Barmakiden
oder
Barmekiden, die Nachkommen Barmaks, des
Abkömmlings eines alten pers. Priestergeschlechts aus
Balch
in
Chorassan, welche vom Beginn der Abbasidenherrschaft bis zur Zeit Harun al-Raschids im
Besitze der höchsten
Ämter unter
den
Chalifen waren. Eine genealogische Fabel, welche den Zweck verfolgt, die Barmakiden
der arab.
Rasse anzunähern, läßt dieselben von einem arab. Magnaten abstammen, in
dessen Gefangenschaft die Gattin des Barmak geraten sein soll.
Bereits unter dem ersten abbasidischen Herrscher, Abu l-'Abbas al-Saffah, findet sich Chalid, der Sohn des Barmak, in einem der hervorragendsten Staatsämter; über fünfzig Jahre übten seine Nachkommen am Hofe der Chalifen den größten Einfluß auf die Führung der Staatsangelegenheiten aus. Jahja, der Sohn des Chalid, wurde unter Al-Mahdi (775-785) als Erzieher des Harun berufen, in dessen Namen er seit 780 die Westhälfte des Reichs, Aserbeidschan, Armenien, Syrien und Nordafrika verwaltete.
Seiner Führung und seinem Rate verdankte Harun den Thron, [* 3] von welchem ihn sein Bruder Hadi verdrängen wollte. Nach seinem Regierungsantritt (786) nahmen Jahja und seine Söhne, Fadhl, der Milchbruder Haruns, und Dscha'far, die höchsten Regierungsstellen ein. Hahja war als Wesir der Leiter sämtlicher Staatsgeschäfte, Fadhl wurde zum Statthalter in Armenien, Aserbeidschan, Medien und den kaspischen Provinzen, später in Chorassan ernannt; Dscha'far war der vertrauteste Freund und Gesellschafter des Chalifen.
Harun fand seine Gesellschaft so unentbehrlich, daß er ihn selbst in den Abendstunden um sich haben wollte, die er mit seinen Frauen und Sklavinnen bei Wein, Musik, Gesang und Tanz zubrachte. Auch wenn der Chalif von seiner geliebten Schwester 'Abbasah besucht wurde, sollte Dscha'far in der Nähe bleiben. Um die orient. Sitten nicht zu verletzen, kam Harun auf den Gedanken, sie formell miteinander zu vermählen, dabei jedoch dem Freunde zu bedeuten, daß er nur den Namen eines Gatten seiner Schwester tragen, aber nicht auf die Rechte eines solchen Anspruch machen dürfe.
Sie begnügten sich jedoch mit dieser Scheinehe nicht, und als ihr lange im Verborgenen gepflegtes Verhältnis
von einer Sklavin verraten wurde, ließ der
Chalif seinen Günstling enthaupten; die übrigen Barmakiden
wurden in den Kerker geworfen.
Man erzählt, daß der auf das Verhältnis Dscha'fars und Abbasahs aufmerksam gemachte
Chalif in Mekka das von
seiner Schwester geborene Zwillingspaar sich zeigen ließ und durch die
Ähnlichkeit
[* 4] mit Dscha'far von der Richtigkeit seines
Verdachts überzeugt wurde. Da beschloß er den
Untergang aller Barmakiden.
Es läßt sich aber nicht bezweifeln, daß beim jähen
Sturze
der auch andere Rücksichten mitwirkten: die argwöhnende
Furcht des
Chalifen vor ihrem übermäßigen
Ansehen, welches selbst die Macht des
Chalifen zu verdunkeln drohte, die
Intriguen der frommen
Kreise
[* 5] gegen die ketzerischen
Tendenzen der pers. Familie, welche sich als die Beschützer der freisinnigen Regungen in der
mohammed.
Theologie erwiesen.
Vgl. die Geschichte der in Weils «Geschichte der Chalifen», Bd. 2 (Mannh. 1848);
Aug. Müller, Der Islam im Morgen- und Abendlande, Bd. 1 (Berl. 1885), IV. Buch, 2. Kap.