unvollständig bekannte
Gruppe von niedrig organisierten, sehr kleinen
Pilzen
aus der
Ordnung der
Spaltpilze, deren Entwickelungszustände je nach dem Nährboden verschiedene
Formen annehmen. Als Kokkenform
(die ehemaligen
GattungenMicrococcus [s. Tafel,
[* 1]
Fig. 2] und Macrococcus) bezeichnet man kugelige oder ellipsoidische
Zellen von winzigem, zwischen 0,0005-0,0012mm schwankendem
Durchmesser. Die Stäbchenformen
[* 1]
(Fig. 1) stellen
cylindrische
Zellen dar, von denen die kürzern, etwa 0,002-0,003mm langen als Kurzstäbchen (die
GattungBacterium), die längern
als Langstäbchen (die
GattungBacillus) unterschieden werden.
Bleiben die Stäbchenzellen aneinander gereiht, so entstehen Fadenformen
(Leptothrix).
Haut- oder gallertartige Anhäufungen
von Bakterien werden als Zooglöaform, spiralig gewundene, bewegliche
Formen als Spirobakterien
[* 1]
(Fig. 6), früher
unter den
NamenSpirillum, Ophidomonas, Vibrio,
Spirochaete, Spiromonas, Spirulina beschrieben, bezeichnet.
AlleBakterien vermehren
sich durch fortgesetzte
Teilung, bei manchen wurden auch
Dauersporen und Schwärmzustände beobachtet.
Eine und dieselbe Bakterienart vermag je nach verschiedenen Ernährungsbedingungen in Kokkenform, als
Lang- oder Kurzstäbchen,
als
Zooglöa oder
Leptothrix etc. aufzutreten. Die
Vegetation der Bakterien ruft in dem sie ernährenden
SubstratGärung oder
Zersetzung
(zymogene in andern
Fällen das Auftreten bestimmter
Farbstoffe (chromogene oder Pigmentbakterien) hervor; die pathogenen Bakterien dagegen
treten als Begleiter bestimmter
Krankheiten, z. B. des
Milzbrandes der
Rinder,
[* 4] der
Tuberkulose und der
Cholera
beim
Menschen, auf. Zu der
GattungBacterium im engern
Sinn gehört der Essigpilz
(Essigmutter,
BacteriumacetiKütz.), welcher
die Umwandlung von
Alkohol in
Essigsäure in gegornen
Getränken veranlaßt. Bakterien cyanogenum
Fuchs,
[* 5] der
Pilz
[* 6] der blauen
Milch, entwickelt
sich besonders in der warmen
Jahreszeit auf sonst völlig normaler
Milch; sein mit den
Anilinfarben in Beziehung
stehender blauer
Farbstoff haftet nicht an den Bakterienzellen, sondern findet sich in der Milchflüssigkeit gelöst. Der
Heupilz (Bakterien subtile Ehrb.)
entwickelt sich besonders in
Aufgüssen von
Heu oder tierischen
Exkrementen und bildet an der Oberfläche derselben eine Rahmhaut.
Der Milzbrandpilz (Bakterien. AnthracisCohn,
[* 1]
Fig. 3) wuchert in der
Milz, in der
Lunge,
[* 7]
Leber, den
Blut- und
Lymphgefäßen
milzbrandiger
Rinder und ruft bei Überimpfung in das
Blut andrer
TiereMilzbrand hervor. Der Tuberkelpilz (Bakterien TuberculosisKoch,
[* 1]
Fig. 4) tritt im
Auswurf lungenkranker
Personen auf und läßt sich ebenfalls mit Erfolg auf verschiedene
Tiere
(Mäuse,
Kaninchen,
[* 8]Katzen,
[* 9]
Hunde)
[* 10]
übertragen. Der Kochsche Cholerapilz
(Kommabacillus,
[* 1]
Fig. 5) bildet sehr kleine, schwach
gekrümmte Stäbchen und findet sich im
Darm
[* 11] Cholerakranker; ein sehr ähnlicher
Organismus tritt bei
Cholera nostras auf und
wird von manchen für identisch mit dem
Kommabacillus gehalten.
Vgl.
Cohn, Untersuchungen über (in den »Beiträgen zur
Biologie«,
Bd. 1 u. 2,
Bresl. 1876-78);
Über die Bedeutung der und der
Pilze
[* 12] überhaupt als Ansteckungsstoff oder Krankheitserreger s.
Ansteckung.
Bakterioskopische Untersuchungen.
Seitdem mit
Hilfe des
Mikroskops das Vorhandensein von Bakterien unter den verschiedensten Verhältnissen
nachgewiesen worden war, widmeten sich zahlreiche
Forscher dem
Studium dieser einfachen Organismen. Die Untersuchungen wurden
ungemein gefördert, als
man erkannte, daß die Bakterien bestimmten
Farbstoffen gegenüber besondere Eigentümlichkeiten
zeigen und namentlich Anilinfarbstoffe sehr begierig aufnehmen, so daß man sie durch intensive Färbung auch unter dem
Mikroskop
[* 13] leichter erkennbar machen kann.
Versuche, die Lebensverhältnisse der einzelnen Bakterienarten genauer zu erforschen, führten aber meist zu wenig befriedigenden
Resultaten, weil das Auftreten der Bakterien in außerordentlich großer Zahl und Mannigfaltigkeit die
Beobachtung der Individuen
ungemein erschwert, und weil man die
Bedingungen nicht hinlänglich kannte, unter denen die einzelnen
Arten ernährt und gezüchtet
werden können. Die
Erkenntnis der Beziehungen gewisser Bakterien zu bestimmten
Krankheiten regte aber
lebhaft zu weitern Forschungen auf diesem Gebiet an, und so bemühte man sich, die von der
Natur gegebenen
Bedingungen des
Wachstums und der
Vermehrung der Bakterien möglichst treu nachzuahmen, indem man die verschiedenartigsten Nährlösungen
herstellte und in denselben Bakterien zu kultivieren versuchte.
Die
Kulturen gelangen denn auch vortrefflich, indes der ersten Anforderung exakter Forschung, nur eine einzige Art zu kultivieren,
konnte nicht entsprochen werden, da in den Nährflüssigkeiten von vornherein schon
Keime der mannigfachsten
Formen vorhanden
waren, und da aus der Umgebung, aus der
Luft, den gebrauchtenApparaten und
Instrumenten noch erhebliche
Mengen neuer
Keime hinzukamen. Die Nährflüssigkeiten enthielten daher meist schon nach wenigen
Tagen ein Gewimmel der allerverschiedensten
Formen von Mikroorganismen, und an die ausschließliche reine
Kultur einer einzigen Art war gar nicht zu denken.
Dies gelang erst durch Einführung des sterilisierten festen Nährbodens nach der von R.Koch angegebenen
Methode.
Koch zeigte, wie man die Nährstofflösungen von den darin enthaltenen
Keimen befreit und die zu untersuchenden Bakterien
von andern isoliert und für sich allein züchtet; er wandte seine
Methode auf die Infektionskrankheiten:
Milzbrand,
Tuberkulose,
Cholera, sowie auch auf die Untersuchung von
Wasser,
Luft und
Boden wie überhaupt auf alle möglichen keimhaltigen
Dinge an und erreichte die überraschendsten
Resultate. Zu seinen Reinkulturen, d. h. zu
Kulturen, die immer nur denselben
Organismus
allein enthalten, benutzteKoch die verschiedensten festen organischen
Substanzen. Da dieselben aber, wie die
Gefäße und
Instrumente,
stets
Keime zahlreicher
Formen enthalten, so ist die erste Aufgabe, sie keimfrei zu machen, sie zu sterilisieren.
Dies geschieht bei den organischen Nährsubstanzen durch strömenden Wasserdampf von 100°, für die
Gefäße, die man, um
das Eindringen von
Keimen aus der
Atmosphäre zu verhindern, mit einem lockern Wattebausch verschließt, durch trockne
Hitze
von 150-180° und für die
Instrumente durch
Ausglühen. Außerdem muß der
Arbeitende seine
Hände mit Quecksilberchloridlösung
(0,5-1 g auf 1000 g
Wasser) waschen, um daran haftende
Keime zu töten. Die Wattepfropfen, welche die
Gefäße verschließen,
sollen möglichst wenig abgehoben und, wenn dies erforderlich ist, nicht mit keimhaltigen Gegenständen in Berührung gebracht
werden. Als Nährboden benutzteKoch je nach den Verhältnissen Kartoffelscheiben, Brotbrei, Pflaumenabkochung,
zu Züchtungsversuchen ganz besonders aber Blutserum, welches infolge seiner Fähigkeit, schon bei niederer
Temperatur zu
erstarren, bei
ca. 57° sterilisiert wird (eine
Woche lang täglich eine
Stunde). Als bestes Nährmaterial hat sich die sogen.
Gelatine bewährt,
¶
mehr
die aus Fleischwasser, 2-10 Proz. Gelatine, Pepton und Kochsalz dargestellt wird. Das Gemisch wird aufgekocht, mit kohlensaurem
Natron neutralisiert, filtriert und sterilisiert. Es erstarrt bei Zimmertemperatur und ist bei geeigneter Zubereitung
vollständig durchsichtig, so daß man die darin entwickelten Bakterienkolonien im Reagenzglas oder auf einer Glasplatte
mit bloßem Auge
[* 15] und unter dem Mikroskop direkt beobachten kann. An Stelle der Gelatine benutzt man auch
Agar-Agar, welches eine ebenso durchsichtige Gallerte liefert, die aber erst bei höherer Temperatur flüssig wird.
Ist die Nährsubstanz gehörig sterilisiert, so beschickt man sie mit Hilfe ausgeglühter Instrumente mit dem zu untersuchenden
bakterienhaltigen Material, indem man z. B. eine Platinnadel erst in letzteres und
dann in die Nährsubstanz sticht. In neuerer Zeit hat man diese Methode abgeändert. Man mischt das zu untersuchende Material
mit sterilisierter und in mäßiger Wärme
[* 16] verflüssigter Nährgelatine, stellt aus dieser ersten Lösung verschiedene Verdünnungen
mit reiner Nährgelatine her, gießt die sorgfältig gemischten Präparate unter Vermeidung von Bewegungen,
durch welche Staub verursacht wird, auf sterilisierte Glasplatten und bringt sie auf Eis
[* 17] möglichst rasch zum Erstarren.
Läßt man nun die sterilisierten und mit bakterienhaltigem Material beschickten Kartoffelscheiben oder die Gelatinepräparate
unter sicherm Abschluß gegen die Luft in sogen. feuchten Kammern liegen, so entwickeln sich die einzelnen
voneinander getrennten und in der erstarrten Gelatine an bestimmten Stellen fixierten Keime zu Kolonien, aus welchen mit Hilfe
des Mikroskops und einer ausgeglühten Platinnadel Material entnommen und zum Anlegen von Reinkulturen in sterilisierten und
mit Watte verschlossenen Reagenzgläsern benutzt werden kann. Diese Reinkulturen bieten nun ebenso leichte wie mannigfache
Gelegenheit zur genauen Erforschung der einzelnen Bakterienformen und gewähren eine Sicherheit der Resultate,
wie sie bei frühern Untersuchungen niemals erreicht werden konnte. Zur Kontrolle der Reinheit der Kulturen stellt man sogen.
Deckgläschenpräparate her, in welchen die Bakterien mit Anilinfarben gefärbt werden.
Die Tafel zeigt in
[* 14]
Fig. 1 und 2 Bacillen und Mikrokokkus, aus in Trinkwasser
vorkommenden Keimen gezüchtet.
[* 14]
Fig. 3, 4 und 5 zeigen die in Reinkulturen gezüchteten Bacillen des Milzbrandes, der Tuberkulose
und den Kochschen Cholerabacillus (Kommabacillus).
[* 14]
Fig. 6 ist der Spirillus des Febris recurrens, mit dessen Vermehrung im Blute
das Fieber steigt und seinen Höhepunkt erreicht, während es wieder abnimmt und verschwindet in dem
Maß, wie sich die Zahl der Spirillen vermindert.
Die Untersuchung des Trinkwassers hat das Vorkommen zahlreicher Formen in demselben erwiesen, ohne daß man aber bisher im
stande gewesen wäre, einzelnen derselben eine bestimmte Bedeutung für die Gesundheit zuzuschreiben.
[* 14]
Fig. 7 zeigt die aus
relativ gutem Wasser in einer Gelatineplatte entwickelten Bakterien,
[* 14]
Fig. 8 zum Vergleich das Resultat,
welches relativ schlechtes Wasser liefert. Durch Filtration wird das Wasser wesentlich gereinigt, die bakterioskopische Untersuchung
hat indes festgestellt, daß auch bei sorgfältigster Filtration nicht alle Keime entfernt werden, und es ist mithin Pflicht
der öffentlichen Gesundheitspflege, für Reinhaltung des Bodens, welcher die Quellen speist, in jeder erdenklichen
Weise Sorge zu tragen.
Vgl. Hüppe, Methoden der Bakterien-Forschung (Wiesb. 1885).
In überaus raschem Fortschritt hat sich die Lehre
[* 18] von den Bakterien nach den verschiedensten Richtungen hin
weiter entwickelt: man hat teils weitere Arten der krankheiterregenden Bakterien kennen gelernt, teils hat man weitere Fortschritte
in der Kenntnis der Bedeutung der Bakterien für die Gärungsvorgänge gemacht, man hat ferner auch die morphologische
Stellung und die biologischen Verhältnisse der Bakterien näher erforscht. Von pathogenen Arten sind weiter entdeckt worden:
der Erreger des Unterleibstyphus in Gestalt eines beweglichen Bacillus.
Bezüglich des Cholerabacillus wurde sein ausschließliches Vorkommen bei der asiatischen Cholera durch weitere Untersuchungen
über jeden Zweifel sichergestellt. Ferner wurden aufgefunden: die Erreger der Rotzkrankheit der Pferde,
[* 19] des Rotlaufs der Schweine
[* 20] sowie einer andern, in verschiedenen Ländern als Schweinepest, Schweinediphtherie, Schweineseuche bezeichneten
Epizootie, welche besonders in letzter Zeit in den europäischen Staaten und in Nordamerika
[* 21] das Volksvermögen durch Vernichtung
großer Schweinebestände schwer geschädigt hat.
Allerdings ist die Identität dieser verschiedenen Krankheitsformen noch zweifelhaft. Bei den verschiedenen Formen der Lungenentzündung
wurden zwei verschiedene Bakterien als deren Erreger aufgefunden: die Friedländerschen und Fränkelschen
Pneumoniekokken. Weitere Aufklärung hat erlangt die Ätiologie der Wundinfektionskrankheiten: man hat bestimmte Organismen
aufgefunden, welche Abscesse, Eiterungen, Blutvergiftung und Wundrose erzeugen, besonders hat man auch den Erreger des Wundstarrkrampfes
kennen gelernt.
Der Erreger desselben zeigt das merkwürdige Verhalten, nur bei Abschluß der Luft, d. h. des Sauerstoffs, gedeihen zu können.
Er teilt diese Eigenschaft noch mit einer Reihe weiterer Organismen, welche alle noch nicht ganz genau
bekannt sind, da die Reinzüchtung bei Luftabschluß immer noch große Schwierigkeiten hat. Bezüglich des biologischen Verhaltens
hat man beobachtet, daß viele Bakterien nicht bloß sehr wählerisch bezüglich des Nährsubstrats sind, auf welchem
sie gedeihen sollen, sondern daß sie auch manchmal ganz bestimmter Temperaturen zu ihrem Wachstum bedürfen.
Während nämlich die meisten Bakterien zwischen 16 und 38° fortzukommen pflegen und bei höhern Temperaturen absterben, hat sich
gezeigt, daß viele der obligat parasitisch lebenden Bakterien (z. B. Rotz, Tuberkulose) nur bei Körpertemperatur wachsen können,
ja daß es gewisse Arten gibt, deren Wachstum bei 70-80° erst beginnt, und welche unter dieser Temperatur
nur in Sporenform sich erhalten können.
auf der niedrigsten Stufe organischen Lebens stehende Gebilde, welche nach Gestalt, Wachstum und Fortpflanzung
zum Pflanzenreich zu zählen sind. Das einzelne Individuum repräsentiert den Wert einer (Pflanzen-) Zelle;
[* 22] die nächsten, etwas höher organisierten Verwandten der Bakterien sind die Algen.
[* 23] SchonLeeuwenhoek (1675) hat im Mundspeichel Bakterien gesehen,
Ehrenberg suchte dieselben zu systematisieren und rechnete sie zum Tierreich. Cohn wies in den 50er Jahren die Zugehörigkeit
der Bakterien zu den Pflanzen nach und teilte sie in Kugel-, Stäbchen- und Schraubenbakterien.
Ein lebhafter Streit wurde dann jahrelang darüber geführt, ob es wirklich verschiedene konstante Arten von Bakterien gebe, eine
Systematik also möglich und berechtigt sei, oder ob nicht vielmehr die Bakterien die Fähigkeit besitzen, sich
jeweils den Verhältnissen, unter welchen sie gerade leben, anzupassen und so unter wechselnder Gestalt
und mit wechselnden Funktionen aufzutreten. Der Hauptvertreter dieser letztern Richtung war Nägeli. Eine Entscheidung der wichtigen
Frage war nicht möglich, solange es nicht gelang, durch ein geeignetes Züchtungsverfahren die ihrer Gestalt nach verschiedenen
Formen zu isolieren und dann ihren weitern Entwickelungsgang zu beobachten.
Das geeignete Verfahren einer solchen Trennung der einzelnen Bakterienkeime voneinander und der Züchtung
derselben hat R. Koch in der Anwendung der festen Nährböden kennen gelehrt (s. Bakterioskopische Untersuchungen,
Bd. 2). Vermittelst dieses Verfahrens ist dann festgestellt worden, daß es eine große Menge verschiedener Bakterienarten
gibt, welche allezeit konstant bleiben und sich nach Gestalt, Lebenserscheinungen und Funktion aufs deutlichste
voneinander unterscheiden.
Eine Systematik derselben im streng botanischen Sinn läßt sich indessen noch nicht aufstellen und man beschränkt sich zur
Zeit noch auf die Unterscheidung, welche schonCohn gegeben hat, in Kugelbakterien oder Mikrokokken, Stäbchenbakterien oder
Bacillen und Schraubenbakterien oder Spirillen (auch Spirochaeten oder Vibrionen genannt). Als den Bakterien nach
Form und Lebenseigenschaften sehr nahe verwandt, jedoch nach ihrem Entwickelungsgang von denselben verschieden, wären dann
noch die Sproßpilze oder Hefen und die Schimmelpilze zu nennen.
Die Bakterien sind Zellen, welche aus einer Membran und aus Protoplasma bestehen; die Existenz eines Zellkernes wurde bisher in Abrede
gestellt, doch haben neueste Untersuchungen (Ernst, Bütschli) es wahrscheinlich gemacht, daß wenigstens
bei gewissen Arten dennoch ein Kern vorhanden ist; derselbe würde nach den genannten Forschern den größten Teil des Zellleibes
ausfüllen. Die Größe der einzelnen Bakterienarten schwankt etwa zwischen 0,0002 und 0,02
mm; selbst die größern derselben stehen also ziemlich an der Grenze des mikroskopisch noch Sichtbaren.
Eine Anzahl von Bakterien ist mehr oder weniger lebhaft beweglich, ja die Art ihrer Bewegung hat schon an und für sich zuweilen
etwas für die betreffende SpeziesCharakteristisches. Die Bewegungen werden ausgeführt vermittelst sogen. Geißelfäden, welche
sich an den Polen oder entlang den Seiten des Bacillenkörpers befinden. AndreArten werden stets unbeweglich
gesunden, an diesen lassen sich dann auch keine Geißelfäden nachweisen. In früherer Zeit war man der Meinung gewesen,
daß das Aufhören der Beweglichkeit gleichbedeutend sei
mit dem Tode der Bakterien; jetzt wird das erloschene Leben nur noch aus
der erloschenen Vermehrungsfähigkeit geschlossen.
Die Fortpflanzung der Bakterien geschieht in den meisten Fällen durch Zweiteilung der Individuen (daher die Bezeichnung Spaltpilze);
die Teilung erfolgt in querer Richtung. Bei manchen Bacillenarten wird jedoch eine echte Fruchtbildung beobachtet: in einer
Reihe von Bacillen, welche durch wiederholte Querteilung der Individuen zu einem Faden
[* 24] (sogen. Scheinfaden) herangewachsen
sind, bilden sich unter geeigneten (Temperatur- und Ernährungs-) Bedingungen runde oder ovale glänzende Körper (Sporen), welche
in regelmäßigen Abständen voneinander stehen, in andern Fällen treten ebensolche Körper im Innern der frei liegenden einzelnen
Bacillen an einem oder beiden Enden oder in der Mitte derselben auf.
Solche Sporen besitzen eine weit größere Widerstandskraft als die betreffenden Bacillen selbst: zerfallen
die letztern, so bleiben die Sporen am Leben;
sie können jahrelang und unter ungünstigsten Verhältnissen ohne äußere Lebensthätigkeit
ihre Entwickelungsfähigkeit bewahren.
Sobald sie aber wieder auf günstigere Existenzbedingungen treffen, beginnt in ihnen
neues Leben; sie wachsen zu Bacillen aus, welche gänzlich mit denjenigen übereinstimmen, aus welchen
sie hervorgegangen sind. Die Sporen ertragen jahrelanges Eintrocknen, tagelange Einwirkung starker Desinfektionsmittel und
manche stundenlang selbst ziemlich hohe Hitzegrade, ohne zu Grunde zu gehen. So bereiteten die Sporen der in der Gartenerde
vorkommenden Bacillen dem Konservieren von Früchten große Schwierigkeiten, und die Sporen der Milzbrand- und
der Tuberkelbacillen machen die Desinfektion
[* 25] bei diesen Krankheiten zu einer der schwierigsten Aufgaben der Seuchenprophylaxis.
Eine echte Fruchtbildung (Sporenbildung) findet bekanntlich auch bei den Schimmelpilzen statt; der Hergang ist dort indessen
ein etwas andrer als bei den Bakterien. Die Hefen, welche relativ große, rundliche oder ovale Zellen darstellen, vermehren sich
durch Sprossung, indem aus einer (großen) Mutterzelle zunächst eine kleinere Tochterzelle und aus dieser noch eine und wohl
noch einige weitere Tochterzellen hervorgehen; sind diese zu einer gewissen Größe herangewachsen, so schnüren sie sich
voneinander ab, um dann selbst wieder zu Mutterzellen zu werden.
Über den Ursprung der Bakterien bestand durch Jahrzehnte große Meinungsverschiedenheit, indem
viele Forscher von der Vorstellung einer Urzeugung nicht ablassen wollten. Man glaubte an die Möglichkeit der Entstehung so
niederer Lebewesen unmittelbar aus unorganisierter organischer Materie. Grund zu dieser Annahme gab die Beobachtung, daß in
Flüssigkeiten, in welchen z. B. durch Kochen, wie man glaubte, alle organisierten Keime abgetötet waren,
dennoch wieder Fäulnis oder Gärung eintrat, auch wenn dieselben vor Luftzutritt völlig geschützt waren.
Man hatte von der Widerstandsfähigkeit mancher solcher Organismen, besonders ihrer Sporen, keine genügende Vorstellung. Wird
nach den jetzt geltenden Vorschriften eine Flüssigkeit, wie Milch, Fleischbrühe u. dgl., sterilisiert, so hält
sich dieselbe geradezu unendlich lange Zeit: die Urzeugung tritt nicht ein. Nur wenn ein oder einige Keime
bei der Abtötung übriggeblieben sind oder der Verschluß gegen das Eindringen von Keimen nicht genügend sicher hergestellt
ist, kommt es zur Entwickelung neuer Bakteriengenerationen. Es sind also auch die Bakterien dem Gesetz unterworfen: omne vivum ex
vivo. Wie die ersten in die Welt kamen, wissen
¶
mehr
wir nicht. Thatsächlich hat man schon in Schliffen aus den Wurzeln fossiler Koniferen
[* 27] und in kariösen Zähnen ägyptischer
Mumien Bakterien gefunden. Sie müssen auch schon bestanden haben, solange es organisierte lebende Materie überhaupt gegeben hat.
Heute wissen wir, daß sich Bakterien auf der ganzen Bodenoberfläche der Erde, in jedem Wasser und in der Luft
suspendiert finden, daß sie in allen den Nahrungsmitteln, welche wir in rohem Zustande genießen, in großer Menge lebend
vorhanden sind, daß unsre Mundhöhle,
[* 28] unser Darmkanal unzählige Bakterien beherbergen, und daß sich auch auf unsrer Körperoberfläche
und in unsrer Kleidung stets zahlreiche Bakterien befinden.
Die meisten Bakterienarten sind in ihrem Ernährungsbedürfnis außerordentlich anspruchslos; alle aber
bedürfen zu ihrer Weiterentwickelung einen gewissen Wassergehalt des Nährsubstrats und eine gewisse Menge von Eiweiß und
Kohlehydraten, doch kann diese für viele Arten äußerst gering sein. So findet selbst im destillierten Wasser eine rasche
und lebhafte Vermehrung mancher Bakterien statt. Selbstverständlich steigert sich aber die Bakterienentwickelung
nach Zahl und Mannigfaltigkeit der Arten in Eiweiß oder andre organische Stoffe enthaltenden Flüssigkeiten, z. B. in Bouillon,
Zuckerlösungen, Aufgüssen von Pflanzen, im Harn und andern normalen oder krankhaften Exkreten.
Außer der Nahrung bedürfen die Bakterien jedoch noch einer gewissen Temperatur, welche für die verschiedenen Bakterien verschieden
ist, aber im allgemeinen zwischen 5 und 45° liegt; doch beginnen einige Arten erst zwischen 50 und 70° zu wachsen. Anderseits
ist das Aufhören des Wachstums unterhalb 5° nicht gleichbedeutend mit dem Tode der Individuen; man findet vielmehr selbst
im Eis, ja im Gletschereis, reichliche Bakterienkeime, welche ihre Lebensfähigkeit durch ihre Vermehrung
alsbald darthun, wenn man sie in geeignete Temperatur- und Ernährungsverhältnisse bringt.
GewisseArten sind indessen in ihrer Entwickelungsfähigkeit an viel engere Temperaturgrenzen gebunden, z. B.
die auf das streng parasitische Leben im menschlichen oder tierischen Körper angewiesenen Tuberkel- und Rotzbacillen. Des Luftsauerstoffs
bedürfen die meisten Bakterienarten mehr oder weniger (Aeroben), doch gibt es auch solche, welche denselben
entbehren können (fakultative Anaeroben), oder welche nur bei Entfernung allen Sauerstoffs gedeihen (obligate Anaeroben).
Das Licht
[* 29] ist im allgemeinen den Bakterien nicht förderlich; es mehren sich in neuester Zeit die Beobachtungen, welche ergeben, daß
manche unter der Einwirkung direkten Sonnenlichts rasch absterben.
So klein der Kreis
[* 30] der Lebensvorgänge der Bakterienzelle auch ist, so gewaltige Wirkungen bringen die in ihrer Gesamtheit
durch ihre ungeheure Vermehrungsfähigkeit hervor, u. mehrere der wichtigsten Vorgänge im
Haushalt der Natur, in der Land- und Hauswirtschaft werden durch Bakterien eingeleitet, gefördert, beendet oder auch durch andre Arten
derselben gestört und vernichtet. Auch für unsern Körper haben gewisse, unsern Darm bewohnende ohne Zweifel wichtige Funktionen
beim Verdauungsprozeß zu übernehmen, anderseits ist die schädliche Wirkung, welche die parasitischen Bakterien als Erreger der
gefürchtetsten Infektionskrankheiten ausüben, von größtem Belang für unser LebenIhren hauptsächlichsten Lebensgewohnheiten
und Wirkungen nach trennt man die in Saprophyten (s. d., Bd.
14, S. 318) und Parasiten.
Während die erstern auf beliebigem organischen Nährsubstrat in der Natur vorkommen und mit Leichtigkeit auf solchem gezüchtet
werden können, sind die letztern
Bewohner des lebenden menschlichen oder tierischen Körpers, auf dessen Kosten sie leben
und sich vermehren; die Erscheinungen, unter welchen dies von statten geht, bedingen das Bild der verschiedenen
Infektionskrankheiten. Unter den parasitischen Bakterien unterscheidet man noch fakultative und obligatorische Parasiten; die fakultativen
können sich auch außerhalb des Tierkörpers vermehren (z. B. die Erreger von Cholera, Typhus, Milzbrand), die obligatorischen
sind völlig auf das parasitische Leben in ihrem Wirte angewiesen, und nur durch ganz besondere Kunstgriffe
und Methoden gelingt es, einige Arten derselben künstlich zu züchten (z. B. Tuberkelbacillen, Rotzbacillen). Es ist
einleuchtend, daß die Vermehrung der saprophytischen Bakterien nicht ohne Rückwirkung auf die zersetzungsfähige Substanz, welche
denselben zur Nahrung dient, bleiben kann, denn einmal werden derselben gewisse Stoffe entzogen, wodurch
schon eine Spaltung der chemischen Bestandteile des Nährmaterials bedingt wird, und zweitens gehen die Stoffwechselprodukte
der Bakterien, die zum Teil zu den Alkaloiden gehören, in das Nährmaterial über und können weitere chemische Verwandlungen und
Wechselwirkungen herbeiführen.
Bei der Züchtung der Bakterien wird z. B. die hierzu verwendete Nährgelatine von
gewissen Bakterienarten verflüssigt (peptonisiert), von andern nicht, was häufig als willkommenes Unterscheidungsmerkmal
benutzt wird. Auf solchen Vorgängen beruhen die verschiedensten, oft überaus komplizierten Vorgänge der Gärung und Fäulnis.
Von großer Bedeutung ist für den Verlauf jeder Gärung die spezielle Art der bei derselben zur Entwickelung gelangenden Mikroorganismen,
und in der Gärungsindustrie hängt das ganze Gelingen des herzustellenden Nahrungs- oder Genußmittels
davon ab, ob die richtigen Arten von Gärungserregern zur Entwickelung kommen. Es ist durch die zahlreichen und gründlichen
Untersuchungen der berufensten Forscher, wiePasteur, Cohn, Brefeld u. a., als erwiesen zu betrachten, daß die Mikroorganismen
die alleinige Ursache jeder Gärung sind, und daß der Gärungsvorgang als eine physiologische Leistung
der betreffenden Mikroorganismen zu betrachten ist.
Die alkoholischen Gärungen werden durch gewisse Hefearten, die sauern Gärungen (Milchsäure-, Buttersäure-, Essigsäuregärung)
durch bestimmte Bakterien hervorgerufen. Schon hieraus ist zu ersehen, wie unberufene Gärungserreger die beabsichtigte alkoholische
Gärung (z. B. bei Bier oder Wein) stören und neben ihr eine saure Gärung herbeiführen können. Die Verwendung
von Hefereinkulturen ist daher ein Ideal der modernen Brauerei. Aber so einfach, wie diese Sache scheinen mag, ist sie nicht;
man hat, besonders bei noch kompliziertern Gärungsvorgängen (Käsebereitung), gefunden, daß in den verschiedenen Stadien
der Vergärung nicht bloß eine einzige Art von Hefen oder Bakterien den richtigen Gärungsverlauf hervorruft,
sondern daß zwei oder mehrere Arten spezifischer Mikroorganismen entweder gleichzeitig auf das zu vergärende Material einwirken
müssen (Symbiose), oder daß eine Art der andern zu folgen hat (Metabiose), wenn die Gärung gelingen, der Käse den gewollten
Geschmack und die richtige Reife erhalten soll. Auch die Fäulnis, die Zerlegung stickstoffhaltiger Substanzen,
vorzugsweise der Eiweißkörper, wird ausschließlich durch Bakterien hervorgerufen; es bilden sich bei dieser Spaltung der Eiweißkörper
durch Bakterien stinkende Gase
[* 31] sowie gewisse Alkaloide, über deren wahre Beschaffenheit man erst in jüngster Zeit die wichtigsten
Aufschlüsse erhalten hat. Das Ende der durch die Bakterien
¶
mehr
bewirkten Fäulnis ist die Umwandlung der organischen Stoffe in unorganische: Ammoniak, salpetrige Säure und Salpetersäure,
Vorgänge, welche als Nitration oder als Nitrifikation bezeichnet werden. Sie sind für Landwirtschaft und Hygiene von größter
Bedeutung, denn auf ihnen beruht die Fähigkeit des Bodens, immer wieder von neuem faulige organische Substanzen aufzunehmen.
Vermittelst der Nitration assimiliert der Boden den ihm gebotenen Dünger; ohne diese nitrierende Wirkung
der Bakterien würde der gedüngte Boden ein stinkender Jauchesumpf werden.
Die vorhin erwähnten organischen Basen, Alkaloide, welche bei der durch Bakterien erzeugten Zerlegung organischer Substanzen entstehen
und isoliert werden können, die Ptomaine, sind zum Teil harmloser Natur, zum Teil äußerst heftige Gifte
und spielen dann eine Hauptrolle bei den meisten Fleisch-, Fisch- und Muschelvergiftungen. Neuestens ist es auch gelungen,
aus den Reinkulturen spezifischer pathogener Bakterien die denselben eigentümlichen Ptomaine herzustellen, und damit hat man das
eigentliche spezifische Krankheitsgift, durch welches diese Bakterien dem menschlichen Körper so verderblich
werden, gewonnen; so erzeugt z. B. das Tetanin aus den Bacillen des Wundstarrkrampfs oder TetanusStarrkrampf, das Typhotoxin
aus Typhusbacillen sowie verschiedene Alkaloide aus den Cholerabacillen
[* 33] auf der Darmschleimhaut lebhafte Entzündung.
Die Untersuchungen dieser Stoffe zielen in letzter Linie praktisch darauf ab, durch genaue Kenntnis derselben zunächst auf
dem Wege des Laboratoriumversuchs geeignete Gegengifte zu finden. Eine weitere Gruppe von höchst giftigen
Stoffwechselprodukten der Bakterien, welche aber ihrer chemischen Natur nach keine Alkaloide, sondern eiweißartige Körper darstellen,
wurden von Brieger und Frankel beim Studium der Ptomaine der Diphtheriebacillen entdeckt. Diese Forscher konnten dann auch noch
aus den Reinkulturen von Typhus-, Cholera-, Milzbrand-, Wundstarrkrampfbacillen sowie aus dem Erreger der
Eiterungen, Staphylococcus pyogenes aureus, ähnliche Stoffe herstellen, welche sie Toxalbumine nannten.
Endlich hat Buchner Untersuchungen veröffentlicht, welche beweisen, daß in gewissen Fällen weniger die Stoffwechselprodukte
der krankheitserregenden Bakterien bei den Infektionskrankheiten Fieber und Eiterungen hervorrufen, sondern daß diese Wirkung spezifischen
Giftstoffen zuzuschreiben ist, welche die absterbenden oder abgestorbenen Leiber der Bakterienzellen
enthalten. Manche Bakterien sind ausgezeichnet durch die Bildung von Farbstoffen, während andre phosphoreszierende Substanzen erzeugen.
Die Lebensdauer der Bakterien ist für die einzelnen Arten verschieden; in den künstlichen Kulturen findet ein fortwährendes Kommen
und Gehen von Generationen statt, und in Kulturen von einigen Wochen sind stets viele abgestorbene Individuen
vorhanden; anderseits ist die sich auf Jahre erstreckende Lebensfähigkeit der Bacillensporen schon oben hervorgehoben. Aber
auch die vegetativen Formen (so genannt im Gegensatz zu den Dauerformen, den Sporen) mancher Bacillen, und zwar gerade vieler
pathogenen, zeichnen sich durch große Lebenszähigkeit aus; so ist beobachtet, daß sich Tuberkelbacillen
in getrocknetem Auswurf bis 6 Monate, Rotzbacillen 3 Monate, Typhusbacillen 2 Jahre in getrockneten Kulturen lebensfähig erhalten
haben.
Abschwächung der Bakterien. Von vielen Bakterien ist bekannt, daß sie unter gewissen Bedingungen ihre hauptsächlichsten
Eigenschaften ganz oder teilweise einbüßen, d. h. daß sie in ihren Wirkungen abgeschwächt werden, ohne
daß sie in ihrem Aussehen oder in ihren Wachstumserscheinungen dabei eine merkliche Änderung erfahren. Solches ist sowohl
bei gärungserregenden als auch bei krankheitserregenden Bakterien beobachtet. Die Einflüsse, welche eine solche Abschwächung
herbeizuführen vermögen, sind hauptsächlich Hitze sowie auch chemische Substanzen, welche in höhern Graden, bez. in stärkerer
Konzentration oder bei längerer Dauer der Einwirkung das Absterben der betreffenden Bakterien herbeiführen
würden, aber bei richtiger Wahl nur eine Schwächung im angedeuteten Sinne verursachen.
Wird bei der experimentellen Prüfung die Temperatur für die Abschwächung nur um wenige Zehntelgrade unrichtig gewählt,
so kann dieselbe mißlingen, d. h. die Bakterien werden nicht im beabsichtigten
Grade abgeschwächt oder sie sterben ab. Merkwürdigerweise überträgt die künstlich abgeschwächte Kultur ihre Eigenschaften
auch auf alle weitern Generationen. So kann man z. B. durch Abschwächung der Milzbrandbakterien, indem man
verschiedene Kulturen derselben verschiedenen Hitzegraden in verschieden langer Dauer aussetzt, solche Kulturen erhalten, welche
nur noch Mäuse, aber keine Kaninchen, nur noch Kaninchen, aber keine Hämmel mehr töten etc. Alle so erhaltenen
Kulturenübertragen diesen verminderten Grad der Giftigkeit auch auf die später aus ihnen hervorgehenden Bakterien.
Auf diesen hochwichtigen Thatsachen, deren erste Kenntnis manPasteur verdankt, beruhen die von demselben eingeführten Schutzimpfungen
gegen Hühnercholera, Milzbrand, Rauschbrand, Schweinerotlauf und Hundswut (vgl. auch Immunität, Bd. 17).
Bei der letztgenannten Krankheit, deren vielleicht bakterielle Erreger man noch nicht kennt, wird ein etwas andres Verfahren
zur Abschwächung eingeschlagen: Stücke des Rückenmarks von mit Tollwut geimpften Kaninchen (man weiß, daß das Rückenmark
der geimpften Tiere das Gift enthält) werden durch verschieden langes Trocknen in ihrer Giftigkeit abgeschwächt.
Eine weitere Art der Abschwächung besteht nachPasteur darin, daß man das betreffende Krankheitsgift auf für diese Krankheit
wenig empfängliche Tiere verimpft. Ist dies mehrfach wiederholt worden, so erhält man durch Züchtung mit dem letztgeimpften
Tiere eine Kultur von in bestimmtem Grade abgeschwächten Bakterien. Selbstverständlich zeigen Kulturen aus
der Reihe dieser geimpften Versuchstiere heraus die verschiedenen Zwischenstufen der Giftigkeit zwischen der zuletzt erhaltenen
und derjenigen Kultur, von welcher man ausgegangen war.
Endlich wurde auch eine Abschwächung der infektiösen Eigenschaften mancher pathogener Bakterien beim fortdauernden Weiterzüchten
auf den künstlichen Nährstoffen beobachtet; so verlieren Rotzbacillen, wenn sie durch eine Reihe von
Generationen auf Agar-Agar gezüchtet sind, ihre Giftigkeit; auch bei andern pathogenen Bakterien ist dies schon beobachtet
worden. Die Tuberkelbacillen halten dagegen ihre infektiösen Eigenschaften sehr fest. Nach einer Mitteilung Kochs beim zehnten
internationalen medizinischen Kongreß, 1890, haben sich Tuberkelbacillen, welche er seit 9 Jahren im Reagenzglas fortgezüchtet
hat, in ihrer Wirkung nur sehr wenig vermindert.
Die schädlich wirkenden Bakterien können unschädlich gemacht werden radikal durch Abtötung, Sterilisierung oder
mehr palliativ durch Entwickelungshemmung. Die völlige Abtötung der Bakterien gelingt mit absoluter Sicherheit durch
halbstündige Einwirkung von strömendem Wasserdampf von 100°; desgleichen durch genügend langes Kochen; die Dauer
¶
Die Geschichte der Bakteriologie läßt sich in zwei große Abschnitte teilen, von denen der erste von ihrer
Entdeckung bis zum Anfang der 70er Jahre dieses Jahrhunderts reicht, zu welcher Zeit durchCohn die Systematik
der Bakterien sowie ihre Biologie zum erstenmal in eingehender Weise zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gemacht wurde. Der
zweite Abschnitt umfaßt diese Untersuchungen Cohns und reicht bis zur Gegenwart; er wird wiederum durch die Entdeckung der
Gelatinekultur, welche für den Ausbau der gesamten Bakteriologie von der größten Bedeutung war, in zwei
kleinere Abschnitte geteilt.
Aus früherer Zeit finden wir bereits einzelne Andeutungen, welche sich auf das Vorhandensein kleinster, dem menschlichen
Auge unsichtbarer Organismen beziehen, besonders in Verbindung mit dem Gedanken, daß durch dieselben die ansteckenden Krankheiten
bedingt würden. Diese Lehre vom contagium vivum, dem lebenden, fortpflanzungsfähigen, organisierten Ansteckungsstoff, gab
zunächst den Anstoß, immer wieder nach dem Vorhandensein der kleinsten Wesen zu forschen. Da gelang
es im J. 1675 dem berühmten Mikroskopiker Antony van Leeuwenhoek, im faulenden Regenwasser außerordentlich kleine Organismen
zu entdecken, welche er in einer Anzahl Briefe an die Royal Society in London
[* 34] beschrieb;
im J. 1683 teilte er der
gleichen Gesellschaft seine Entdeckung von kleinsten, lebenden Organismen im Zahnschleim mit und erläuterte diese Entdeckung
durch eine Anzahl so vorzüglicher Abbildungen, daß man an der Natur der entdeckten Organismen nicht wohl zweifeln kann;
es waren Bakterien. Auf LeeuwenhoeksEntdeckung folgte ein langer Zeitraum, in welchem für die wissenschaftliche Ausbildung der
Naturgeschichte der Bakterien nichts Wesentliches mehr geschah;
erst am Ende des 18. Jahrh. versuchte der dänische Zoologe OttoFriedrichMüller in seinem großen Werk »Animalcula infusoria« die von ihm beobachteten
Bakterienarten unter den Gattungen Vibrio und Monas in systematischer Weise zu beschreiben;
Die einzelnen Arten werden jedoch in so ungenauer Weise beschrieben, daß sie sich mit wenigen Ausnahmen heutzutage
nicht mehr wiedererkennen lassen. Dujardin stellte die Bakterien ebenfalls zu den Tieren und behielt auch die Ehrenbergschen Namen
bei, veränderte aber die Begrenzung der Gattungen, ohne dabei einen wesentlichen Fortschritt gegenüber Ehrenberg
zu erreichen. Durch Pertys Werk »Zur Kenntnis kleinster Lebensformen« wurde zunächst zum
erstenmal die tierische Natur der in Frage gestellt, und durch Cohns erste hierauf bezügliche Arbeit: »Untersuchungen über
die Entwickelungsgeschichte
[* 35] der mikroskopischen Algen und Pilze« (1854), war die pflanzliche Natur derselben fest begründet.
Cohn bringt in dieser Arbeit die in nahe Beziehung zu den Algen, während sie Nägeli drei Jahre später
allein auf Grund der physiologischen Merkmale den Pilzen zuweist. Bisher war man im wesentlichen der Ansicht, daß sich unter
den Bakterien ebenso wie unter den übrigen Organismen einzelne Gattungen und Arten mit Sicherheit voneinander würden abgrenzen
lassen, sobald man nur in dem Studium dieser kleinsten Wesen weit genug würde gekommen sein und namentlich durch bessere Instrumente
zur Aufklärung schwer erkennbarer Einzelheiten besserausgerüstet sein würde. Im Gegensatz zu dieser Anschauung lehrte Hallier
in den 60er Jahren dieses Jahrhunderts, auf ungenaue Methoden und falsche Schlußfolgerungen gestützt, daß die
Bakterien nur Entwickelungszustände von gewissen Schimmelpilzen seien, und daß es überhaupt nur wenige, aber sehr vielgestaltige
Pilzarten gäbe, in deren Kreis unter andern auch die Hefepilze und Bakterien gezogen werden müßten. Das Unhaltbare dieser Auffassung
zeigte sich sehr bald, und es ist namentlich DeBarysVerdienst, dieselbe erfolgreich widerlegt zu haben.
Hatte die systematische Erforschung der Bakterien bis zum Ende des ersten Abschnitts ihrer Geschichte nur wenig Fortschritte und
zuletzt sogar Rückschritte gemacht, so war man auch auf andern Gebieten der Bakteriologie nicht wesentlich weiter gekommen.
Zu der Lehre des Contagium vivum trat noch eine andre Idee, welche das Interesse an der Biologie dieser Organismen
wach hielt. Man glaubte in den Bakterien diejenigen niedersten Organismen gefunden zu haben, welche sich direkt aus
der organischen Substanz entwickeln könnten, also durch Urzeugung entstünden.
Statt überzeugender Experimente waren es jedoch mehr Spekulationen, durch welche verschiedene Naturforscher zu der Idee der
elternlosen Zeugung bei den Bakterien gelangten, und wo Experimente angestellt wurden, ließen sie an Fehlerhaftigkeit
und Ungenauigkeit nichts zu wünschen übrig. So stand es auch mit dem berühmten Versuch Needhams, welcher Fleischsaft kochte
und ihn in einer wohl verschlossenen Flasche
[* 36] aufbewahrte. Der Fleischsaft ging in Fäulnis über, und es entwickelten sich
in ihm zahllose Bakterien verschiedenster Art. Aus diesem Experiment folgerte Needham, da doch alles Lebende durch
das Kochen getötet sein mußte und von außen nichts in die fest verschlossene Flasche dringen konnte, daß die Bakterien durch elternlose
Zeugung aus der organischen, aber toten Materie des Fleischsaftes selbst entstanden seien.
SchonBonnet wies darauf hin, daß es doch wohl Organismen geben könnte, welche die Siedehitze zu überleben
vermöchten, und daß es auch nicht unmöglich wäre, daß sehr kleine Organismen durch den Verschluß der Flasche nicht gehindert
seien, von außen in die Flasche einzudringen. Da er jedoch keine hierauf bezüglichen Experimente anstellte, blieben seine
an sich sehr richtigen Anschauungen ohne weitern Einfluß auf die Lehre von der Urzeugung. Erst durch Spalanzani wurde der Beweis
geliefert, daß bei exakter Ausführung eines entsprechenden Experiments keine Organismen in dem Fleischsaft entstünden.
Er betonte, daß auch die Wände des Glasgefäßes, welches den Fleischsaft aufnehmen sollte, Keime und Organismen
enthielten, und daß diese letztern ebenfalls vollkommen vernichtet werden müßten, um ihre Entwickelung zu vermeiden. Er
brachte den
¶
mehr
Fleischsaft in die Kochflasche, verschloß und versiegelte sie und setzte sie erst dann der Siedetemperatur aus. Der Erfolg
zeigte die Nichtigkeit seiner Annahme, der Fleischsaft blieb frei von Organismen. Da sich nun an diesem Experiment nichts aussetzen
ließ, mußten diejenigen Forscher, welche an der Urzeugung bei den Bakterien festhielten, zu sehr unwahrscheinlichen
Erklärungen ihre Zuflucht nehmen. So trat beispielsweise Treviranus mit der Ansicht auf, daß sowohl der Fleischsaft selbst
als auch die Luft in der Flasche durch das Kochen in einer Weise verändert würden, daß sie nicht mehr im stände seien, Organismen
hervorzubringen. Da machte 1836 FranzSchultze die wichtige Entdeckung, daß man den gekochten Stoffen auch
frische Luft zuleiten könnte, ohne daß eine Entwickelung von Bakterien stattfände, sobald nur die Luft infolge von Durchleiten durch
konzentrierte Schwefelsäure
[* 38] von allen Keimen befreit wird, und bald darauf zeigte Schwann, daß auch geschmolzene Metalle an
Stelle der Schwefelsäure verwendet werden können.
Noch wichtiger und für die Entwickelung der Bakteriologie von hoher Bedeutung war die Entdeckung von Schröder
und von Dusch im J. 1854, daß man die Luft einfach durch einen Wattepfropf als Filter von Keimen befreien könne. Schließlich
zeigten Hostmann undPasteur beinahe zu gleicher Zeit, daß nicht einmal ein Wattepfropf nötig sei, sondern
daß man den Flaschenhals nur in eine lange gebogene Röhre auszuziehen brauche, um den Inhalt keimfrei zu erhalten, da sich
die Bakterien aus der Luft, dem Gesetz der Schwere folgend, in dem gebogenen Teil der Röhre ablagerten und nicht bis zu der organischen
Substanz in der Flasche gelangten.
Noch eine Frage in Bezug auf die Urzeugung blieb ungelöst und wurde erst in einer ArbeitCohns, welche dem zweiten Abschnitt der
Geschichte angehört, aufgeklärt, nämlich das doch hin und wieder eintretende Mißlingen der genannten Experimente. Cohn
zeigte, wie wir schon hier erwähnen wollen, daß manche Bakterienarten Dauerformen von außerordentlicher
Widerstandsfähigkeit bilden, und daß diese letztern selbst Siedehitze eine Zeitlang zu ertragen fähig sind. Hierdurch
war die Thatsache erklärt, daß sich selbst in fest verschlossenen und versiegelten und lange Zeit gekochten Gefäßen dennoch
hin und wieder Bakterien entwickelten.
Die Lehre vom contagium vivum stammt bereits aus dem Altertum und fand ihren prägnantesten Ausdruck in
den Worten des MarcusTerentius Varro: »An sumpfigen Orten entwickeln sich gewisse sehr kleine Tiere, welche man nicht mit dem
Auge wahrzunehmen vermag, welche aber mit der Luft durch Mund und Nase
[* 39] in den Körper gelangen und dort schwere Krankheiten hervorrufen.«
(De re rustica I, 12.) Später tauchte diese Ansicht wiederholt auf, wurde jedoch niemals in einer sichern
Weise begründet.
Als jedoch im J. 1837 Latour und Schwann entdeckten, daß die Hefezellen lebende Organismen seien und die Gärung hervorriefen,
schenkte man auch den und ihrer Biologie wieder mehr Aufmerksamkeit. Im gleichen Jahre fand übrigens auch
die Entdeckung Bassis statt, wodurch zum erstenmal in einem Pilz (Botrytis Bassiana) die Ursache einer Krankheit (die Muskardine
der Seidenraupe) erkannt wurde. Hieran schlossen sich die mit überzeugender Anschaulichkeit vorgetragenen Lehren
[* 40] Henles, welcher
mit außerordentlicher Schärfe den Beweis führte, daß nur in lebenden Organismen der Ansteckungsstoff epidemischer Krankheiten
gesucht werden könnte.
Trotzdem er selbst in seinen Untersuchungen,
die er mit dem größten Eifer viele Jahre hindurch ausführte, vom Glück nicht
begünstigt war, hielt er an seiner Überzeugung von der Lehre vom contagium vivum fest und stellte mit dem größten Scharfsinn
und weitsehendem Blick die drei Grundsätze auf, welche für die gesamte Entwickelung der Lehre von den pathogenen
Mikroorganismen von fundamentaler Bedeutung gewesen sind. Um einen Organismus als spezifisch für eine bestimmte Krankheit
ansehen zu können, verlangte er das konstante Vorkommen desselben bei der betreffenden Krankheit, die Trennung von dem erkrankten
Körper und die Beobachtung dieser getrennten Organismen. Bei seinen Mißerfolgen im Suchen nach den Krankheitserregern
geriet er schließlich in Zweifel, ob man überhaupt jemals würde im stande sein, die Krankheitserreger nachzuweisen, da
die bis dahin bekannten Methoden wenigstens zu keinem Ziel führten.
In der Erforschung der Biologie der Bakterien wurde zunächst durch LouisPasteur ein großer Erfolg dadurch errungen, daß
er für die verschiedenen Gärungen organischer Substanzen auch spezifisch verschiedene Gärungserreger nachweisen konnte.
Er zeigte, daß die verschiedenen Krankheiten des Weines und Bieres auf morphologisch gut unterscheidbare Organismen, Hefe- und
Bakterienarten, zurückzuführen seien, und er konnte nachweisen, daß die Lehre Béchamps, welche die bei Gärungen auftretenden
Organismen nicht als Ursache, sondern als Produkte der Gärung auffaßte, experimentell zu widerlegen war.
Nachdem er schon eine Reihe von Jahren seine Methode versucht hatte und ihre Brauchbarkeit nicht mehr bezweifeln konnte, trat
er 1868 damit an die Öffentlichkeit. Sie besteht einfach darin, bei allen Operationen das Eindringen und die Entwickelung von
Bakterienkeimen durch fäulniswidrige Mittel, wie Karbolsäure, zu verhindern. Die phänomenalen Erfolge dieser
Methode verschafften der Lehre vom contagium vivum einen sichern Boden, welcher noch durch die Entdeckung Pollenders und Davaines
von Stäbchen im Blut milzbrandkranker Tiere wesentlich an Festigkeit
[* 41] gewann. Diese Stäbchen zeigten eine so ausfallende Ähnlichkeit
[* 42] mit den unter der Gattung Vibrio beschriebenen Bakterien, daß sich über ihre Natur zwischen verschiedenen Forschern
ein lebhafter Streit entspann. Die Entscheidung desselben wurde jedoch erst sehr viel später durch RobertKoch herbeigeführt,
auf dessen Schrift wir weiter unten noch eingehend zurückkommen werden.
So weit war man in der Erkenntnis der Lebensgeschichte der Bakterien gekommen, als durch Cohns klassische Untersuchungen eine neue
Epoche in der Bakteriologie herbeigeführt wurde. Gewissermaßen als Vorläufer dieser Arbeiten erschien
im J. 1872 eine Abhandlung Schröters über die farbstofferzeugenden in Cohns »Beiträgen zur Biologie der Pflanze«. Es
¶
mehr
wurde hier, wenn auch sehr vorsichtig, zum erstenmal im bewußten Gegensatz zu HalliersAnschauungen die Ansicht ausgesprochen,
daß die verschiedenen Farbstoffe auch durch verschiedene Arten von Bakterien, die sich auch morphologisch unterscheiden ließen,
erzeugt würden. Hierauf folgte nun in den nächsten Jahren eine Reihe wertvoller ArbeitenCohns, welche dieser unter
dem Titel »Untersuchungen über in seinen Beiträgen zur Biologie namentlich in den Jahren 1870 bis 1875 veröffentlicht hat.
Sein wichtigstes und größtes Verdienst war der Versuch, die bis dahin bekannten oder von ihm entdeckten Bakterienarten nach
morphologischen oder, wenn diese nicht ausreichten, biologischen Merkmalen voneinander zu unterscheiden und in
leicht erkennbare, durch die Form charakterisierte Gruppen zu bringen. Zunächst wandte er für die ganze Gruppe dieser bisher
als Spaltpilze bezeichneten Organismen den Namen an, welcher früher schon, aber in sehr viel weiterer Fassung von Hoffmann
in die Wissenschaft eingeführt worden war.
Mit den damaligen optischen und technischen
Hilfsmitteln ließ sich eine schärfere Trennung von Gattungen und Arten nicht erreichen, doch sind bereits
die Gattungen so scharf umschrieben, daß sie im großen und ganzen noch heute beibehalten werden. In Bezug auf die Arten dagegen
hat sich herausgestellt, daß sie nicht den natürlichen Arten entsprachen, sondern in den meisten Fällen Kollektivspezies
darstellten. SeinSystem hat zwar in der Folgezeit mancherlei Abänderungen und Verbesserungen erfahren,
bildet jedoch noch heute die Grundlage aller praktisch brauchbaren Systeme, auch selbst derjenigen, deren Autoren sich im vollen
GegensatzzuCohn zu befinden glauben.
Der einzige Versuch, eine Systematik der Bakterien auf entwickelungsgeschichtliche Thatsachen zu begründen, rührt von de Bary und
van Tieghem her, denen sich später Hüppe und andre anschlossen. Sie teilen nämlich die in endospore
und arthrospore ein, je nachdem sich die Sporen im Innern der Zellen entwickeln, oder indem sich die ganzen Zellen in Dauerzustände
umbilden. Indes ist die Arthrosporenbildung noch nicht in allen Punkten genügend aufgeklärt, um ihr eine hinreichende Wichtigkeit
als systematisches Merkmal zulegen zu dürfen, und außerdem kennt man bei der großen Mehrzahl der Bakterien die
Sporenbildung überhaupt noch nicht.
Nicht bloß die Systematik wurde durchCohn in wesentlicher Weise gefördert, sondern auch die Entwickelungsgeschichte der Bakterien erhielt
durch seine Entdeckung der Bildung und Keimung von Sporen beim Heubacillus, die er lückenlos verfolgen konnte,
eine wesentliche Erweiterung. Auf dem Gebiete der Ernährung der Bakterien waren besonders diejenigen seiner Untersuchungen von Wichtigkeit,
durch welche er nachwies, daß sich viele auch dann kultivieren lassen, wenn ihnen Stickstoff und Kohlenstoff in Form von organischen
Salzen angeboten wurden.
Den AnschauungenCohns traten jedoch eine Anzahl Forscher entgegen, mit der Lehre, daß es unter den Bakterien nur
sehr wenige oder auch vielleicht gar nur eine einzige Art gäbe, welche morphologisch außerordentlich vielgestaltig und
in biologischer Hinsicht ebenfalls außerordentlich verschiedenartige Prozesse
auszulösen im stande sei. Durch verschiedene
äußere Bedingungen könnte diese eine Art bald in der Form von Kokken, bald in der von Schrauben
[* 44] oder
Stäbchen auftreten, bald Milchsäuregärung, bald Pigmentbildung, bald Typhus oder Cholera herbeiführen. Daß diese Lehre
von der Inkonstanz der Arten, welche weniger schroff von manchen Autoren als Polymorphismus der Bakterienarten aufgefaßt wird,
der Wirklichkeit nicht entspricht, hat sich in der Folgezeit herausgestellt; vertreten wurde sie wesentlich
durchLister, Billroth, Nägeli, Buchner und Zopf.
Den ersten sichern Beweis davon, daß gewissen Erscheinungen auf dem Gebiete der ansteckenden Krankheiten auch bestimmt unterscheidbare,
konstante Bakterienarten entsprechen, zugleich ein Beweis für die Nichtigkeit der Lehre vom Contagium vivum und der Konstanz
[* 45] der Bakterienarten, lieferte RobertKoch 1876 durch seine Entdeckung des Milzbrandbacillus. Wie bereits
erwähnt, waren die Stäbchen in dem Blute milzbrandkranker Tiere schon längst gesehen worden, indes erstKoch stellte in seiner
grundlegenden Arbeit: »Die Ätiologie der Milzbrandkrankheit, begründet auf die Entwickelungsgeschichte des "Bacillus Anthracis",
unzweifelhaft die Rolle fest, welche diese Stäbchen bei der Milzbrandkrankheit spielten, indem er die
ganze Entwickelungsgeschichte dieses Organismus lückenlos verfolgte.
Die Entdeckung andrer Krankheitserreger ließ nun nicht lange mehr auf sich warten, doch scheiterte die genaue Sicherstellung
der Pathogenität sowie der Spezifität der gefundenen Organismen an der Unmöglichkeit, die einzelnen Arten voneinander zu
trennen und jede für sich in Reinkulturen fortzuzüchten. KochsVerdienst war es wiederum, diesem Mangel
einer geeigneten Kulturmethode durch Zuführung gelatinierender Substanzen zu den gebräuchlichen Nährflüssigkeiten abgeholfen
zu haben.
Dadurch, daß man eine geringe Menge des bakterienhaltigen Materials mit der zuvor verflüssigten Nährgelatine vermischte
und auf sterilisierte Glasplatten ausgoß, konnte man erreichen, daß die einzelnen Bakterienkeime räumlich
voneinander getrennt und durch das Erstarren der Gelatine auch voneinander getrennt fixiert wurden. Da nun die nach KochsVerfahren
hergestellte Gelatine auch zugleich ein vorzüglicher Nährboden für die Bakterien war, so wuchsen die einzelnen Keime auf der Platte
zu kleinen Kolonien aus, welche ebenso viele kleine Reinkulturen von Bakterien darstellten.
Hierdurch war das Problem der Isolierung der Bakterienarten gelöst und dem weitern Ausbau der Bakteriensystematik der Weg gebahnt.
Es stellte sich nun zwar freilich gar bald heraus, daß diese Kulturmethode nicht in allen Fällen verwendbar sei, sondern
daß man vielmehr für bestimmte Arten gewisse Abänderungen daran vornehmen müßte. So mußte man bei
denjenigen Arten, welche nur bei Blutwärme wachsen, an Stelle der sich bei dieser Temperatur verflüssigenden Gelatine das Agar-Agar
oder auch Blutserum verwenden etc. Es folgten nun rasch eine große Anzahl hochwichtiger Entdeckungen auf dem Gebiete der
pathogenen Bakterien, namentlich durchKoch selbst, welcher 1884 den Organismus der asiatischen Cholera, den Kommabacillus,
und den Tuberkelbacillus auffand. Das Auffinden des letztern ist noch besonders deshalb von großer Bedeutung, weil der Wert der
Färbemethoden hierbei besonders in die Augen springt. Als Erreger von Krankheiten sind zur Zeit Bakterien bekannt bei Aktinomykose,
Wundinfektionskrankheiten, Osteomyelitis, Erysipel, Puerperalfieber, Tetanus,
¶
(vom grch. bakterion, Diminutiv von baktron, d. h.
Stab),
[* 46] Spaltpilze oder Schizomyceten, einzellige, rundliche oder cylindrisch-stabförmige pflanzliche Lebewesen von 0,001 mm
oder noch weniger Durchmesser, selten mehr als viermal so lang als breit. Ihr Zellleib besteht aus Protoplasma
(Mykoproteïn), welches bei einigen Chlorophyll (Blattgrün) enthält (Spaltalgen), meist aber farblos ist (Spaltpilze); Kerne
sind bisher nur bei wenigen Formen beschrieben worden. Im Protoplasma können Stärke- und Schwefelkörner vorkommen.
Die Zellen haben eine gallertige Hülle mit starrer innerster Schicht; von dieser Hülle scheinen auch
Geißelfäden auszugehen, welche bei einigen beweglichen Formen beobachtet werden und durch ihre Schwingung
[* 47] die Ortsbewegung
[* 48] der in Flüssigkeiten veranlassen. Die runden Zellformen heißen Kokken (grch. kokkos,Kern, s. Kokkus und Tafel: Bakterien,
[* 49]
Fig. 2 u. 6), die geraden, stäbchenförmigen Bakterien im engern Sinne oder Bacillen
[* 49]
(Fig. 1 u. 3), die schrauben-
oder korkzieherförmig gewundenen Spirillen
[* 49]
(Fig. 4 u. 5, vom grch. speira,d. i. gedrehter Strick) oder auch Spirochäten.
Die Vermehrung der Bakterien geschieht dadurch, daß dieselben sich, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben, in zwei Hälften
zerlegen; diese werden entweder frei oder bleiben in bestimmter Anordnung nebeneinander liegen, so daß
Verbände, Fäden oder Gruppen, entstehen; so unterscheidet man bei den Kokken Kettenreihen (Streptokokken, vgl. Tafel: Bakterien,
[* 49]
Fig. 2), traubenförmige Gruppen (Staphylokokken), Gruppen zu je vier Kokken (Tetragenus,
[* 49]
Fig.
6), paketförmige zu je 16 durch Teilung in drei Dimensionen (Sarcine) u. s. f. Besonders groß werden
diese Verbände, wenn sie durch starke Quellung der Zellmembranen der einzelnen Kokken zu sog.
Zooglöen sich ausbilden.
Solche Verbände sind z. B. die sog. Kahmhäute, welche auf gärenden
Flüssigkeiten schwimmen und aus unzähligen in einer schleimigen Grundsubstanz eingebetteten Bakterien bestehen,
ferner der sog. Froschlaich der Zuckerfabriken, die Kefirkörner u. a. m.
Da die Form und Farbe dieser Verbände sehr charakteristisch für jede Einzelart ist und man sie mit bloßem Auge gut erkennen
kann, so dienen dieselben als sehr sicheres Unterscheidungsmerkmal bei der Reinzüchtung (s. Bakteriologie II, Untersuchungsmethoden).
Gewöhnlich dann, wenn der Nährboden, auf dem die Bakterien wachsen, erschöpft ist, bilden viele
Arten aus ihrem Protoplasma Sporen (vom grch. spóros, der Same), kleine Körner, welche von großer Widerstandskraft gegen
äußere Einflüsse (Hitze, Kälte, Trockenheit) sind, daher, wenn der Zellleib selbst bereits abgestorben ist, am Leben
bleiben und viele Jahre lang die Kraft
[* 50] bewahren, wieder auszuwachsen und neue Zellgenerationen zu bilden,
sobald sie wieder auf guten Nährboden gelangen.
Entstehen die Sporen im Innern des Zellleibes, so bezeichnet man die Bakterien als endospor (vgl.
Tafel: Bakterien,
[* 49]
Fig. 3); wandeln sich ganze Zellen in Sporen um, so nennt man sie arthrospor. Auf dieser Eigenschaft der
Sporenbildung beruht die Leichtigkeit der Verschleppung keimfähiger Bakterien durch die Luft
und daher ihre eminente Verbreitung. In der Luft wechselt die Zahl der Keime je nach der Lokalität; so fanden sich im Freien
in Berlin
[* 51] 0,1–0,5 Keime
pro Liter, im Krankensaal 11,0 pro Liter, in einem Versuchstierstall 232 pro Liter. Seeluft wurde bisweilen
ganz bakterienfrei gefunden; im Regenwasser fand Miquel 35, im Seinewasser oberhalb Paris
[* 52] 1400, unterhalb
Paris 3200 Keime pro Kubikcentimeter.
Wachstumsbedingungen.
1) Die Temperatur bietet jedem Bakterium ein Optimum, bei welchem das Wachstum am besten vorschreitet, sowie ein Minimum und
Maximum, jenseit welcher Grenzen
[* 53] die Zelle getötet wird. Die Empfindlichkeit für die Temperatur ist bei parasitischen
Bakterien viel feiner als bei saprophytischen (s. unten). Die untere Grenze ist fast unbegrenzt,
selbst bei –110° C. sterben viele Bakterien noch nicht ab; die obere beträgt für Wuchsformen 50–60°, für
Sporen bis zu 130°. 2) Wasser ist für die Bakterien im allgemeinen nötig, wenn auch einzelne Arten, vor allem
aber die Sporen, das Austrocknen sehr lange ertragen.
3) Sauerstoff bedürfen viele Bakterien (aerobiontische), andere werden durch dies Gas getötet (anaerobiontische); viele können
mit oder ohne Sauerstoff vegetieren (fakultativ anaerobiontische).
4) Die chlorophyllhaltigen Spaltalgen vermögen, wie alle übrigen Pflanzen, Kohlensäure zu assimilieren und Sauerstoff auszuscheiden.
Die chlorophyllfreien Spaltpilze dagegen bedürfen zur Ernährung höher organisierter tierischer oder
pflanzlicher Stoffe, welche sie durch ihre Stoffwechselvorgänge zerlegen können, Eiweiße, Kohlenhydrate u. s. w.; im einzelnen
bestehen bezüglich der Zuträglichkeit der Nährböden große Differenzen. Von Bedeutung ist ferner die Reaktion der Nährstoffe;
die beste Entwicklung geschieht bei schwach saurer, neutraler oder schwach alkalischer Reaktion.
Schädlich für das Leben der Bakterien wirken stärkere Säuren und bestimmte Metallsalze. Hierauf
beruht die praktische Verwertung derselben (Karbolsäure, Sublimat, schweflige Säure u. a.) zur Desinfektion und Antisepsis.
Sublimat tötet Sporen schon in einer Verdünnung von 1:20000 in 10 Minuten; Carbolsäure in 5prozentiger Lösung in 24 Stunden.
Sehr stark bakterientötend wirken Chlor, Brom, Jod, Kalk; absoluter Alkohol tötet die Sporen der Milzbrandbacillen
auch nach monatelanger Einwirkung nicht. Die wichtigsten Kokken (Strepto- und Staphylokokken) erliegen schon bei Anwendung
schwächerer (2–3 Proz.) Carbolsäurelösungen.
Unter günstigen Wachstumsbedingungen läuft die Entwicklung der Bakterien sehr rasch ab, manche können sich in 30 Minuten vollständig
bis zur Teilung ausbilden; andere brauchen indessen auch länger. Man hat ausgerechnet, daß, wenn die
Nährböden ausreichten, bei der stetigen Entwicklung von zwei Bakterien aus einem im Laufe einer Stunde, nach drei Tagen bereits aus
einem Bakterium 47 Trillionen mit einem Gewicht von 7½ Mill. kg geworden wären; nach fünf Tagen würden sie den
Raum des ganzen Weltmeers ausfüllen können.
Für die Bewegung der Bakterien ist die Art der Lebensbedingungen insofern maßgebend, als dieselbe z. B.
bei den Aerobionten immer dorthin gerichtet ist, wo Sauerstoff ist (Oberfläche der Flüssigkeiten, daher die oberflächliche
Entwicklung der Kahmhäute, u. a.).
Je nachdem die Bakterien auf toten oder lebenden Nährsubstraten vegetieren, unterscheidet man
Saprophyten und Parasiten; manche Formen können bald saprophytisch, bald parasitisch leben. Die erstern bilden durch Oxydationsprozesse
Verwesung, Fäulnis, Gärung, die letztern wirken
¶
mehr
krankheiterregend. Diese eigentümliche Wirkung beruht im erstern Falle auf der Bildung bestimmter Stoffe, welche, ohne selbst
verbraucht zu werden, große Mengen von hochorganisierten Körpern chemisch verändern und zerlegen, sog.
Fermente, Enzyme. Peptonisierende Bakterien sind solche, die bei ihrem Wachstum auf eiweiß- oder leimhaltigen Nährböden
Peptone bilden. Starre Nährböden (Nährgelatine, geronnenes Eiweiß, erstarrtes Blutserum u. dgl.) werden
durch diese Bakterien verflüssigt.
Die peptonisierenden Bakterien heißen deshalb auch verflüssigende. Die Peptonisierung wird durch Fermente, die diese
Bakterien bilden, hervorgerufen. Die vollständige Zersetzung des Nährsubstrats in seine letzten Endprodukte (Kohlensäure, Wasser)
heißt Verwesung; geht die Zerlegung nur bis zur Bildung bestimmter, noch mehr oder weniger hochstehender
Verbindungen, so nennt man den Prozeß Gärung (hierher gehört die Zerlegung des Zuckers in Alkohol durch Saccharomyces, des
Alkohols in Essig durch Bacterium[Mycoderma] acetiZopf, des Milchzuckers in Milchsäure, bei dem Sauerwerden der Milch, durch
BacilluslacticusHueppe, die Kefirgärung u. s. w.); werden dabei stinkende Gase gebildet, so heißt er
Fäulnis (Bacterium termo Ehrb.
und Proteus, s. d.). Die bei diesen Zersetzungen auftretenden Produkte hemmen, wenn sie eine gewisse Quantität erreicht haben,
bei manchen Bakterien die Lebensthätigkeit und damit das Fortschreiten der Gärung.
Die krankheiterregende Wirkung der pathogenen Bakterien beruht auf der Produktion von dem Organismus schädlichen
Giften (Ptomainen, Toxinen, Toxalbuminen), die, je nachdem der letztere ein guter oder schlechter Nährboden
für die bestimmte Bakterienart ist, in verschiedenem Grade gebildet werden; ihre Kenntnis im einzelnen ist gegenwärtig wegen
der sehr schwierigen Reindarstellung noch in den ersten Anfängen. Bleibt das Wachstum der Parasiten auf eine Körperstelle
beschränkt, so entsteht eine lokale Infektionskrankheit (Furunkel, Hospitalbrand u. ähnl.) unter dem Bilde
einer Entzündung;
auf den Gesamtorganismus wirken dann nur die in dem Entzündungsherd ausgeschiedenen Gifte;
gelangt der
Parasit aber in das Blut und vermag er sich darin zu entwickeln, so wird er durch die Cirkulation des Blutes im ganzen Körper
verbreitet und es entsteht die fieberhafte Infektionskrankheit des ganzen Körpers (z. B. das Rückfallfieber,
der Milzbrandu. ähnl.);
in bestimmten, der Fortbildung günstigen Organen können dann die Bakterien liegen bleiben und lokale Krankheitsherde
bilden. Im allgemeinen wirkt die Blutflüssigkeit bakterientötend, solange sie ihre vitalen Eigenschaften bewahrt. Es entsteht
also eine Art Kampf zwischen dem Organismus und den Bakterien;
vermag der erstere die letztern zu töten, so
tritt Genesung ein, siegen die letztern, so geht der Organismus zu Grunde.
Die verschiedene Natur der einzelnen Bakterienarten
und die verschiedene Widerstandskraft der von ihnen heimgesuchten Organismen, welche sowohl nach Arten und Gattungen, als
nach Individuen und nach den einzelnen betroffenen Organen sehr stark variiert (so wird z. B.
die Hausmaus durch den Bacillus der Mäuseseptichämie getötet, die Feldmaus bleibt dagegen völlig gesund), endlich die
verschiedene Art des Eindringens der Bakterien bedingt die große Mannigfaltigkeit der Infektionskrankheiten.
Den von Bakterien gebildeten Fermenten und Toxinen lassen sich die von andern entwickelten
Farbstoffe an die Seite stellen. So entwickelt sich z. B. auf
Brot
[* 55] und ähnlichen Nährböden der Micrococcus prodigiosusCohn in Gestalt blutroter Flecke, das sog. Blutende Brot (s. d.), Blutwunder u. s. w.
Quantität wie Qualität aller Produkte der Pilze hängen von den äußern Lebensbedingungen ab; Veränderung des Lichts, der
Temperatur, des Nährbodens verändern auch die Stoffwechselprodukte. Diese Thatsache wird bei den pathogenen
Pilzen verwertet, indem man ihre Giftbildung durch geeignete Methoden abschwächt. Impft man mit dem abgeschwächten,
aber immer noch wirksamen Parasiten, so entwickelt derselbe sich zwar, erzeugt aber keine so schwere Krankheit als bei voller
Virulenz, dagegen wird wunderbarerweise der geimpfte Organismus durch das Überstehen der schwächern
specifischen Krankheit widerstandsfähig (immun) gegen stärkere Infektionen. Hierauf beruht die sog. Schutzimpfung, die zuerst
von Jenner empirisch für die Pocken gefunden wurde und neuerdings systematisch namentlich von Pasteur, Behring u. a. bearbeitet
wird. Die Wirksamkeit der Schutzimpfung ist bei den einzelnen Infektionskrankheiten, soweit bekannt, von
verschiedener Zeitdauer. (S. Bakteriologie.)