Titel
Banken
(ausländische Zettelbanken). Im vorigen »Jahres-Supplement« (Bd. 18) brachten wir unter den Artikeln »Reichsbank« und »Privatnotenbanken« eine Darstellung des neuesten Standes der deutschen Zettelbanken. Nachstehend liefern wir in Ergänzung jener Artikel eine Übersicht über ¶
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die Entwickelung der wichtigern Banken
der übrigen Länder Europas sowie der Vereinigten Staaten
[* 3] von Nordamerika.
[* 4]
Die Organisation der englischen Bank ist Bd. 2, S. 335 f. auseinandergesetzt worden. Es erübrigt daher nur die Schilderung des Geschäftskreises. Eine ins einzelne gehende Darstellung ist hier dadurch erschwert, daß die englische Bank keine Jahresberichte veröffentlicht. Sie begnügt sich vielmehr mit der gesetzlich vorgeschriebenen Publikation ihrer Wochenausweise in der »Gazette of London«. [* 5] Die Noten der englischen Bank sind zwar einlöslich, dienen jedoch als gesetzliches Zahlungsmittel (legal tender).
Danach ist also jedermann verpflichtet, Noten der englischen Bank von seinem Schuldner in Zahlung zu nehmen, und dagegen berechtigt, von der Bank Einlösung der Noten in Gold [* 6] zu verlangen. Die Barvorräte der Bank bestehen fast ausschließlich aus Gold. Nach der Peelschen Akte war es indes zulässig, ein Fünftel in Silber niederzulegen. Keine Note der englischen Bank darf auf einen geringern Betrag als 5 Pfd. Sterl. lauten. Daneben zirkulieren Noten von 10, 20, 50, 100, 200, 300, 500 und 1000 Pfd. Sterl. Jeder größere Bankier in London unterhält mit der englischen Bank eine laufende Rechnung.
Bei der Zentralisation des englischen Geldmarktes in London begreift man ferner leicht, daß sich auch die Geschäfte der Provinzbankiers nicht ohne die Mitwirkung der Bank abwickeln. So nimmt sie denn den bedeutungsvollsten Platz in dem Bankgeschäft des gesamten Königreichs ein, obwohl sie mit einer ganz geringen Zahl von Filialen arbeitet. Dieselbe bezifferte sich Ende 1888 auf nur zehn, und zwar sind dies, abgesehen von einer im Westend von London befindlichen, folgende: Liverpool, [* 7] Manchester, [* 8] Newcastle, [* 9] Birmingham, [* 10] Leeds, [* 11] Hull, [* 12] Bristol, Plymouth [* 13] und Portsmouth. [* 14]
Die Bank von England verdankt also ihre einflußreiche Stellung im gesamten Königreich nicht, wie die deutsche Reichsbank, einem weit umfassenden Filialnetz, sondern dem glücklichen Umstand, daß der englische Geldmarkt in London seinen Mittelpunkt findet. Wenn beispielsweise die deutsche Reichsbank mit ihren Depositen eine sehr beträchtliche Summe erreicht, so erklärt sich das ausschließlich aus ihrem ausgebreiteten Filialnetz. Die zinslosen Einlagen beliefen sich bei der mit nur zehn Filialen arbeitenden englischen Bank 1888 während der Monate Januar ins März auf 30-39 Mill. Pfd. Sterl., während der Monate April bis Juli auf 30-36 Mill., während der Monate August bis Dezember auf 28-37 Mill. Pfd. Sterl. Im J.1889 erreichte der Gesamtbetrag der Einlagen nicht die Höhe, welche sich für 1888 nach dem Obigen ergibt.
Der Höchstbetrag der Einlagen belief sich im Monat März auf nur 36,6 Mill. Pfd. Sterl. gegen 39,9 Mill. Pfd. Sterl. des Vorjahres. Im Oktober betrug die Differenz gegen das Vorjahr sogar 8 Mill. Pfd. Sterl. Verzinsliche Depositen nimmt die englische Bank nicht entgegen, wohl aber unverzinsliche in laufender Rechnung. Diese sind jederzeit rückzahlbar und erreichen deshalb eine sehr beträchtliche Höhe. Sie erscheinen in den Bankausweisen unter dem Titel »andre Depositen«. Vorschüsse in Form von Blankokrediten gibt die englische Bank nicht. Vielmehr entleiht sie Geld selbst im Lombardgeschäft nur gegen Sicherheiten ersten Ranges, meist nur gegen Staatstitel. Wechsel aufs Ausland diskontiert die Bank nicht. Bei inländischen Rimessen ist die längste Verfallzeit auf 95 Tage bemessen. Die Bank begnügt sich mit zwei sichern Unterschriften.
In zweiter Reihe ist die Stellung der Bank von England dem Staat gegenüber in Betracht zu ziehen. Ohne daß sich die Regierung in die Verwaltung selbst einmischt, zieht sie in doppelter Weise Gewinn aus den Geschäftsunternehmungen der Bank: a) durch eine Steuererhebung für die emittierten Noten in einem Betrag von jährlich 60,000 Pfd. Sterl., b) durch eine jährliche Leistung der Bank von 120,000 Pfd. Sterl. als Äquivalent für die gesetzlich gestattete Ausgabe von 14 Mill. Pfd. Sterl. ungedeckter Noten.
Der letztgenannte Betrag hat sich um etwa 20,000 Pfd. Sterl. erhöht, als die Summe der von der Bank metallisch ungedeckt verausgabten
Noten sich infolge Einstellung der Thätigkeit verschiedener Provinzbanken
bis auf 16,2
Mill. Pfd. Sterl. hob. Umgekehrt zahlt der Staat an die Bank für die aus alter Zeit her bestehende Schuld von 14 Mill. Pfd. Sterl.
einen Zins von 3 Proz. jährlich. Von dem gesetzlich feststehenden Betrag abgesehen, ist es der
Bank verboten, der Regierung Vorschüsse zu machen. Da sie jedoch Staatsbankier ist, so kommt es nicht selten
vor, daß der Staat im einzelnen Falle infolge langsam eingehender Einkünfte kurzfristige Anleihen bei der Bank macht. Aber
auch hierüber gibt es gesetzlich geregelte Bestimmungen, namentlich hinsichtlich des Maximalbetrags des einzuräumenden
Kredits. Ein Staatspapiergeld existiert in England nicht.
Auch die Verwaltung der Staatsschuld ist in die Hand [* 15] der Bank gelegt. Sie führt die Rechnung über die Staatsschuldtitel, bucht deren Übergang aus der Hand des einen Eigentümers in die eines andern, zahlt die halbjährlichen Zinsen bei Verfall und macht auch hierbei innerhalb der gesetzlich erlaubten Grenzen [* 16] für den Staat Auslagen.
Das Grundkapital der englischen Bank hat sich im Laufe der Jahrhunderte von 1,200,000 bis auf 14,553,000 Pfd. Sterl. erhöht. Besonderes Interesse bietet ein Überblick über die Höhe des Kurses der Bankaktien sowie über die im Laufe von mehr als 40 Jahren gezahlten Dividenden. Während der Jahre 1844-49 betrug der höchste Aktienkurs 210 Proz., der niedrigste 178 Proz., die Dividende schwankte in diesen Jahren zwischen 7 und 9 Proz. In den Jahren 1850-52 war die Dividende ständig 7½ Proz., der höchste Aktienkurs stieg auf 234¾, der niedrigste war 206 Proz. Während der Jahre 1853-63 erteilte die Bank eine Dividende von 8-10 Proz., der höchste Aktienkurs betrug 1861: 237 Proz., der niedrigste 1855: 209 Proz. Im J. 1864 gab die Bank zum erstenmal eine Dividende von 11 Proz., der höchste Aktienkurs betrug in diesem Jahre 244, der niedrigste 236 Proz. 1866 stieg die Dividende weiter auf 11¾ Proz., eine Höhe, welche sie bis 1885 nicht wieder erreicht hat. Der höchste Aktienkurs betrug in diesem Jahre 249, der niedrigste 241 Proz. Während der Jahre 1867-74 schwankte die Dividende zwischen 8 und 10 Proz., der höchste Aktienkurs schwankte in diesen Jahren zwischen 245 und 263 Proz. In den Jahren 1875-85 schwankte die Dividende zwischen 9 und 10½ Proz., der höchste Aktienkurs zwischen 260 und 312 Proz., der niedrigste zwischen 248 und 294 Proz.
Der Barvorrat hat sich ebenso wie bei andern Banken
, insbesondere der deutschen Reichsbank, in der letzten Zeit erheblich erhöht.
Es war in Mill. Pfd. Sterl.:
Totalreserve | Barvorrat | Diskontsatz | |||
---|---|---|---|---|---|
12. Oktober 1887 | 11.52 | 20.00 | 4 Proz. | ||
10. | " | 1888 | 11.09 | 20.33 | 5 " |
9. | " | 1889 | 10.52 | 19.52 | 5 " |
8. | " | 1890 | 10.59 | 19.44 | 5 " |
13. | " | 1891 | 13.02 | 23.66 | 3 " |
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Die Erhöhung der Metallvorräte in europäischen Banken
ist teils auf die ungünstige Geschäftslage in Amerika,
[* 18] die Wirkungen
der Mac Kinley-Bill und das neue Silbergesetz der Vereinigten Staaten zurückzuführen, welch letzteres eine starke Ausfuhr
von Gold nach Europa
[* 19] hervorgerufen hat.
2) Die Bank von Frankreich.
Die französische Bank nimmt ebenfalls keine verzinslichen Depositen entgegen; die gleichwohl beträchtlichen Kapitaleinlagen rühren her aus Guthaben der Kunden in laufender Rechnung oder aus sonstigen auf Verlangen sofort rückzahlbaren Einlagen gegen Quittung. Unter den laufenden Rechnungen der Bank sind zwei Arten zu unterscheiden, nämlich einfache laufende Rechnungen und laufende Rechnungen mit dem Rechte des Eskomptes. Die erstern geben das Recht, Gutschrift der von Kontoinhabern selbst geleisteten Zahlungen, der Zahlungen andrer Kontoinhaber (Überweisungen aus den Filialen) und der fälligen Zinsen zu verlangen, welche auf die in der Hand der Bank befindlichen Wertpapiere entfallen.
Ferner steht es einem solchen Kontoinhaber frei, Platzrimessen zum Inkasso zu überreichen, deren Betrag ihm zwei Tage nach Verfall kreditiert wird, unter Abzug einer von der Bank erst 1879 eingeführten geringfügigen Provision. Hat der Kontoinhaber eine laufende Rechnung mit der Befugnis des Eskomptes, so steht ihm weiter das Recht zu, Rimessen auf Paris [* 20] oder die Filialen der französischen Bank zur Diskontierung einzureichen, welche ihm am Tage der Einreichung abzüglich des offiziellen Diskontosatzes gutgebracht werden.
Zur Diskontierung werden nur dem Handelsverkehr entstammende Wechsel mit wenigstens drei notorisch sichern Unterschriften zugelassen. Statt der dritten Unterschrift wird eine als Ersatz dienende andre Sicherheit angenommen, und zwar genügt die Hinterlegung von Bankaktien oder Staatspapieren und solchen Wertpapieren, welche von der französischen Bank belehnt werden, ja sogar von Lagerscheinen über deponierte Waren. Von 1883-91 hat mit Ausnahme einer kurzen Periode vom bis der Diskontosatz 3 Proz. nicht überschritten. Er war
1883 | 3.08 Prozent | |
---|---|---|
1884 | 3.00 | " |
1885 | 3.00 | " |
1886 | 3.00 | " |
1887 | 3.00 | " |
1888 | 3.07 | " |
1889 | 3.10 | " |
1890 | 3.00 | " |
In der gleichen Zeit schwankte der Diskontosatz der Bank von England zwischen 2,92 Proz. (Mindestbetrag 1886) und 4,55 Proz. (höchster Stand 1890) und bei der deutschen Reichsbank zwischen 3,27 Über die Höhe sämtlicher von der Bank gewährter Vorschüsse gibt die beigefügte Tabelle eine Übersicht, welcher wir der Vollständigkeit halber auch statistische Angaben über die Höhe des Notenumlaufs, des Barvorrats etc. beifügen (in Millionen Frank):
Jahr | Notenumlauf | Depositen 1 | Wechsel-Portefeuille | Barvorrat | Gesamtbetrag eskomptierter Handelspapiere | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Max. | Min. | Max. | Min. | Max. | Min. | Max. | Min. | ||
1848 | 407 | 273 | 106 | 62 | 303 | 168 | 249 | 92 | 1537 |
1850 | 504 | 456 | 126 | 89 | 139 | 100 | 482 | 427 | 1171 |
1855 | 664 | 593 | 198 | 115 | 480 | 310 | 451 | 192 | 3765 |
1860 | 801 | 704 | 256 | 174 | 583 | 429 | 573 | 411 | 9964 |
1869 | 1439 | 1295 | 600 | 276 | 672 | 469 | 1267 | 1065 | 6628 |
1870 | 1814 | 1359 | 625 | 332 | 1381 | 495 | 1319 | 505 | 6627 |
1875 | 2702 | 2331 | 580 | 188 | 814 | 451 | 1669 | 1316 | 6826 |
1880 | 2481 | 2206 | 483 | 322 | 1101 | 572 | 2103 | 1763 | 8696 |
1885 | 3064 | 2719 | 507 | 229 | 1116 | 583 | 2281 | 2019 | 9250 |
1888 | 2891 | 2516 | 458 | 299 | 817 | 495 | 2347 | 2242 | 8585 |
1 Verfügbarer Saldo auf laufende Rechnung.
3) Die Österreichisch-Ungarische Bank.
Bei Erteilung., des ersten zehnjährigen Privilegiums an die Österreichisch-Ungarische Bank 1878 war ihr anheimgegeben worden, wenigstens zwei Jahre vor dessen Ablauf [* 21] bei beiden Regierungen um eine Verlängerung [* 22] einzukommen, was denn auch im Oktober 1885 geschah. Hatte die Bank 1878 ohne Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit den aus der geänderten staatsrechtlichen Stellung Ungarns hergeleiteten Ansprüchen glücklich genügen können, so drohten jetzt durch das Übergewicht des tschechisch-slawischen Elements in der österreichischen Reichshälfte neue, kaum überwindliche Schwierigkeiten.
Als böses Vorzeichen erschien schon 1881 die nachhaltige Agitation, welche in mehreren Ländern, so namentlich in Böhmen, [* 23] sich dagegen erhob, daß auf den Noten der Bank nur der deutschen und ungarischen Sprache [* 24] Rechnung getragen war. Man scheute sich nicht, durch Zusätze und Korrekturen auf den Bankzetteln diese »Verletzung der sprachlichen Gleichberechtigung« zu sühnen, ein Unfug, der den Geldverkehr so schwer beeinträchtigte, daß die Bank sich zu einer energischen Stellungnahme veranlaßt sah.
Ihre Kundmachung, solche Banknoten, deren Wiederausgabe für sie unmöglich war, fortan nur mit einem den Fabrikationskosten entsprechenden Abzug entgegenzunehmen, setzte der Verunstaltung des Papiers ein Ende. Es war aber nicht zu verwundern, daß die Erneuerung der Verhandlungen über die Verlängerung des Bankprivilegiums für die publizistischen Organe der in der Majorität vertretenen Parteien als das Signal zu einem Sturm gegen das Bankstatut von 1878 betrachtet wurde. Mit besonderm Nachdruck trat die Prager Handelskammer für eine föderalistische Organisation der Bank, insbesondere für die Errichtung einer »Hauptfiliale ¶