Titel
Bankrott
(Bankrutt, ital.
Banco rotto, Banca rotta, d. h. zerbrochene
Bank, nämlich der zerbrochene Wechseltisch des
insolventen Geldwechslers, franz. Banqueroute,
Falliment,
Faillite, engl. Bankruptcy), im gewöhnlichen Sprachgebrauch vielfach
als gleichbedeutend mit
Konkurs, Insolvenz,
Falliment, Fallissement,
Gant, Vergantung, d. h. öffentlich erklärter Zahlungsunfähigkeit
einer
Person, namentlich eines
Kaufmanns oder sonstigen Gewerbtreibenden, gebraucht (s.
Konkurs). Im engern
und eigentlichen
Sinn bezeichnet Bankrott
den strafbaren
Konkurs, d. h. die verschuldete Insolvenz des Bankrott
ierers, welche strafrechtliche
Ahndung zur
Folge hat.
Wie im französischen und belgischen
Recht, war auch im deutschen
Strafgesetzbuch nur der Bankrott
der Kaufleute mit
Strafe bedroht.
Doch ließ das
Strafgesetzbuch diejenigen Landesgesetze in Geltung, welche Strafbestimmungen rücksichtlich
des
Konkurses enthielten, die sich auf
Handlungen bezogen, über welche das
Strafgesetzbuch selbst nichts bestimmte. Die deutsche
Konkursordnung (§ 209-214) ist nunmehr an die
Stelle jener landesgesetzlichen Bestimmungen und ebenso an die
Stelle der frühern
Vorschriften des
Strafgesetzbuches (§ 281-283) über den Bankrott
getreten. Hiernach sind folgende Unterscheidungen
zu machen:
1) Betrüglicher Bankrott
, welcher, wenn keine mildernden Umstände vorliegen, mit
Zuchthaus bis zu 15
Jahren bestraft wird, ist
dann vorhanden, wenn ein
Schuldner, der seine
Zahlungen eingestellt hat, oder über dessen
Vermögen das Konkursverfahren eröffnet
worden ist, in der Absicht, seine
Gläubiger zu benachteiligen, Vermögensstücke verheimlicht oder beiseite
geschafft, oder
Schulden oder
Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt hat, welche ganz oder teilweise erdichtet sind. Ebenso
wird ein insolventer
Kaufmann wegen bezüglichen Bankrotts
bestraft, wenn er in der nämlichen Absicht
Handelsbücher, deren
Führung ihm gesetzlich oblag, zu führen unterlassen oder seine
Handelsbücher vernichtet, verheimlicht
oder so geführt oder verändert hat, daß dieselben keine Übersicht des
Vermögens gewähren.
2) Einfacher Bankrott
(Gefängnis bis zu zwei
Jahren) ist das
Vergehen insolventer
Schuldner, welche durch Aufwand,
Spiel oder Differenzhandel
mit
Waren oder Börsenpapieren übermäßige
Summen verbraucht haben oder schuldig geworden sind oder die
Handelsbücher zu
führen unterlassen haben, deren
Führung ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben verheimlicht, vernichtet, oder so unordentlich
geführt haben, daß sie keine Übersicht ihres Vermögenszustandes gewähren, oder welche es den Bestimmungen des
Handelsgesetzbuches
zuwider unterlassen haben, die
Bilanz ihres
Vermögens in der vorgeschriebenen Zeit zu ziehen.
3) Widerrechtliche Begünstigung einzelner Gläubiger. Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie, obwohl sie ihre Zahlungsunfähigkeit kannten, einem Gläubiger in der Absicht, ihn vor den übrigen Gläubigern zu begünstigen, eine Sicherung oder Befriedigung gewährt haben, welche derselbe nicht oder nicht in dieser Art oder nicht zu dieser Zeit zu beanspruchen hatte.
4) Handlungen dritter Personen zum Zweck der Benachteiligung der Gläubiger: Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, falls mildernde Umstände vorhanden, mit Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 6000 Mk. wird bestraft, wer im Interesse eines insolventen Schuldners Vermögensstücke desselben verheimlicht oder beiseite geschafft hat, oder wer im Interesse eines solchen Schuldners, oder um sich oder einem andern Vorteile zu verschaffen, in dem Verfahren erdichtete Forderungen im eignen Namen oder durch vorgeschobene Personen geltend gemacht hat.
5) Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemeinschuldner oder von andern Personen besondere Vorteile dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei den Abstimmungen der Konkursgläubiger in einem gewissen Sinn stimme, wird mit Geldstrafe bis zu 3000 Mk. oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft.
6) Endlich sind auch die im vorstehenden aufgeführten Strafvorschriften ausdrücklich für anwendbar erklärt gegenüber den Mitgliedern des Vorstandes einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft und gegenüber den Liquidatoren einer Handels-Gesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zahlungen eingestellt hat, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, wenn sie in ebendieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben.
Nach der Novelle zum deutschen Handelsgesetzbuch (Reichsgesetz vom betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften) muß der Vorstand einer Aktiengesellschaft die Eröffnung des Konkurses beantragen, sobald Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt. Dasselbe gilt, wenn aus der Bilanz sich ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Mitglieder des Vorstandes oder Liquidatoren, welche dies unterlassen, werden mit Gefängnis bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu 5000 Mk. bestraft (vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, § 240, 249 c).
In Österreich [* 2] wird nach dem allgemeinen Strafgesetz vom der in Konkurs geratene Schuldner, welcher nicht nachweisen kann, daß er durch Unglücksfälle und unverschuldet von der vollen ¶
mehr
Befriedigung seiner Gläubiger zurückgehalten wurde, oder wenn ihm übermäßiger Aufwand zur Last fällt, oder wenn er, nachdem seine Passiva die Aktiva bereits überstiegen, den Konkurs nicht sogleich selbst bei Gericht angemeldet, sondern neue Schulden gemacht, Zahlungen geleistet, Pfand oder Bedeckung angewiesen hat, mit strengem Arrest von drei Monaten bis zu einem Jahr bestraft. Derselben Strafe unterliegen in Konkurs verfallene Handelsleute, welche 1) ihr Handlungsgeschäft schon in verschuldetem Zustand oder, wenn gesetzlich zur Betreibung desselben ein bestimmter Handlungsfonds erforderlich ist, ohne den Besitz eines solchen und mit Hintergehung der Behörde über ihren Vermögensstand angetreten haben;
2) wenn sie schon einmal in Konkurs verfallen waren und die Erlaubnis zum Wiederantritt ihres Geschäftsbetriebs (insofern dies gesetzlich vorgeschrieben ist) durch falsche Angaben über ihren Vermögensstand etc. erlangt haben;
3) ihre Handlungsbücher gar nicht oder so mangelhaft geführt haben, daß der Gang [* 4] ihres Geschäftsbetriebs und ihr Vermögensstand nicht danach beurteilt werden können;
4) bei der Buchführung absichtliche Unrichtigkeiten begangen, die Bücher ganz oder teilweise vernichtet, unterdrückt oder deren Inhalt entstellt haben;
5) über die Entstehung von Schulden oder die Verwendung von eingegangenen bedeutenden Geldsummen oder Warensendungen keine hinreichende Aufklärung zu geben vermögen;
6) sich in Lieferungsverträge über Kreditpapiere oder Waren, die ihrem Wesen nach bloß Wetten sind, und in andre gewagte, ihren Vermögensverhältnissen nicht entsprechende Geschäfte eingelassen haben;
7) die Eröffnung des Konkurses zu einer Zeit, da sie bereits wußten, daß ihre Passiva die Aktiva überstiegen, durch Verschleuderung ihrer Waren unter dem wahren Wert oder durch andre ihren Gläubigern verderbliche Mittel zu verzögern gesucht haben.
Vor Einführung des Handelsgesetzbuchs in Frankreich waren hier die Worte Faillite und Banqueroute ganz gleichbedeutend;
man unterschied bloß den Falliten von Treue und Glauben vom sträflichen oder bezüglichen Falliten (dem Bankrott
ierer). Die
neue Gesetzgebung (Code de commerce, liv. III, tit. 2, art. 436) unterscheidet zwischen einfachem und betrügerischem
Bankrott.
Der einfache Bankrott gehört vor das Forum
[* 5] des Strafpolizeigerichts, und die Strafe darf nicht unter einem Monat, aber auch nicht
über zwei Jahre Gefängnis sein. Die Fälle des betrügerischen Bankrotts
werden von Amts wegen vor den Assisen verfolgt, und
die Strafe ist Zwangsarbeit auf bestimmte Zeit, ja auf lebenslänglich, wenn der Bankrott
ierer Sensal war.
Das französische Recht straft jedoch den Bankrott
nur bei Kaufleuten.
Das Handelsgesetzbuch für das Königreich der Niederlande
[* 6] gibt die Klassen und Grade des Bankrotts
nicht an, sondern sagt bloß
(Buch III, Tit. I, Art. 2): Jeder fallit gewordene Kaufmann, der sich in einem der im Strafgesetzbuch erwähnten
Fälle von grobem Verschulden oder von Betrug befindet, ist im Zustand des Bankrotts.
Das spanische Handelsgesetzbuch (Buch IV,
Tit. I, § 1002 u. f.) unterscheidet
hinsichtlich der rechtlichen Wirkungen fünf Klassen von Fallimenten, als: Einstellung der Zahlung (also bloße Suspension für
eine Zeitlang, was in der alten französischen Jurisprudenz auch angenommen war);
Insolvenz, aus zufälligen Ursachen entstehend (also Falliment durch unvorhergesehene Unglücksfälle, unverschuldetes Falliment);
strafbare Insolvenz,
betrügerische Insolvenz und boshaftes Falliment, wenn der Fallit sich mit dem Vermögen der
Gläubiger davonmacht. In England
ist ein sehr ausführliches Bankrott
gesetz (Bankruptcy Act) 1883 erlassen worden und in Kraft
[* 7] getreten.
Der Bankrott
ierer kann hiernach verhaftet werden, wenn Verdacht vorliegt, daß er sich durch Verborgenhalten oder
durch die Flucht seinen Verpflichtungen entziehen, daß er Waren beiseite schaffen oder Bücher etc. vernichten möchte, oder
wenn er Waren im Betrag von mehr als 5 Pfd. Sterl. ohne Erlaubnis des Masseverwalters wegschafft.
Das Gericht kann dem insolventen Schuldner die Entbindung von dem Verdacht des schuldhaften Bankrotts (discharge) namentlich
dann versagen, wenn er in den letzten drei Jahren die Geschäftsbücher vorschriftswidrig geführt, wenn er trotz der ihm bekannten
Überschuldung das Geschäft fortgesetzt, wenn er sich durch leichtsinnige Spekulation oder Verschwendung in den Zustand
der Insolvenz versetzt, oder wenn er einzelne Gläubiger bevorzugt und betrügerischerweise das Vertrauen seiner Gläubiger
getäuscht hat. Außer der Strafe des Betrugs bei betrügerischem Bankrott trifft den Bankrottierer Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte,
die er nur dann wieder gewinnt, wenn der Konkurs abgeschlossen, und dem Schuldner das gerichtliche Zeugnis erteilt wird,
daß Unglück die Veranlassung des Konkurses war.