Titel
Baroda.
1) Nominell selbständiger Staat Vorderindiens, ein Teil des frühern mächtigen Reichs der Mahratten (s. d.), umschlossen von der Provinz Gudschrat der indobrit. Präsidentschaft Bombay, hat 22195 qkm, (1881) 2185005 E., darunter 1954390 Hindu (89,45 Proz.), 174980 Mohammedaner (8 Proz.), 8118 Parsen, 771 Christen u. s. w., (1891) 2415390 E. (Zuwachs: 16 Proz.). Unter den Hindu sind 138506 Brahmanen, 79853 Radschputen, 57027 Kaufleute (Banjanen); unter den Mohammedanern 155653 Sunniten, 19327 Schiiten.
Außer in Bombay und Surat giebt es nirgendwo so viele Parsen als hier; zum größten Teile wohnen sie in Naußari (24 km südlich von Surat). Der Fürst von Baroda führt den amtlichen Namen Gaekwar und den Familientitel Sena Chaß Khel Schamscher Bahadur. Die Staatseinnahmen betrugen (1880/81) 22844870 M., die Ausgaben 21812366 M. Der 1870 auf den Thron gekommene Gaekwar, Malhar Rao, wurde, weil er Versuche gemacht hatte, den engl. Residenten Oberst (nachher General Phayre zu vergiften, 1875 seiner Stellung enthoben; ihm folgte sein Verwandter Sajadschi Rao.
2) Baroda (die ursprüngliche ind. Form ist Wadodra), Hauptstadt des Staates Baroda, 22° 17½' nördl. Br., 73° 16' östl. L., östlich von dem tief eingeschnittenen Bette des Flüßchens Biswamitri, hat (1881) 101820 E., darunter 84042 Hindu (Brahmanen 17155, Radschputen 2001, andere 64886), 19149 Mohammedaner (darunter 2148 Schiiten), (1891) 116420 E. (Zuwachs: 14,38 Proz.). Temperaturmaximum in den kältern Monaten +33⅓° C., Minimum 15°; Maximum in der heißesten Zeit (Mai bis Juni) 40½° C. Mittlere Regenhöhe jährlich 1088 mm. Die Stadt, von herrlichen Baumpartien, Tempeln und Grabmälern umgeben, wird durch zwei sich kreuzende breite Straßen in vier nahezu gleiche Teile geteilt; den Mittelpunkt bildet der Marktplatz, mit einer viereckigen, offenen, inwendig mit Springbrunnen und Sitzbänken versehenen Halle aus der Zeit der Mogulherrscher.
Die Mahrattenbauwerke sind von keiner Bedeutung, am wenigsten der formlose Palast des Fürsten. Hinter demselben erhebt sich der Nasar-Baghpalast, jetzt das Schatzhaus für die Juwelen des Fürsten (Wert derselben über 60 Mill. M.) und eine ummauerte Arena für Ring- und Tierkämpfe. Zahlreich sind die Hindutempel und die Heiligtümer derjenigen frühern Herrscher, welche durch großartige Stiftungen es ermöglicht haben, Tausenden von Brahmanen die tägliche Nahrung zu spenden. In einer der nördl. Vorstädte, Fatih-Singh, befindet sich das Elefantenhaus des Fürsten und eine der beiden Athletenschulen. Die neuere Stadt jenseit der Biswamitri, wo das Militär liegt, ist durch vier Brücken mit der Altstadt verbunden. Hauptindustriezweig ist die Anfertigung von Seiden- und Baumwollwaren. Die Eisenbahn führt von Baroda südlich nach Bharotsch-Surat-Bombay, nördlich nach Ahmadabad und von dort einerseits nach Radschkot in der Halbinsel Gudschrat, andererseits nach Adschmir, Dehli und Agra.