Ball
(v. ital. ballo
,
»Tanz«),
Italien

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Italien. Versammlung einer zahlreichen
Gesellschaft beiderlei
Geschlechts zu festlichem
Tanz, durch
mehr
Glanz, strengere
Etikette und längere Dauer vom
Thé dansant unterschieden. Die Bälle gehören zu
den gesellschaftlichen Vergnügungen der neuern Zeit; bei den alten Völkern, wo der
Tanz eine mehr religiöse Beziehung hatte
und dazu die
Stellung des weiblichen
Geschlechts eine so ganz von der modernen abweichende war, fanden Bälle nicht statt.
Auch das frühere
Mittelalter kennt sie noch nicht, obwohl an kirchlichen
Festen viel getanzt wurde und
zwar auch von beiden Geschlechtern gemeinschaftlich. In
Italien
[* 2] wurde im 14. Jahrh. der kunstgemäße
Tanz auf dem
Theater
[* 3] heimisch
(Ballett), später entwickelte er sich als geselliges
Vergnügen zum eigentlichen Ball.
So wurde
Ludwig XII. von
Frankreich zu
Ehren
bei seiner Anwesenheit in
Mailand
[* 4] ein Ball
veranstaltet, an dem selbst
Kardinäle aktiv teilnahmen. In
Frankreich wurden die ersten
Bälle unter
Franz I. und
Heinrich II. gegeben, und hier that
Katharina von
Medici viel zu ihrer
Ausbildung; sie gab auch den
Damen durch eine freiere Bekleidung Gelegenheit, ihre
Reize den Tänzern zu offenbaren.
Bald wurden auch die Maskeraden (bals en masque) gewöhnlich und die Nationaltänze aller Provinzen auf den Pariser Hofbällen nachgeahmt. Von Frankreich verbreiteten sich die Bälle über das übrige Europa, [* 5] wo fortan die Hofbälle zu den wesentlichen Erfordernissen bei allen feierlichen Gelegenheiten am Hof [* 6] gehörten; sie erhielten den Namen Zeremonienbälle, weil sie nach einem vorgeschriebenen, bis zur Peinlichkeit steifen Zeremoniell angeordnet wurden.
Dieselben Bälle waren stets auch sogen. Bals parés (»geputzte Bälle«),
Ball - Ballanche

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Seite 2.291. weil sie eine vorzüglich ausgesuchte
Parure der Teilnehmer erheischten.
Nachahmungen solcher Hofbälle durch den
Adel hießen Bals reglés. In neuerer Zeit hat sich die Ball
etikette überall sehr vereinfacht. Die
Hofbälle werden jetzt durch die höchsten
Personen mit der
Polonäse eröffnet, die
Tänze beschäftigen viele
Tänzer und Tänzerinnen
auf einmal, der lästige
Zwang ist größtenteils verschwunden und die überladene Pracht einem einfacheren
Geschmack gewichen.
Doch hat diese Vereinfachung auch eine Vernachlässigung des Ästhetischen im
Tanz zur
Folge gehabt, besonders
in
Deutschland,
[* 7] wo jetzt auf Bällen von eigentlicher
Tanzkunst, ja selbst von einer nur graziösen
Haltung und
Bewegung wenig
mehr gefunden wird. Ehedem wurden zu jedem
Bal paré kurze
Beinkleider und seidene
Strümpfe mit
Frack
¶
mehr
verlangt, seit etwa 40 Jahren wurde es bei Militärs Mode, in der Dienstuniform zu erscheinen, später beim Zivil in Pantalons, obwohl noch in Schuhen und Strümpfen. Die Tänze richten sich nach der Nationalsitte und der Mode; sie sind jetzt meist Polonäse, rascher Walzer, Kotillon, Masurek, Kontertänze (Française, Quadrille à la cour), Polka; in früherer Zeit waren Menuett, Ekossäse, Angläse, Quadrille, Tempete u. a. häufiger als jetzt.