(mittellat. bannus oder bannum, franz. ban,
ital., span. und portug. bando,
vom altdeutschen
Ban),
nach J.
Grimm (»Deutsche
[* 2] Rechtsaltertümer«, S. 732) ursprünglich s. v. w.
Gebot und Verbot. Doch wird der
Ausdruckbannus oder in den altdeutschen
Rechtsbüchern noch vielfach in andrer und weiterer
Bedeutung gebraucht. Im fränkischen
Reich verstand man unter Bann die gesamte königliche Regierungsgewalt, welche nach mittelalterlicher
Rechtsanschauung in die beiden Hauptklassen, den
Heerbann und den
Gerichtsbann
(Militär- und Zivilgewalt), zerfiel. Zuweilen
wird unter auch eine königliche
Verordnung verstanden, welche etwas bei
Strafe ge- oder verbietet, wie auch dieseStrafe
oder
Buße selbst als Bann bezeichnet wird.
Der fränkische bannus oder das Strafgeld betrug regelmäßig 60
Schilling (solidi). Die Kriminalgerichtsbarkeit insbesondere
heißt
Blut- oder
Königsbann.
Ferner bezeichnete Bann die
Strafe, welche denjenigen traf, welcher sich trotz wiederholter feierlicher
Ladung nicht vor
Gericht stellte, d. h. vorzugsweise
Verbannung aus dem Gebiet und
Friedlosigkeit (s.
Acht),
ebenso bei der
Kirche den Ausschluß aus ihrer
Gemeinschaft (s. unten).
Endlich pflegte man den
Bezirk, in welchem jemand eine
ausschließliche
Gerichtsbarkeit oder auch nur ein gewerbliches Verbietungsrecht zustand, Bann zu nennen; daher die
AusdrückeGerichtsbann, Burgbann,
Bannmeile,
Bannrecht u. dgl. Im übertragenen
Sinn gebraucht man das
Wort im
Sinn von
Fluch oder Zauber, von
Fessel oder Verbot überhaupt, ohne daß letzteres von einem
Richter ausgesprochen würde.
(hebr.
Cherem), bei den
Juden seit sehr früher Zeit ein
Gelübde, vermöge dessen
Personen und
Sachen Gott unwiderruflich
als
Eigentum geweiht wurden
(3. Mos. 27, 28. u. 29). Erstere mußten sterben,
letztere fielen dem Heiligtum anheim oder wurden vernichtet. Der Bann ging zuerst von dem freien
Willen des
Volks aus, später
ward er durch
Gesetze bestimmt; oft geschah er nach ausdrücklichem göttlichen Befehl und wurde aus einem
Gelübde zu einer
Strafe. Die Vindizierung einer verbannten
Sache war mit dem
Tod bedroht.
Eine dieser alttestamentlichen ähnliche
Verbannung finden wir auch bei den
Römern (s.
Anathema). Etwas andres ist der im
NeuenTestament erwähnte, als eine
Strafe kirchlicher Art verhängte Bann der spätern
Juden, nämlich die
Ausschließung eines
Juden
aus der
Gemeinde und dem nähern
Umgang mit andern. Nach drei Hauptbestimmungen wurde der Bann verhängt:
zum
Schutz des persönlichen
Rechts und der Wiederherstellung der verletzten
Ehre, zur Aufrechthaltung der
Sittlichkeit, zur
Herstellung und
Befestigung behördlicher
Autorität und zur Erzielung einer
Einheit in
Leben und
Lehre
[* 3] des
Judentums. Bis in das
Mittelalter war der vom talmudisch-rabbinischen
Recht näher bestimmte Bann, welcher in der leichtern Form
Nidduj (»Ausstoßung«) hieß, den
Juden furchtbar, jetzt
ist er¶
Das Kirchenrecht unterscheidet den Kleinen und Großen Bann (excommunicatio minor und major oder Anathema). Jener
schließt nur von der Gemeinschaft derSakramente aus und zieht die Unfähigkeit zur Erlangung kirchlicher Ämter nach sich,
dieser schließt auch von jeder kirchlichen Gemeinschaft, vom bürgerlichen Recht und geselligen Verkehr aus. Der Bann ist entweder
latae oder ferendae sententiae, jenes infolge einer allgemeinen gesetzlichen Vorschrift, dieses infolge eines Urteilsspruchs.
Zu Verhängung des letztern ist jeder Geistliche befugt, der eine selbständige Jurisdiktion für das Gebiet seines Sprengels
hat.
Wird der Große Bann öffentlich bekannt gemacht, so tritt für jeden Katholiken die Pflicht ein, den Verkehr mit dem Gebannten
zu meiden. Der Aufhebung des Bannes muß die Kirchenbuße vorhergehen. Die neuere staatliche Gesetzgebung
verbietet überall die Verbindung bürgerlicher Nachteile mit dem kirchlichen Bann, so insbesondere das preußische Gesetz vom über
die Grenzen
[* 5] des Rechts zum Gebrauch kirchlicher Straf- und Zuchtmittel. Die Ausdehnung
[* 6] des Bannes auf eine Ortschaft oder ein
Land, d. h. das Verbot jeder kirchlichen Feier, hieß Interdikt (s. d.). In der evangelischen Kirche ist
nur der Kleine Bann, die Ausschließung vom Abendmahl und andern kirchlichen Rechten, bis in die neuere Zeit als Zuchtmittel beibehalten
worden.
§. 1. Ist eine Absonderung einer Sache von andern, daß sie völlig ausgetilgt werde, so, daß man
dasjenige, was lebendig, tödte; was aber nicht lebendig, mit Feuer verbrenne, oder auf eine andere Art abthue. Es wird auch
dieses Wort, wenn es von der verbannten Sache angenommen wird, für GOtt heilig, gewidmet, gebraucht. S. verbannen.
Laß nichts vom Bann an deiner Hand hängen,
5 Mos. 13, 17.
Wer gefunden wird im Bann, ib. u. 15. vergl.
5 Mos. 18, 17.
Ich habe Jacob zum Bann gemacht, und Israel zum Hohn,
Esa. 43, 36.
§. 2. Die späteren Juden hatten dreierlei Bann. I) Niddui, der kleinere, wenn einer wegen
eines Verbrechens aus ihrer Gemeinschaft geschlossen wurde, zur öffentlichen Beschämung, bis auf den dreißigsten Tag.
II) Therem, der mittlere. Dieser erfolgte, wenn einer sich nicht bekehren wollte, und war schärfer, als der erstere, und
mit Verwünschung verbunden. Denn mit dem, der in einem solchen Bann stand, hatte Niemand etwas zu schaffen,
ausser daß man ihm sein Essen reichte. Zuweilen wurde er öffentlich mit Hörnern ausgeblasen, und auch wohl mit Flüchen
belegt. Er dauerte wenigstens wieder 30 Tage, mit Hoffnung der Buße. Wenn diese während der Zeit erfolgte, so geschah die
Absolution und Wiederaufnahme in die Gemeine. Es durfte sich dann der Verbannte wieder waschen und
scheeren, auch mit Andern öffentliche und besondere Gemeinschaft halten. Wenn aber die Hoffnung zur Besserung verschwand,
so folgte
III) Schammatha. Siehe Anathema maharam Motha. Hierbei war alle Hoffnung der Wiederaufnahme verloren. Wiewohl, da man nirgends
findet, daß den Juden aller Zugang zur Buße abgeschnitten worden wäre, die letztere Art nur eine Formel,
womit die andere aufgelegt wurde, gewesen sein kann.
Und wird kein (antichristlicher) Bann mehr sein; denn Jerusalem wird ganz sicher wohnen,
Zach. 14, 11.
Daß ich nicht komme, und das Erdreich mit dem Bann schlage (mit Fluch belege), Mal. 4, 6.
Wer dawider handeln wird, der soll im Bann sein,
1 Macc. 14. 45.
Die Juden hatten sich vereinigt, so Jemand ihn für Christum bekennete, daß derselbe in den Bann gethan würde,
Joh. 9, 22.
Aber um der Pharisäer willen bekannten sie es nicht, daß sie nicht in den Bann gethan würden,
Joh.
12, 42.
Sie werden euch in den Bann thun (aus ihrer Kirchengemeinschaft schließen),
Joh. 16, 2.
§. 3. Der Bann wurde ehedem in unserer Kirche in den kleinern und grössern getheilt. Jener bestand darin, daß man
einen Sünder eine Zeitlang
¶
mehr
von dem Gebrauch des heiligen Abendmahls ausschloß, weil er sich unwürdig gemacht, und nicht genug zubereitet war, den Leib
und das Blut Christi zu genießen, z. B. durch Hurerei, Feindschaft und andere Aergernisse. Dieser erfolgte, wenn man einen
verstockten Sünder, durch öffentliche Ausrufung, von der christlichen Gemeinde ganz und gar ausschloß,
und ihn mit Paulus im Namen Christi dem Satan übergab,
1 Cor. 5, 4. 5. Hierbei wäre Luthers Rath, den er einem gab, wohl
nöthig in Erfüllung zu bringen, wenn er schreibt: Er thäte wohl daran, wenn er den Bann wieder anrichten könnte nach
dem Exempel der ersten Kirche. Er setzt aber auch hinzu: Dieses Fürnehmen würde den Hofjunkern sehr
faul thun, und sie hart verdrießen, nachdem sie solches Zwanges entwöhnt wären: und beschließt: GOtt stehe euch bei und
gebe sein Gedeihen dazu, hoch wäre wohl solche Disciplin vonnöthen, weil der Muthwille, daß Jedermann nur thut, was er
nur will, zusehends überhand nimmt. (Alt. VIII. 342.Hall. XIX. 1254.) Wie klein würde aber die Heerde
der wahren Schafe des Erzhirten Christi alsdann werden! (Vgl. Luth. v. Bann Alt. I. 474. Nil. XIX. 1100.)
§. 6. Der Gebrauch dieses Zucht- und Besserungsmittels setzt eine Gemeine voraus, in welcher das Bewußtsein der
christlichen Gemeinschaft in Allen lebendig und vorherrschend ist, wo der Geist des heiligen Ernstes und
der erbarmenden Liebe waltet, die den Gefallenen sittlich strafen, aber auch tragen und durch Theilnahme und Fürbitte wieder
aufrichten kann: so daß die öffentliche Rüge heilsam wirkt. In gemischten und zum großen Theil verderbten Gemeinen, denen
das Gefühl der brüderlichen Gemeinschaft entschwunden ist, würde dagegen jene Zucht in eine bürgerliche
Beschimpfung ausarten, und anstatt zu bessern, erbittern und verstocken.
Daher in unsrer gegenwärtigen Kirche, wie sie einmal ist, an eine Wiederherstellung der alten christlichen Zucht gar nicht
gedacht werden kann, wofern die Kirche nicht erst regenerirt ist, und die christlichen Regierungen haben daher auch längst
den Kirchenbann abgeschafft. Dennoch bleibt das Beispiel der alten Kirchenzucht für uns beschämend
und
mahnend, da es den Abstand unserer Kirche von dem Ideal einer wahren Kirche, und das Ziel uns vorhält, wonach wir streben
sollten. Wahre Christen können indessen eine Art indirecter Kirchenzucht ausüben, wenn sie durch Ernst und Versagung
näherer Freundschaft unwürdige Glieder der Kirche zu strafen wissen.
§. 7. Von dem äußern Bann, der ehedem durch die kirchliche Regierung auferlegt wurde, kann der innere Bann unterschieden
werden, den das Gewissen auferlegt und durch den erst der äußere Bann Kraft empfängt. Er besteht in dem Bewußtsein einer
geheimen noch nicht getilgten Schuld (z. B. eines Verbrechens, als Mord, Ehebruch, Meineid, ungerechter
Besitz, unsittliche Verbindung, Verführung einer Seele u. A.), wodurch nicht bloß der innere Friede gestört, die volle
Zuversicht zu GOtt benommen, sondern auch die Kraft und Freudigkeit des Handelns gebrochen, und die Hoffnung des göttlichen
Segens entzogen wird. Befreit kann der Mensch davon werden nur durch völlige Losmachung von der Schuld,
möglichste Hemmung der bösen Folgen, und die göttliche Vergebung in Christo.
§. 8. Die Juden und Pharisäer haben den Bann gemißbraucht,
Joh. 12, 42. Joh. 9, 22. und der Papst wird mit seinen
Bannstrahlen, welche er nur zur Privatrache schießen läßt, in seinem unbesonnenen Eifer ein treuer
Nachfolger der Tyrannen und Verfolger, die, wenn sie die Jünger Christi verbannten, GOtt einen Dienst dadurch zu thun vermeinten,
Joh. 16, 2.
Ein in der deutschen Schweiz für sich allein oder in Zusammensetzungen häufig
vorkommender Ortsname, der ein gebanntes Gebiet bezeichnet, das heisst ein solches, in welchem Bäume zu schlagen, zu jagen
oder zu weiden verboten ist;
(mittellat. bannus, bannum; frz. ban; ital.,
span. und portug. Bando; sämtliche Formen sind wohl ans dem got. Bandvjan, d. i. bezeichnen oder verbindlich
machen, entstanden), in der frank. Verfassung und im Mittelalter die der öffentlichen Gewalt, dem Könige, Grafen, Fürsten
u. s. w. zustehende Befugnis, bei Strafe zu gebieten oder zu verbieten. Am höchsten stand der Königsbann, durch den die
Übertretung eines königl. Befehls mit 60 Solidi gebüßt wurde.
Deu Grafen ermächtigte der Bann nur zur Verhängung einer geringern Buße. Bannen bedeutete daher zunächst soviel als befehlen,
auferlegen, z. B. das Erscheinen vor Gericht (bannitio, Vorladung) oder bei kriegerischem Aufgebote (Heerbann, s. d.). Seit
der Ausbildung eines öffentlichen Strafrechts sprach man von einem Blutbanne oder der Gerichtsbarkeit
über Leben und Tod (judicum capitale), die in der ältern Zeit dem Inhaber vom Könige verliehen sein mußte. Bann bedeutet
ferner den Bezirk, durch welchen die Gewalt des Bannherrn sich erstreckt, sowie den Befehl oder das Verbot selbst, auch die
durch denselben festgesetzte Strafe.
Außerdem ist Bann gleichbedeutend mit Acht (s. d.) im Sinne von Ausschluß aus der Rechtsgemeinschaft. In
einer engern Bedeutung gehört dann Bann (s. Kirchenbann) dem geistlichen Rechte an, die Acht dem weltlichen. Danach erklären
sich die Bezeichnungen Gerichtsbann, Burgbann (die einem Burgherrn zustehende Gerichtsbarkeit oder deren Bezirk), Bannmeile
(der räumliche Umfang der Gewalt). Im AusdruckeBannrecht (s. d.) ist Bann zur Bezeichnung einer gewerblichen
Ausschließungsbefugnis abgeschwächt.
Vgl. W. Sickel, Zur Geschichte des Bann (Marburger Universitätsprogramm, 1886).
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