Bardesānes,
der Syrer, eigentlich Bar-Daizan, geb. 154 n.Chr. zu Edessa als der Sohn vornehmer heidn. Eltern, stand bei König Abgar von Edessa (wahrscheinlich dem 217 von Caracalla gestürzten), an dessen Hofe er lange lebte, in hoher Gunst, soll dann als Missionar nach Armenien gegangen und dort 222 in der Festung [* 2] Ani bei Kars, wohin er sich zurückgezogen hatte, gestorben sein. Seine Lehre [* 3] war eine eigentümliche Weiterbildung der ältern syr. Gnosis, in welche das Element der vorderasiat.
Naturreligion stark hereinspielt. Doch scheint er ebensowenig wie seine
Anhänger, die
Bardesaniten, sich von der rechtgläubigen
Kirche getrennt zu haben. Seine
Ansichten verbreitete er durch
Hymnen und wurde so der erste syr. Hymnendichter.
Noch im 5. Jahrh, wurden diese
Hymnen und die seines
Sohnes Harmonius unbedenklich von den kath.
Christen gesungen, bis der
Kirchenlehrer Ephräm sie durch rechtgläubige verdrängte. Bruchstücke sind in den 56 Reden Ephräms gegen die
Ketzer erhalten
und bilden die sicherste
Quelle
[* 4] für die Kenntnis seines
Systems; außerdem sind vielleicht mehrere in
den apokryphen
Akten des
Thomas enthaltene sechszeilige
Hymnen in syr.
Sprache,
[* 5] vor allem der schöne
Hymnus von der Seele, von
Bardesanes
verfaßt.
Der von den Kirchenvätern häufig erwähnte Dialog über das
Schicksal, der neuerdings im syr. Original als
«Buch über die
Gesetze der
Länder» wieder aufgefunden, von Cureton zuerst veröffentlicht und von Merx ins Deutsche
[* 6] übersetzt ist, rührt nicht von Bardesanes
selbst, sondern von einem seiner
Schüler her und darf zur
Darstellung des eigentümlichen
bardesanischen
Systems nur mit Vorsicht benutzt werden. –
Vgl. außer den allgemeinen
Schriften über den Gnosticismus von
Neander,
Baur und Lipsius besonders Hahn,
[* 7] Bardesanes
gnosticus Syrorum primus hymnologus (Lpz.
1819);
Merx, Bardesanes
von
Edessa
(Halle
[* 8] 1863);
Hilgenfeld, Bardesanes
, der letzte Gnostiker (Lpz. 1864), sowie Lipsius, Die apokryphen
Apostelgeschichten und Apostellegenden, Bd. 1 (Braunschw.
1883).