Ballanche
(spr. -lāngsch), Pierre Simon, franz. Schriftsteller, geb. zu Lyon, [* 2] war zuerst in dem Geschäft seines Vaters thätig, der eine Buchdruckerei besaß. Trotz schwerer Krankheiten (in seinem 18. Jahr wurde er trepaniert) studierte er aufs eifrigste und veröffentlichte 1802 die Schrift »Du sentiment«, einen Versuch über Ästhetik vom christlichen Standpunkt, sowie 1808 »Fragments«, elegische Ergüsse über seine Jugend und eine unglückliche Liebe.
Aber bekannt als Schriftsteller wurde er erst in Paris, [* 3] wo er 1814 seinen festen Wohnsitz nahm und mit Mad. Récamier, Mad. de Staël, Chateaubriand, Nodier, C. Jordan u. a. in freundschaftliche Verbindung trat, von allen wegen seines Charakters und seiner Talente hochgeschätzt. Seit 1842 Mitglied der Akademie, starb er in Paris Seine spätern, in einer vortrefflichen Prosa geschriebenen Werke zeigen eine wunderbare Mischung von Geschichtsphilosophie, Mystik und Sozialismus und beziehen sich alle auf eine und dieselbe Idee: die soziale Wiedergeburt, indem er in ihnen seine aus seinem ¶
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ganzen Denken und Wesen resultierende Ansicht von der Fortbildung des Menschengeschlechts, von den schon durchlaufenen Phasen dieser Fortbildung und dem jetzt sich gestaltenden Umschwung zu einem neuen Zustand erörtert. Gleichsam als Einleitung erschien: »Antigone« (1814),
eine Elegie in Prosa über die Leiden [* 5] der Menschheit. Darauf folgte der fast ganz politische »Essai sur les institutions sociales dans leurs rapports avec les idées nouvelles« (1818),
zu dem die Schrift »Le
[* 6] vieillard et le jeune homme« (1819) eine Art poetischer
Ergänzung bildet, während in »L'homme sans nom« (1820) die Gewissensqualen
eines Königsmörders geschildert werden. In den Werken: »Essai de palingénésie sociale« und »Orphée«
(1827-28, 2 Bde.) entwickelte Ballanche
dann seine geschichtsphilosophischen
Ideen und suchte an dem Beispiel der griechischen Kultur zu zeigen, wie große soziale Entwickelungen vor sich gehen. Das nächste
Werk: »La ville des expiations« (1831),
handelt von Rom [* 7] als dem Kampfplatz, auf welchem das Ringen der Menschheit nach Wiedergeburt symbolisch zur Erscheinung kommt. Am schwersten verständlich ist wegen des mystischen Dunkels »La vision d'Hébal, chef d'un clan écossais« (1832),
eine Zusammenfassung der Entwickelungsgeschichte
[* 8] der Menschheit und damit des
Systems Ballanches.
Eine Gesamtausgabe seiner »Œuvres« erschien Paris 1830, 4 Bde. Seine Biographie schrieb Ampère (1848).