Bann
§. 1. Ist eine
Absonderung einer Sache von andern, daß sie völlig ausgetilgt werde, so, daß man
dasjenige, was lebendig, tödte; was aber nicht lebendig, mit Feuer verbrenne, oder auf eine andere Art abthue. Es wird auch
dieses Wort, wenn es von der verbannten
Sache angenommen wird, für GOtt heilig, gewidmet, gebraucht. S. verbannen.
Laß nichts vom Bann
an deiner Hand hängen,
5 Mos. 13, 17.
Die Kinder Israel sind im Bann
,
Jos. 7, 12.
Es ist ein Bann
unter ihnen, ib. u. 13.
Wer gefunden wird im Bann
, ib. u. 15. vergl.
5 Mos. 18, 17.
Ich habe Jacob zum Bann
gemacht, und Israel zum Hohn,
Esa. 43, 36.
§. 2. Die späteren Juden hatten dreierlei Bann.
I) Niddui, der kleinere, wenn einer wegen
eines Verbrechens aus ihrer Gemeinschaft geschlossen wurde, zur öffentlichen Beschämung, bis auf den dreißigsten Tag.
II) Therem, der mittlere. Dieser erfolgte, wenn einer sich nicht bekehren wollte, und war schärfer, als der erstere, und
mit Verwünschung verbunden. Denn mit dem, der in einem solchen Bann
stand, hatte Niemand etwas zu schaffen,
ausser daß man ihm sein
Essen reichte. Zuweilen wurde er öffentlich mit Hörnern ausgeblasen, und auch wohl mit Flüchen
belegt. Er dauerte wenigstens wieder 30 Tage, mit Hoffnung der
Buße. Wenn diese während der Zeit erfolgte, so geschah die
Absolution und Wiederaufnahme in die Gemeine. Es durfte sich dann der Verbannte
wieder waschen und
scheeren, auch mit Andern öffentliche und besondere Gemeinschaft halten. Wenn aber die Hoffnung zur
Besserung verschwand,
so folgte
III) Schammatha.
Siehe
Anathema maharam Motha. Hierbei war alle Hoffnung der Wiederaufnahme verloren. Wiewohl, da man nirgends
findet, daß den Juden aller Zugang zur
Buße abgeschnitten worden wäre, die letztere Art nur eine Formel,
womit die andere aufgelegt wurde, gewesen sein kann.
Und wird kein (antichristlicher) Bann
mehr sein; denn Jerusalem wird ganz sicher wohnen,
Zach. 14, 11.
Daß ich nicht komme, und das Erdreich mit dem Bann schlage (mit Fluch belege), Mal. 4, 6.
Wer dawider handeln wird, der soll im Bann sein, 1 Macc. 14. 45.
Die Juden hatten sich vereinigt, so Jemand ihn für Christum bekennete, daß derselbe in den Bann gethan würde, Joh. 9, 22.
Aber um der Pharisäer willen bekannten sie es nicht, daß sie nicht in den Bann gethan würden, Joh. 12, 42.
Sie werden euch in den Bann thun (aus ihrer Kirchengemeinschaft schließen), Joh. 16, 2.
§. 3. Der Bann wurde ehedem in unserer Kirche in den kleinern und grössern getheilt. Jener bestand darin, daß man einen Sünder eine Zeitlang ¶
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von dem Gebrauch des heiligen Abendmahls ausschloß, weil er sich unwürdig gemacht, und nicht genug zubereitet war, den Leib und das Blut Christi zu genießen, z. B. durch Hurerei, Feindschaft und andere Aergernisse. Dieser erfolgte, wenn man einen verstockten Sünder, durch öffentliche Ausrufung, von der christlichen Gemeinde ganz und gar ausschloß, und ihn mit Paulus im Namen Christi dem Satan übergab, 1 Cor. 5, 4. 5. Hierbei wäre Luthers Rath, den er einem gab, wohl nöthig in Erfüllung zu bringen, wenn er schreibt: Er thäte wohl daran, wenn er den Bann wieder anrichten könnte nach dem Exempel der ersten Kirche. Er setzt aber auch hinzu: Dieses Fürnehmen würde den Hofjunkern sehr faul thun, und sie hart verdrießen, nachdem sie solches Zwanges entwöhnt wären: und beschließt: GOtt stehe euch bei und gebe sein Gedeihen dazu, hoch wäre wohl solche Disciplin vonnöthen, weil der Muthwille, daß Jedermann nur thut, was er nur will, zusehends überhand nimmt. (Alt. VIII. 342. Hall. XIX. 1254.) Wie klein würde aber die Heerde der wahren Schafe des Erzhirten Christi alsdann werden! (Vgl. Luth. v. Bann Alt. I. 474. Nil. XIX. 1100.)
§. 4. Der Bann ist von Christo, als dem Haupt der Kirche, eingesetzt und geboten, Matth. 16, 19. c. 18, 18. Joh. 20, 23. (S. Absolution §. 2. 3.) und von den Aposteln gelehrt und gebraucht worden, 2 Cor. 2, 6. 2 Thess. 3, 6. 14. Tit. 3, 10. z. B. an dem
Alexander und Hymenäus, 1 Tim. 1, 20.
Blutschänder, 1 Cor. 5, 1-5.
§. 5. Diejenigen Sünder, welche von der christlichen Gemeinde ausgeschlossen werden sollen, sind namhaft gemacht Matth. 18, 17. Röm. 16, 17. 1 Cor. 5, 1. f. v. 9. 11. 2 Tim. 2, 17. 2 Joh. v. 10. Sprw. 22, 10. S. auch Matth. 7, 6. und zwar, damit
Sie gezüchtiget werden mögen, nicht mehr zu lästern, 1 Tim. 1, 20.
Schamroth gemacht, 2 Thess. 3, 14. und der Geist selig werde, 1 Cor. 5, 5.
§. 6. Der Gebrauch dieses Zucht- und Besserungsmittels setzt eine Gemeine voraus, in welcher das Bewußtsein der christlichen Gemeinschaft in Allen lebendig und vorherrschend ist, wo der Geist des heiligen Ernstes und der erbarmenden Liebe waltet, die den Gefallenen sittlich strafen, aber auch tragen und durch Theilnahme und Fürbitte wieder aufrichten kann: so daß die öffentliche Rüge heilsam wirkt. In gemischten und zum großen Theil verderbten Gemeinen, denen das Gefühl der brüderlichen Gemeinschaft entschwunden ist, würde dagegen jene Zucht in eine bürgerliche Beschimpfung ausarten, und anstatt zu bessern, erbittern und verstocken.
Daher in unsrer gegenwärtigen Kirche, wie sie einmal ist, an eine Wiederherstellung der alten christlichen Zucht gar nicht gedacht werden kann, wofern die Kirche nicht erst regenerirt ist, und die christlichen Regierungen haben daher auch längst den Kirchenbann abgeschafft. Dennoch bleibt das Beispiel der alten Kirchenzucht für uns beschämend und mahnend, da es den Abstand unserer Kirche von dem Ideal einer wahren Kirche, und das Ziel uns vorhält, wonach wir streben sollten. Wahre Christen können indessen eine Art indirecter Kirchenzucht ausüben, wenn sie durch Ernst und Versagung näherer Freundschaft unwürdige Glieder der Kirche zu strafen wissen.
§. 7. Von dem äußern Bann, der ehedem durch die kirchliche Regierung auferlegt wurde, kann der innere Bann unterschieden werden, den das Gewissen auferlegt und durch den erst der äußere Bann Kraft empfängt. Er besteht in dem Bewußtsein einer geheimen noch nicht getilgten Schuld (z. B. eines Verbrechens, als Mord, Ehebruch, Meineid, ungerechter Besitz, unsittliche Verbindung, Verführung einer Seele u. A.), wodurch nicht bloß der innere Friede gestört, die volle Zuversicht zu GOtt benommen, sondern auch die Kraft und Freudigkeit des Handelns gebrochen, und die Hoffnung des göttlichen Segens entzogen wird. Befreit kann der Mensch davon werden nur durch völlige Losmachung von der Schuld, möglichste Hemmung der bösen Folgen, und die göttliche Vergebung in Christo.
§. 8. Die Juden und Pharisäer haben den Bann gemißbraucht, Joh. 12, 42. Joh. 9, 22. und der Papst wird mit seinen Bannstrahlen, welche er nur zur Privatrache schießen läßt, in seinem unbesonnenen Eifer ein treuer Nachfolger der Tyrannen und Verfolger, die, wenn sie die Jünger Christi verbannten, GOtt einen Dienst dadurch zu thun vermeinten, Joh. 16, 2.