Baracke
und
Baracke
nsystem. Unter einer Baracke versteht man ein zur vorübergehenden
Unterkunft von
Menschen bestimmtes
eingeschossiges
Gebäude aus leichtem Material. Der
Ausdruck Baracke
stammt aus dem
Spanischen (barráca = Fischerhütte) und
wurde durch gascogn.
Truppen zunächst nach
Frankreich übertragen. Bis zum Ende des 17. Jahrh. bezeichnete
man daselbst als baraques die
Unterkunftsräume der
Kavallerie, während die Infanterie huttes bewohnte.
Später wurde der
Ausdruck baraque auf die Lagerhütten aller
Truppen ausgedehnt. Vier
Pfosten mit einem Flugdache aus Flechtwerk
oder
Stroh bildeten damals den ganzen
Bau. Seitdem haben die Baracken
einen andern, sehr abweichenden Charakter
angenommen und in den verschiedensten Formen, namentlich für militärische, in neuester Zeit jedoch auch für andere Zwecke,
mannigfache Verwendung gefunden. Die Bedeutung einer nur vorübergehend benutzten Wohnungsanlage ist dabei immer mehr verloren
gegangen, am frühesten und vollständigsten in England und Nordamerika,
[* 3] wo man unter barracks geradezu
Kasernen jeder Art versteht, auch wenn dieselben aus
Stein errichtet sind und
Stockwerke besitzen.
Als
Unterkunftsräume für
Truppen
(Mannschaftsbaracken) sind Baracken
verschiedenster Art sowohl in Feld- als in Friedenslagern,
auf
Schieß- und Übungsplätzen seit langem in Gebrauch. Für die Aufführung und Einrichtung giebt es in den
Armeen der größern
Staaten bestimmte Vorschriften. Die preuß. Baracken
bestehen aus einem steinernen Fundament
(60 cm hoch), einem darüber ausgeführten Ständerwerk (3 m hoch), welches ausgemauert und mit Brettern bekleidet wird,
und aus einem meist flachen Bretterdach.
Ausgedehnte Verwendung fanden große Baracke
nlager 1870-71 in
Deutschland
[* 4] zur Unterbringung der zahlreichen franz. Kriegsgefangenen.
Während man indessen noch damals diese Art der
Unterkunft als einen Notbebelf betrachtete, geht neuerdings
das Streben immer mehr dahin, Massenunterkunftsräume aller Art grundsätzlich als Baracken
oder doch möglichst barackenähnlich
zu gestalten, nachdem die Erfahrung (zuerst bei der Krankenbehandlung) gelehrt hat, daß die mit jeder Anhäufung von
Menschen
verbundenen gesundheitlichen Gefahren wesentlich vermindert werden, wenn zur Unterbringung anstatt eines
großen, vielgeschossigen, mit zahlreichen Zwischenwänden versehenen
Gebäudes mehrere kleine zur Verwendung kommen, die
eine weit reichlichere Zufuhr von Licht
[* 5] und Luft sowie eine gründlichere
Reinigung gestatten.
Naturgemäß hat bei dem Barackenbau
in dem
Maße, in welchem der einstweilige Charakter des Bauwerks schwand, das früher
ausschließlich verwandte leichte Material (Holz,
[* 6]
Reisig,
Stroh) dauerhafterm (Fachwerk,
[* 7]
Stein,
Eisen,
[* 8]
Cement) Platz gemacht.
Wesentlich ist nur noch, daß die Baracke
(im Gegensatz zum zweigeschossigen Pavillon oder mehrgeschossigen mit Korridor
versehenen
Block) ein einziges, zu ebener Erde gelegenes oder wenig darüber erhöhtes
Geschoß
[* 9] besitzt und im Innern außer
kleinen Nebenräumen nur 1-2 m der Längsachse aneinandergereihte Haupträume umschließt, von denen
jeder im Gegensatz zum Korridorsystem die ganze
Tiefe des
Gebäudes einnimmt, daher einander gegenüberliegende Fenster, und
zwar an seinen Längsseiten, besitzt. Dadurch wird eine sehr ausgiebige Lüftung auf sog. natürlichem
Wege und starke Belichtung ermöglicht. (S.
Kaserne.)
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Nach gleichen gesundheitlichen Gesichtspunkten wie bei der Armee werden seit einiger Zeit Baracken
mit Vorliebe überall da
verwandt, wo größere Arbeitermassen, nicht jedoch Arbeiterfamilien, untergebracht werden sollen, besonders bei Eisenbahnbauten,
Kanalbauten u. s. w.
Besondere Bedeutung hat die Baracke
in der Krankenbehandlung erlangt. Die Schaffung von Lazarettbaracken ist jedoch nicht
erst der Neuzeit zuzuschreiben; dieselbe reicht vielmehr in die zweite Hälfte des 18. Jahrh.
zurück und fällt zusammen mit den ersten Regungen einer zweckmäßigen Lazarett-, besonders Kriegslazarett-Hygieine. Größere
Baracke
nlazarette entstanden in Deutschland während der Kriege im Anfang des 19. Jahrh. Weitere Ausdehnung
[* 11] und Wichtigkeit
gewann allerdings die Behandlung Kranker und Verwundeter in Baracken
während des Krimkrieges (durch Pirogoff).
Ihre hauptsächlichste Anwendung und Fortbildung aber erfuhr die Lazarettbaracke
im Amerikanischen Rebellionskriege (1862-65)
und im Deutsch-Französischen Kriege von 1870 und 1871. Während des letztern wurden in 84 Orten Deutschlands
[* 12] bei 114 Lazaretten 481 Krankenbaracken
mit 13978 Lagerstellen nach den verschiedensten Systemen errichtet. Infolge der Kriegserfahrungen fand
die Lazarettbaracke
auch in Friedenslazaretten der Armee und im bürgerlichen Hospitalwesen Eingang, bis schließlich die
ursprünglich nur als Aushilfe in Notlagen erdachte Baracke
sich zu einer dauernden und vorherrschenden Einrichtung in den
Krankenhausanlagen umgewandelt hat. Nachdem bereits 1840 in Leipzig
[* 13] während des Sommers Günthersche Luftbuden, in den sechziger
Jahren im Charité-Krankenhause zu Berlin
[* 14] Baracken zur Belegung in jeder Jahreszeit in Gebrauch genommen waren, entstand 1869 zu
Leipzig das erste selbständige bürgerliche Barackenlazarett, dem seit dieser Zeit eine ganze Reihe anderer gefolgt
sind.
In ihrer gewöhnlichen Form ist die Hospitalbaracke ein langer, schmaler Bau, dessen Boden auf Balken oder Steinpfosten von 0,3 bis 1,2 m Höhe ruht. Die zum Einlassen von Licht und Luft bestimmten Fensteröffnungen sind entweder durch Glasfenster oder auch bloß durch Leinwandvorhänge geschützt. Zur Herstellung einer gehörigen Ventilation sind im Fußboden und dem Dache Klappen angebracht, die beliebig geöffnet werden können. Um hierbei das Innere der Baracke vor dein Regen zu schützen, trägt jede Baracke einen sog. Dachreiter, d. h. ein kleines schmaleres Dach, [* 15] welches auf dem Firste des eigentlichen Dachs angebracht ist, und in dessen vertikalen Seitenwänden sich die Ventilationsklappen befinden. Eine jede solche Baracke ist in ihren räumlichen Verhältnissen nichts als ein einziger großer Krankensaal, welcher 20-30, ja auch 60 Patienten aufnehmen kann und in Bezug auf Geräumigkeit, Lüftung, Reinlichkeit, übersichtliche Ordnung und Pflege allen Anforderungen entspricht.
Die reichen Erfahrungen, welche man während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870 und1871 mit den Barackenlazaretten machte, haben ergeben, daß die Verwendung dieses Systems überhaupt für Krankenanstalten, auch für Civilhospitäler von ganz besonderer Bedeutung ist, da die Baracken insbesondere eine gute Ventilation, eine schnelle Beseitigung von Infektionsstoffen und eine leicht auszuführende Isolierung ansteckender Krankheitsformen ermöglichen, so daß jetzt fast jedes größere Krankenhaus [* 16] eine Anzahl derartiger gut ventilierter Barackenbauten besitzt.
Als ausschließliches System dürfte jedoch das Barackensystem in Deutschland schwerlich zur Geltung kommen, weil die ausreichende Heizung [* 17] der Baracken im Winter immerhin mit Schwierigkeiten verbunden ist. Eine allen Erfordernissen entsprechende umfängliche Krankenheilanstalt soll nach Ansicht der Autoritäten stets die drei Lazarettformen in sich schließen, die je nach Verschiedenheit der Krankheiten nach den bisherigen Erfahrungen sich als die geeignetsten erwiesen haben, nämlich ein Korridorlazarett, ein Pavillonlazarett und Baracken, welche letztere aber, wenn für die Friedenszeit und für die Dauer bestimmt, nicht bloß aus Holz, sondern massiv, aus Stein, zu errichten sind. (S. Krankenhaus.)
Eine überraschende Entwicklung bat der Barackenbau im letzten Jahrzehnt durch die auf Herstellung transportabler Baracken gerichteten Bemühungen erfahren. Professor von Esmarch empfahl zuerst 1869, Pirogoff 1871 versendbare Baracken für die Kriegskrankenpflege. Einzelne transportable Baracken kamen im Russisch-Türkischen Kriege 1877 und 1878 in unvollkommener Gestalt und unter ungünstigen Verhältnissen zur Anwendung. Planmäßigern Gebrauch von solchen Baracken machten die Österreicher während der Besetzung Bosniens und der Herzegowina 1878 und 1879. Seitdem ist der Gedanke namentlich seitens des preuß. Kriegsministeriums sowie seitens der Vereine vom Roten Kreuz [* 18] weiter verfolgt worden.
Die hauptsächlichste Förderung erfuhr derselbe durch den Wettbewerb zu Antwerpen [* 19] 1885 um einen von der Deutschen Kaiserin Augusta ausgesetzten Preis. Den meisten Eingang hat das daselbst mit dem ersten Preise gekrönte Döckersche Muster (mit mannigfachen Abänderungen im einzelnen) gefunden. Die versendbare Krankenbaracke, die bequem zerlegbar und leicht zusammensetzbar, von geringem Gewicht, gleichwohl aber dauerhaft und allen gesundheitlichen Anforderungen an eine gesundheitsgemäße Unterkunft genügen muß, soll im Kriege eine rasche Anlage oder Erweiterung von Lazaretten bei dem Mangel sonstiger geeigneter Krankenunterkunftsräume ermöglichen, den Verwundeten alsbald die Vorteile einer geregelten Lazarettbehandlung verschaffen, eine übermäßige Ausdehnung der Krankenzerstreuung verhindern, im Frieden bei Seuchen zur vorübergehenden Vergrößerung und Entlastung, oder als vorläufiger Ersatz stehender Militärlazarette sowohl als bürgerlicher Krankenhäuser, endlich zur Absonderung der mit ansteckenden Krankheiten Behafteten dienen.
Wie die Baracke überhaupt, so ist auch die versendbare Baracke allein Anschein nach berufen, nicht nur in der Krankenpflege, sondern auch als Unterkunftsraum für gesunde Truppen (Mannschaftsbaracke) besonders im Kriege eine wachsende Bedeutung zu erlangen, nachdem namentlich durch ein vom preuß. Kriegsministerium 1887 erlassenes Preisausschreiben zahlreiche zweckmäßige Muster bekannt geworden sind.
Auf der Internationalen Ausstellung für das Rote Kreuz zu Leipzig (Febr. 1892) befand sich eine transportable Baracke nach dem System des Dr. Düms (Leipzig); dieselbe, ein Zelt mit zwei etwa 12 cm voneinander entfernten Segeltuchwänden, ist leicht heizbar, wobei die zwischenliegende Luftschicht als schlechter Wärmeleiter dient. Ferner war eine transportable, kugelsichere Baracke aus Cementdielen ¶
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393 ausgestellt, mit welcher militärischerseits Versuche gemacht werden sollen. Litteratur. Esse, Die Krankenhäuser, ihre Einrichtung und Verwaltung (2. Aufl., Berl. 1868);
ders., Das Barackenlazarett der königl. Charité zu Berlin (ebd. 1868);
Billings, Report on the barracks and hospitals (Washingt. 1870);
Friedreich, Die Heidelberger Baracken für Kriegsepidemien (Heidelb. 1871);
Virchow, Über Lazarette und Baracken (Berl. 1871);
Steinberg, Die Kriegslazarette und Baracken von Berlin (ebd.1872);
Oppert, Hospitäler und Wohlthätigkeitsanstalten (4. Aufl., Hamb. 1872);
Fischer, Handbuch der Kriegschirurgie (2. Aufl., 2 Bde., Stuttg. 1882);
von Langenbeck, von Coler und Werner, Die transportable Lazarettbaracke (2. Aufl., Berl. 1890);
Sanitätsbericht über die deutschen Heere 1870–71, Bd. 1: Sanitätsdienst (ebd. 1884), Kap. 7;
Handbuch der kriegschirurg.
Technik (Tüb. 1875); Verhandlungen des X. internationalen mediz. Kongresses. Abteilung für Militärsanitätswesen (Berl. 1891); Lange, Der Barackenbau (Lpz. 1894).