Baltistan
(d. h. das Land Balti), auch West- oder Kleintibet genannt, früher ein eigener Staat, jetzt eine Provinz im Reiche «Kaschmir [* 2] und Dschamu» (s. d.), unter brit. Oberhoheit, am obern Indus gelegen, von Ostturkestan im N. und NO. durch die mächtige Karakorumkette getrennt, im SO. von Ladach, im S. von Kaschmir, im W. von Dardistan, Gilghit, Jassin u. s. w. begrenzt, umfaßt einen Flächenraum von etwa 33700 qkm. Es besteht hauptsächlich aus dem Thale des in 2200 m Höhe gegen NW. fließenden, an der Grenze des Gebietes von Gilghit aber sich nach SW. wendenden Indus, den untern Thälern von dessen Zuflüssen Schajok, Schigar, Gilghit u. a. und den zwischen denselben liegenden Bergketten und Hochflächen.
Von NO. her führt über die Karakorumkette zur Hauptstadt Stardo (s. d.) der 5600 m hohe Mustagpaß, ein für Pferde [* 3] ungangbarer Gletscherweg. An der Nordostecke, 110 km im ONO. von der Hauptstadt, steht der zweithöchste Berg der Erde, der Dapsang (8620 m), und fast ebenso weit im W. von ihr der Dajarmur oder Nanga-Parbat (8115 m). Dem Lande eigentümlich sind die hohen, steilen Felswände, tiefen Thäler und die große Kahlheit der Abhänge; die große Trockenheit des Sommers und die Hitze in den felsigen Thälern lassen den Baumwuchs auf den Thalseiten nicht aufkommen, obwohl in 1000 m größerer Höhe, wo die Luft feuchter ist, reiche Strauchvegetation gedeiht.
Schnee
[* 4] ist nicht ungewöhnlich,
Regen selten und spärlich. Das Industhal ist wenigstens streckenweise fruchtbarer als in
Ladach. Man baut Weizen, Gerste,
[* 5] einigen
Reis,
Buchweizen, Hirse,
[* 6] Rüben,
Melonen und gewinnt ausgezeichnete
Trauben und
Apfel.
Eine Art kleiner
Trauben kommt unter dem
Namen Surisk als
Korinthen in den
Handel.
Die Tierwelt gleicht der
tibetischen. Eine Besonderheit ist hier wie in
Gilghit und
Tschitral die wilde Ziege des Pamir,
[* 7] mit gewundenen, über 1 m langen
Hörnern. Die Einwohner, etwa 60000, sind tibetischen
Stammes, bekennen sich aber sämtlich zum schiitischen
Islam. Bis auf die Eroberung durch die Sith unter Gulab-Singh 1835 wurde Baltistan
von einem eigenen Fürsten
oder Rojilfo regiert. Durch den
Vertrag zu Lahaur vom behielt es Gulab-Singh nebst den
Provinzen Kaschmir,
Dschamu
und
Ladach. (S. Karte: Innerasien, Bd. 1, S. 982.)
Vgl. Cunningham, Historical and statistical account of Ladak (Lond. 1854).