Bahrrecht
(Jus feretri, Jus cruentationis), im Mittelalter eine Art der Gottesurteile zur Entdeckung oder Überführung eines Mörders. Der des Mordes Verdächtige, in Gegenwart des Gerichts vor den auf einer Bahre liegenden Leichnam des Getöteten geführt, mußte die Wunden desselben berühren und dabei in einer vorgeschriebenen Formel Gott um Entdeckung des Schuldigen anrufen. Fingen die Wunden zu bluten an, so galt der Angeklagte für überwiesen oder doch stark verdächtig; der entgegengesetzte Fall war ein Beweis seiner Unschuld.
Schon
Kriemhild im
Nibelungenlied wartet des Bahrrechts
bei der
Leiche ihres erschlagenen Gemahls
Siegfried. Das Bahrrecht
erhielt sich
unter allen
Ordalien am längsten. In einigen Gegenden Norddeutschlands bestand auch das sogen.
Scheingehen. War nämlich einem
Mörder gar nicht auf die
Spur zu kommen, so behielt man bei der
Beerdigung ein
Glied
[* 2] des Ermordeten zurück
und hing es im Gerichtshaus oder Gefängnis auf, überzeugt, daß bei
Annäherung des Mörders auch nach
Jahren noch die verräterische
Blutung erfolgen werde.