment von
vier Schwadronen. Diese Lehrtruppe hat einen Stamm von 17 Offizieren und 84 Beamten, Unteroffizieren und Mannschaften der regulären
Kavallerie und ist mit gezogenen Gewehren bewaffnet. Unter den Offizieren sind eingeborene Adlige.