natürlich fließende
Gewässer, in der Regel größer als ein Fließ oder Riesel, kleiner als ein Fluß. Man unterscheidet:
Faulbäche oder Faulfließe, in Niederungen, Bruch- und Moorgegenden, mit wenig Gefälle, trübem Wasser und schlammigem Grund;
Regenbäche oder Regenfließe, durch Regen erzeugt und bei dessen Mangel vertrocknend;
Gieß- und Waldbäche,
meist in Gebirgen, zur Zeit des Tauwetters oder bei starkem Regen sehr wasserreich und oft verheerend;
Sturz- und Staubbäche,
in Felsengegenden, nach ihren oft höchst malerischen Fällen genannt;
Steppenbäche, in Steppen entstehend und sich darin
verlaufend;
Gletscherbäche, aus Gletschern entstehend und daher nie ausbleibend, zur Zeit vermehrten
wässerigen Niederschlags oft zu Strömen anschwellend, auch die Quellen vieler großer Ströme bildend;
Flöß-, Schwemm- und
Mühlbäche, so genannt nach ihrer verschiedenen Benutzung.
Für die Betreibung von Mühlen, Hammerwerken etc., für das Flößen
des Holzes und die Bewässerung von Wiesen und Feldern sind die Bäche von der größten Wichtigkeit, namentlich
in Gebirgsgegenden.
deutsche Tonkünstlerfamilie, aus der über 50 zum Teil sehr berühmte Musiker hervorgegangen sind. Sie stammt
(wie Spitta in seiner Biographie Sebastian Bachs nachgewiesen hat) aus Thüringen und nicht, wie man früher annahm, aus Ungarn.
Der um 1590 aus Ungarn nach Wechmar bei Gotha eingewanderte Bäcker Veit Bach, der als der Urahn des Geschlechts
angeführt wird, war nämlich aus ebendiesem Dorf gebürtig, betrieb aber selbst die Musik nur aus Liebhaberei. Dagegen war
sein Sohn Hans Bach (der Urgroßvater Johann Sebastian Bachs) schon Musiker von Profession und wurde zu Gotha
durch einen Nikolaus Bach ausgebildet.
Von Hans Bachs Söhnen wurde Johann Bach der Stammvater der Erfurter Bach, Heinrich Bach, Organist zu Arnstadt, der Vater von Joh. Christoph
und Joh. Michael Bach (s. unten) und Christoph Bach, Organist und Stadtmusikus zu Weimar, der Großvater Joh. Sebast. Bachs. In den 60er
Jahren des 17. Jahrh. waren die Bach sozusagen feste Inhaber der Musikerstellen zu Weimar, Erfurt (wo die Stadtpfeifer
bis gegen Ende des 18. Jahrh. allgemein die »Bache« hießen) und Eisenach; fehlte es hier oder dort, so zog einer hin und füllte
die Lücke aus. So zog namentlich ein Sohn Christoph Bachs, Ambrosius Bach (der Vater Joh. Sebast. Bachs), von
Erfurt nach Eisenach, um in die Stelle eines andern Bach daselbst einzurücken. Als die bedeutendsten Glieder der Familie sind zu
nennen:
1) Johann Christoph, Sohn Heinrich Bachs, also Oheim von Sebast. Bach, geb. 1642 zu Arnstadt, war seit 1661 Organist in Eisenach,
wo er starb. Der hervorragendste der ältern Bach, besonders auf dem Gebiet der Vokalmusik, von dem sich eine Art
Oratorium: »Es erhob sich ein Streit« (Offenb.
Joh. 12, 7-12),. und einige Motetten, auch 44 Choralvorspiele und eine Sarabande mit 12 Variationen für Klavier erhalten haben.
2) Johann Michael, Bruder des vorigen, geb. 1648, seit 1673 Organist in Gehren bei Arnstadt, wo er 1694 starb.
Seine jüngste Tochter, Maria Barbara, wurde Joh. Sebast. Bachs erste Frau (die Mutter von Friedemann und K. Philipp Emanuel Bach). J.
Michael Bach war besonders auf instrumentalem Gebiet bedeutend; leider sind nur wenige Choralvorspiele
auf uns gekommen, die indessen eine hohe Meinung von seinem Können erwecken. Dagegen stehen seine Vokalwerke, soviel deren
erhalten sind, hinter denen seines Bruders zurück.
mehr
3) Johann Sebastian, das hervorragendste Glied der Familie und einer der größten Meister aller Zeiten, geb. zu Eisenach
als Sohn des dortigen Stadtmusikus Johann Ambrosius Bach (geb. 1645). Schon mit 10 Jahren verwaist, kam er in die Pflege seines ältern
Bruders, Johann Christoph, Organisten zu Ohrdruf, von dem er den ersten musikalischen Unterricht erhielt. Nach
dessen Tod wanderte er, etwa 14 Jahre alt, nach Lüneburg, wo er Diskantist beim Chor des Gymnasiums wurde und höhere Schulbildung
erlangte.
Von da aus besuchte er häufig das nahe Hamburg, um den Organisten Reinken, sowie Celle, um die dortige Hofkapelle zu
hören. Im J. 1703 wurde er Violinist bei der Hofkapelle in Weimar, 1704 Organist in Arnstadt, von wo er 1705 Lübeck besuchte,
um den berühmten Orgelmeister Buxtehude zu hören, 1707 Organist in Mühlhausen, 1708 Hoforganist in Weimar, welche Stellung
er bis 1717 bekleidete. Im letztern Jahr traf er in Dresden mit dem berühmten französischen Klavierspieler
Marchand zusammen, welchem er so imponierte, daß derselbe dem angebotenen Wettstreit durch unerwartete Abreise auswich.
Bach wurde in demselben Jahr Hofkapellmeister beim Fürsten von Anhalt-Köthen, übernahm jedoch schon 1723 die durch Kuhnaus
Tod erledigte Stelle des Kantors an der Thomasschule zu Leipzig, in welcher er bis an sein Lebensende verblieben
ist.
Abgesehen von seiner Ernennung zum sachsen-weißenfelsischen Kapellmeister und einem Besuch in Berlin (1747), wo er von Friedrich
d. Gr. mit Auszeichnung behandelt wurde, verfloß sein Leben zu Leipzig in völliger Zurückgezogenheit, nur seinem Amt, seiner
Familie und seinen Schülern gewidmet. Seine bedeutendsten Werke entstanden hier und waren größtenteils,
wie namentlich die zahlreichen Kirchenkantaten, durch seine amtlichen Verpflichtungen unmittelbar veranlaßt. Im höhern Alter
traf ihn das Mißgeschick, zu erblinden. Er starb in Leipzig. Bach war zweimal verheiratet, das erste Mal mit seiner
Base Maria Barbara Bach, Tochter von Bach 2), die 1720 starb; sodann (seit 1721) mit Anna Magdalena, Tochter des
Kammermusikus Wülken zu Weißenfels, welche ihn überlebte. Er hinterließ 6 Söhne und 4 Töchter; 5 Söhne und 5 Töchter
waren vor ihm gestorben.
Sebastian Bach war nicht allein einer der genialsten Komponisten, sondern zugleich einer der größten Klavier- und Orgelvirtuosen
aller Zeiten. Die gleichzeitig Lebenden bewunderten ihn sogar vorzugsweise in dieser letztern Hinsicht,
während die volle Würdigung seiner schöpferischen Thätigkeit einer spätern Generation vorbehalten blieb. Man rühmte
unter anderm die vollkommene Deutlichkeit und Gleichmäßigkeit seines Anschlags, Vorzüge, welche durch die von ihm neu festgestellte
Applikatur für Tasteninstrumente unterstützt wurden. Zu der technischen Durchbildung und Virtuosität
kamen dann aber eine bewunderungswürdige Beherrschung der kontrapunktischen Kunst und ein nie versiegender Reichtum der Phantasie,
Eigenschaften, welche seinen freien Vorträgen auf dem Instrument die höchste Bewunderung bei allen Hörern erwarben und ihm
von weither Schüler zuführten. Diese aber wurden durch seine Lehre und seinen Vortrag so nachhaltig beeinflußt,
daß man mit Recht alle bedeutenden, im Lauf des Jahrhunderts gemachten Fortschritte auf dem Gebiet des Klavier- und Orgelspiels
sowie der Theorie auf Bach zurückführen darf.
Bachs Werke gruppieren sich in Instrumental- und Vokalkompositionen, jene wiederum in Kompositionen für Orgel, für Klavier
und für andre Instrumente.
Zu den erstern gehören: die Orgelsonaten, die Präludien und Fugen für Orgel,
die Choralvorspiele;
zu den Klaviersachen: die 15 Inventionen, die 15 Symphonien, die französischen und englischen Suiten,
die Klavierübung in drei Teilen (Partien u. a.), eine Reihe von Tokkaten und andern kleinern Stücken, dann das »Wohltemperierte
Klavier« (24 Präludien und Fugen in allen Tonarten) und die »Kunst der Fuge«.
Denselben schließen sich die
Sonaten für Klavier und Violine oder andre Instrumente, die Konzerte für zwei oder mehrere Klaviere etc. an. Außerdem schrieb
Bach Konzert- und andre Solostücke für verschiedene Streich- und Blasinstrumente sowie endlich Ouvertüren, Suiten und Symphonien
für Orchester. Allen diesen Werken ist die unglaubliche Kunst der polyphonen Behandlung, wie sie vor und
nach Sebastian Bach ihresgleichen nicht gehabt hat, charakteristisch. Mit der vollkommensten Sicherheit beherrscht
er auch die verwickeltsten Probleme kontrapunktischer Technik und löst sie in kleinen wie in großen Umrissen in vollendeter
Weise. Es wäre aber nichts irriger, als wenn man neben dieser großartigen Kunst ihm Melodie und Ausdruck
absprechen wollte.
Man muß eben festhalten, daß die kontrapunktische Kunst für Bach auf der Stufe seiner vollen Entwickelung nicht mehr als etwas
Angelerntes und mühsam Angewendetes erschien, sondern daß sie ihm natürliche Sprache und Form des Ausdrucks geworden war,
deren Erkenntnis und Verständnis man sich angeeignet haben muß, um die Regungen des tiefen und vollen
Gemütslebens, welches in jener Form sich ausspricht, von Grund aus zu verstehen, um den gewaltigen Ausbruch ernster, frommer
Stimmung in den Orgelkompositionen und wiederum die melodische Anmut und den Reichtum wechselnder Empfindungen in den Klavierfugen
und Suiten vollständig in sich aufzunehmen, in welch letztern er häufig durch Anwendung der leichten französischen Tanzformen
den Ansprüchen auf leichte Verständlichkeit und Zugänglichkeit weit genug entgegenkommt.
Daher haben wir in den meisten der hierher gehörigen Stücke, namentlich in den einzelnen Nummern des »Wohltemperierten Klaviers«,
neben ihrer Formvollendung zugleich Charakterstücke von großer Mannigfaltigkeit zu erblicken, und gerade
diese Vereinigung gibt ihnen ihre eigentümliche, einzige Stellung; dieselben sind »bis auf den heutigen Tag ein fester Damm
geblieben, an welchem die trüben Fluten des modernen Virtuosentums machtlos sich brechen« und trotz alledem waren Bachs Tonschöpfungen
nach seinem Tod während eines langen Zeitraums höchstens von einzelnen Kennern gekannt und geschätzt,
vom Publikum dagegen so gut wie vergessen.
Erst Mendelssohn vermochte es, durch die von ihm 1829 veranstaltete Aufführung der Bachschen Matthäuspassion die allgemeine
Teilnahme für den Meister wieder zu erwecken und namentlich seinen großen Vokalwerken den ihnen gebührenden Ehrenplatz im
öffentlichen Musikleben Deutschlands wieder zu erringen. Es gehören hierher zunächst die für den Gottesdienst
bestimmten Kirchenkantaten, deren er fünf vollständige Jahrgänge geschrieben hat; es sind ihrer noch etwa 226 nachgewiesen,
sehr viele aber verloren gegangen. Sie haben in ihrem Text jedesmal Bezug auf das betreffende Evangelium und bestehen aus Recitativen,
Arien, polyphonen Chören und dem meistens den Schluß bildenden Choral. Dann sind hier vor allem die großen
Passionsmusiken anzuführen, deren Bach ebenfalls fünf geschrieben hat, von welchen leider nur zwei erhalten
sind: die
mehr
Johannespassion und die Matthäuspassion, die eine 1724, die andre 1729 zum erstenmal aufgeführt. Die schon von alters her
seitens der Kirche veranstaltete musikalisch-dramatische Darstellung der Leidensgeschichte Christi erscheint in diesen Werken
zur höchsten formellen Vollendung, zur höchsten musikalischen Schönheit und Kraft des Ausdrucks erhoben. In einer aus epischen,
dramatischen und lyrischen Elementen gemischten Form wird uns die Leidensgeschichte plastisch und eindringlich
vor Augen geführt.
Das erste (epische) Element haben wir in dem recitierenden Evangelisten vor uns, das dramatische in den einfallenden Worten
der andern Personen, namentlich Christi selbst, sowie in den lebendigen Chören des Volks, das lyrische in den betrachtenden
Arien und Chören, während der der gesamten Darstellung gegenübergestellte Choral wiederum die unmittelbare Beziehung des Werks
zum Gottesdienst bezeichnet und die Teilnahme der Gemeinde andeutet. Ein ähnliches Werk, nur im Gegensatz zu jenen mehr heitern
Charakters, ist das liebliche Weihnachtsoratorium, 1734 entstanden. In allen diesen Werken zeigt sich vor allem
wieder jene großartige polyphone Kunst, die nun bei den ernsten Worten und ausdrucksvollen Themata noch höhere Wirkungen erzielt;
dann aber tritt hier jene wunderbare, tiefsinnige Versenkung in den Sinn der Textesworte hervor, welche den seiner Kirche treu
ergebenen Mann begeisterten, wie seine höchste Kunst, so seine tiefste Empfindung ihnen darzubringen.
Die kontrapunktische Kunst tritt außer in den großen Chören besonders auch in der Behandlung der Choräle hervor, in welchen
(sowie in den übrigen Stücken) selbst der häufig schwülstige und geschmacklose Text, wie ihn die Leipziger Poeten jener Zeit
(Picander u. a.) ihm lieferten, die Kraft seiner Begeisterung nicht zu hemmen vermochte. Neben diesen großen,
zu dem protestantischen Gottesdienst in unmittelbarer oder mittelbarer Beziehung stehenden Werken erscheinen in gleicher Höhe
und Vollendung die Bearbeitungen altlateinischer kirchlicher Texte, vor allen die Messen und das Magnifikat.
Unter ihnen und unter allen Werken Bachs nimmt die große Messe in H moll (1733) den ersten Platz ein.
Ohne hier irgend an eine bestimmte Art der Benutzung beim Gottesdienst denken zu können, hat Bach, wie früher in die Worte
der Bibel, so hier in die altüberlieferten Worte des Glaubensbekenntnisses und die übrigen den Text der Messe bildenden Worte
sich gläubig versenkt und sie mit einem Reichtum der Empfindung und mit einer Kraft des Ausdrucks zur Darstellung
gebracht, die uns auch heute noch, im Gewand der strengen polyphonen Kunst, tief ergreift und mächtig erhebt.
Die Chöre in diesem Werk sind vielleicht das Großartigste, was auf dem Gebiet kirchlicher Tonkunst jemals geschaffen worden
ist; die Einzelgesänge, kunstvoll gearbeitet und feinsinnig deklamiert, können jedoch den Stil und Geschmack
ihrer Zeit weniger verleugnen; auch läßt sich nicht in Abrede stellen, daß Bach, seinem vorwiegend dem Instrumentalen
zugewandten Naturell folgend, die Bedingungen zur wirksamen Verwendung der menschlichen Stimme hier nicht selten außer acht
gelassen hat, wie er überhaupt als Vokalkomponist hinter den Italienern und auch hinter seinen in der
italienischen Schule gebildeten Landsleuten, vor allen Händel (s. d.), zurückstehen muß. Unter diesen Umständen erwiesen
sich die ihm als Thomaskantor in Leipzig zur Verfügung stehenden bescheidenen Mittel zur Darstellung seiner größern Werke
vollends ungenügend; erst der Zeit nach Mendelssohn war es vorbehalten, ihnen durch Aufwendung der
reichsten
vokalen und orchestralen Mittel völlig gerecht zu werden.
Mit nicht geringerm Erfolg wirkte neuerdings zur Verbreitung der Kenntnis Bachs die 1850 in Leipzig zusammengetretene Bach-Gesellschaft,
gegründet von Härtel, K. F. Becker, M. Hauptmann, O. Jahn und R. Schumann; dieselbe stellte sich zur Aufgabe, durch Herstellung
einer möglichst vollständigen und korrekten Ausgabe von Bachs sämtlichen Werken dem deutschen Meister
das schönste und ehrenvollste Denkmal zu setzen. Von dieser Ausgabe waren 1884 dreißig Bände erschienen.
Mitglied der Gesellschaft ist jeder, der einen jährlichen Beitrag von 15 Mk. zeichnet, wofür er jedes Jahr
ein Exemplar der im Lauf desselben veröffentlichten Kompositionen empfängt. Einzelne Klavier- und Orgelwerke
Bachs erschienen in mehreren Ausgaben. Vollständigere Sammlungen der Klavierwerke veranstalteten zuerst Peters in Leipzig (durch
Czerny und Griepenkerl), Haslinger in Wien, später Holle in Wolfenbüttel (durch Chrysander). Die vierstimmigen Choralgesänge
wurden herausgegeben von Bachs Sohn Karl Philipp Emanuel (2. Ausg., Berl. u. Leipz.
1784-87, 4 Hefte, 370 Choräle enthaltend, größtenteils Bachs Kirchenkompositionen entnommen; neuer
Abdruck 1832), zuletzt von Becker (das. 1843). Um die Herausgabe und Bearbeitung einzelner Werke haben sich Marx und in neuerer
Zeit Robert Franz, H. v. Bülow, Fr. Kroll, A. Thomas u. a. Verdienste erworben.
Durch Mendelssohns Vermittelung wurde dem großen Musiker 1842 zu Leipzig ein bescheidenes Monument (von
Knaur ausgeführt) errichtet; ein zweites, größeres Denkmal (Statue, von Donndorf modelliert) wurde ihm in Eisenach gesetzt
und feierlich enthüllt.
Vgl. Forkel, Über J. S. Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke (Leipz. 1803, neue Ausg., das.
1855);
Hilgenfeld, Bachs Leben, Wirken und Werke (das. 1850);
Bitter, Johann Sebast. Bach (2. Aufl., Berl. 1880-81, 4 Bde.);
Mosewius, Joh. Sebast. in seinen Kirchenkantaten (Berl. 1845);
Derselbe, J. S. Bachs Matthäuspassion (das. 1852).
Eine große Anzahl bedeutender Musiker ging aus Bachs Schule hervor; unter ihnen nehmen seine Söhne einen
hervorragenden Platz ein. Unter Bachs elf Söhnen haben sich die folgenden vier in der Geschichte der Musik oder wenigstens
im Musikleben ihrer Zeit eine bedeutende Stellung erworben.
4) Wilhelm Friedemann, der älteste und begabteste, aber auch unglücklichste der Söhne Bachs, geb. 1710 zu Weimar, brachte
es durch den Unterricht seines Vaters schon in der Jugend so weit, daß selbst der nicht leicht befriedigte
Meister das Höchste von ihm hoffte. Auf dem Klavier wie auf der Orgel und im Kontrapunkt errang er früh eine große Meisterschaft
und machte auch auf der Violine bedeutende Fortschritte. Seit 1722 besuchte er in Leipzig die Thomasschule,
hörte dann Vorlesungen an der Universität, ward 1733 als Organist an die Sophienkirche nach Dresden und 1747 als Musikdirektor
und Organist an die Marienkirche nach Halle berufen, daher er auch den Namen des Halleschen Bach führt. Im J. 1764 gab er letztere
Stelle auf und ging nach Leipzig zurück. Von dieser Zeit an lebte er unstet bald hier, bald da und suchte
durch Konzerte, Unterricht und Kompositionen sich seinen Unterhalt zu erwerben. Am längsten hielt er sich in Braunschweig, dann
in Göttingen und endlich in Berlin auf, wo er in kümmerlichen Verhältnissen starb. Sein unordentliches
Wesen, sein Künstlerstolz, seine unglaubliche Zerstreutheit, namentlich seine Trunksucht
mehr
hatten ihn zu keiner ruhigen und sichern Existenz gelangen lassen. Seine Zeitgenossen erkannten in ihm aber den größten
Orgelspieler und begabtesten Komponisten nach seinem Vater, und sein Bruder Emanuel war der Überzeugung, daß Friedemann allein
im stande sei, wenn er wolle, ihren Vater zu ersetzen. Von seinen jetzt fast verschollenen Kompositionen
nennen wir: eine Pfingstmusik (»Lasset uns ablegen«),
eine Adventsmusik, mehrere Klavierkonzerte, 4 Orgelfugen, 8 Fugetten, 6 Klaviersonaten, 2 Sonaten
für zwei konzertierende Klaviere, 12 Polonäsen für Klavier u. a. Außerdem schrieb er ein Werkchen über den harmonischen
Dreiklang. E. Brachvogel behandelte sein Leben in einem Roman.
5) Karl Philipp Emanuel, J. S. Bachs dritter Sohn, geb. zu Weimar, wurde in Leipzig auf der Thomasschule
gebildet, in der Musik von seinem Vater unterrichtet, studierte dann zu Leipzig die Rechte und setzte dieses Studium in Frankfurt
a. O. fort. Hier errichtete er eine musikalische Akademie, in welcher seine eignen Kompositionen öfters
aufgeführt wurden, und gab Klavierunterricht. Im J. 1738 ging er nach Berlin, von wo ihn der Kronprinz Friedrich nach Neuruppin
berief.
Nach dessen Thronbesteigung wurde er als Kammermusikus beim König angestellt, wo er nun im Verein mit Männern wie Quantz,
Fasch, Franz Benda zur Ausbildung des Geschmacks einflußreich wirkte. Im J. 1767 folgte er einem Ruf als Musikdirektor
nach Hamburg, wo er fortan trotz mancher vorteilhaften Anerbietungen blieb. Bei seinem Abgang von Berlin erteilte ihm die Prinzessin
Amalie von Preußen den Titel eines Kapellmeisters. Von seinem Aufenthalt in Berlin und Hamburg wird Emanuel der Berliner oder der
Hamburger Bach genannt. Er starb in Hamburg an einer Brustkrankheit.
Sein Leben, von ihm selbst beschrieben, findet sich in Burneys »Tagebuch einer musikalischen Reise« (a. d. Engl., Leipz. 1772, 3 Bde.).
Emanuel Bach hatte sich die kunstvolle Manier seines großen Vaters vollständig zu eigen gemacht, besaß aber nicht entfernt
dessen Erhabenheit und Tiefe; er war mehr elegant und gefällig als gewaltig und ergreifend. Dabei konnte er sich in seiner
Wirksamkeit dem Einfluß des Zeitgeschmacks und der weitern Ausbildung der überlieferten Tonformen nicht entziehen.
Indem er daher die Strenge des alten Stils mit den Forderungen der Anmut und des sinnlichen Wohllauts zu
verschmelzen sucht, bildet er das Mittelglied zwischen der polyphonen Kunst des Vaters und dem homophonen Stil der folgenden
Haydn-Mozartschen Epoche. Wieviel diese beiden Meister ihm verdankten, haben sie selbst wiederholt ausgesprochen und unter anderm
auch dadurch bewiesen, daß sie die von ihm überkommene Sonatenform in ihren cyklischen Werken unverändert
beibehielten.
Unter seinen zahlreichen Werken sind hervorzuheben: viele Sonaten, Phantasien und andre Stücke für Klavier allein (darunter
die sechs Sammlungen »Sonaten für Kenner und Liebhaber«) und mit Begleitung andrer Instrumente;
dann Trios und Symphonien für
Orchester, ein Morgengesang am Schöpfungstag, eine Passionsmusik, das Oratorium »Die Israeliten in der Wüste«,
das doppelchörige »Heilig«, Melodien zu Gellerts geistlichen Liedern, Cramers Psalmen u. a. Eine neue Ausgabe seiner Klavierkompositionen
wurde von Baumgart veranstaltet (Leipz., bei Leuckart);
eine andre besorgte H. v. Bülow (das., bei Peters).
Besonderes Verdienst
erwarb sich Bach durch sein Unterrichtswerk »Versuch über die wahre Art, das Klavier zu spielen« (Leipz. 1753
u.
1763, 2 Bde.), welches zu seinen Lebzeiten den größten Einfluß
ausübte und noch jetzt zur Beschämung vieler Virtuosen zeigen kann, einen wie hohen Grad künstlerischer Durchbildung Bach vom
Klavierspieler verlangte.
Vgl. Bitter, Karl Phil. Emanuel und Wilh.
Friedemann und deren Brüder (Berl. 1868).
6) Johann Christoph Friedrich, geb. zu Leipzig, studierte erst Jura, wendete sich jedoch später
der Musik zu und wurde Kapellmeister des Grafen von Schaumburg, als welcher er glücklich, zufrieden und geehrt in Bückeburg
(daher er auch der Bückeburger Bach genannt wird) lebte und starb. Er war ein vorzüglicher
Klavierspieler und komponierte Instrumental- und Vokalstücke verschiedenster Art. Unter den letztern waren zwei Kantaten:
»Ino« (von Ramler) und »Die Amerikanerin« (von Gerstenberg),
zu ihrer Zeit besonders beliebt. Ein Sammelwerk von Klavierstücken:
»Musikalische Nebenstunden«, gab er 1786 heraus. Er folgte der Richtung seines Bruders Emanuel, ohne demselben an Talent gleichzustehen.
7) Johann Christian, jüngster Sohn J. S. Bachs, geb. 1735 zu Leipzig, zur Unterscheidung von seinen Brüdern der
Londoner, auch der Mailänder Bach genannt, ging nach dem Tod seines Vaters nach Berlin, wo er von seinem Bruder Emanuel erzogen und
im Klavierspiel und in der Komposition mit Erfolg unterrichtet wurde. Im J. 1754 ging er nach Mailand und
wurde dort Organist am Dom, wandte sich jedoch 1759 nach London, wo er Kapellmeister der Königin wurde. Er komponierte eine Reihe
von Instrumentalstücken für Klavier und andre Instrumente, kleinere Gesangsachen und Opern, von denen »Orione, ossia Diana vendicata«
(1763) großen Beifall fand; eine andre, »La clemenza di Scipione«,
wurde noch 1805 aufgeführt. In allen diesen Arbeiten zeigt er sich noch mehr als sein Bruder Emanuel geneigt, dem Zeitgeschmack
Zugeständnisse zu machen, wie er auch persönlich dem leichten Lebensgenuß sehr zugethan war. Er starb im Januar 1782 in
London. - Seine Frau, eine Italienerin, Cecilia, geborne Grassi, war seit 1767 Primadonna der Londoner Oper.
Der letzte Sprößling der berühmten Familie ist:
8) Wilhelm Friedrich Ernst, Sohn des Bückeburger Bach, geb. Erst unter der Leitung seines Vaters, dann seines Oheims
Christian in London, machte er in der Musik die glänzendsten Fortschritte und trat in Frankreich und Holland
konzertierend mit großem Beifall auf. Später ließ er sich in Minden nieder und komponierte hier zur Bewillkommnung des Königs
Friedrich Wilhelm III. eine Kantate: »Die Nymphen der Weser«, infolgedessen er 1798 Kapellmeister der Königin Luise und in der Folge
Musiklehrer aller königlichen Kinder wurde. Er starb in Berlin. Sein Oratorium »Vater unser« (Text
von Mahlmann),
die Kantate »Kolumbus«, seine Symphonien, Lieder, Quartette, Sonaten verschafften ihm großes Ansehen beim Hof; im
Druck ist nur einzelnes davon erschienen.
1) August Wilhelm, Orgelspieler und Komponist, geb. zu Berlin, wo sein Vater Organist
an der Dreifaltigkeitskirche war, genoß den Unterricht Zelters und Bergers, wurde 1816 Organist an der Marienkirche, bald darauf
auch Lehrer an dem neuerrichteten königlichen Institut für Kirchenmusik und nach Zelters Tod (1832) Direktor desselben. Seit 1833 Mitglied
der Berliner Akademie der Künste sowie Mitglied des Senats derselben, starb Bach in Berlin. Unter
seinen
mehr
Kompositionen sind außer zahlreichen Präludien, Postludien und Fugen für die Orgel zu nennen: »Der praktische Organist«, eine
Sammlung verschiedenartiger Orgelkompositionen;
ein »Choralbuch«, Lieder, Psalmen und das Oratorium »Bonifacius«.
2) Alexander, Freiherr von, österreich. Staatsmann, geb. zu
Loosdorf in Niederösterreich, Sohn des frühern Oberamtmanns, seit 1831 Rechtsanwalts in Wien, Michael Bach (gest.
1842), studierte in Wien die Rechte und arbeitete dann neun Jahre in der kaiserlichen Kammerprokuratur. Nach dem Tode des Vaters
übernahm er dessen Advokatur in Wien. Nach der Märzrevolution von 1848 als einer der Vertreter des Advokatengremiums in den
verstärkten ständischen Ausschuß berufen, diente er als Unterhändler mit dem Hof. Bach erstrebte vor allem
die freisinnige Neugestaltung Österreichs, in dessen Beziehung zu Deutschland aber wollte er nichts andern. In diesem Sinn
wirkte er als Mitglied des Wiener Gemeinderats und als Abgeordneter zum Reichstag.
Schon unter dem Ministerium Pillersdorf indirekt an den Geschäften beteiligt, übernahm er in dem Ministerium
Doblhof-Wessenberg das Portefeuille der Justiz. Mit den Liberalen brach er nun völlig und verband sich mit der
aus konservativen und slawischen Elementen zusammengesetzten Majorität auf das engste. Während des Oktoberaufstandes begab
er sich in das Lager des Generals Auersperg, zog sich aber auf die Nachricht von der Entlassung der mißliebig
gewordenen Minister nach Salzburg zurück; um zu Olmütz als Justizminister des Ministeriums Schwarzenberg-Stadion
wieder aufzutauchen.
Nach Stadions Austritt übernahm er provisorisch, 28. Juni definitiv das Portefeuille des Innern. Als Justizminister
entwarf er die sogen. provisorischen Gesetze über die Presse, die Vereine, das Associationsrecht, hob die
Patrimonialgerichte auf, errichtete neue Gerichte aller Instanzen, führte die Ablösung durch und setzte in allen Provinzen
Kommissionen nieder, welche die Entschädigung für die ehemaligen Lasten ermitteln sollten. Als Minister des Innern erstrebte
er eine straffe Zentralisation und stützte sich zu diesem Zweck auf die absolutistisch und ultramontan
gesinnten Elemente. Er erreichte durch unermüdliche Thätigkeit und Energie eine Zeitlang bedeutende Erfolge. Der Abschluß
des Konkordats war nur mittelbar sein Werk. Nach dem unglücklichen Krieg 1859 mußte Bach als das Haupt der absolutistisch-ultramontanen
Partei zurücktreten und ging als Gesandter nach Rom, wo er als Stütze der Ultramontanen und geheimer Gegner
der in Österreich selbst beginnenden liberalen Richtung bis 1870 thätig war. Er war 1854 vom Kaiser in den Freiherrenstand
erhoben worden. - Sein Bruder Eduard, Freiherr von Bach, geb. 1814, war 1846-47 Kreishauptmann in Galizien und der Bukowina, 1849-50
Zivilkommissar in Siebenbürgen und seit 1852 längere Zeit Statthalter von Oberösterreich, als welcher
er 1854 bis 1855 in außerordentlicher Eigenschaft das Zivilkommissariat in den Donaufürstentümern bekleidete. Er starb
3) Otto, Komponist, geb. 1833 zu Wien, machte seine theoretischen Studien unter Sechter daselbst, wirkte dann mehrere Jahre als
Lehrer am dortigen Konservatorium, ging 1866 als Theaterkapellmeister nach Augsburg, 1868 als Direktor des
Mozarteums nach Salzburg und ist seit 1880 Chordirektor an der Votivkirche in Wien. Bachs vorzüglichste Werke sind: eine Symphonie
in D moll, ein großes Streichquartett (welches bei einer von der
Gesellschaft Ste.-Cécile in Bordeaux veranstalteten Preisbewerbung
den ersten Preis errang), die tragischen Opern: »Sardanapal« und »Lenore«, ein Pianoforte-Trio (Op. 7) und
verschiedene Gesangswerke.