Bajä
,
im
Altertum Badeort in
Kampanien, westlich von
Neapolis am
Busen von Bajä
(jetzt
Golf von
Pozzuoli),
Puteoli gegenüber, durch die
Schönheit seiner Umgebung, seine heilkräftigen
Quellen (früher
Aquae
Cumanae genannt) und die
genußreiche Badesaison in der ganzen römischen
Welt hochberühmt. Die herrliche
Lage der Stadt am
Strande, das milde
Klima,
[* 2] die zahlreichen Naturmerkwürdigkeiten und interessanten
Punkte in der Umgegend (der geheimnisvolle Averner
See und der Lukriner
See, die
Grotte der
Sibylle, die
Elysäischen Felder, das uralte
Cumä, der Acherusische
See, der
Hafen von
Misenum, wo die römische Mittelmeerflotte stationierte, das aussichtsreiche
Vorgebirge
Misenum etc.), ebenso die ausgewählte
Gesellschaft, welche man dort antraf, luden bereits zur Zeit der
Republik (um 90
v. Chr.) zahlreiche vornehme
Römer
[* 3] zur Ansiedelung ein, und bald war der
Strand des
Golfs und die ihn umsäumenden
Hügel mit
Palästen, glänzenden
Villen,
Tempeln und allerlei
Anlagen so dicht besetzt, daß sich von Bajä
bis zum gegenüberliegenden
Puteoli
(Pozzuoli) nur Eine große
Stadt auszudehnen schien. Die
Bäder von Bajä
waren warme
Mineralquellen, vorzüglich aber natürliche Schwefeldampfbäder.
Die
Dämpfe brachen an mehreren
Orten hervor und wurden zu Schwitzbädern benutzt. Von dem Gewühl und Getöse in den Badeanstalten
der Stadt gibt
Seneca (Ep. 56) aus eigner
Anschauung eine lebendige Schilderung.
Aber außerdem war auch mit glänzenden Bauten und Einrichtungen für die
Gesunden, die in noch größerer
Anzahl zu ihrem
Vergnügen nach Bajä
kamen, aufs reichste ausgestattet.
Immer neue kaiserliche
Paläste entstanden, in deren Pracht
jeder Herrscher seinen Vorgänger zu überbieten suchte; selbst
Alexander
Severus ließ noch prunkende
Paläste und künstliche
Teiche (Piscinen) anlegen. So war Bajä
neben dem berühmtesten Badeort der römischen
Welt auch der Zentralpunkt
der römischen
Eleganz und Üppigkeit geworden.
Die Zügellosigkeit des Badelebens daselbst war sprichwörtlich und wird von Varro, Cicero, Seneca, Propertius u. a. scharf gerügt.
Vgl. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms, Bd. 2 (5. Aufl., Leipz. 1881).
In der römischen Geschichte wird Bajä
mehrmals, aber fast nur bei unerfreulichen Ereignissen,
genannt. Hier schlossen
Cäsar,
Pompejus und
Crassus das
Bündnis zum
Untergang der
Republik; hier war es, wo
Nero seine
Mutter
Agrippina
in das
Schiff
[* 4] begleitete, in welchem
sie den
Tod finden sollte; hier starb
Hadrian. Durch die Einfälle der
Sarazenen begannen
die
Ufer des
Golfs von Bajä
zuerst zu veröden; aber noch Sannázar (gest. 1536) in seinem
Roman »Arcadia« besingt die verführerische
Stadt, und der Dichter
Pontanus (gest. 1530) nennt sie noch den
Ruin der Alten und
Jungen.
Endlich während der
Kriege
Ludwigs XII. wurde
Bajä
ganz verlassen. Jetzt ist die Gegend verödet, und verpestete
Luft weht daselbst; nur
Bauern und
Fischer wohnen in ärmlichen
Hütten
[* 5] zwischen den Trümmern der alten Prachtstadt. Unter den
Ruinen sind die sogen.
Tempel
[* 6] des
Merkur
[* 7] (ein Rundbau mit Lichtöffnung, wahrscheinlich ein großes
Frigidarium, 44 m im
Durchmesser),
der
Diana und der
Venus die imposantesten. Südlich davon das
Kastell von Bajä
, das der
Vizekönig
Peter von
Toledo
[* 8] zum
Schutz des
Hafens gegen die
Türken errichten ließ.