Ballade
(frz.; ital. Ballata, von ballare, tanzen),
bei den südroman. Völkern seit etwa dem 12. Jahrh. Bezeichnung eines kürzern lyrischen
Gedichts, das aus 3 oder 4, meist 8-, 10- oder 12zeiligen
Strophen nebst
Refrain bestand, in der Regel Liebesklagen zum
Inhalt
hatte und ursprünglich zur
Begleitung des Tanzes gesungen wurde. In
Italien
[* 2] dichtete z. B. Petrarca derartige Ballade.
Auch
in
Frankreich waren als Ballade
ähnliche kleine lyrische
Dichtungen, die in der Regel aus 3
Strophen mit
Refrain bestanden, bis zur
Zeit
Ludwigs XIV. sehr beliebt. Von
Frankreich aus kam das Wort
¶
mehr
nach England und Schottland und wurde hier als Bezeichnung für die zahlreichen lyrisch-epischen Volkslieder verwendet, die
meist Stoffe des Heldentums (am berühmtesten «Chevy Chase» und die Ballade
von Robin Hood),
oft dialogisiert, behandelten; sie wurden zuerst von Percy als «Reliques of ancient English poetry» (1765; neue Ausg. von A. Schröer, I, Heilbr. 1889) gesammelt und übten auf die engl. und deutsche Litteratur des 18. Jahrh, einen tiefgehenden Einfluß aus (vgl. die große Sammlung von Child, The English and Scottish popular ballads, 6 Bde., Bost. 1383 fg.). Infolgedessen wird das Wort in Deutschland [* 4] von Dichtungen gebraucht, die im Tone der alten engl. und schott. Volkslieder gehalten sind.
In der Ballade
überwiegt im Gegensatze zu der mehr lyrischen Romanze (s. d.) das epische Element. Klassische Beispiele für neuenglische
Ballade
sind Goldsmiths «Edwin and Angelina» und S. T. Coleridges «Ancient Mariner». Die deutsche Ballade
pflegten
mit Geschick Bürger, der sie eigentlich erst der englischen nachbildete (vgl. Bonet-Maury,
A. Bürger et les origines anglaise de la ballade
littéraire en Allemagne, Par. 1889),
Goethe, Schiller, dann namentlich Uhland
und Heine. Die ausführlichste Sammlung bietet Hub, «Deutschlands
[* 5] Balladen
und Romanzendichter von G. A. Bürger bis auf die
neueste Zeit» (3 Bde., Karlsr.
1845-47 u. ö.);
außerdem «Ballade
deutscher Dichter von Bürger bis zur Gegenwart», hg. von Hellinghaus (Münst.
1889);
«Ballade
nbuch. Die schönsten deutschen Ballade, Romanzen, Stimmen der Sage und Geschichte, Poet. Erzählungen», hg. von Krais
(Lpz. 1889);
«Romanzen und Ballade»
, hg. von Buchheim (Lond. 1891).
Vgl. Hense, Romanze und Ballade
(2 Tle., Warburg 1878-79);
Holzhausen, und Romanze von ihrem ersten Auftreten in der deutschen Kunstdichtung bis zu ihrer Ausbildung durch Bürger (Halle [* 6] 1882);
Goldschmidt, Die deutsche Ballade
(Hamb. 1891);
Chevalier, Zur Poetik der Ballade
(Lpz. 1891).
In der Musik ist die ein in erzählendem Tone gehaltenes Gesangstück für eine Singstimme mit Klavier- oder Orchesterbegleitung
(selten für Soli, Chöre u. s. w.). Entsprechend der knappen und lebhaft gedrängten Form der rein dichterischen
Ballade
muß auch die musikalische gestaltet sein; scharfer dramat. Ausdruck, im einzelnen treu charakterisierende Begleitung und
durchkomponierte Form (im Gegensatz, zur Liedform) sind ihre wesentlichen Merkmale. Bekannte Ballade
nkomponisten sind J. André
der Ältere (Bürgers «Lenore»),
Zumsteeg, vor allen Karl Löwe (s. d.),
der seinen obengenannten dichterischen
Genossen als Ballade
nkünstler gleichsteht. Als Muster der Stilbehandlung sowie kongenialer Erfassung der Dichtung gilt mit
Recht Schuberts «Erlkönig». Schumann komponierte Ballade
von Uhland und Geibel für Soli, Chöre und Orchester (0p. 116, 139, 110, 143).
Ganz gesondert von dichterischer Unterlage erscheint die auch in reiner Instrumentalmusik und muß hier,
dem Wesen ihrer Entstehung gemäß, der Programmmusik zugerechnet werden. Dahin gehören Klavier- (z. B. von Chopin), Violin-
und Orchesterballaden (Liszt, Brahms, Rubinstein).
Vgl. W. Chappell, Popular music of the olden times (2 Bde., Lond. 1865);
Chrysander in «Jahrbücher für musikalische Wissenschaft», I (Lpz. 1863);
Bach, The art ballad, Loewe and Schubert (3. Ausg.. Lond. 1891).