Babylonische
Gefangenschaft
(Babylonisches
Exil), der Aufenthalt der
Juden im babylonischen
Reich nach ihrer Besiegung
und Wegführung durch
Nebukadnezar. Nachdem bereits 722
v. Chr. die Einwohner des
Reichs
Israel nach
Assyrien weggeführt worden
waren, erfuhr
Juda dasselbe
Schicksal durch den König
Nebukadnezar von
Babylonien. Nach der Besiegung
Jojakims 597 und dann nach
der Zerstörung
Jerusalems 586 führte er alle irgendwie hervorragenden
Personen nach
Babylon und ließ
nur eine geringe
Menge niedern
Volks zur
Bestellung des
Landes zurück.
Die Dauer dieses Exils wird in runder Zahl auf 70 Jahre angegeben, genauer berechnet sie sich von 597 bis 537, in welch letzterm Jahr Kyros die Erlaubnis zur Rückkehr gab. Obgleich das Los der Verbannten kein allzu hartes war, da sie nicht eigentlich gefangen gehalten wurden, sondern als Ansiedler Beschäftigung und Nahrung fanden und manche von ihnen nicht nur zu Wohlstand und Reichtum, sondern auch zu hohen Ehrenstellen gelangten, so wurden doch der Fall Israels, die Zerstörung des Tempels, die Unmöglichkeit des altherkömmlichen Gottesdienstes, der Mangel und die Bedrückung einzelner, der Hohn und der Spott der Gegner desto mehr als schweres Volksleiden und göttliches Strafgericht empfunden, je lebendiger die Erinnerung an Jerusalems Herrlichkeit und frühere Hoffnungen war.
Viele Psalmen, die Klagelieder Jeremias', einzelne Stellen Hesekiels geben auf ergreifende Weise die Volksstimmung wieder. Auf der andern Seite wurde aber die b. G. eine Periode der Läuterung, aus der das israelitische Volk national und religiös wie neugeboren hervorging. Der Gegensatz zu dem siegreichen, aber entarteten Heidentum stärkte das Nationalgefühl und den religiösen Glauben. Mit Inbrunst horchte man auf die Weissagungen und Tröstungen der Propheten, deren Ansehen stieg. So wurde ihre religiöse Anschauung allgemeiner Volksglaube, statt eines beschränkten Stammgottes lernte man in Jehovah den Herrn der Welt erkennen, unter dessen mächtiger Obhut man sich wußte.
Die religiöse
Hoffnung auf Errettung gewann neuen Schwung, als die babylonischen
Herrscher in Wollust und
Schwelgerei entarteten und der
Perser
Kyros seinen Siegeslauf begann. Die prophetischen
Aussprüche verkündigten einen nahen
Untergang
Babels und bezeichneten
Koresch
(Kyros) offen als den Gesalbten
Gottes, so vor allen der jüngere
Jesaias.
Wirklich erließ
auch
Kyros 537 den Aufruf an die
Juden zur Rückkehr in die
Heimat und zum Wiederaufbau des
Tempels.
Durch seinen Schatzmeister Mithridates ließ er den Juden alle geraubten Tempelgefäße wieder ausliefern, 5400 Gefäße von Gold [* 2] und Silber; auch mit andern Gaben wurden die Abziehenden versehen. Unter der Führung Serubabels, der aus Davidschem Geschlecht stammte, brachen 42,360 freie Juden mit 7337 Knechten auf; sie führten 736 Rosse, 245 Maultiere, 435 Kamele [* 3] und 6720 Esel mit sich (vgl. Esra 2, 64 ff.). Anfangs konnten sie nur einen kleinen Teil des Landes Juda in Besitz nehmen, bis neue Zuzüge ihre Zahl und ihre Kraft [* 4] vermehrt hatten.
Mit religiöser
Begeisterung wurden nun der Tempelbau und die Reorganisation des Gemeindelebens begonnen,
und trotz mancher
Störungen und
Ränke konnte 515 der neue
Tempel
[* 5] eingeweiht werden. Von größter Bedeutung wurde eine zweite
Einwanderung unter dem Schriftgelehrten
Esra (458), deren
Folge eine strenge
Reinigung des
Volks nach levitischen
Grundsätzen
und die
Durchführung des Ritualgesetzes im gesamten
Leben des
Volks war.
Nehemia gelang es dann, die Wiederherstellung
der
Mauern
Jerusalems und des politischen Daseins des neubegründeten
Volks zu Ende zu führen. - babylonische Gefangenschaft
(der
Kirche) nennt man
auch den gezwungenen Aufenthalt der
Päpste in
Avignon statt in
Rom
[* 6] 1309-77.