Titel
Bamberg.
[* 2]
1) Bamberg
I.,
Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Oberfranken, hat
(1890) 25124 (12041 männl., 13083 weibl.) E., 76 Gemeinden mit 111 Ortschaften, darunter 1 Stadt.
2) Bamberg
II.,
Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Oberfranken, hat (1890) 28208 (13842
männl., 14366 weibl.) E., 66 Gemeinden mit 143 Ortschaften.
3) Unmittelbare Stadt im bayr. Reg.-Bez. Oberfranken, vormals Haupt- und Residenzstadt eines reichsunmittelbaren Hochstifts, liegt unter 49°53' nördl. Br. und 10° 54' östl. Länge von Greenwich, in 242 m Höhe, teils in der Ebene, teils an sieben mit Kirchen gekrönten Hügeln in fruchtbarer Gegend und wird von der Regnitz in zwei Armen durchflossen, deren linker schiffbarer zugleich einen Teil des Ludwig-Donau-Main-Kanals (1846 gebaut) bildet.
Bevölkerung. [* 3] hat ein Weichbild von 22,22 qkm und (1890) 35815 (17714 männl., 18101 weibl.) E., darunter etwa 4100 Evangelische und ¶
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1300 Israeliten, in Garnison das 5. Infanterieregiment Großherzog Ernst Ludwig von Hessen [* 5] und das 1. Ulanenregiment Kaiser Wilhelm II., König von Preußen. [* 6] Die Zahl der Geburten betrug (1890) 1043, Sterbefälle 975, Eheschließungen 293.
[* 4] ^[Abb.]
Anlagen, Straßen, Plätze, Denkmäler. Von den acht Brücken, [* 7] die den Verkehr zwischen den einzelnen Stadtteilen vermitteln, ist die nach dem nordöstl. neuern Stadtteile führende Ludwigsbrücke 1891 in Eisenkonstruktion mit 75 m Spannweite neu erbaut, die obere Brücke [* 8] 1452-55 von Forchheimer aus Stein errichtet mit einem steinernen Crucifix [* 9] von 1715, die Sophien- (1867), Luitpold-(1889), Markus- (1887), die untere (1858), die Geyerswörth- und Nonnenbrücke (1850) aus Eisen. [* 10] Die Zahl der öffentlichen Plätze ist gering: der Maximiliansplatz mit einem monumentalen Brunnen [* 11] (1880 von Miller-München ausgeführt), auf der Stelle der 1803 abgebrochenen alten St. Martinskirche;
der Brunnen mit Bronzestandbildern des Königs Maximilian I. Joseph, der Kaiser Konrad III. und Heinrich II., der Gemahlin des letztern, Kunigunde, und des Bischofs Otto des Heiligen;
der Schönleinsplatz mit Denkmal des Arztes J. L. Schönlein (gest. 1864) von Zumbusch in Wien [* 12] gefertigt, 1890 mit einem Springbrunnen geschmückt;
der Grüne Markt (Gemüsemarkt) mit einem Neptunsbrunnen (1698 errichtet);
der Karolinenplatz, den die neue und
alte Hofhaltung sowie der Dom umgeben, mit dem 1865 errichteten Bronzestandbild des Fürstbischofs Franz
Ludwig von Erthal (gest. 1795), nach Widnmanns Modell von Miller gegossen, der 1885 angelegte Schillerplatz und der neue (1890)
Marien- und Markusplatz mit Springbrunnen und einer vom Bildhauer Fritz Christ in Bamberg
modellierten Bronzefigur.
Kirchen. hat 14 Kirchen, darunter eine evangelische, ferner eine Synagoge. Sehenswert ist vor allem die von Kaiser Heinrich II. 1004 begründete, nach dem Brande von 1081 in ihrer gegenwärtigen Gestalt neu aufgebaute und 1237 geweihte Domkirche (s. Tafel: Deutsche Kunst [* 13] II, [* 4] Fig. 9) mit vier achtstöckigen Türmen (81 m), welche zu den schönsten Denkmälern aus der Übergangszeit vom roman. zum got. Baustil gehört. Die östl. Türme zeigen rein roman. Formen, die beiden westlichen den Einfluß der franz. Frühgotik. Die Kirche ist 95,15 m lang, 28,51 m breit, 26,56 m hoch; sie besitzt ein schönes Hauptportal und innen außer ältern und neuern Kunstwerken das vom Würzburger Bildhauer Tilman Riemenschneider aus marmorartigem Kalkstein gearbeitete, 1513 vollendete Grabmal Kaiser Heinrichs II. (gest. 1024) und seiner Gemahlin Kunigunde (gest. 1038) in der Mitte des Hauptschiffs, ferner das Reiterstandbild König Konrads III. und das Grabmal des Fürstbischofs Georg II. (gest. 1505) von Peter Vischer im Ost- oder Georgenchor, den Marmorsarkophag des Papstes Clemens II. (vorher Bischof Suitger von und andere Grabmäler von Bischöfen im West- oder Peterschor.
Die Kapellen und die Schatzkammer des Doms enthalten viele Reliquien und Kunstwerke. (Vgl. Beschreibung der bischöfl. Grabdenkmäler
in der Domkirche zu Bamberg
, Nürnb. 1827.) Die Kirche zu Unserer Lieben Frauen oder Oberpfarrkirche, 1320-87 erbaut, mit einem
von Veit Stoß 1523 verfertigten Altar;
[* 14] die St. Jakobskirche, die dem 1073 vom Bischöfe Hermann gestifteten, 1803 aufgelösten
Stifte
St. Jakob gehörte; die schöne St. Martinskirche, 1686-1720 nach Plänen des Jesuiten Andr. Pozzo im Barockstil erbaut,
mit Kuppel, Tonnengewölbe und Turm
[* 15] (55 m). Daran stößt der Martinspfarrhof, ehemals Jesuitenkollegium nebst Universität, jetzt
königl. Lyceum.
Andere Kirchen sind die 1889 erbaute Wunderburger Kirche, die zu St. Gangolf und zu St. Stephan. Letztere wurde 1808 den Protestanten überlassen. Die reiche, von Kaiser Heinrich II. gestiftete Benediktinerabtei St. Michaelsberg mit der St. Michaelskirche, einer roman. Pfeilerbasilika des 12. Jahrh, mit got. Zuthaten, im 18. Jahrh, im Barockstil, 1889 abermals erneuert, mit dem Grabmal Ottos des Heiligen (gest. 1139), im 14. Jahrh, errichtet, ward 1803 zum Versorgungshaus für arme Bürger (Ludwigshospital) und die dazugehörige Propstei St. Getreu zur Irrenanstalt umgewandelt. Von Klöstern, deren größter Teil zu andern Zwecken benutzt wird, besteht nur noch ein Stift der Englischen Fräulein mit Mädchen-Erziehungsanstalt, ein neuerbautes der Franziskaner und Filialinstitute der Barmherzigen sowie der Niederbronner Schwestern.
Weltliche Gebäude. Das auf der obern Brücke 1744-56 aufgeführte Rathaus, mit barocken Fresken bemalt und einem alten Turme mit Rokokobalkonen; die alte Hofhaltung oder alte Residenz, im 16. Jahrh. erbaut an Stelle der gräfl. Babenbergschen Burg, wo der gefangene Langobardenkönig Berengar starb (966) und Otto von Wittelsbach den König Philipp von Schwaben erschlug die neue ehemalige fürstbischöfl. Residenz, auf dem Domberge, 1698-1708 von Lothar Graf von Schönborn erbaut, von wo Napoleon am die Kriegserklärung gegen Preußen erließ, 1806-37 Wohnsitz des Herzogs Wilh. von Bayern, [* 16] Schwiegervaters des franz. Marschalls Berthier, Fürsten von Neuschatel, der sich beim Einzug der russ. Truppen zum Fenster des Schlosses herausstürzte, 1863-67 Wohnsitz des Königs Otto von Griechenland [* 17] und bis 1875 seiner Gemahlin Amalie; jetzt befindet sich darin das Kreisarchiv für Oberfranken; das Geyerswörthschloß, ehemaliges fürstbischöfl. Schloß, jetzt Oberlandesgericht; die Realschule, das Gesellschaftsbaus der Loge zur Verbrüderung an der Regnitz, 1890 erbaut, die neue Fleischverkaufshalle u. a.
Verwaltung und Finanzen. Die Stadt wird verwaltet von einem ersten Bürgermeister (Ritter von Brandt, lebenslänglich, 8400 M.), einem zweiten Bürgermeister (Herd, 5600 M.), 16 Magistratsräten (davon 2 besoldet) und 42 Gemeindebevollmächtigten (Vorstand Justizrat Schmitt) und hat 50 Schutzleute, freiwillige Feuerwehr (618 Mitglieder), durch Wasserkraft betriebene Wasserleitung [* 18] mit zwei Hochreservoirs (3750 cbm in 24 Stunden), Gasbeleuchtung (650 Straßenflammen) und elektr. Straßenbeleuchtung (24 Bogenlampen). Das Gemeindevermögen beträgt 11304275 M., die Schulden 5386872 M.; jährliche Gesamteinnahme und Ausgabe durchschnittlich 850000 M. Durch Gesamtumlage sind aufzubringen jährlich 256000 M., das sind 80 Proz. der Staatssteuern.
Behörden. Bamberg
ist Sitz eines Erzbischofs mit Domkapitel (Organisation s. unten 4),
eines Oberlandesgerichts (Landgerichte Aschaffenburg,
[* 19] Bamberg
, Bayreuth,
[* 20] Hof,
[* 21] Schweinfurt,
[* 22] Würzburg)
[* 23] mit Anwalts- und Disciplinarkammer,
eines Landgerichts mit
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15 Amtsgerichten (Bamberg
I., Bamberg
II., Baunach, Burgebrach, Ebermannstadt, Ebern, Forchheim, Höchstadt am Aisch, Kronach, Lichtenfels,
Ludwigsstadt, Nordhalben, Scheßlitz, Seßlach, Staffelstein) und Kammern für Handelssachen, zweier Amtsgerichte, je zweier
Bezirks-, Rent-, Forstämter, eines Landbauamtes, Straßen- und Flußbauamtes, Aich-, Hauptzoll-, Oberpost-, Oberbahnamtes (440,99
km Bahnlinien) und des Stabes der 4. Kavalleriebrigade.
Bildungs- und Vereinswesen. An der Spitze des Unterrichtswesens steht das Lyceum (Geistlicher Rat Dr. Katzenberger)
mit theol., philos. und kath. Fakultäten an Stelle der 1585 als Gymnasium academicum gestifteten, 1647 von Bischof Otto in eine
Akademie verwandelten, 1735 von Bischof Friedrich Karl durch die jurist. und mediz. Fakultät erweiterten, 1803 aufgehobenen
Universität. Seit 1886 besitzt Bamberg
eine aus Mitteln der Dr. Remeisschen Stiftung (500000 M.) gegründete Sternwarte
[* 25] (Direktor
Dr. Hartwig) mit dem größten Heliometer
[* 26] der nördl. Halbkugel, einem
10zölligen Refraktor und andern wertvollen Instrumenten.
Ferner hat Bamberg zwei Gymnasien, das königl. Alte Gymnasium, als kath. Stiftung von Fürstbischof von Mengersdorf gegründet (Studienrektor Professor Klüber, 24 Lehrer, 5 Gymnasial-, 4 Lateinklassen, 377 Schüler) und das königl. Neue, 1890 eröffnete Gymnasium (Rektor Schmidt, 23 Lehrer, 9 Klassen, 372 Schüler), das Aufseesianum, ein vom Freiherrn von Aufsee 1738 gegründetes, jetzt königl. Studienseminar für kath. Studierende, dessen 104 Zöglinge das königl. Gymnasium besuchen (Direktor Hehler); eine königl. Realschule mit Handelsabteilung (Rektor Dr. Schumann, 19 Lehrer, 200 Schüler), ein kath. Priesterseminar verbunden mit Knabenseminar; ein königl., seit 1873 paritätisches Schullehrerseminar (1791 gegründet), eine königl. paritätische Präparandenschule (1875 von Forchheim nach Bamberg verlegt), eine Taubstummenanstalt (kath. Internat), ein höheres Töchterinstitut der Englischen Fräulein (1717 gegründet), eine höhere Mädchenschule, ein Mädchen- und ein Malerinstitut (Schmittsche Porzellanmalerei-Anstalt) und 60 Volksschulen.
Unter den Sammlungen für Wissenschaft und Kunst steht obenan die ehemals bischöfliche, aus der Jesuiten- und mehrern Klosterbibliotheken entstandene königl. Bibliothek (Friedrich Leitschuh) im ehemaligen Jesuitenkollegium mit 300000 Bänden, 3100 Handschriften (darunter schöne Pergamenthandschriften aus der von Kaiser Heinrich Ⅱ. dem Bamberger Domstift hinterlassenen sog. Kaiserbibliothek, Evangelien- und Meßbücher aus der Karolingerzeit, u. a. die sog. Alkuinsbibel, von Alkuin für Karl d. Gr. geschrieben), 5000 kostbaren Inkunabeln und den reichen Sammlungen des Kunstforschers Jos. Heller (gest. 1849). In demselben Gebäude befindet sich die physik.
Sammlung und das Lindersche Naturalienkabinett (Konchylien und Insekten). [* 27] Die städtische Kunstsammlung auf dem Michaelsberg enthält über 600 wertvolle Gemälde der altdeutschen, niederländ., ital., span. und franz. Schule sowie zahlreiche Kunstgegenstände aus älterer und neuer Zeit. Mit derselben ist eine ethnogr. Sammlung verbunden. In den Parterreräumen des Kunstmuseums finden sich die Sammlungen des Historischen Vereins. Im Stadttheater (800 Plätze) werden im Winter Schauspiele und Opern durch die Nürnberger Bühnengesellschaft gegeben. Von Vereinen bestehen: Kunstverein, Naturforschende Gesellschaft, Kolonialverein, Historischer Verein, Gartenbau-, Bienenzucht-, Fischerei-, Ornithologischer Verein, Stenographen-, Volksbildungs-, Gewerbe-, Fremdenverkehrs-, Verschönerungsverein, Verein für Ferienkolonien und Knabenhort sowie die Freimaurerloge «Zur Verbrüderung an der Regnitz». In Bamberg erscheinen 4 tägliche Zeitungen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Allgemeines Krankenhaus, [* 28] Irrenanstalt, Antonistift für Epileptische und an unheilbaren Krankheiten Leidende, Bürgerspital, Rettungsanstalten für Knaben und Mädchen, Waisenbaus, Dienstbotenversorgungs-, Suppenanstalten, Schwimmschulen, Badeanstalten, städtisches Leihhaus.
Industrie, Handel und Gewerbe. Die Industrie umfaßt eine Baumwollspinnerei (eine der größten Deutschlands [* 29] mit 2000 Arbeitern, 90000 Spindeln, 1260 Stühlen, einer Jahresproduktion [1887] von 9,6 Mill. m im Werte von 3 Mill. M. und 1,9 Mill. M. Bruttoüberschuß), 2 Eisengießereien, 2 Holzgalanteriewarenfabriken, elektrotechnische Fabrik, Seidenzwirnerei, Färberei, Bleicherei und Appreturanstalt; Fabrikation von Tuch und Wollzeugen, Seilerwaren, Cigarren und Tabak, [* 30] Wagen, Möbeln, Thonöfen und Präserven; Holzschnitzerei, Ziegelei, bedeutende Exportbierbrauereien (Frankenbräu), Malzfabrik (1886 gegründet, mit 40000 hl jährlicher Produktion), berühmte Porzellanmalerei mit bedeutendem Export nach England und den Vereinigten Staaten. [* 31]
Einen Hauptnahrungszweig bildet aber die blühende Gärtnerei, die besonders viel Süßholz, weiße und gelbe Rüben, Anis, Obst, Koriander und Sämereien für die Ausfuhr liefert. Die Umgebung von Bamberg gleicht einem großen Frucht- und Gemüsegarten. Jährlich finden 2 Messen, monatlich 2 Viehmärkte und im Frühjahr Pferdemärkte statt. Außer der Agentur der Bayrischen Notenbank besteht eine Reichsbanknebenstelle, ein Bezirksgremium für Handel und Fabriken und für Gewerbe, Vorschußverein und städtische Sparkasse.
Verkehrswesen. Bamberg liegt an den Linien Bamberg-München (261 km), Bamberg-Hof (127,14 km), Bamberg-Würzburg (101 km) und Bamberg-Grenze-Meiningen (134,67 km) und hat ein Oberpostamt, eine Hauptpostexpedition und ein Postamt zweiter Klasse, bei denen (1890) 7,5 Mill. M. auf 107000 Anweisungen eingezahlt und 7,6 Mill. M. auf 121000 Anweisungen ausgezahlt wurden, während 36720 Depeschen ankamen und 32316 abgingen. An die städtische Fernsprecheinrichtung sind 170 Teilnehmer angeschlossen. Der Verkehr auf dem Ludwig-Main-Kanal hat infolge des Eisenbahnverkehrs nachgelassen, die Bamberger Schiffer besitzen noch wenige Transportschiffe.
Umgebung. In der schönen Umgebung der Stadt bietet der auf einer von der Regnitz gebildeten Insel gelegene Theresien- und Luisenhain mit seinen Parkanlagen angenehme Spaziergänge (Badeanstalt [* 32] mit Schwimmschulen und Café), ebenso die zum Schutze gegen die Hochflut der Regnitz 1889 aufgeführten Dämme (1½ Mill. M.) auf beiden Seiten des rechtsseitigen Regnitzarmes; am Ende des Haines das Dörfchen Bug, beliebter Ausflugsort; 2 km oberhalb der Stadt die Altenburg, [* 33] im 10. Jahrh. gegründet, seit 1251 ein festes Schloß der Fürstbischöfe von Bamberg, 1553 durch Markgraf Albrecht Alcibiades von Bayreuth zerstört, später wiederhergestellt, mit restaurierter Burgkapelle (Grabmäler aus dem 16. Jahrh. und alte ¶