Saint-Hilaire (spr. ssängt-ilar), Jules, franz. Gelehrter
und Staatsmann, geb. 19. Aug. 1805 zu Paris, erhielt nach vollendeten Studien eine Stelle im Finanzministerium,
war aber auch zugleich als liberaler Publizist (Mitarbeiter am »Globe«, »National« etc.) thätig, bis er Ende 1833 der Publizistik
entsagte, um sich ausschließlich wissenschaftlichen Arbeiten zu widmen. Seine Übersetzung des Aristoteles (s. unten) verschaffte
ihm die Professur der griechischen und römischen Philosophie am Collège de France, die er zu Anfang 1838 antrat.
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Im März 1839 wurde er zum Mitglied der Akademie erwählt und bekleidete 1840 vier Monate lang das Generalsekretariat des Ministers
des Unterrichts. Nach der Februarrevolution 1848 in die Konstituante und Legislative gewählt, hielt er sich zur Partei der Gemäßigten
und ward Mitglied, bald darauf Präsident der Kommission des öffentlichen Unterrichts, beim Staatsstreich
von 1851 aber auf kurze Zeit verhaftet und nach Mazas abgeführt. Napoleon III. den Eid verweigernd, legte er 1852 seine Professur
nieder und wandte sich wieder ausschließlich seinen litterarischen Beschäftigungen, insbesondere dem Studium des Sanskrits
und der altindischen Philosophie, zu. Mit Lesseps war Barthélemy 1855-58 für die Ausführung des Suezkanals thätig. 1871 in
die Nationalversammlung zu Bordeaux gewählt, wirkte er daselbst für die Ernennung seines Freundes Thiers zum Chef der Exekutivgewalt
und stand demselben bis zu dessen Sturz als Generalsekretär treu zur Seite. 1876 ward er zum Senator auf Lebenszeit erwählt
und gehörte als solcher, wie vorher in der Nationalversammlung, zum linken Zentrum.
In dem Kabinett Ferrys vom 30. Sept. 1880 übernahm er das Portefeuille des Auswärtigen, nahm aber beim Rücktritt Ferrys (November
1881) ebenfalls seine Entlassung. Als Gelehrter hat sich Barthélemy besonders um die Geschichte der griechischen
und als gründlicher Kenner des Sanskrits um jene der indischen Philosophie verdient gemacht. Seine litterarische
Hauptleistung ist die französische Übersetzung der Werke des Aristoteles, die 1837-83 erschien. Außerdem veröffentlichte
er: »De la logique d'Aristote« (1839, 2 Bde.; Preisschrift);
»De l'école d'Alexandrie« (1845);
»Sur les Védas« (1854);
»Du Bouddhisme« (1855);
»Le Bouddha et sa religion« (3. Aufl. 1866);
»Mahomet et le Coran« (1865);
»Philosophie des deux Ampère« (2. Aufl. 1869);
»A la démocratie française«
(1874);
»De la métaphysique, sa nature et ses droits« (1879; deutsch von Goergens, Leipz.
1879) u. eine Übertragung der Ilias in Versen (1869, 2 Bde.).
Saint-Hilaire (spr. ßängt ilähr),
Jules, franz. Gelehrter und Staatsmann, geb. 19. Aug. 1805 zu Paris, wurde
nach vollendeten Studien Beamter im Finanzministerium, widmete sich gleichzeitig der Journalistik und arbeitete 1827 -30 am
«Globe ». Nach der Julirevolution begründete er mit
Rodde und Cauchois-Lemaire den «Bon Sens» und schrieb für oppositionelle Blätter. Ende 1833 entsagte er jedoch der Publizistik
und wandte sich ausschließlich wissenschaftlichen Arbeiten zu. Seine Gesamtübersetzung des Aristoteles, 1832-93 erschienen,
teilweise neu aufgelegt, verschaffte ihm die Professur der griech. und röm.
Philosophie am Collège de France, die er Jan. 1838 antrat. Im März 1839 ward er, nachdem er mit der Schrift
«De la logique d'Aristote» «1) (1838) einen Akademiepreis errungen
hatte, zum Mitgliede der Akademie der Wissenschaften erwählt. Nach der Februarrevolution 1848 im Depart. Seine-Oise
in die Konstituierende und die Gesetzgebende Versammlung gewählt, hielt er sich zu den Gemäßigten.
Beim Staatsstreiche von 1851 ward er gefangen gesetzt, verweigerte 1852 Napoleon III. den Eid und legte seine Professur nieder. 1871 in
die Nationalversammlung gewählt, wirkte er dort für die Ernennung Thiers' zum Chef der Exekutive, dem er als Generalsekretär
und treuer Freund bis zu seinem Sturz zur Seite stand. 1876 wurde er Senator auf Lebenszeit und gehörte
zum linken Centrum. In dem Ferryschen Kabinett vom 23. Sept. 1880 übernahm Barthélemy das Ministerium des Auswärtigen und war bemüht,
in den orient. Fragen im Einklang mit der Bismarckschen Politik zu bleiben. Als im Nov. 1881 Ferry zurücktrat, nahm auch
Barthélemy seine Entlassung. Er ist seither seinen Ansichten treu geblieben, indem er noch 1890 zur Beschickung
der socialpolit. Konferenz in Berlin riet, Bismarcks Genialität rückhaltslos anerkannte und das Problem einer franz.-russ.
Allianz als eine Ungeschicklichkeit bezeichnete. Außer vielen wissenschaftlichen Abhandlungen,
besonders über ind. Litteratur,
sind von B.s Werken noch zu nennen: »Des Véda» (Par. 1854),
«Du Bouddhisme» (ebd. 1855),
«Lettres sur
l'Egypte» (ebd. 1856),
«Le Bouddha et sa religion» (ebd. 1862),
«Mahomet et le Coran» (ebd. 1865),
«Philosophiedes deux Ampère
(1866; 2. Aufl. 1869), "A la démocratie française. La démocratie française en 1873. De la vraie démocratie 1848 (Par.
1874),
«De la métaphysique» (ebd. 1879),
«Le Christianisme et le Bouddhisme (Châlons 1880), »L'Inde
anglaise" (Par. 1887) und «Eug.
Burnouf, ses travaux et sa correspondance» (1892). Auch übertrug er Homers Ilias (2 Bde., Par. 1867)
und Marc Aurels «Pensées» (ebd. 1876).