Baktrien
,
im Altertum Name einer Landschaft im Innern Asiens (s. Karte »Alexanders d. Gr. [* 2] Reich«),
welche die fruchtbare
Thalebene des
Oxus zwischen dem
Paropamisos im
S. und den
Ausläufern des
Imaos
(Thianschan) im N. umfaßt,
etwa die Gegend des heutigen
Balch, dessen
Name von Baktrien
abzuleiten ist. Die Bewohner, Baktrer (Bachtri), gehörten zum indogermanischen
oder arischen Völkerstamm und gründeten um 1100
v. Chr. ein mächtiges
Reich mit der Hauptstadt Zariaspa oder Baktra (jetzt
Balch), welches unter despotischen
Königen (Keresaçpa, Aurvataçpa und Vistaçpa) stand und seine Unabhängigkeit
gegen Assyrer und
Meder behauptete, aber von dem Perserkönig
Kyros um 540 unterworfen wurde; seitdem bildete Baktrien
eine Satrapie
des persischen
Reichs, nahm aber als
Heimat der Zendreligion, welche
Zarathustra um 600 gestiftet hatte, eine wichtige
Stellung
ein und ward in der
Regel von königlichen
Prinzen regiert.
Nach dem
Sturz des persischen
Reichs 330 suchte der
Satrap von Baktrien
,
Bessos, sich zum selbständigen König von Baktrien
zu machen, doch
unterlag er
Alexander d. Gr., der Baktrien
nach tapferer
Verteidigung der Häuptlinge in ihren
Felsenburgen eroberte. Nach
Alexanders
Tod gehörte Baktrien
zum
Reich der
Seleukiden, bis sich der
Statthalter Diodotos 256 unabhängig machte und das
griechisch-baktrische
Reich gründete. Dasselbe umfaßte auch einen Teil
Indiens, löste sich aber nach einem
Krieg zwischen
Demetrios und Eukratides in mehrere
Reiche auf, die von den
Parthern und Indoskythen hart bedrängt wurden.
Unter den
Königen dieser
Reiche werden als die bedeutendsten die Griechen
Alexandros und Hermäos genannt;
auf letztern folgte im 1. Jahrh. ein nichtgriechischer König, Kadphizes. Im 1. Jahrh.
n. Chr. herrschte der von den
Parthern abstammende König Gudopheres über den größten Teil des
Reichs; unter ihm verkündete
nach der
Legende der heil.
Thomas das
Christentum in Baktrien.
Bis 200 herrschte die Dynastie der »Turuschkas«,
bis die Herrschaft der
Sassaniden diesem Rest hellenischer
Kultur im
Osten ein Ende machte und die
griechische Sprache durch
die einheimische wieder verdrängte.
Nach dem
Fall der
Sassaniden (um 632) gehörte Baktrien
zu dem arabischen Kalifat, seit dem 10. Jahrh.
verschiedenen türkischen und mongolischen Dynastien, später endlich den Afghanen. Was die neuere Geschichte
Baktriens
anlangt, so hatten die
Samaniden, die von hier abstammen, die Stadt samt Umgebungen
Transoxanien einverleibt, und
so blieb sie auch bis zur Neuzeit. Die
Fürsten aus dem bocharischen Herrscherhaus Scheibanis hatten Baktrien
zum Sitz des Thronfolgers
bestimmt, so auch die
Aschtarchaniden, bis endlich die Afghanen am Ende des 18. Jahrh. unter
Timur
Schah dasselbe eroberten und eine Zeitlang behielten.
Der Ösbegenfürst
Mir Maasum aus
Bochara eroberte es wieder zurück; und so blieb es bis auf die Gegenwart bald
Bochara, bald
wieder
Kabul zugehörig. Seit den letzten Dezennien haben verschiedene
Gelehrte, wie Honigberger,
Gérard,
Burnes,
Masson
Mohan Lall und Keramat
Ali, das Land in mehreren
Richtungen durchreist,
Altertümer untersucht und namentlich
Münzen
[* 3] gesammelt,
während andre, wie Prinsep,
Wilson, Oberst
Tod, der
Franzose
Jacquet etc., sich bemüht haben, die
Ausbeute der Reisenden zu
ordnen und zu deuten. Die
Schrift der
Münzen ist zum Teil griechisch, zum Teil indisch. Unter den
Denkmälern
des baktrischen
Altertums nehmen die sogen.
Topen eine ausgezeichnete
Stelle ein, merkwürdige, den turmartigen Grabmälern
der
Römer
[* 4] gleichende Steinbauten, vielleicht Mausoleen für die Sprößlinge einer mächtigen Dynastie, vielleicht auch
Denkmäler des Buddhadienstes, der in Baktrien
eine Zeitlang Eingang
¶
mehr
gefunden hatte. Münzen, Ringe, Bruchstücke von irdenen und eisernen Gefäßen u. dgl. haben sich namentlich bei Beghram, nordöstlich von Kabul, in ungewöhnlicher Menge gefunden. Am Rande der Ebene und auf einer Hügelkette erblickt man Reihen von künstlichen Erhöhungen (mounds), die aus großen ungebrannten Backsteinen aufgeführt sind und Mauern gewesen zu sein scheinen, welche wenigstens 17 m Breite [* 6] hatten. Über die Ruinen von Baktra s. Balch.
Vgl. Wilson, Ariana antiqua (Lond. 1841, mit schönen Abbildungen der Münzen und der sogen. Topen), und die größern Arbeiten von Prinsep, Cunningham, Lassen (»Indische Altertumskunde«);
Sallet, Die Nachfolger Alexanders d. Gr. in und Indien (Berl. 1879).