1)
Jean Jacques, franz. Altertumsforscher, geb. zu
Cassis in der
Provence, studierte zu
Marseille
[* 3]
Theologie, widmete sich aber bald antiquarischen, besonders numismatischen,
Studien,
fand 1745 eine
Anstellung am königlichen
Münzkabinett zu
Paris
[* 4] und wurde 1753
Direktor desselben. Eine
Reise durch
Italien
[* 5] (1754-57)
in königlichem Auftrag bot ihm nicht bloß reiche Gelegenheit zu Erwerbungen für das
Kabinett und zur
Erweiterung seiner eignen Kenntnisse, auf ihr gewann er auch die
Gunst des
Grafen Stainville, nachmaligen
MinistersChoiseul,
der ihm später reiche Jahrgelder zuwandte, so daß er ganz seinen
Studien leben konnte.
Bald war das
PariserMünzkabinett eine der reichsten und geordnetsten Sammlungen dieser Art; die Herausgabe
eines gelehrten Verzeichnisses wurde nur durch die
Revolution vereitelt. Am wurde er, von einem neidischen Bibliothekbeamten
aristokratischer
Gesinnung angeklagt, ins Gefängnis geworfen. Zwar ward er schon nach 16
Stunden befreit, doch lebte er von
nun an in völliger Zurückgezogenheit, schlug die
Stelle eines Oberbibliothekars der Nationalbibliothek
aus und starb Er war seit 1747 Mitglied der
Akademie der
Inschriften.
worin er auf
Grund mühsamer und gründlicher Forschungen in
anmutiger Einkleidung ein im ganzen treues und lebensvolles
Bild der sozialen Zustände
Griechenlands in seiner
Blütezeit gab.
Sonst nennen wir:
»Réflexion sur quelques monuments phéniciens« (Par. 1750) und
»Reflexion
[* 8] sur l'alphabet
et la langue de Palmyre« (das. 1754). Als Romandichter versuchte er sich in den angeblich
aus dem
Griechischen übersetzten »Amours de
Carite et de Polydore« (Par. 1760; deutsch,
Lemgo 1799). Seine
»Œuvres diverses«
sammelte
Sainte-Croix (Par. 1798, 4 Bde.;
1823, 2 Bde.; deutsch, Leipz.
1790, 2 Bde.). Die erste Gesamtausgabe seiner Werke besorgte
Villenave (Par. 1821, 4 Bde., mit
Biographie).
3)
AugusteMarseille, franz. Dichter, geb. 1790 zu
Marseille und im Jesuitenkollegium zu Juilly erzogen, kam 1822 mit seinem
FreundMéry nach
Paris und schrieb in
Gemeinschaft mit ihm eine Anzahl
Satiren gegen die
Bourbonen, welche
durch ihren beißenden
Spott, durch die Lebendigkeit und Leichtigkeit ihrer
Verse einen großen Leserkreis gewannen. Dahin
gehören: »La Villéliade« (1826),
»La Peyronéide«
(1827) u. a. Der
KultusNapoleons verband sich ganz natürlich mit diesen Bestrebungen; die
Frucht davon
war das historische
Epos
»Napoléon en Égypte« (1828 u. öfter), worin die poetische Seite dieses wunderbaren
Feldzugs sehr geschickt aufgefaßt ist. Um es dem
Herzog von
Reichstadt selbst zu überreichen, begab sich Barthélemy nach
Wien,
[* 14] wurde
aber nicht vorgelassen und rächte sich durch das Gedicht »Le
[* 15] fils de l'homme, ou souvenirs de
Vienne« (1829),
das ihm eine dreimonatliche
Haft zuzog. Nach der
Julirevolution setzte Barthélemy seine
Opposition noch zwei Jahre fort; er veröffentlichte mit
Méry den Triumphgesang »L'Insurrection« (1830),
eine seiner gelungensten
Leistungen, und »La Dupinade, ou la révolution dupée« (1831),
dann, nachdem
Méry sich von ihm getrennt
hatte und als Bibliothekar nach
Marseille gegangen war, seine »Douze journées de la
Révolution« (1832),
worin zwölf wichtige
Tage der ersten
Revolution gefeiert werden, und gründete die satirische Wochenschrift
»Némésis« (1831 u. öfter; in Buchform
1834, 1878), welche ein Jahr lang die heftigsten
Angriffe gegen dieRegierung richtete und unglaubliche
Popularität genoß. Um diese
Angriffe zum Schweigen zu bringen, sah sich die
Regierung gezwungen, Barthélemy zu erkaufen, und von diesem
Augenblick an wandte sich die öffentliche Meinung von ihm ab. Er versuchte umsonst, durch sein Gedicht
»Ma justification«
(1832) sich rein zu waschen; seine
Rolle war ausgespielt. Er schrieb nun noch Übersetzungen der
»Äneide«
und des lateinischen Gedichts von Fracastor über die
»Syphilis«, das Gedicht »La
Bouillotte« u. a., versuchte auch mehrmals,
zur
Satire zurückzukehren mit »La nouvelle
Némésis« (1844-1845) und »Le Zodiaque« (1846),
feierte unter
Napoleon III. jedes
Ereignis mit einem Dithyrambus (z. B. »Le deux
décembre«, 1852; »Le bombardement d'Odessa«,
1854; »L'Exposition«, 1855; »La
Tauride«, 1856, etc.), ohne jedoch viel Beifall zu finden. Er starb in
Marseille. Die poetischen Werke Barthélemys
erschienen mit denen
Mérys in einer
Ausgabe (Par. 1833, 6 Bde.).
Hippolyte, franz. Militärschriftsteller, geb. zu
Algier, besuchte die Schule zu St.-Cyr, trat 1860 als Unterleutnant in ein Infanterieregiment, wurde 1869 Lehrer in St.-Cyr,
war während des Kriegs 1870/71 im StabeTrochus, nahm 1878 als Hauptmann seinen Abschied und widmete sich
dem Journalismus. Er schrieb: »Manuel du fantassin« (1873);
»Cours d'art et d'histoire militaires« (1875-77,2 Bde.),
woraus »Les armées européennes« (1877) besonders
erschien;
Auguste Marseille, franz. Dichter, geb. 1796 zu Marseille,
Zögling des Oratorianerkollegs in Juilly, schrieb mit seinem Freunde Méry eine Poet. Satire gegen die Bourbonen und deren
reaktionären Anhang, die «Villéliade» (1826; 15. Aufl.
1827),
ein komisches Epos
von spielendem, aber treffendem Witz und kaustischer Laune, das gewaltigen Erfolg hatte. Denselben
Geist atmen: «Les Jésuites» (1827),
«Étrennes
à M. de Villèle» (1828). Das historische, durch wahrhaft poet. Schilderungen ausgezeichnete Heldengedicht
«Napoléone en Égypte» (1.-9. Aufl. 1828; illustr. Ausg.
1842) verband mit Opposition gegen das bourbonische Königtum den Kult Napoleons. Barthélemy wollte dieses Werk dem
Herzog von Reichstadt überreichen, ward aber nicht vorgelassen und schrieb darauf die Satire «Le
fil de l'homme» (1829),
die ihm 3 Monate Haft zuzog. Die Julirevolution befreite ihn, und er besang nun,
wieder mit Méry, den Sieg des Volks in «L'Insurrection, einem der gelungensten Gedichte beider. In der Wochenschrift
»Némésis» (1831, 1832; 7. Aufl. 1842) verfolgte Barthélemy dann die Minister
des Bürgerkönigs mit ebenso argem Spott als deren Vorgänger. Die Regierung erkaufte sein Schweigen,
und es gelang ihm nicht, mit «Justification» (1832),
die öffentliche Achtung wiederzugewinnen. Er schrieb nun eine Übersetzung
der Äneide und versuchte sich in «Nouvelle Némésis» (1845) und «Zodiaque» (1846) nochmals,
aber erfolglos, in der polit. Satire. Unter dem zweiten Kaiserreich feierte Barthélemy jede wichtige Staatsbegebenheit
durch einen Dithyrambus, so in «Le 2 Décembre» und
«Vox populi» (1852),
«L'Exposition» (1855),
«Les deux Marseille» (1856). Barthélemy starb zu Marseille.
Francois, Marquis de, franz. Diplomat, geb. zu Aubagne, verdankte der Sorgfalt seines Oheims,
Jean Jacques Barthélemy (s. d.), seine Erziehung und die Eröffnung
seiner Laufbahn im Staatsdienste. 1768 wurde er von Choiseul in den diplomatischen Dienst aufgenommen.
BeimAusbruche der Revolution ging er als Legationssekretär, dann als Geschäftsträger nach London,
[* 18] im Dez. 1791 als bevollmächtigter Minister
nach der Schweiz. Er schloß 1795 in Basel
den frieden mit Preußen und bald darauf mit Spanien und dem Landgrafen von
Hessen-Cassel. Doch gelang es ihm nicht, auch England zum Frieden zu bewegen. Im Rate der Alten zum Mitgliede des Direktoriums
gewählt, kehrte er 1797 nach Paris zurück. Durch die Ereignisse des 18. Fructidor wurde er gestürzt, verhaftet
und nach Guayana deportiert; es gelang ihm aber bald nach England zu entkommen. Nach der Revolution vom 18. Brumaire wurde er vom Ersten Konsul zurückberufen, der ihn zum Vicepräsidenten des Senats und einige Jahre später zum
Reichsgrafen ernannte. Barthélemy war 1802 an der Spitze der Deputation des Senats, die Bonaparte das Konsulat auf Lebenszeit übertrug;
doch blieb er unter Napoleons Regierung ohne Bedeutung. Im April 1814 führte er den Vorsitz im Senat,
welcher des Kaisers Absetzung aussprach.
Da er sich nach der Restauration zum Pair und Großoffizier der Ehrenlegion hatte ernennen lassen, so strich ihn Napoleon
nach seiner Rückkehr 1815 von der Pairsliste; die zweite Restauration entschädigte ihn dafür durch
Ernennung zum Staatsminister und Marquis, Barthélemy machte sich 1819 durch den Antrag verhaßt, das Wahlrecht im Sinne der
Ultraroyalistenpartei zu beschränken, und zog sich seitdem aus dem öffentlichen Leben zurück. Er starb
Vgl. Kaulek,
¶
mehr
Papiers de Barthélemy, ambassadeur de France en Suisse, 1792-97 (Par. 1886 fg.).
Jean Jacques, franz. Altertumsforscher, geb. zu
Cassis bei Aubagne (s. d.), wurde für den geistlichen Stand vorbereitet, widmete sich aber archäol. Studien. Seit 1744 beim
königl. Medaillenkabinett in Paris angestellt, wurde er 1747 Mitglied der Akademie der Inschriften, 1753 Direktor
jenes Kabinetts. Auf einer Studienreise nach Italien, das er 1754-57 ganz durchwanderte («Voyages en Italie», Par. 1802; deutsch
Mainz 1802), erwarb er die Gunst des Grafen Stainville, nachmaligen Ministers Choiseul, der ihn später durch ein Jahrgeld
in den Stand setzte, sich ganz den Studien zu widmen. Barthélemy starb, seit 1789 Mitglied der Akademie, Er
hatte als Antiquar, besonders in der Numismatik, einen ausgezeichneten Namen erworben, als er, nach 30jähriger rastloser Vorbereitung,
die «Voyage du jeune Anacharsis en Grèce» (4 Bde., 1788 u. ö.)
erscheinen ließ, ein Werk, das, bald in alle europ. Sprachen (deutsch von Biester, Berl. 1792-1804) übersetzt,
das gesamte häusliche und öffentliche Leben der alten Griechen in einem anmutigen und treuen Gemälde dem gebildeten Publikum
vorführte. Als Romandichter versuchte er sich in den angeblich aus dem Griechischen übersetzten «Amours de Carite et de Polydore
(Par. 1760 u. ö.). B.s »Œuvres complètes" gab
Villenave heraus (4 Bde. und Atlas, mit Biographie, Par. 1821).