(Bakchiden), ein mächtiges Herrschergeschlecht zu
Korinth
[* 2] (s. d.), angeblich von dem
HeraklidenAletes abstammend,
benannt nach Bakchis, dem fünften König nach
Aletes.
Fünf seiner Nachkommen regierten bis um 750
v. Chr. und erhoben
Korinth
zu einer mächtigen, blühenden Seehandelsstadt.
Seitdem bildeten die an 200
Familien starken Bakchiaden eine
Oligarchie.
Durch
Luxus und Übermut verhaßt, wurde das
Geschlecht 657 von
Kypselos, der durch seine
Mutter selbst den Bakchiaden angehörte,
mit
Hilfe der untern
Stände größtenteils aus
Korinth vertrieben.
[* 2] (Korinthos), im Altertum berühmte Stadt im Peloponnes, Hauptort der Landschaft Korinthia,
welche die nordöstlichste Ecke von Argolis umfaßte und durch den zu ihr gehörigen, 5915 m breiten und 80 m hohen, sehr felsigen
Isthmus von Korinth den Peloponnes mit dem griechischen Festland verband (s. unten). Die Stadt lag unter dem steilen Nordabfall des
Bergs, auf dem ihre Burg (Akrokorinth) stand, hatte drei Häfen (Lechäon am KorinthischenBusen, mit Korinth durch 12 Stadien
lange Schenkelmauern verbunden, Kenchreä und Schönos am Saronischen Busen) und war die Pforte zum Peloponnes, daher von großer
strategischer Wichtigkeit. An die Phöniker, welche sich hier frühzeitig niedergelassen hatten, erinnerten mannigfache Anklänge
in Mythe und Kultus; so wurden hier Melikertes (Melkart) und Aphrodite
[* 4] verehrt, letztere mit ausschweifendem
Dienst.
Auch Poseidon
[* 5] und andre Meergottheiten standen in der See- und Handelsstadt in besonderm Ansehen. Dieser Götterdienst gab
schon in alter Zeit Veranlassung zur Ausübung und Ausbildung mannigfacher Künste, und die Korinther zeichneten sich dabei
durch Erfindungsgeist, Schönheitssinn und Kunstfertigkeit aus und suchten einen Ruhm darin, in dem Schmuck
ihrer Stadt und ihrer Tempel
[* 6] das übrige Griechenland
[* 7] zu überbieten. Ihre reichsten und geschmücktesten Formen verdankt die
Baukunst
[* 8] den Korinthern.
Die Kunstweberei und Färberei, die Bearbeitung des Erzes, die Töpferei und Thonplastik standen in in besonderer Blüte;
[* 9] in der
Malerei werden Korinther, wie Ardikes, Kleophantos, Kleanthes, als die Anfänger und Ausbildner der Kunst
genannt. Auch der Dithyrambos fand hier durch Arion seine erste Ausbildung. Später jedoch blieb die geistige Kultur hinter der
Ausbildung und Pflege des Materiellen zurück; in der Litteratur hat sich kein Korinther hervorgethan.
Dagegen hat Korinth weise Staatsmänner hervorgebracht, wie Periandros, Phidon, Philolaos, den Gesetzgeber der
Thebaner, und Timoleon; auch lebte hier Diogenes. Gewerbthätigkeit, Handel und Schiffahrt nahmen hauptsächlich die Thätigkeit
der Korinther in Anspruch. Die Lage zwischen zwei Meeren, die Schwierigkeit, den Peloponnes zu umschiffen, die Leichtigkeit
dagegen, Waren über den Isthmus zu schaffen, hatten Korinth schon sehr früh zu einem großen Markt- und Stapelplatz
gemacht; insbesondere war es der Mittelpunkt des gesamten Verkehrs mit griechischen, italienischen, illyrischen und asiatischen
Handelsartikeln.
Was an eignen Produkten ausführte, waren meist Kunsterzeugnisse: Thon- und Erzwaren, Statuen, Gemälde etc. Zur Zeit ihrer
höchsten Blüte soll die Stadt 300,000 (?) Einw. gehabt haben;
die Zahl ihrer Sklaven, die auf der Flotte
und in den überseeischen Kolonien inbegriffen, betrug über eine halbe Million.
Doch war nur die herrschende Klasse dorischen
Stammes, das weit zahlreichere nichtdorische Volk gab den dort sich aufwerfenden Tyrannen stets eine sichere Stütze ab. Das
beste Zeugnis von der frühern Blüte Korinths sind die zahlreichen Kolonien, welche diese Stadt angelegt
hat: Syrakus,
[* 10] Molykreia, Solion in Akarnanien, Ambrakia, Anaktorion, Leukas, Kerkyra, Epidamnos, Apollonia und später Potidäa in
Chalkidike. Die meisten Heiligtümer und Götterbilder Korinths, von
welchen nur dürftige Reste erhalten sind, standen an der
Agora; die Mitte derselben nahm eine Erzstatue der Athene
[* 11] ein.
Die Geschichte Korinths verliert sich in die Sagenwelt. Schon um 1350 v. Chr. soll die Stadt (Ephyra) durch den Äoliden Sisyphos
gegründet worden sein, dessen Nachkommen das Land beherrschten, bis der HeraklideAletes mit den Doriern Korinth einnahm und die
Herrschaft der Äolier stürzte (1074). Die eingewanderten Dorier bildeten nun auch hier den Adel des neuen
Staats, und unter demselben nahmen die Bakchiaden, die Nachkommen des Königs Bakchis, die vornehmste Stelle ein und begründeten
auch nach dem Sturz des Königtums 748 eine oligarchische Herrschaft von 200 Familien, aus denen jedes Jahr ein Prytan erwählt
wurde.
Nachdem es bereits 458 einen erfolglosen Krieg gegen Athen begonnen, hetzte es, gereizt durch die Einmischung
der Athener in seine Beziehungen zu seinen Kolonien, die Peloponnesier 431 zu dem Beginn des großen Kriegs, der mit der Besiegung
Athens endete, Korinth aber nicht den gehofften Gewinn brachte, der erste Seestaat von Hellas zu sein. Es verband sich
daher 395 mit Athen, Theben und Argos zu einer Schilderhebung gegen die spartanische Gewaltherrschaft, und es entspann sich
daraus der sogen. KorinthischeKrieg (s. d.), welcher besonders in der Nähe von Korinth spielte.
Aber auch dieser verschaffte Korinth nicht die gewünschte unabhängige Macht. 366 bemächtigte sich Timophanes der
Alleinherrschaft, wurde aber von seinem BruderTimoleon gestürzt und ermordet. In Korinth wurden 338 und 336 die
Versammlungen der Hellenen abgehalten, auf denen die KönigePhilipp und Alexander zu Heerführern gegen Persien
[* 18] ernannt wurden.
Unter der makedonischen Herrschaft war Korinth und seine Burg, eine der FesselnGriechenlands, stets von einer starken Garnison besetzt. 243 schloß
sich Korinth
¶
mehr
nach Vertreibung der Mazedonier an den Achäischen Bund an und blieb bei demselben bis 146, in welchem Jahr es von den Römern
unter Mummius eingenommen und gänzlich zerstört wurde. Der Untergang Korinths bezeichnet zugleich in der Geschichte das völlige
Aufhören der griechischen Freiheit und Selbständigkeit (s. Griechenland, S. 695). Nach der Zerstörung
Korinths fiel der größte Teil des Gebiets den Sikyoniern zu, und der Handel zog sich nach Delos. Ein ganzes Jahrhundert lag
die Stätte, wo einst Korinth geglänzt, öde; nur einige Tempel und die Burg waren erhalten.
Erst 46 ließ C. Julius Cäsar die Stadt wieder neu erstehen und mit Veteranen und Abkömmlingen von Freigelassenen
bevölkern, und von nun an führte sie auf Inschriften den NamenColoniaJulia Corinthus. Hatte die alte Stadt, da sie den Burgfelsen
in sich schloß, einen Umfang von 85 Stadien, so war dagegen die neue in einem regelmäßigen Viereck
[* 20] von 40 Stadien an der
Nordseite der Burg angelegt, so daß nur drei Seiten mit einer Mauer umgeben waren, während die vierte
Seite sich an die Akropolis
[* 21] anlehnte.
Zerstörte Tempel und andre öffentliche Gebäude waren wieder aufgebaut worden. Aber bereits am Ende des 3. Jahrh.
wurde Korinth wieder von gotischen Scharen verwüstet, 396 von Alarich, im 8. Jahrh. von den Slawen. 1205 wurde
es von den Franken erobert; später fiel es wieder an das griechische Kaiserreich und wurde an Prinzen aus dem Paläologischen
Haus verliehen, denen es 1459 die Türken entrissen. Noch einmal fiel es 1699 den Venezianern zu, die es bis 1715 behaupteten.
Unter türkischer Herrschaft sank Korinth zu einem elenden Flecken herab; der Handel zog sich ganz nach Patras. 1822 wurde
es von der türkischen Herrschaft frei und fing seit 1830 an, wieder langsam aufzublühen.
Ein Erdbeben
[* 22] zerstörte aber von neuem die Stadt, welche seitdem an einer andern Stelle, 5 km
nordöstlich am Golf von Lutrake, sehr regelmäßig wieder aufgebaut ist. Dieses neue Korinth (Nea-Korinthos) ist die Hauptstadt
einer Eparchie des griechischen NomosArgolis und Korinth, Sitz eines Erzbischofs, eines Zollamtes, eines Gymnasiums etc., zählt aber
(1885) erst 3000 Einw. An der alten Stelle hat sich nur ein elendes Dorf mit einigen Altertümern erhalten.
2½ km in ostnordöstlicher Richtung von Neukorinth mündet der Kanal,
[* 23] welcher gegenwärtig über den Isthmus (s. d.) geführt
wird und eine Verbindung des Meerbusens von Korinth mit dem von Ägina herstellen soll (s. Kärtchen).
Dadurch wird die Fahrt um das im Winter gefährliche KapMatapan vermieden, und den aus dem Adriatischen
Meer kommenden Schiffen erwächst ein Zeitgewinn von 24 Stunden. Wiederholt (zuletzt unter Nero) versuchte man im Altertum einen
Kanal durch die Landenge zu graben, aber immer vergeblich; 1881 erhielt GeneralTürr von der griechischen Regierung die Konzession
zur Anlage eines Kanals von 8 m Tiefe und 22 m Breite
[* 24] und wählte zu diesem Zweck die Neronische Linie. Der
Kanal wird nur eine Länge von 6,3 km haben und Ende 1891 vollendet sein. An seiner östlichen Mündung ist die
neue Stadt Isthmia, an der westlichen Posidonia angelegt worden.