(spr. bannj),Val de, ein linksseitiges Nebenthal des
Rhône in Wallis.
Der oberste Teil steigt von dem
Col de Fenêtre
herab, eingelagert zwischen den Hochgebirgsmassen des
MontColon und des
Combin, deren Eisströme in das
Thal
[* 2] herabsteigen und
den 37 km langen Thalstrom, die
Dranse, speisen. Der oberste ist der Otemmagletscher, dem abwärts der Breneygletscher sich
anschließt; von der
Linken kommt der große
Glacier de
Corbassière herbei. Bösartig ist der von
Gétroz (s. d.). Unterhalb
des Gletscherreviers werden die Ansiedelungen zu Dörfern.
Oberhalb des Hauptorts Les Chables quillt eine
Therme, in der früher gebadet wurde; daher der
Name des
Thals. Bei Sembranchier (710 m) mündet das Paßthal des
Großen St.
Bernhard, das
Val d'Entremont, und unterhalb
Martigny (475
m) ergießt sich der Bergstrom in den
Rhône. Die 10,000
Köpfe zählende
Bevölkerung
[* 3] des ganzen Thalnetzes ist französischer
Zunge und katholischer
Konfession und verteilt sich auf sechs
Gemeinden, die den
WalliserBezirkEntremont
bilden, und deren größte Bagnes mit (1880) 4246 Einw. ist.
Gletscherzirkus abgeschlossen, dem die auf ihrem Laufe von zahlreichen Bergbächen genährte Dranse de Bagnes entspringt,
die das Val de Bagnes seiner ganzen Länge nach durchströmt. Bei Châble nach W. abgelenkt, hat sich die Dranse in der Richtung
auf Martigny über Sembrancher und Bovernier ihren Weg geöffnet, und diesem folgt auch die einzige Strasse,
die das Val de Bagnes mit dem Rhonethal verbindet. Von Châble oder Vollège aus führt dann noch ein Fusspfad über den Pas du Lens
(1660 m) nach Saxon.
Die ca. 4500 Ew. des Thales sind zu einer einzigen politischen und Kirchgemeinde, Bagnes, vereinigt, obwohl diesen Namen weder
ein Dorf noch ein Weiler tragen. Im Unter-Thal findet sich eine ganze Gruppe von Dörfern und beträchtlichen Weilern, deren
wichtigstes Châble (836 m) mit 500 Ew. ist, das eine Poststrasse mit der Station Martigny verbindet (18 km, 3 Stunden Wagenfahrt).
Thalaufwärts setzt sich die Strasse als solche zweiter Klasse bis Lourtier (1080 m) fort, von wo ein
Maultierweg über Fionnay (1493 m) und Mauvoisin (1824 m) bis zum Thalhintergrund führt.
nach Italien leiten
die Cols de Byoder Buy 3164 m, de Fenêtre 2786 m, de Crête Sèche 2888 m, de Ciardonnet 3300 m, d'Oulie Cecca 3321 m, d'Otemma 3400 m,
de Blancien, de la Reuse d'Arolla (auch d'Ollen oder d'Oren geheissen);
Die Hauptbeschäftigung der Bewohner bildet die Viehzucht und, im Sommer, die Fremdenindustrie. Fruchtbäume steigen bis
Lourtier in 1060 m; ein kleiner Weinberg, la Forclaz, geht oberhalb Châble bis 1000 m, und Getreide gedeiht
gut bis 900-1100 m je nach Lage der Aecker. Im 18. Jahrhundert beutete man noch bei PeilozMinen von silberschüssigem Blei
aus.
Die Flora des Val de Bagnes ist eine der reichsten und interessantesten des ganzen Gebietes der Alpen.
Sie weist verschiedene äusserst seltene alpine Arten auf, so Crepis jubata auf den Moränen des Breney- und Giétrozgletschers
und Saxifraga diapensoïdes an der Pierre à Voir und bei Mazéria. Ueber die ganze alpine Zone des Hochthales sind
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zerstreut Saxifraga Rudolphiana, Draba Wahlenbergii, Astragalus leontinus, Arenaria Marschlinsii, Arabis serpyllifolia, Adenostyleshybrida. An feuchten Orten die äusserst seltene Carex ustulata, begleitet von den ebenfalls seltenen Carex bicolor, microglochin
und pauciflora, Triglochin palustris, Tofieldia borealis. Der Erwähnung wert sind noch zwei seltene Enziane: Gentiana punctata× purpurea und Gentianautriculosa, ebenso der Tüpfelfarn Woodsia hyperborea (= Woodsia ilvensis).
Bei Mauvoisin blüht die Hugueninia tenacetifolia, eine Crucifere piemontesischen und mediterranen Ursprunge, die nur vereinzelt
auf die N.-Seite der Alpen übergreift. Gleichen Ursprungs ist auch die im mitteren Thalstück verbreitete Labiate Scutellariaalpina. Ebenfalls bei Mauvoisin einige Exemplare der Betula Murithii (von Gaudin nach dem Walliser Botaniker
Murith so benannt). Ueberhaupt ist die Flora der Umgebung von Mauvoisin, wo dolomitisches Gestein ansteht, durch einen ganz
besonders eigentümlichen Charakter ausgezeichnet, wie auch die grosse Mannigfaltigkeit im geologischen Aufbau die verschiedenartige
Ausbildung der Flora im obern Thalstück erklärt. Erwähnenswert ist noch das Vorkommen der herzblättrigen
Listere (Listera cordata) im Humus der Wälder bei Fionnay. Das untere Thal endlich weist dieselbe Trockenflora (Xerophilen)
auf, wie das untere WalliserRhonethal.
Das von zahlreichen Gletschern umschlossene Val de Bagnes ist fortwährend gefürchteten Ueberschwemmungen ausgesetzt. 1818 brach
die durch herabgestürzte Eismassen des Giétrozgletschers zum See gestaute Dranse durch diese hindurch
und verwüstete das ganze Land bis Martigny hinunter. 1595 ^[Ergänzung: wurden mehrere Dörfer zerstört. 1894 und 1898] leerte
sich ein Gletschersee des Gletschers von Crête-Sèche auf einmal, mehr als 1 Million m3Wasser stürzten sich zur Dranse
hinunter, die derart anschwoll, dass sie Brücken wegriss, Strassen und Wege zerstörte und Aecker und
Wiesen verwüstete. Mit mehr oder minder starker Heftigkeit hatte sich der gleiche Ausbruch jedes Jahr wiederholt, bis
bedeutende Schutzarbeiten in Angriff genommen worden sind, die die Wiederkehr solchen Unglückes für die Zukunft zu verhüten
bestimmt sind. Immer aber werden die Gletscher für die friedsamen und fleissigen Bewohner dieses bemerkenswerten
Thales eine grosse Gefahr vorstellen.
Der Name des Val de Bagnes leitet sich vom lat. Vallis balnearum her und wurde dem Thale deswegen beigelegt, weil es einst
eine stark besuchte Schwefelquelle aufwies; 1545 zerstörte ein Bergsturz die Quelle mitsamt dem in alten Chroniken erwähnten
Dorfe Curru, von dem heute jede Spur verschwunden ist. 1150 verlieh der Graf von Savoyen das Thal der
Abtei Saint-Maurice, die daselbst bis 1798 ihre Oberhoheit ausübte.
(Kt. Wallis,
Bez. Entremont).
Grosse Gemeinde, das ganze Val de Bagnes umfassend. Mit ihrer Fläche von 295 km2 (wovon 126 km2
Gletschergebiet) ist sie eine der umfangreichsten sowohl des Kantons Wallis
als der ganzen Schweiz.