Bahamainseln
(Lukayische Inseln, s. Karte »Westindien«), [* 2]
britisch-westind. Inselgruppe, die sich in einer Ausdehnung [* 3] von 1110 km von der Südostseite der Halbinsel Florida südostwärts ausdehnt bis zur Nordküste Haïtis, zwischen 21° 23' und 27° 31' nördl. Br. Im W. wird sie von Florida durch die Floridastraße (Golfstraße), im S. von Cuba durch den Bahamakanal getrennt. Sie umfaßt 20 größere Inseln, 653 Inselchen oder Cays und 2387 aus dem Meer hervorragende Klippen, [* 4] die zusammen ein Areal von 14,535 qkm (264 QM.) haben.
Die einzelnen Inseln erheben sich auf einem ausgebreiteten, aus großer Tiefe schroff ansteigenden Korallenplateau, dessen Umrisse durch über das Meer hervorragende Felsköpfe angedeutet werden, und dessen Oberfläche 5-10 m unter dem Meeresspiegel liegt. Die Inseln sind gebildet aus geschichtetem Kalkstein und lockerm Kalksand und teilweise bedeckt mit Mergel, Thon und reichem Humusboden, auf dem ein üppiger Pflanzenwuchs gedeiht, dessen frisches Grün sich grell von den weißen Sandflächen abhebt.
Auf der Kleinen Bahamabank im N. erheben sich die Inseln Bahama und Groß- und Klein-Abaco, und südlich davon, jenseit des Providencekanals, auf der Großen Bahamabank, liegen Andros, New Providence, Eleuthera, Cat Island, Exuma und Long Island. Nordöstlich von letzterer liegt die Watlingsinsel, und nach SO. erheben sich Mariguana, Inagua, die Crooked Islands, die Acklinsinsel, die Caicos- und Turkinseln. Bänke sowie Riffe und Strömungen machen die Schiffahrt zwischen den Inseln gefährlich, und das Bergen [* 5] von gestrandeten Gütern war von jeher eine der Hauptbeschäftigungen ihrer Bewohner.
Die meisten Inseln sind dicht bewaldet und liefern Mahagoni und andre geschätzte Holzarten; aber der Mangel an Trinkwasser, dem sich nur teilweise durch Zisternen abhelfen läßt, ist der Landwirtschaft und Viehzucht [* 6] hinderlich. Von wilden Tieren findet man nur Schweine [* 7] und Agutis in den Wäldern. Die Küsten wimmeln von Fischen und Schildkröten, [* 8] und schön gefiederte Vögel [* 9] sind zahlreich. Guano wird von den südöstlichen Inseln ausgeführt. Das Mineralreich liefert außer Salz [* 10] auch noch etwas Ocker.
Das
Klima
[* 11] der Bahamainseln
ist angenehm und gesund. Die
Temperatur schwankt zwischen 16 und 32° C. und beträgt
(in
Nassau) im Jahresmittel 24,5° C. Jährlich fallen 1057
mm
Regen.
Orkane richten oft große Verwüstungen an (so noch
Erdbeben
[* 12] sind dagegen bis jetzt nur auf
Inagua beobachtet worden. Die eigentlichen (ohne Caicos- und Turkinseln) haben ein
Areal von 13,960 qkm (253,7 QM.) mit
(1881) 43,521 Einw., von denen 12,000 auf der
Insel
New Providence wohnen, und unter denen sich etwa 6500
Europäer befinden.
Angebaut werden namentlich Mais, Bataten, Yams, Baumwolle, [* 13] Ananas, Orangen, Bohnen, Erbsen und alle Arten von Gemüse; seit 1874 hat man mit Erfolg versucht, dem Anbau von Kastoröl, Tomaten, Tabak [* 14] und Kokospalmen eine größere Ausdehnung zu geben. Dies soll die Bewohner für die Einbuße in der Salzgewinnung [* 15] entschädigen, die infolge der hohen Einfuhrzölle der Vereinigten Staaten [* 16] sehr abgenommen hat. Wichtige Produkte sind ferner Fische, [* 17] Schwämme, [* 18] Perlmutter und Schildkröten; auch die Viehzucht ist nicht ohne Bedeutung, und Holz [* 19] bildet einen wichtigen Ausfuhrartikel. Die Ausfuhr (1879-1883 durchschnittlich 136,310 Pfd. Sterl.) geht zu 23 ¶
mehr
Proz. nach Großbritannien; [* 21]
von der Einfuhr (192,710 Pfd. Sterl.) kommen 21 Proz. von dorther; der Hauptverkehr ist
mit den Vereinigten Staaten. An der Spitze der Verwaltung steht ein von der Krone ernannter Gouverneur; die gesetzgebende Gewalt
übt eine repräsentative Versammlung von 28 Mitgliedern aus. Die Revenue belief sich 1883 auf 52,475
Pfd. Sterl., und die Kolonie hatte eine Schuld von 48,626 Pfd. Sterl. Hauptstadt ist Nassau (s. d.). - Die Bahamainseln
waren die ersten
Eilande, auf welche Kolumbus auf seiner Entdeckungsreise 1492 stieß. Über die Insel, bei welcher er gelandet, herrschen verschiedene
Ansichten; am verbreitetsten ist jene, daß der große Entdecker zuerst Guanahani (Cat Island) betreten
habe, während neuerdings Becher
[* 22] (»The landfall of Columbus«, im »Journal of the Royal Geogr. Society«, Bd. 26) bewiesen hat,
daß die Watlingsinsel der Landungsplatz gewesen ist.
Die Spanier nahmen infolgedessen von sämtlichen Inseln der Gruppe Besitz, gaben ihnen den Namen Los Cayos (»die Klippen«) und entführten
die harmlosen Bewohner in die Bergwerke von Haïti
[* 23] oder zu den Fischereien von Cumana. Infolge der weit wichtigern
spätern Entdeckungen schenkten die Spanier der Gruppe bald keine Beachtung mehr. Sie war völlig unbewohnt, als die Engländer 1629 New Providence
kolonisierten. 1718 ergriffen diese von der ganzen Gruppe Besitz in richtiger Erkenntnis ihrer vorzüglichen
maritimen Lage an den großen Hauptstraßen von Europa
[* 24] nach Westindien und Zentralamerika. Im nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg
wurden die Bahamainseln
auf kurze Zeit durch die Amerikaner besetzt und 1782 von Cuba aus von den Spaniern erobert, die sie jedoch im
Versailler Frieden an England wieder zurückgaben. Außerordentlich wichtig wurden die Bahamainseln
während des
amerikanischen Bürgerkriegs, indem von Nassau aus die sogen. Blockadebrecher nach den Baumwollhäfen der Südstaaten fuhren.
Vgl. Bacot, The Bahamas (2. Aufl., Lond. 1871).