Bakalahari
,
s. Betschuanen.
Bakalahari
62 Wörter, 455 Zeichen
Bakalahari,
s. Betschuanen.
(Be-tschuana, Betjuana, Bechuana), ein ausgedehntes, zu dem großen Völkerkomplex der Bantu gehöriges Volk im S. und SO. des Binnenlandes von Südafrika, [* 3] zwischen 28 und 16° südl. Br. (s. Karte »Kapland etc.« und Tafel »Afrikanische Völker«, [* 4] Fig. 23). Sie zerfallen in 23 Stämme, von denen 12 im O. und 11 im W. wohnen und sonach zwei Hauptabteilungen repräsentieren: die Westbetschuanen oder Bakalahari und die Ostbetschuanen oder Basuto im weitern Sinn.
Während die Westbetschuanen noch unabhängig sind, stehen die Ostbetschuanen unter der Herrschaft der Briten oder der holländischen Bauernrepubliken. Die Betschuanen stimmen unter sich in Hautfarbe, Körperbau, Sitten und Gebräuchen fast völlig überein. Ihre Hautfarbe ist ein reines Kaffeebraun, das nur mitunter eine lichtere oder eine schwärzlichere Schattierung annimmt, immer aber dunkler ist als die Farbe ihrer Vettern, der Kaffern. Ihr Wuchs ist schlank und ebenmäßig, ihre breite Gesichtsbildung mit flacher Nase [* 5] und großen, aufgeworfenen Lippen nähert sich der der Neger, mit denen sie auch das kurze, krause Wollhaar gemein haben. In Bezug auf geistige Fähigkeiten stehen die Betschuanen den Kaffern nach, auch sind sie lange nicht so energisch und kriegerisch, vielmehr von heiterm, mildem und harmlosem Charakter, der ihre Fehden, in denen sie mit ihren Nachbarn um den Besitz von Herden, die Benutzung von Weideland und Quellen etc. fortwährend liegen, selten ein sehr blutiges Ende nehmen läßt.
Dabei stehen sie unbezweifelt auf einer höhern Zivilisationsstufe, bewähren einen offenen Sinn, Liebe zur Unabhängigkeit und ein würdevolles Auftreten und überragen die Kaffern namentlich im Fleiß, im vollkommnern Ausbau ihrer Häuser und durch größere Geschicklichkeit in Handarbeiten, wie sich denn einige Stämme durch eine sehr ausgebildete Industrie auszeichnen. Eigentliche Sklaverei findet bei den Betschuanen nicht statt, doch vertreten bei ihnen die Balala, eine eigentümliche Abteilung der Betschuanen, die arm, verachtet und ohne Eigentum unter ihnen zerstreut in den Wäldern wohnen, gewissermaßen die ¶
Stelle der Sklaven. Die Betschuanen treiben, gleich den Kaffern, Viehzucht [* 7] in großem Umfang, vernachlässigen jedoch auch den Ackerbau nicht und leben daher mehr als jene in großen Dörfern vereinigt, wovon die städteähnlichen Ortschaften, wie Battaku, Schoschong etc., Zeugnis geben. Ihre sehr weiche und wohlklingende Sprache, [* 8] in welcher fast jedes Wort mit einem Vokal endigt, ist das Setschuana. Sie ist grammatisch dargestellt von Archbell (»Grammar of the Bechuana language«, Grahamstown 1837), sprachvergleichend von Bleek und Fr. Müller und zerfällt in drei Dialekte, das Sesuto (vgl. Basuto), Serolong und Sehlapi; mit dem Tekeza zusammen bildet sie die mittlere Gruppe der Bantusprachen (s. Bantu).
Der Religion nach sind die Betschuanen (mit Ausnahme der in den einzelnen Missionsstaaten Angesiedelten) Heiden, doch nicht ganz ohne den Begriff einer Gottheit, welcher sie den Namen Morimo (»der Höchste«) beilegen, worunter sie jedoch ein schlaues oder gar böswilliges Wesen verstehen. Tempel, [* 9] Idole, geheiligte Gegenstände und Priester haben sie nicht, selbst den Gestirnen widmen sie keinerlei religiöse Aufmerksamkeit, so daß die christlichen Missionäre bei den Betschuanen nirgends Anknüpfungspunkte finden, um sie religiösen Anschauungen zugänglich zu machen.
Dagegen finden sich auch nirgends Menschenopfer oder andre blutige Gebräuche, die dem milden Sinn der Betschuanen zuwider sind. Beschneidung ist unter ihnen allgemeine Sitte, ohne daß sich religiöse Begriffe daran knüpfen. Auch der Glaube an eine übernatürliche Wirksamkeit der Regenmacher ist verbreitet, und man sucht die Gunst derselben durch reiche Geschenke zu erwerben. Die Verfassung der einzelnen Betschuanenstaaten ist monarchisch und zugleich patriarchalisch mild.
Jeder Stamm hat sein eignes Oberhaupt, dessen Würde in seiner Familie erblich ist. Unter ihm stehen die Chefs der einzelnen Ortschaften und unter diesen wieder kleinere Chefs, die Kofi (die »Reichen«),
welche gewissermaßen die Aristokratie des Volkes ausmachen. Die Macht des Oberhauptes ist im allgemeinen despotisch unbeschränkt; doch darf bei wichtigen allgemeinen Angelegenheiten nichts geschehen ohne eine öffentliche Versammlung der kleinern Chefs. Ackerbau haben schon früher die Betschuanen mit Sorgfalt betrieben; es werden Getreide, [* 10] Bohnen, Erbsen, Wassermelonen produziert und zu deren Aufbewahrung große Vorratshäuser errichtet. Die Verbreitung des Ackerbaues hat im Lauf unsers Jahrhunderts durch die Bemühungen der Missionäre namhaft zugenommen.
Übrigens liegt er ganz in den Händen der Weiber, wie die Viehzucht in denen der Männer, und wird mit Hilfe von Spaten aus hartem Holz [* 11] und von eisernen Hacken betrieben, da der Gebrauch des Pflugs unbekannt ist. Die Viehzucht beschränkt sich auf Rindvieh. In gewerblicher Thätigkeit haben einige Stämme Fortschritte gemacht. Am weitesten blieb infolge des Mangels an Indigo [* 12] und Baumwolle [* 13] die im nördlichen Binnenland Afrikas so umfassend betriebene Weberei [* 14] bei den Betschuanen zurück, daher der größte Teil der Bevölkerung [* 15] spärlich bekleidet geht oder haarige Fellkleidung trägt, in deren Verfertigung die ein ganz besonderes Geschick zeigen.
In der Baukunst [* 16] zeigten früher die Bahurutse, einst vielleicht das kunstfertigste Volk Südafrikas, überraschende Fertigkeit, da ihre Häuser vor denen aller andern Betschuanen sich durch Festigkeit, [* 17] Zierlichkeit und außerordentliche Reinlichkeit auszeichneten. Zudem sind sie, wie auch die Bakatla und Bawanketsi, sehr geschickt in Holzschnitzereien, und ihre netten hölzernen Löffel, ihre schönen Gefäße und mannigfache andre mit Blumen und Verzierungen geschmückte Gegenstände, ihre Messergriffe in Tierform sind weit und breit unter ihren Nachbarn berühmt. Endlich gibt auch die Gewinnung und Verarbeitung mancher Erze eine umfassende Beschäftigung der Bergvölker ab. Namentlich werden Eisenerze (früher auch Kupfer) [* 18] von den Bakatla und Bahurutse in Menge gefördert, geschmolzen und zu mancherlei Gegenständen verarbeitet.
Ohne Zweifel war die Verbreitung der in früherer Zeit nach S. hin weit größer als gegenwärtig, da sich verschiedene ihrer Sprache entlehnte Benennungen von Gewässern und Örtlichkeiten bis zum Garip, sogar bis zu den alten Grenzen [* 19] des Kaplandes an den Schneebergen vorfinden. Sie wurden von dort durch die Hottentoten und Kaffern verdrängt, deren Angriffen sie bei der Weichheit ihres Charakters und der Unvollkommenheit ihrer Waffen, [* 20] die in leichten Speeren und kurzen Schilden und nur höchst selten aus Bogen [* 21] und Giftpfeilen bestehen, fast stets unterlagen.
Namentlich waren es die Zulukaffern, die in den letzten Jahrzehnten immer tiefer in das Gebiet der Betschuanen eingedrungen sind, einen großen Teil der Stämme aus ihren Wohnsitzen verjagt und zur Übersiedelung in entfernte Gegenden oder zur Flucht in die unwegsamen Gebirge des Landes gezwungen, zahlreiche Stämme aber auch vollständig aufgerieben und so alle politischen und sozialen Verhältnisse des großen Volkes total umgestaltet haben. Den Zulu sind dann die Buren aus dem Kapland nachgezogen und haben mitten im alten Gebiet der Betschuanen den Oranje-Freistaat und die Transvaalrepublik gegründet. Als diese die kleinen Freistaaten Stellaland und Goosen gründeten, stellte England das ganze Gebiet westlich von Transvaal, östlich vom 20.° östl. L. und von der Nordgrenze der Kapkolonie bis zum 22.° südl. Br. unter seinen Schutz, so daß vom Betschuanenland nur noch der nördlichste Teil frei blieb.
Die Betschuanen sind nicht ganz ohne Geschichte. Von Zeit zu Zeit entstanden unter ihnen Reiche, die eine große Ausdehnung [* 22] und ein gewaltiges Ansehen erlangten, wie z. B. die Reiche der Häuptlinge Sekomo und Setschele, von denen Livingstone, Fritsch, Holub u. a. berichten. Heute bestehen unter den Betschuanen zwischen dem Sambesi und dem Oranje sechs Reiche, worunter jenes des Königs Khama das bedeutendste zu sein scheint. Aber keine dieser Mächte ist von langer Dauer, denn alles hängt bei diesen vergänglichen Schöpfungen von der Tüchtigkeit der Häuptlinge ab, so daß mit dem Tode der Dynastienstifter die Macht wieder an andre Stämme fällt;
selten, daß sie auf das dritte Geschlecht vererbt wird. So waren auch die durch Livingstone berühmt gewordenen Makololo ein Betschuanenstamm, welcher unter Sebituane am Sambesi ein Reich schuf;
von dem man sogar eine Reformierung Innerafrikas erwartete;
allein auch dieses Reich hat sich nach dem Tode des Herrschers in nichts aufgelöst.
Vgl. Fritsch, Die Eingebornen von Südafrika (Bresl. 1872, mit Atlas); [* 23]
Holub, Sieben Jahre in Südafrika (Wien [* 24] 1881, 2 Bde.).