Barometer
[* 1] (griech., Schweremesser, Baroskop, Wetterglas, Torricellische Röhre), Instrument, mittels dessen der Druck der Luft gemessen wird. Bis ins 17. Jahrh. kannte man die Schwere nicht, mit welcher die Atmosphäre auf uns lastet. Die Erscheinungen, welche man heute als unwiderlegliche Beweise für den Luftdruck anführt, daß z. B. durch Saugpumpen Wasser aufgesogen werden kann, leitete man früher, dem Aristoteles folgend, sämtlich von einem der Natur beigelegten Abscheu vor dem Leeren (horror vacui) ab. Als Florentiner [* 2] Pumpenmacher Galilei mitteilten, daß in einer Wasserpumpe mit langem Saugrohr das Wasser nicht höher als 10 m steige, sagte Galilei, daß der Abscheu der Natur gegen den leeren Raum seine Grenzen [* 3] habe, und wollte hieraus die verschiedene Stärke [* 4] der Kohäsion erklären.
Erst seinem
Schüler und Nachfolger
Torricelli war es vorbehalten, 1643 die
Gesetze des
Luftdrucks zu erkennen und das Barometer
zu
erfinden. Er geriet auf die
Vermutung, daß eben die
Ursache, welche das
Wasser nur 10 m hoch steigen lasse
und in dieser
Höhe erhalte, das etwa 13½mal schwerere
Quecksilber auf einer ebenso vielmal geringern
Höhe zurückhalten werde.
Er hatte eine Glasröhre von etwa 1 m
Länge an einem Ende zugeschmolzen, sie durch das andre mit
Quecksilber angefüllt, die
Öffnung auf dieser Seite mit dem
Finger verschlossen und dann die
Röhre umgekehrt in ein einige
Zentimeter
hoch mit
Quecksilber angefülltes
Gefäß
[* 5] getaucht, so daß sich die Öffnung unter der Oberfläche des
Quecksilbers befand.
Als er den
Finger von der Öffnung entfernte, bemerkte er, wie das
Quecksilber in der
Röhre nur so weit fiel,
daß eine
ca. 76
cm hohe Quecksilbersäule in der
Röhre stehen blieb, in welcher sich nun über dem
Quecksilber ein leerer
Raum
befand.
Torricelli erkannte, daß der
Grund, warum das
Quecksilber bis zu dieser
Höhe falle und dann stehen bleibe, in dem
Druck
der äußern
Luft auf das
Quecksilber im
Gefäß zu suchen sei. Im J. 1643 stellte er zu
Florenz
[* 6] die ersten
öffentlichen
Versuche mit seiner
Erfindung an, und 1648 fand Perrier, daß das
Quecksilber in einem Barometer
auf dem Gipfel des beinahe 1570 m
hohen
Puy de Dôme um 8
cm niedriger stand als am
Fuß des
Bergs.
Der
Druck der
Luft war durch diese
Beobachtung evident erwiesen; denn in demselben
Grad, wie man sich mit dem Barometer
durch das Besteigen
des
Bergs der obern
Grenze der
Atmosphäre genähert hatte und die über der Quecksilberoberfläche ruhende Luftsäule verkürzt
worden war, hatte sich auch die
Höhe der Quecksilbersäule verkürzt. Hieraus geht hervor, daß die in
dem einen
Schenkel befindliche Quecksilbersäule im
Gleichgewicht
[* 7] gehalten wird durch den in dem andern
Schenkel zur Geltung
kommenden
Luftdruck, und deshalb beruht die
Theorie des Barometers
auf der
Lehre
[* 8] von den kommunizierenden
Röhren.
[* 9]
Die
Konstruktion des
Torricellischen Barometers
war eine sehr einfache. Eine etwa 80
cm lange Glasröhre,
welche an ihrem einen Ende verschlossen war, wurde mit
Quecksilber gefüllt und hierauf, mit dem offenen Ende nach unten gekehrt,
in ein ebenfalls mit
Quecksilber gefülltes
Gefäß gestellt. Dieses samt der
Röhre
war an einem langen, schmalen
Brett befestigt,
mittels dessen man den
Apparat so aufhängte, daß die Glasröhre vertikal stand. Unter solchen Verhältnissen
fällt das
Quecksilber in der
Röhre bis auf eine
Höhe von ungefähr 76
cm über dem
Niveau des
Quecksilbers im
Gefäß, und diese
Höhe nennt man die Barometer
höhe.
In dem obern Teil der
Röhre, also über der Quecksilbersäule, befindet sich ein luftleerer
ungefüllter
Raum, das
Torricellische
Vakuum.
Später bog man die
Röhre unten um und schmolz an den kürzern
Schenkel ein
oben
offenes Glasgefäß an. So entstanden die
Gefäß-,
Kapsel- oder Flaschenbarometer
, bei welchen die Barometerhöhe durch die
Höhe der Quecksilbersäule
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1 und 2.
Fortins Reisebarometer.]
¶
mehr
in dem längern Schenkel über der mittlern Höhe des Quecksilbers in dem Gefäß bestimmt wird. Da diese mittlere Höhe aber
nicht genau mit dem jedesmaligen Stande des Quecksilbers im Gefäß übereinstimmt, so sind die Angaben dieser Barometer
nur annäherungsweise
richtig, und erst in neuester Zeit sind die Gefäßbarometer
dadurch zu wissenschaftlich brauchbaren
Instrumenten gemacht, daß man sie mit sogen. reduzierten Skalen versehen hat, bei welchen
auf das Steigen und Sinken des Quecksilbers in dem Gefäß Rücksicht genommen ist. Um das Gefäß zu vermeiden, bog man die
Glasröhre unten U-förmig um und bildete dadurch ein Paar kommunizierender Röhren, in denen durch den
Niveauunterschied der Quecksilberoberflächen die Größe des atmosphärischen Luftdrucks gemessen wurde.
Diese Form des Barometers
heißt Heberbarometer. Wenn auch bei diesem Barometer der Stand des Quecksilbers sowohl in dem kürzern
als auch in dem längern Schenkel bestimmt werden muß und dadurch erst der Niveauunterschied gefunden wird, die Beobachtung
also eine Ablesung mehr als beim Gefäßbarometer
erfordert, so hat es vor letzterm doch einen wesentlichen
Vorzug wegen der größern Genauigkeit der erhaltenen Resultate. Beim Transport des Barometers
läuft man Gefahr, daß Quecksilber
aus demselben ausfließt, und daß die Röhre durch heftige Schwankungen des Metalls zertrümmert wird. Um dies zu vermeiden,
haben Deluc, Gay-Lussac u. a. eigentümliche Konstruktionen angegeben.
Fortins Reisebarometer
[* 10]
(Fig. 1 und 2) ist ein Gefäßbarometer
, bei welchem eine sinnreiche
Einrichtung getroffen wurde, um das Niveau des Quecksilbers im Gefäß stets auf die Höhe vom Nullpunkt der Skala zu bringen.
Zu diesem Zweck besteht der Boden des Gefäßes aus Leder a, gegen welches vermittelst einer Schraube b von
unten her ein Druck ausgeübt werden kann. Ein Elfenbeinstift c, der in das Gefäß hinabragt und durch den obern Teil des
Gefäßes, welcher aus einem Glascylinder besteht,
sichtbar ist, bezeichnet mit seinem zugespitzten Endpunkt die Höhe des
Nullpunktes der Skala.
Man hat nur mittels der Schraube den ledernen Boden des Gefäßes so lange zu heben oder zu senken, bis
das Niveau des Quecksilbers im Gefäß die Spitze des Elfenbeinstiftes berührt, und den obern Stand der Quecksilbersäule auf
der Skala abzulesen. Bei dem Fortinschen Reisebarometer
erfolgt ebenso wie bei dem Heberbarometer die Ablesung vermittelst
eines Nonius
[* 11] oder Verniers, und die Einstellung wird entweder durch ein Mikroskop
[* 12] mit Fadenkreuz oder mit Hilfe zweier gegenüberstehender
Schneiden ausgeführt. Bei den Heberbarometern
[* 10]
(Fig. 3) bester Konstruktion ist die Barometer
röhre ganz in ein Brett eingelassen,
welches nur an den Stellen, wo die beiden Kuppen liegen, durch die Öffnungen OO und PP durchbrochen ist.
Mit der Skala SS, welche auf der vordern Seite des Brettes angebracht ist und durch die Schraube A verschoben werden kann, sind zwei Mikroskope [* 13] M1 und M2 verbunden, von denen das obere M2 mit einem Nonius N versehen ist und durch die Schraube B selbständig auf ihr bewegt werden kann, während das untere M1 mit der Skala fest verbunden ist und nur die Bewegungen der letztern mitzumachen im stande ist. Wird nun zuerst durch die Schraube A die Skala so weit verschoben, daß das Fadenkreuz des Mikroskops M1 auf der untern Quecksilberkuppe steht, und dann das obere Mikroskop M2 durch die Schraube B ebenso in Bezug auf die obere Quecksilberkuppe eingestellt, so gibt die an dem Nonius N abgelesene Zahl der Skala die Entfernung der beiden Mikroskope oder, was dasselbe sagt, die Höhe des Barometerstandes an. Gleichzeitig kann die Temperatur an den beiden Thermometern T1 und T2 abgelesen werden, von denen das erstere T1 auf der Skala SS aufliegt und das andre T2 im Innern des Instruments angebracht ist, so daß an
[* 10] ^[Abb.: Fig. 3. Heberbarometer.
Fig. 4. Gefäßheberbarometer.] ¶
mehr
ihnen sowohl die Temperatur der Skala als auch die des Quecksilbers abgelesen werden kann. In neuester Zeit sind noch eine Reihe andrer Konstruktionen ausgeführt, von denen man die von Fueß in Berlin [* 15] angefertigten Gefäßheberbarometer [* 14] (Fig. 4) wohl als die Stations- und Reisebarometer der Zukunft bezeichnen kann. Leichtigkeit des Transports, Sicherheit vor zufälligen Beschädigungen, Bequemlichkeit und Schärfe der Ablesung sind bei diesem in seltener Weise vereinigt. In [* 14] Fig. 4, welche die obere Halste des Gefäßheberbarometers in kleinerm und die untere in größerm Maßstab [* 16] darstellt, bedeutet A A den längern Schenkel des Barometers, welcher in ein mit Quecksilber gefülltes und unten mit einem Ledersack verschlossenes Gefäß C eintaucht.
Mit letzterm steht der kürzere Schenkel B des Barometers direkt in Verbindung. Bei jeder Beobachtung wird die Quecksilberkuppe in dem kürzern Schenkel ebenso wie beim Fortinschen Reisebarometer durch die Schraube G auf den Nullpunkt der Skala O eingestellt, worauf eine mit dem Nonius N versehene Messinghülse D, die unten einen scharfen Rand hat, auf dem längern Schenkel verschoben wird, bis die obere Quecksilberkuppe in gleicher Höhe mit dem vordern und hintern Teil des Randes steht.
Die Stellung des Nonius auf der Skala bestimmt dann die Barometerhöhe. Der kürzere Schenkel des Barometers endet bei S, so daß vor jedem Transport des Instruments das Quecksilber durch die Schraube G so hoch gehoben werden kann, daß sowohl der ganze längere Schenkel als auch der kürzere bis S mit Quecksilber gefüllt und dann durch den Verschluß bei S abgesperrt werden kann. Der größern Sicherheit wegen ist der Apparat in einen Metallcylinder eingeschlossen, der nur an den Stellen mit Öffnungen versehen ist, an welchen die Einstellungen und Ablesungen erfolgen. Zu erwähnen wären außerdem noch das Stationsbarometer von Capeller, das auf den österreichischen Stationen im Gebrauch ist, das Gefäßbarometer mit reduzierter Skala von Fueß in Berlin, das auf den Stationen der deutschen Seewarte, auf den forstlich-meteorologischen Stationen Deutschlands [* 17] sowie auf den bayrischen und vielfach auch auf den preußischen Stationen benutzt wird, und die verschiedenen Marinebarometer.
Um die verschiedenen Barometerbeobachtungen miteinander vergleichbar zu machen, bedürfen dieselben noch einer Reihe von Korrektionen. Zunächst ist die Temperatur der Luft zu berücksichtigen, denn die Wärme [* 18] dehnt das Quecksilber aus, beeinflußt also auch den Stand seiner Höhe in der Glasröhre des Barometers. Man ist übereingekommen, alle Barometerbeobachtungen auf die Temperatur von 0° zu reduzieren. Deshalb befindet sich an allen guten Barometern ein kleines Thermometer, [* 19] an dem man die Lufttemperatur zur Zeit der Beobachtung am Barometer abliest.
Eine kleine Rechnung ergibt dann die Korrektion, welche man an der beobachteten Barometerhöhe anzubringen hat, um die Höhe zu finden, welche unter dem augenblicklich vorhandenen Luftdruck bei 0° Wärme vorhanden sein würde. Eine andre Korrektion ist die durch die sogen. Kapillardepression nötig gemachte. Das Quecksilber bildet nämlich in der Röhre eine konvexe Wölbung oder Kuppe, den sogen. Meniscus, welcher infolge der Kapillardepression etwas tiefer steht, als er ohne dieselbe stehen würde. Je enger das Barometerrohr ist, desto größer ist der Einfluß der Kapillardepression, und deshalb pflegt man zu einem Barometer nur Röhren zu benutzen, deren innerer Durchmesser mindestens 8 mm beträgt. Da der Einfluß der Kapillarität vom Mechanikus bereits berücksichtigt zu werden pflegt und auch an und für sich nur klein ist, so wird derselbe am besten durch Vergleichung des Instruments mit einem sogen. Normalbarometer [* 20] bestimmt werden können.
Was die Korrektion wegen der Temperatur anbelangt, so erhält man die Reduktion des bei der Temperatur t gemessen Barometerstandes b auf den Barometerstand B, wie er bei 0° Wärme beobachtet worden wäre, durch die Formel B = b - b * t * 0,00016115 (wenn t in Graden Celsius ausgedrückt ist) oder B = b - b * t * 0,00020144 (wenn t in Graden Réaumur ausgedrückt ist). Folgende Tabelle zeigt den Wert dieser Korrektion in Millimetern und Graden Celsius für Messungen in Millimetern
Millim. | 8° | 10° | 12° | 14° | 16° | 18° | 20° | 22° | 24° | 26° | 28° | 30° |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
730 | 1.0 | 1.2 | 1.4 | 1.7 | 1.9 | 2.1 | 2.4 | 2.6 | 2.9 | 3.1 | 3.3 | 3.6 |
740 | 1.0 | 1.2 | 1.5 | 1.7 | 1.9 | 2.2 | 2.4 | 2.7 | 2.9 | 3.1 | 3.4 | 3.6 |
750 | 1.0 | 1.2 | 1.5 | 1.7 | 2.0 | 2.2 | 2.5 | 2.7 | 2.9 | 3.2 | 3.4 | 3.7 |
760 | 1.0 | 1.2 | 1.5 | 1.7 | 2.0 | 2.2 | 2.5 | 2.7 | 3.0 | 3.2 | 3.5 | 3.7 |
Statt des Quecksilberbarometers findet man in neuerer Zeit häufig die sogen. Aneroidbarometer (Aneroïde, griech. »nicht feucht«, d. h. ohne Quecksilber) im Gebrauch. Diese, auch Feder- oder Dosenbarometer genannt, wurden 1847 von dem Engländer Vidi konstruiert. Bourdon verfertigte bald darauf ein ähnliches Metallbarometer, und später verbesserten Naudet und Hulot das Vidische Instrument, welches nun als Baromètre holostérique (griech. »ganz starr«, d. h. ohne Flüssigkeit) weite Verbreitung fand. [* 14] Fig. 5 und 6 zeigen Naudets Federbarometer im Durchschnitt und Grundriß. Das Instrument besteht aus einer metallenen Büchse b von der Form einer flachen Schachtel, mit elastischen Böden, deren
[* 14] ^[Abb.: Fig. 5 Durchschnitt.]