oder
Six Madun(Kt. Graubünden,
Bez. Vorderrhein).
2931 m. Einer der bekanntesten Gipfel des Bündner
Oberlandes, s. der
Oberalp, nahe
der Grenze
gegen den Kanton Uri.
An seinem NO.-Abhang der schöne Tomasee, dem der
Vorderrhein als nur 1 m
breiter Bach entfliesst.
Der leicht zu ersteigende Badus bietet eine weitausgedehnte Rundsicht, vielleicht die schönste aller Gipfel dieser Gebirgsgruppe.
Er wird häufig besucht, teils von
Andermatt (im
Urserenthale) aus in 5 Stunden, teils von Chiamutt (im
Tavetsch, am O.-Fuss
des
Oberalppasses) aus in 4½ Stunden, teils von der Passhöhe der
Oberalp aus in 3 Stunden.
Eine weitere Ausdehnung
[* 5] geben wir (mit B. Studer) der Gruppe des S., nämlich über die Nufenen hinaus bis zum Simplon und zur
Doveria, Melezza, Maggia-LagoMaggiore, zum Tessin,
Brenno, Lukmanier und MedelserRhein. Diese Gotthardgruppe entspricht
somit annähernd dem, was die Alten als Lepontische Alpen
[* 6] bezeichnet haben. Dem Gotthardstock reihen sich beträchtliche Flügel
an: im W. ein Zug
nach dem Ofenhorn (3270 m) und bis zum MonteLeone (3565 m), im O. die Gebirge, welche nordwärts zum Vorderrhein
und über den Pizzo di Molare südostwärts bis zur Brennomündung sich verzweigen. So zieht das Gebirge
im Halbkreis hin, eine äußere Umwallung, welcher, durch den Thallauf Ticino-Toce davon getrennt, eine innere auffallend entspricht.
Die Zentralmasse dieser innern Umwallung ist durch die Schneehäupter des PizBasodine (3276 m) und des Pizzo Forno (2909 m)
flankiert, und die Flügel, welche von diesen Stöcken südwärts auslaufen, nähern sich gegenseitig am
Oberende des Lago Maggiore und lassen hier zwei beträchtliche Gewässer, die Maggia und Verzasca, austreten; denn die umwallte
Fläche wird, zunächst durch den Zug
des Monte Zucchero (2257 m), in zwei Thalgebiete geschieden, welche durch sekundäre Gebirgszweige
sich in zahlreiche Seitenthäler zergliedern. Zuerst wurde die höchste Spitze des MonteLeone bestiegen
von J. J. ^[JohannJacob] Weilenmann im August 1859, der PizBasodine (deutsch Gigelenhorn) von Eingebornen das Ofenhorn
(ital. Piz d'Arbela) von G. Studer
Nehmen wir die
Gotthardmasse nach der engern Fassung des Namens, so ist sie in ihrer Mitte von einer tiefen
Einsattelung quer durchzogen, auf deren Höhe sich die Gebiete des Tessin
und der Reuß, des Po und des Rheins oder des Mittelmeers
[* 7] und
der Nordsee berühren: eine europäische Wasserscheide, der Gotthardpaß (2114 m), den im W. das Winterhorn
oder Piz Orsino (2666 m), Pizzo Vinei oder Lucendro (2959 m) und Fibbia (2742 m), im O. der MonteProsa oder Sasso di San Gottardo
(2738 m) und das Tritthorn oder Pizzo Centrale (3002 m) einfassen.
Letzterer, der zentralste und höchste Gipfel (bei Dufour irrtümlich Blauberg genannt), ist für die Gotthardtouristen
ein Lieblingsberg geworden, weil er eine ausgezeichnete Zentralansicht der Alpen gewährt (Panorama von Heim). Als Fundort für
Mineralien,
[* 8] namentlich Silikate und Bergkristalle, Eisenglanz etc., ist der S. seit längerer Zeit berühmt; ebenso ist er für
den Geologen von höchstem Interesse. Die Gesteinsmasse, aus der das ganze Gebirge besteht, ist Gneis, außerdem
Hornblendeschiefer und Granatschiefer.
Gipse, Dolomite, Kalke und andre Sedimentgesteine kommen nur an den Grenzen
[* 9] des Gebirges vor. Die Paßhöhe ist eine Hochebene von
rundlichen, geglätteten Gneisgranitfelsen, die an geschützten Stellen sogar spiegelglänzend sind und feine parallele Ritzung
zeigen, Zeugnis dafür, daß in vorgeschichtlicher Zeit das Paßthal und seine Seitenthäler hoch mit
Gletschern erfüllt waren. In den Vertiefungen des Gebirges liegen eine Menge kleiner Seen (im ganzen etwa 50, davon 7 auf der
Paßhöhe); mehrere derselben haben über 1 km Umfang.
Dem Lucendrosee, etwas abseits westlich von der Paßhöhe, entströmt der Hauptarm der Reuß. Zwei nicht minder große Seen
liegen etwa 5 km weiter nach O. im ValSella;
[* 10] ihnen entspringt der Tessin,
der dann überdies die Abflüsse der Seen der Paßhöhe in sich
aufnimmt. Diese Hochseen beherbergen keine Fische,
[* 11] nur einige Lurche,
[* 12] und kaum zwei Monate bleibt ihr Wasser eisfrei. Auf der
Paßhöhe steht ein aus milden Gaben unterhaltenes Hospiz, wo ein Tessiner »Spitler« den Wirt macht und
ein Kaplan den Gottesdienst versieht, und in welchem arme Reisende, meist 10-12,000 jährlich, unentgeltlich Unterkunft und
Erquickung erhalten.
Für die Bedürfnisse der übrigen Passanten, namentlich der Touristen, bestehen noch zwei Gasthäuser (darunter seit 1867 das
komfortable Hotel della Prosa). Bei schlechtem Wetter
[* 13] gehen mutige Männer nach beiden Seiten thalwärts,
um Verirrte aufzusuchen. Wenn bei starkem, tagelang anhaltendem Schneefall erst noch die grausigen Guxeten (Schneewirbelstürme)
eintreten, dann bleibt eine Zeitlang alle Verbindung mit den Thalbewohnern abgeschnitten. Die Geschichte des Gotthardpasses
beginnt erst mit dem Mittelalter, denn die Römer
[* 14] haben ihn nicht benutzt; als 569 die Langobarden von Süden
her über den S. eindrangen, bauten sie über den Reußschlund eine in Ketten hängende Brücke,
[* 15] »die stäubende«, die man
1198, nachdem zu Karls d. Gr. Zeit der Weg für Saumtiere hergerichtet worden, durch die sicherere
(alte) Teufelsbrücke ersetzte. Im 14. Jahrh. entstand zunächst das Hospiz am Nordfuß des Bergs, jetzt
Dorf Hospenthal, 1629 durch F. Borromeo eine Herberge auf der Paßhöhe, von Kapuzinern besorgt seit 1683. Im J. 1707 wurde der
Tunnel
[* 16] des UrnerLoches gesprengt und dadurch die Zugänglichkeit des Bergs wesentlich erleichtert. Noch aber blieb die Straße
bloß ein 3-4 m breiter, mit großen Rollsteinen gepflasterter Saumpfad, und bei
¶
Von den Subventionen im Betrag von 85 Mill. Fr. übernahm die Schweiz
[* 22] 20, Italien 45 und das Deutsche Reich 20 Mill.
Nach Ordnung der internationalen und finanziellen Angelegenheiten fand die Konstituierung der Gotthardbahngesellschaft statt.
Ihr Sitz ist Luzern.
[* 23] Zum Oberingenieur wurde Baudirektor R. Gerwig in Karlsruhe
[* 24] ernannt, der indessen im April 1875 von seiner Stelle
zurücktrat und durch W. Hellwag von Eutin, Baudirektor der Österreichischen Nordwestbahn, und 1879 durch
Bridel, den Erbauer der Berner Jurabahnen, ersetzt ward. Am nachdem in Göschenen schon 4. Juni, in Airolo1. Juli d. J.
die Vorarbeiten begonnen, kam der Vertrag betreffs der Tunnelbohrung mitL.Favre, einem Bauunternehmer von Genf,
[* 25] zum Abschluß.
Vertragsgemäß fand im Dezember 1874 die Eröffnung der tessinischen Thalbahnen statt: Biasca-Bellinzona,
Lugano-Chiasso und Bellinzona-Locarno. Die Arbeiten im Gotthardtunnel nahmen inzwischen ihren energischen Fortgang sowohl an der
nördlichen Pforte (Göschenen) als an der südlichen (Airolo). Auf letzterer Seite war lange der Wasserzudrang (zeitweise bis 270 Lit.
in der Sekunde) sehr störend. Später, als die Maschinenbohrung eingeführt war, stieg der tägliche Fortschritt,
der zur Zeit der Handbohrung 0,65 m betragen hatte, immerhin auf 2,05
m, während auf der Göschener Seite durchschnittlich 2,56 m erbohrt wurden.
Eine ernstliche Gefährdung erfuhr das Bahnunternehmen, als sich in dem erneuten Kostenvoranschlag vom Februar 1876 ein erschreckendes
Defizit herausstellte, das von Hellwag auf 102,4 Mill. Fr. veranschlagt, später auf 73,8 Mill. Fr. beschränkt
wurde. Auf Einladung des SchweizerBundesrats traten darauf die Subventionsmächte zu einer neuen Konferenz zusammen, die 4.-13.
Jan.
1877 in Luzern
beriet. Sie stellte sich auf den Standpunkt, an der (vorläufigen) Ausführung des Bahnnetzes nach Möglichkeit
zu reduzieren, und berechnete (gegenüber den früher angenommenen 187 Mill.) einen neuen Kostenvoranschlag von 227, d. h.
ein schließliches Defizit von 40 Mill. Fr. Behufs Beschaffung dieser Mittel lehnte das Deutsche Reich jede Garantie ab, und die
Konferenz einigte sich schließlich dahin, 28 Mill. Fr. als Subvention zu gewähren und die Beschaffung
der restierenden 12 Mill. der Gesellschaft zu überlassen.
An der Subvention sollten sich Deutschland
[* 26] und Italien je mit 10, die Schweiz mit 8 Mill. Fr. beteiligen. Mehrere SchweizerKantone
lehnten die verlangte Subvention ab, doch genehmigte 1878 der Bund, daß den Subventionskantonen 4½ Mill. Fr. bewilligt werden
sollten, sofern dieselben 2 Mill. Fr. übernehmen würden. Trotz des Todes des IngenieursFavre
wurden die Arbeiten im Gotthardtunnel unter der Leitung des IngenieursBossi so gefördert, daß der Durchbruch erfolgte.
Nachdem der große Tunnel im Dezember 1881 vollendet war, wurde die Bahn 22.-25. Mai 1882 dem Betrieb übergeben.
Während die mittlere Linie den Lago Maggiore bei Magadino erreicht und bei Pino, wo sie endet, an die nach
Genua
[* 28] führende italienische Bahnlinie anschließt, zweigt sich südlich von Bellinzona bei Gubiasco eine Seitenlinie ab, die
den Monte Ceneri in einem Tunnel durchschneidet und über Lugano nach Chiasso führt, wo über Como Anschluß nach Mailand
[* 29] stattfindet.
Von der mittlern Linie trennt sich südlich von Cadenazzo eine zweite, die sich am Westufer des Lago Maggiore
nach Locarno hinzieht.
Der Tunnel endlich durch den Monte Ceneri mißt 1673 m. Die Steigung der Bahn beträgt auf der Nordseite des Gotthardtunnels
mehrfach 26 pro Mille und erreicht auf der Südseite einmal (zwischen Giornico und Bodio) sogar 27 pro Mille.
Deshalb werden für den Betrieb besonders konstruierte Lokomotiven verwendet. S. Karte »Schweiz«.