Titel
Bahia.
[* 2]
1) Küstenstaat Brasiliens, grenzt im N. an die Staaten Pernambuco, [* 3] von dem es durch den Sao Francisco geschieden wird, und Sergipe, im O. an den Atlantischen Ocean, im S. an Espiritu-Santo und Minas Geraes, im W. an Goyaz, hat 426427 qkm und (1888) 1821089 E., darunter etwa 8000 umherziehende Indianer. Der 40-60 km breite Küstenstrich ist ziemlich bergig, aber auch mit weiten Thalflächen versehen, sehr fruchtbar und gut bewässert, während der zum Staate gehörige Teil des Sao Franciscothales weniger wasserreich ist.
Getrennt werden beide Niederungen im N. durch die Plateaus des Sertao, welche südlicher in lange Höhenzüge übergeben, eine kalkige und granitische Fläche, arm an Wasser, mit spärlicher Vegetation bestanden und zum Ackerbau ungeeignet. Der Rio [* 4] Sao Francisco durchströmt das Land von S. nach N. Westlich von ihm ist dasselbe fast ganz unbekannt. Im O. liegt die Serra do Assurua mit Diamanten- und Goldfeldern. Auch in den zur Küste sich senkenden Hochlandstufen finden sich erstere, besonders in der Serra do Sincora. Am fruchtbarsten ist das Land an der Allerheiligenbai (der Reconcavo), wo auch die dichteste Bevölkerung [* 5] ganz Brasiliens wohnt; der Küstenstrich ist berühmt durch seine Urwälder (den Matovirgem der Küste) und, wo diese ausgerodet sind, von unerschöpflicher Fruchtbarkeit.
Man baut besonders Kakao am
Sao Francisco und im
Süden Zucker
[* 6] und
Tabak,
[* 7] dann
Baumwolle;
[* 8] Nutzholz wird ebenfalls
stark ausgeführt,
Reis, Maniok in großer Menge, außerdem
Kaffee und
Südfrüchte. Auf den Plateaus des Innern ist nur die
Viehzucht
[* 9] lohnend.
Der Handel bewegt sich meist nach England und
Frankreich, weniger nach
Deutschland.
[* 10] Die Ausfuhr betrug 1885/86: 41902000
M., die Einfuhr 49236000 M. Die Bahia-Sao
Francisco-Eisenbahn, 1858 begonnen, wird nach Joaseiro
am rechten Ufer des
Sao Francisco geführt werden; eröffnet ist die
Strecke von Bahia
bis Villa
Nova da Rainha auf der Serra da
Tiuba; die nur noch wenige
Kilometer lange Reststrecke bis Joaseiro soll 1892 fertig werden. Die
Strecke bis Alagoinhas ist
Privatbahn, von dort bis Joaseiro (459 km) Staatsbahn. Eine Zweigbahn führt von Alagoinhas nach
Timbo
(83 km); von
Cachoeira zweigen
Bahnen nach Amaro und Feira de S.
Anna ab; eine kurze
Strecke verbindet S. Amaro mit Bom Jardin
bei Bahia
, während im
Süden des
Staates ein Schienenweg von
Caravellas über
Leopoldina nach S.
Clara führt.
Die sonstigen Verkehrswege sind ungenügend.
Außer Bahia
sind an
Städten zu erwähnen
Cachoeira am Paraguassu,
Barra am
Sao Francisco,
an der
Küste
Marabu
[* 11] und
Caravellas. Vgl. Kartei
Brasilien.
[* 12]
2) Bahia
oder
Sao Salvador
[* 13] da Bahia
(vollständig: Cidadc
Sao Salvador da
Bahia de Todos os Santos), Hauptstadt des
Staates
Bahia
, bis 1763 Hauptstadt von
Brasilien, noch jetzt
die erste Festung
[* 14] und nach Rio de Janeiro
die erste Handelsstadt, an der
Ostseite der inselreichen
Allerheiligenbai (Babia de Todos os Santos), die einen gesicherten
Hafen bildet, liegt unter 12°
58' südl.Br. und 38° 31' westl. L. von Greenwich in außerordentlich gesundem
Klima
[* 15] am Westabhange einer von N. nach S. gerichteten, allmählich schmäler werdenden
Landzunge, die mit dem
Leuchtturm von
Kap
Sao
Antonio endet, und bietet einen überraschenden Anblick.
Das
Innere entspricht dieser
Lage nicht. Die Stadt, Sitz des Erzbischofs und Primas von
Brasilien, hat (1889) 80000 E., darunter
ein Drittel
Weiße, mit den Vorstädten (1892) 200000 E., ist unregelmäßig gebaut und besteht aus zwei
verschiedenen
Teilen: der Praya oder Cidade-baixa, d. h. Unterstadt, und der Cidade-alta oder Oberstadt.
Die Praya, eine fast 7 km lange, am Ufer hinziehende
Straße, wird von mehrern kleinen und engen Gäßchen durchschnitten.
In ihr finden sich die Comptoirs und
Magazine der Kaufleute, die
Börse, das Zollamt (Alfandega), das Marinearsenal,
der Bahnhof der Bahia-Sao
Franciscobahn, die
Gasanstalt, eine Fabrik für Pferdebahnwagen, die Dreieinigkeits-,
Bomfim- und
die Conceicaokirche, eine der ältesten
Brasiliens.
Während die Praya durch den in ihr herrschenden Schmutz und die oft sehr drückende Hitze einen unangenehmen
Eindruck macht, ist die Cidade-alta, 60-80 m höher, luftig und gesund, von Orangen- und Bananengärten umgeben, die sich
nördlich in den
Urwald verlieren. Hier befinden sich das jetzt als Hospital dienende Jesuitenkollegium, die ehemalige Jesuitenkirche,
die ehemalige
Kathedrale, die schönste, fast ganz aus Marmor gebaute
Kirche
Brasiliens, der
Palast des Erzbischofs,
die Statthalterei, die Münze, die Citadelle, das
Stadthaus, die Kanzlei, der Appellationshof, das Waisenhaus, das
Getreidemagazin,
das
Theater
[* 16]
Sao Joao, viele Klöster und
Kirchen. Bahia
wird durch eine Menge Festungswerke,
Batterien und
Forts gedeckt, unter denen
das auf einem einzelnen Felsen mitten im
Hafen gelegene kreisförmige Seefort das stärkste ist.
Die Stadt besitzt ein Lyceum, ein theol. Seminar, eine mediz. Akademie, eine Anzahl Einzelschulen, ein Museum, eine öffentliche Bibliothek (18000 Bände), mehrere Druckereien. Eine Pferdebahn durchschneidet die Stadt in ihrer ganzen Länge und führt nach den Vorstädten Bomfim im N., Itapagipe, Victoria [* 17] im S. und Rio Bermelho; nach letzterm auch Dampfstraßenbahn. Den herrlichsten Durchblick auf den Hafen und die Gegenküste gewährt der die ganze Stadt beherrschende Passeio-publico, 1814 angelegt, mit einem Obelisken zur Erinnerung an die Landung des spätern Königs Johann VI. im Jan. 1808.
Die Industrie erstreckt sich auf Baumwollweberei (seit 1867 ist hier die bedeutendste Spinnerei Brasiliens), Fabrikation von Juteware, Schuhen, Stiefeln, Hausschuhen, Hüten, Cigarren, Kau- und Schnupftabak und Zucker.
Der Handel ist infolge der Eifersucht seitens der Hauptstadt Rio de Janeiro nicht zu der Blüte [* 18] gelangt, deren er fähig ist. Alle Waren müssen durch das Zollamt und die auszuführenden durch das Konsulat gehen. Ausgeführt werden Tabak (1889: 131000 q [Quintal] zu 10,2 Mill. M.), Zucker aus Sergipe (1889: 17 200 q), Kakao (1889 etwa 4 Mill. kg), Kaffee (1889: 103256 q), Kautsckuk, ¶
1. Hauptbahnhof zu Frankfurt a. M. Äußere Ansicht.
2. Hauptbahnhof zu Frankfurt [* 20] a. M. Innere Ansicht der Hallen.
3. Anhalter Bahnhof zu Berlin. [* 21]
4. Bahnhof zu Stuttgart. [* 22] ¶
1. Bahnhof der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn zu Wien.
2. Westbahnhof der Kaiserin-Elisabeth-Bahn zu Wien. [* 24]
3. Centralbahnhof der ungarischen Staatsbahnen [* 25] zu Budapest. [* 26] ¶
mehr
Rosenholz, Piassava (91440 q), Häute (12850 q), Diamanten (13,6 Mill. M.). Zusammen 1889: 46279080 M., davon ein Fünftel nach deutschen Häfen. An der Einfuhr, hauptsächlich Industrieerzeugnisse, ist England mit ein Fünftel beteiligt; sie betrug (1889) 4070400 M.
Der Schiffsverkehr umfaßte (1889) 534 Dampfer mit 941796 und 190 Segler mit 62121 Registertonnen; darunter 28 Proz.
unter brit. Flagge. Außer Küstendampfern nationaler Flagge laufen an die Schiffe
[* 28] der Hamburg-Südamerik. Dampfschiffahrtsgesellschaft,
Compagnie des Chargeur Réunis und Liverpool-Brazil and River Plate Steam Company (dreimal monatlich), Pacific Steam Navigation
und Royal Mail Steam Packet Company (zweimal monatlich), Messageries maritimes und des Norddeutschen Lloyd (einmal monatlich),
des Österr.-Ungar. Lloyd (sechsmal im Jahre) und der United States and Brazil Mail Steamship Co. Die Flußschiffahrtsgesellschaft
zu Bahia
betreibt die Dampfschiffahrt auf dem Jequitinhonha bis Cackoeirinha, auf dem Paraguassu bis Cachoeira (Cigarrenfabriken)
und auf dem Sao Francisco bis zu den Katarakten von Paulo Affonso.
In Bahia
mündet die obengenannte Bahia-Sao Franciscobahn. Die wichtigsten Banken sind: der Banco da Bahia
, Banco
Uniao da und die Succursale der English Bank of Rio de Janeiro. Konsulate haben in Bahia: Argentinien, Belgien,
[* 29] Bolivia,
[* 30] Chile, Columbia,
[* 31] Dänemark,
[* 32] Deutsches Reich, Großbritannien,
[* 33] Österreich-Ungarn,
[* 34] Peru,
[* 35] Portugal,
[* 36] Schweiz,
[* 37] Uruguay, Venezuela, Vereinigte Staaten von Amerika.
Die gegenüber liegende, 35 km lange und bis 10 km breite, fruchtbare Insel Itaparica oder Taparica, deren östl. und westl. Ende mit dem Festlande die beiden Eingänge zur Bai begrenzen, hat 18000 E., wovon 7000 auf die Stadt Sao Gonzalo kommen, deren Einwohner hauptsächlich vom Walfischfang leben. Zwischen dieser Insel und der Stadt liegt der eigentliche Hafen von er ist sehr bequem und geräumig.
Bahia wurde 1510 von dem Portugiesen Correa als Sao Salvador gegründet und erhielt 1549 seinen jetzigen Namen. 1624 wurde es von den Holländern eingenommen, die jedoch besiegt und von dem Generalgouverneur Telles da Silva vertrieben wurden. 1763 verlor die Stadt ihren Rang als Hauptstadt an Rio de Janeiro, das 1551 gegründete, 1676 zum Metropolitanbistum erhobene Bistum blieb jedoch. Ein Aufstand 1837 wurde unterdrückt.