Barden
(irisch bard; kymrisch bardd) nannte sich der
Stand der Sänger und Dichter bei den kelt.
Stämmen sowohl des Festlandes als auch der brit.
Inseln. Ihr ältestes
Instrument war, wenigstens auf letzterm Gebiete, die
Crotta (irisch crott, kymrisch crwth), eine Art
Harfe oder
Lyra.
[* 2] Seit dem 2. Jahrh.
v. Chr. erwähnen die Griechen und
Römer
[* 3] gallische Barden
, die im Gefolge der Fürsten und
Großen deren Ruhm oder Schmählieder auf ihre Feinde sangen.
Sie verschwinden mit der Romanisierung der
Gallier.
In Wales standen die Barden
noch im Mittelalter in voller
Blüte
[* 4] und hohem Ansehen. Sie bildeten einen festgegliederten
Orden,
[* 5] dessen
Rechte und Pflichten gesetzlich geregelt und
dessen Mitglieder durch besondere
Tracht ausgezeichnet
waren. Auf allgemeinen oder lokalen Versammlungen,
Eisteddfod oder Gorsedd genannt, wurden Gesetze über die Barden
disciplin
verfaßt und die ausgelernten
Schüler, die sich aus allen
Ständen rekrutierten, zu Barden
graduiert, auch öffentliche Disputationen
und Wettgesänge veranstaltet. Ein erhaltenes Gesetz über
Musik und Bardentum
wird auf Gruffyth ap Cynan
(gest. 1137) zurückgeführt. Es gab wohl verschiedene
Stufen und
Klassen von Barden
, je nachdem sie mehr technisch ausgebildet
waren (im
Gesang, im Crotta- und Harfenspiel) oder mehr wissenschaftlich, in der Kenntnis der
Grammatik und Metrik, der Geschichte
und Genealogie, später auch der Heraldik.
Manche angeblich alte Nachrichten und Verordnungen über das Bardentum
haben sich als späte Erfindungen
herausgestellt.
Ihre erhaltenen
Dichtungen sind teils christlich-religiösen
Inhalts, teils Preislieder auf Fürsten und
Helden,
Schlachtgesänge, kurze epigrammatische Gedichte, Trinklieder, später auch Minnegesänge. Die Eroberung von Wales durch
Eduard I. (1282) gab dem Bardentum
einen harten
Stoß; doch lebte der
Stand noch lange fort, wenn auch
in den
Rechten beschränkt.
Namentlich seit dem 15. Jahrh. sind zur Hebung [* 6] der sinkenden Dichtkunst mit Einwilligung der engl. Herrscher noch eine Reibe von Eisteddfods abgehalten worden, die letzte 1681 zu Bewpyr-Castle. Im 19. Jahrh. haben patriotische Waliser diese Versammlungen mit Wettgesängen und Preisverteilung erneuert, zuerst 1819; seitdem werden sie unter den alten Namen und mit den alten Formalitäten wiederholt. Eine Sammlung solcher jungen Erzeugnisse gab Williams ab Ithel heraus («Barddas, the Bardo-Druidic system of the isle of Britain», 2 Bde., 1862-74).
In
Irland waren die Barden
im Mittelalter tief gesunken. Hier hatten sich die Fili, d. h.
die
Vertreter der gelehrten, auf mehrjährigem
Studium beruhenden
Dichtkunst, die
Historiker und
Richter, als besonderer
Stand
losgelöst; diese blickten mit Verachtung auf die ungebildeten
Bänkelsänger hinab, denen allein der
Name Barden
verblieb. Nach
der Eroberung
Irlands erließen engl. Fürsten, besonders
Heinrich VI.,
Heinrich VII. und Elisabeth, mehrfach strenge Verordnungen
gegen die irischen Sänger, deren Lieder zum
Aufstande aufreizten. Die
Schlacht am Boynefluß (1690) machte auch diesem Rest
altkelt. Lebens ein Ende. Als letzter irischer
Barde gilt Turlough O'Carolan (1670-1738).
In
Schottland finden sich Barden
als erbliche
Diener der Fürsten und Adligen bis 1748, wo zugleich mit der Erbgerichtsbarkeit
dies Verhältnis verschwand.
Den alten
Germanen waren
Name und
Stand der Barden
unbekannt, und wenn
Klopstock und seine
Anhänger und Nachahmer von Barden
der alten
Deutschen sprechen, so beruht dies auf einer Verwechselung mit der kelt. Einrichtung. So
benannte
Klopstock ein vorzugsweise religiöses und kriegerisches Lied in dem fingierten Charakter eines
Barden
gesangs, oder einen Schlachtgesang in dem wildkräftigen
Ton der german. Urzeit
Bardiet oder
Bardit, verleitet durch eine
falsche Lesart in
Tacitus'
«Germania»,
[* 7]
Kap. 3, wo einige Handschriften statt des richtigen baritus oder barritus (das Schlachtgeschrei
der
Germanen) barditus
bieten. Die deutschen Dichter, die damals das
Bardiet mit Vorliebe pflegten, ahmten
meist die empfindsame Weichheit Ossians nach oder arteten in unerquicklichen Wortschwall «ohne
Leben
¶
mehr
406 und Wahrheit» aus, den schon Lichtenberg, Hölty u. a. verspotteten. Denis und Gerstenberg behandelten es lyrisch (vgl. Ehrmann, Die bardische Lyrik im 18. Jahrh., Halle [* 9] 1892), Kretschmann episch. –
Vgl. d'Arbois de Jubainville, Introduction à l'étude de la littérature celtique (Par. 1883);
Walter, Das alte Wales (Bonn [* 10] 1859);
Walker, [* 11] Memoirs of the Irish bards (Lond. 1786);
Jones, Relics of the Welsh bards (ebd. 1784);
Hardiman, Irish ministrelsy of Bardic remains of Ireland (2 Bde., Dublin [* 12] 1831);
Stephens, Literature of the Kymry (1849, 1876);
O'Curry, On the manners and customs of the ancient Irish, Bd. 2 (Lond. 1873);
Stokes und Windisch, Irische Texte, 3. Serie, Heft 1 (Lpz. 1891).