Bähung
(Fomentatio), die Anwendung kalter oder warmer, trockner oder feuchter
Umschläge auf leidende Teile des
Körpers,
um denselben
Wärme
[* 2] zuzuführen oder zu entziehen und verschiedenartige Heilzwecke zu erreichen. Feuchtwarme
Bähungen
in Form von breiigen
Substanzen werden Kataplasmen
(Breiumschläge) genannt und gewöhnlich aus pflanzlichen
Stoffen,
wie
Leinsamen, Semmel,
Grütze, schleimhaltigen Pflanzenblättern, welche am besten mit
Wasser (nicht
Milch) gekocht werden,
bereitet.
Eine zusammenziehende
Wirkung besitzen Kataplasmen aus
Eichen- oder
Chinarinde oder
Galläpfeln; eine schmerzstillende
solche aus
Schierling,
Bilsenkraut,
Tollkirsche oder frischen
Mohnköpfen; zu den reizenden Kataplasmen dienen die aromatischen
Kräuter, denen man noch
Wein,
Essig oder
Salmiakgeist zusetzt. Die feuchtwarmen Bähungen
dienen besonders bei entzündlichen
Zuständen, teils um den
Ablauf
[* 3] der
Entzündung, namentlich die Eiterbildung, zu befördern, teils um die vorhandenen
Schmerzen
zu mildern, ferner bei
Kolik, bei Unterleibsentzündungen,
Hautkrankheiten,
[* 4] namentlich
Geschwüren, welche
schlecht eitern, nach
Verbrennungen etc. Sie sind überall angezeigt, wo die krankhafte
Affektion eines regen
Stoffwechsels
bedarf, um zu heilen.
Die Temperatur der Umschläge soll zwischen 30-40° R. betragen, und der Umschlag muß, sobald er sich abgekühlt hat, wieder erneuert werden, was längstens alle ½-1 Stunde geschehen muß. Die breiförmigen Massen streicht man fingerdick auf Leinwand (oder Mull), schlägt diese von allen Seiten her ein und legt das Päckchen auf den leidenden Teil. Stets muß man ein zweites Kataplasma vorrätig halten, um dasselbe unmittelbar nach der Wegnahme des ersten aufzulegen. Um die Wärme desselben länger zurückzuhalten, bedeckt man das Kataplasma mit warmen wollenen Tüchern, mit Wachstaft oder Kautschuktuch, welches insofern sehr zweckmäßig ist, als es auch die Vertrocknung hindert. Wo es nur auf die feuchte Wärme ankommt, genügen in warmes Wasser getauchte Kompressen, welche sorgfältig vor rascher Abkühlung zu schützen sind.
Trockenwarme Bähungen
werden benutzt, um die natürliche
Wärme des
Körpers zurückzuhalten, weshalb denn auch schlechte
Wärmeleiter, wie wollene
Tücher,
Watte aus
Baumwolle,
[* 5]
Pelz etc., hierzu verwendet werden. Die trockenwarmen Kräutersäckchen
und ähnliche
Mittel leisten nicht mehr als jede andre warme
Bedeckung des kranken Teils.
Kalte
Umschläge haben eine Verminderung
des Säftezuströmens zur
Folge, und man bedient sich ihrer, um erhöhte
Wärme,
Empfindlichkeit und Schmerzhaftigkeit
sowie die Blutüberfüllung zu vermindern.
Daher finden sie Anwendung bei entzündlichen Krankheiten der Haut [* 6] (Hautjucken), des Auges, des Gehirns und seiner Häute, der Gelenke, nach Verstauchungen, Verwundungen, Brüchen, bei leichtern Graden der Verbrennung. Die sogen. Prießnitzschen Umschläge üben eine kompliziertere Wirkung aus. Wenn nämlich einem Teil durch Applikation kalter Umschläge seine Wärme entzogen, der Blutumlauf in demselben vermindert worden ist, diese Umschläge aber, wenn sie anfangen, sich zu erwärmen, nicht erneuert, sondern liegen gelassen werden, so entsteht infolge der Reizung ein um so lebhafterer Blutumlauf, es erfolgt eine Reaktion, welche man in vielen Fällen mit gutem Erfolg zu Heilzwecken benutzt hat. Diese nachfolgende Erwärmung wird noch gesteigert, wenn man über die aufgelegten Kompressen Wachstaft oder wollene Tücher legt und dadurch den entstehenden Wasserdampf zurückhält.