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(s. El-Amarna), gemachter Fund von Keilschriftthontafeln zeigt einen regen Verkehr dieser Könige, die ungefähr im 15. Jahrh, gelebt haben müssen, mit den ägypt. Königen der XVIII. Dynastie, insbesondere Amenophis III. und IV. Die hauptsächlichsten Herrscher der kassitischen Dynastie (die der sog. fünften Dynastie des Berosus gleichgesetzt wird) sind Karaindasch, Kurigalzu und Burraburiasch.
Außerdem sind noch von zwei altbabylon. Herrschern, Merodach-Baladan I. und Nebukadnezar I., Inschriften erhalten. Die ältesten assyr. Inschriften, welche (zum Teil auf Backsteinen) bis auf unsere Zeit gekommen sind, geben meist nur die Genealogie und die Namen von Tempeln sowie der Götter, denen diese geweiht waren, an. Erst mit Rammannirari I. (etwa 1400 v. Chr.) beginnen die Geschichtsquellen reichlicher zu fließen und erzählen von da an von der fortwährenden Ausdehnung [* 3] und wachsenden Macht Assyriens.
Der nächste König, Salmanasar I., breitete das
Reich seines
Vaters nach Nordwesten aus. Und schon unter dessen Nachfolgern
begannen die erbitterten Kämpfe mit Babylonien
, die zwar
Babel nicht in ein dauerndes Abhängigkeitsverhältnis
zu
Assyrien brachten, aber doch seine weltbeherrschende Macht für lange Zeit unterminierten und ihm tiefe Demütigungen
zuzogen. Der ruhmreichste Herrscher dieses Zeitraums ist
Teglattphalasar I. Ihm folgten seine beiden
Söhne Aschschurbilkala
und Schamschiramman III.; nach ihnen geriet das Assyrische
Reich auf lange Zeit in tiefen
Verfall, von
welchem es sich erst unter Aschschurnasirapal
(Assurnasirbal) wieder erholte.
Auf diesen folgte sein mächtiger Sohn Salmanasar II., und auf ihn sein Sohn Schamschiramman IV. (824-811 v. Chr.), der während einer Empörung den Thron [* 4] bestieg und mehrere erfolgreiche Züge gegen die mit den Elamitern, Chhaldäern und südöstl. Aramäern verbündeten Babylonier unternahm, sich aber, wie es scheint, nicht stark genug fühlte, auch Syrien und Phönizien anzugreifen. Nach seinen: Tode bestieg Rammannirari III. (811-782) den Thron und stellte das Reich Aschschurnasirapals und Salmanasars II. wieder in seiner vollen Größe her.
Die folgenden Könige, Salmanasar III. (782-772), Aschschurdajan III. (772-754) und Aschschurnirari (754-745) standen an Ruhm ihren Vorgängern weit nach. Desto kräftiger und glanzvoller entfaltete sich aber das Reich unter Teglattphalasar III., vermutlich einem Usurpator. Ihm folgte Salmanasar IV. (727-722), worauf mit Sargon II. (s. d.) wiederum eine andere Dynastie auf den Thron gehoben wurde, unter der das Reich den Gipfel seiner Macht erreichte: unter Sanherib, Asarhaddon und Sardanapal. Über den jähen Zusammenbruch der assyr. Herrschaft sind die nähern Umstände noch unbekannt.
Eine kurze Blütezeit erlebte das darauf folgende sog. Neubabylonische Reich, von den Juden Chaldaisches Reich genannt, das begründet wurde von dem Chaldäer Nabopolassar und auf seinem Höhepunkte unter Nebukadnezar II. stand. Der letzte babylon. König war Nabonid, mit dessen Tode die Herrschaft an die Perser aus der Dynastie der Achämeniden kam (538 v. Chr.).
Sprache. [* 5] Die Sprache der Babylonier-Assyrer gehört zu den semitischen und zeichnet sich durch Vokalreichtum, Durchsichtigkeit der Formen und eine Reihe von Lauteigentümlichkeiten des Konsonantenbestandes und -Wandels aus. Sie läßt sich in ihrer Entwicklung weiter zurückverfolgen als irgend eine andere semitische Sprache und ist sehr wohl dazu geeignet, wertvolles Material zu einer vergleichenden Grammatik dieser Sprachen zu liefern. Die dialektischen Unterschiede zwischen dem Babylonischen und Assyrischen sind, wenn überhaupt sicher nachweisbar, unbedeutend. Der Wortschatz des Lexikons scheint sehr reich zu sein, ist aber bis jetzt nur zu einem geringen Teile bekannt, da nur ein Bruchteil der Inschriften ausgegraben ist und von den etwa 160000 Texten in Europa, [* 6] Asien [* 7] und Amerika [* 8] kaum mehr als 6000 publiziert vorliegen.
Litteratur. Die gesamte Litteratur der Babylonier-Assyrer ist Keilschriftlitteratur (s. Keilschrift);
abgesehen von den Achämeniden- und noch einigen andern Felseninschriften ist sie durch Ausgrabungen in der Thalebene des Euphrat und Tigris (s. Mesopotamien) erbeutet worden.
Die hauptsächlichsten Fundstätten sind: Abu-Habba, Balawat, Chorsabad, Derr, Kileh-Schergat, Kujundschik, Mugheir, Nebijunus, Nisser, El-Nimrud und Tell el-Amarna in Ägypten. [* 9] Die wichtigsten Expeditionen dorthin wurden geleitet von Rich (1811-20), Botta (s. d., 1842-45), A. H. Layard (1845-50), Fresnel und Oppert (s. d., 1851-54), Victor Place (1852), Henry Rawlinson (s. d.), Loftus und Taylor (1853-55), George Smith (s. d., 1873, 1874, 1876), H. Rassam (s. d., 1854, 1877-79, 1880-83), E. de Sarzec (1878-82), E. A. W. Budge (1888, 1889, 1891), John Peters (1889-91).
Die Hauptmuseen, in denen assyr. Altertümer aufbewahrt werden, sind das Britische Museum und der Louvre zu Paris. [* 10] Auch im Museum zu Berlin, [* 11] der University of Pennsylvania, und im kaiserl. Museum zu Konstantinopel [* 12] befinden sich größere Sammlungen. Das Material, worauf die Inschriften aufgeschrieben wurden, war Stein (Backstein, Marmor, Alabaster, Diorit), so bei Platten- und Ziegelinschriften, Basreliefs, Inschriften auf Obelisken, Statuen, Stier- und Löwenkolossen. Eingegraben oder eingeschnitten wurden die Schriftzüge der Metallinschriften (Gemmen, [* 13] Kameen und Siegelcylinder) auf Mineralien, [* 14] Gesteine und Artefakte. Das verbreitetste Schreibmaterial war aber der Thon, aus dem Prismen, Cylinder und Tafeln hergestellt wurden.
Ihrem Inhalte nach zerfallen die babylon.-assyr. Inschriften in folgende Klassen:
I. Historische Inschriften. Die Hauptmasse derselben bilden die sog. Königsinschriften, welche kürzere oder längere Nachrichten über die babylon. und assyr. Herrscher enthalten, die die Hauptquelle für die babylon.-assyr. Geschichte bilden. Von nicht geringem Nutzen sind eine Reihe von Königslisten und Chroniken, darunter auch eine sog. synchronistische Tafel, die die Wechselbeziehungen zwischen Babel und Assur darstellt, sowie ganz besonders die Verzeichnisse der Eponymen, nach denen in Assyrien, wie in Griechenland [* 15] nach den Archonten und in Rom [* 16] nach den Konsuln, das Jahr benannt und gerechnet wurde.
Auch die Tausende zählenden Rechtsurkunden aller Art, die ein weit vorgeschrittenes, auf sorgfältig gepflegter Urkundlichkeit der Verträge beruhendes Rechtswesen erkennen lassen, und ferner die Erlasse, Briefe und Berichterstattungen und mehrere der sog. Omina haben histor. Interesse, insofern sie entweder genau datiert sind (oft mit doppelter Angabe der Regierungsjahre des jeweiligen Königs von Assyrien und des Königs von Babylon) oder (wie die polit. Briefe) Namen und Berichte enthalten, die mit solchen der Königsinschriften im engsten Zusammenhang stehen. ¶
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II. Dichterische Inschriften. Dahin gehört eine Anzahl von Legenden und Fabeln; ferner ein an die Demeter-Sage anklingender Mythus von der Höllenfahrt der Liebesgöttin Ischtar; sowie besonders die Bruchstücke des Gilgamos-Epos (früher Izdubar-, von andern fälschlich auch Nimrod-Epos genannt) mit dem keilinschriftlichen Sintflutbericht und die sog. Weltschöpfungslegenden. In großer Zahl haben sich ferner Bußpsalmen und Hymnen, Gebete und Gesänge sowie auch eine Anzahl Beschreibungen von Göttertypen erhalten, die über die religiösen Vorstellungen und über die Mythologie der Babylonier-Assyrer Licht [* 18] verbreiten. Besonders interessant sind zahlreiche Zauber- und Beschwörungsformeln, Vorzeichen und Talismane, die zur Abwehr der bösen Geister u. s. w. gebraucht wurden.
III. Wissenschaftliche Inschriften sind aus Sardanapals Bibliothek zu Kujundschik sowie auch aus Abu-Habba bekannt geworden. Außer den schon erwähnten chronographischen und historiographischen Tafeln sind besonders eine Reihe epigraphischer, grammatischer und lexikographischer Listen hervorzuheben, die sich offenbar an die Interpretation der heiligen sumero-akkadischen Litteratur knüpften, didaktischen Zwecken dienten und sich einer schulmäßigen Aus- und Fortbildung bei den Priestern erfreuten; ferner Aufzeichnungen über Mathematik, Astronomie [* 19] und Astrologie, [* 20] geogr. Listen, mediz. und liturgische Werte, Opferrituale u. s. w.
Religion. Im allgemeinen läßt sich ersehen, daß die Religion der Babylonier und Assyrer eine und dieselbe war. An der Spitze des Pantheons stand eine Göttertrias: Anu (der Himmelsgott), Bel, der Herr (der Erde?), und Ea, der Gott des Oceans, deren Namen bei Damascius als Anos, Illinos und Aos erhalten sind. Diesen sind drei Göttinnen beigegeben: Antum, Beltis oder Belit und Damkina. Dieser Trias folgt eine zweite: Sin, der Mondgott, Samas, der Sonnengott, und Rammanu oder Addu, der Luft- und Wettergott, gleichfalls von ihren Gattinnen begleitet.
Als Nationalgott Assyriens wurde Assur verehrt, als eine der vornehmsten Göttinnen oder die Göttin schlechthin Ischtar, deren Name im hebr. Aschtoret (grch. Astarte, s. d.) wiedererscheint. Außerdem gab es noch eine große Menge von Göttern und Göttinnen, die zum Teil in Lokalkulten noch weiter unterschieden wurden. Auch die Planeten [* 21] wurden als Götter aufgefaßt, ebenso viele Naturkräfte. Die kolossalen Stiere und die geflügelten Löwen [* 22] sind Darstellungen niederer Gottheiten.
Dazu zählen auch eine Reihe von Dämonen, von denen sieben besonders häufig genannt werden, und von Geistern, unter denen die Klasse der Igigi und der Anunaki am häufigsten erwähnt wird. Die Macht der Götter wurde in Hymnen besungen, ihr Zorn durch Bußpsalmen besänftigt. Räucher-, Tier- und Trankopfer wurden ihnen dargebracht. Die einzelnen Monate und gewisse Tage in jedem Monat waren ihnen geheiligt. Das Sündenbewußtsein ist in der babylon.-assyr. Religion sicherlich stark ausgeprägt. Zu allen wichtigern Unternehmungen wurden die Orakel der Götter befragt, und jeder Sieg wurde ihnen zugeschrieben. Der religiöse Kultus war bis in Einzelheiten ausgebildet; das ganze Leben des Volks scheint von der Religion durchwebt.
Kultur. Die Kultur der Babylonier-Assyrer ist schon in den ältesten Zeiten ihres Auftretens in der Geschichte hoch entwickelt. Ob sie von den Sumero-Akkadern den semit. Babyloniern übermittelt worden ist, ob sie vom Norden [* 23] oder vom Süden Mesopotamiens aus ihre Entwicklung genommen hat, läßt sich noch nicht mit Sicherheit entscheiden. Die Erfindung der Schrift war längst vollzogen, als die ältesten bis jetzt bekannten Denkmäler gesetzt wurden. Bemerkenswert ist die strenge Durchbildung der monarchischen Verfassungsform auf theokratischer Grundlage.
Assyrien hatte einen wohlentwickelten Beamtenstand, zum Teil mit Erblichkeit der einzelnen Ämter. Dieser und ebenso die streng
geregelte Sklaverei weisen notwendig auf das Bestehen von Gesetzen hin, von denen bisher freilich nur sehr wenige Bruchstücke
bekannt sind. Die Wohnungen der Babylonier-Assyrer waren Häuser aus Ziegelsteinen. Über die Nahrung
ist man im einzelnen noch wenig unterrichtet; Ackerbau, Viehzucht,
[* 24] Jagd und Fischfang werden häufig erwähnt. Die Hauptbeschäftigung
war das Kriegshandwerk, die Ausbildung und Ausrüstung streitbarer Heere, Strategik und Taktik standen auf hoher Stufe. Gewerbe,
Handel und Schiffahrt haben gewiß in Babylonien
geblüht; aber auch über diese Gebiete sind
die Studien erst in ihren Anfängen.
Eigentümlich ist die Entwicklung der babylonisch-assyrischen Kunst. Die Architektur besaß nur sehr einfache Baustoffe: Palmen, [* 25] Pappeln, Cedern, Fichten und vielleicht Eichen, besonders aber neben dem zur Ziegelbildung benutzten Lehmboden die Steinbrüche der nördl. Gebirge. Man errichtete für größere Bauwerke zunächst terrassenförmige Unterbauten bis zu 13 m Höhe, wie solche bei den Ausgrabungen in Chorsabad bloßgelegt sind (s. auch Babylonischer Turm).
Auf diesen wurden ziemlich dicke Mauern aus Lehmziegeln oder gestampfter Erde aufgeschichtet. Die Decke [* 26] wurde entweder gewölbt, wie sich große Bogen [* 27] über den Thoren von Chorsabad finden, aus Erde (pisé) oder flach durch Gebälk gebildet; auch waren manche Räume nach oben offen (s. Tafel: Babylonisch-Assyrische Kunst, [* 17] Fig. 7). Die Säle waren, wenn sie mit einer gewölbten Decke versehen waren, zwar lang, aber verhältnismäßig schmal. Man findet Längen von 38 bis 52 m bei Breiten von 10 bis höchstens 20 m. Statt der Fenster scheint man, wie ein Reliefbild aus Kujundschik zeigt, unmittelbar unter der aus Holz [* 28] konstruierten Decke offene Galerien angebracht zu haben, solche Säle wurden meist nach demselben Plane in größerer Anzahl aneinander gereiht; so finden sich deren 28 im Nordwestpalast von Nimrud.
Säulen [* 29] scheinen wenig angewandt worden zu sein. Die architektonische Wirkung würde nur gering gewesen sein, wenn nicht eine sehr lebensvolle Bildnerei und eine in starken Umrißlinien mit sicherm Gefühl für Zeichnung durchgeführte Malerei hinzugetreten wären. Meist schmückten Hochreliefs aus Alabaster die einförmigen Säle. In diesen ist eine klare Darstellung des Vorgangs, eine scharfe Charakterisierung der menschlichen und tierischen Gestalt angestrebt.
Namentlich auch das Kostüm, [* 30] das geflochtene und gekräuselte Haar [* 31] wurde mit großer Genauigkeit plastisch und malerisch durchgeführt [* 17] (Fig. 1, 4, 5), und durch dieses Herrscher, Priester, Krieger, Unterjochte deutlich charakterisiert. Wie die ägypt. Kunst stellt auch die assyrische volle [* 17] Figuren dar; aber sie begnügt sich nicht mit den Umrissen, sondern strebt eine lebensvolle Ausarbeitung der Muskulatur an, in der sie sich zuweilen der freien Bewegung der griech. Kunst nähert. Nicht ¶
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selten scheint man die Basreliefs bemalt zu haben. Wo viele [* 32] Figuren zusammengedrängt erscheinen, wird die Darstellung oft verworren, wiewohl die verschiedenen Persönlichkeiten und Stämme immer hinreichend gekennzeichnet sind. Am bedeutendsten erscheint die assyr. Bildnerei und Malerei im engern Rahmen, wie z. B. bei Jagddarstellungen, in denen fast immer der Löwe musterhaft gelungen ist; so auf den in gebrannten Thonplatten ausgeführten Wandgemälden zu Ninive [* 32] (Fig. 3). Außerdem ist die Darstellung geflügelter Gottheiten beliebt [* 32] (Fig. 6). Als selbständige Bildwerke werden symbolische oder dämonische Gestalten bevorzugt; bekannt sind namentlich die geflügelten Portalfiguren, Löwenkörper mit Menschenhaupt zu Chorsabad [* 32] (Fig. 2); doch sind auch Königsstatuen erhalten. Weiter brachte die assyr.-babylon. Kunst gewerbliche Leistungen, namentlich in Elfenbein- und Glasarbeiten hervor. In diesen erfuhr sie ägypt. Einwirkungen. Große Fertigkeit hatten die Assyrer im Schneiden von harten Steinen; Cylinder, Amulette und Gemmen bezeugen dies.
Die Darstellungen auf den assyr. Basreliefs und den Thorüberzügen von Balawat werfen gelegentlich auf das Privatleben einiges Licht. Alles deutet auf Pracht und Zierlichkeit in Tracht, Gewändern, Möbeln und Gerätschaften. Stickereien scheinen sehr kunstvoll ausgeführt worden zu sein; Ohrgehänge, Armbänder u. dgl. zeugen von einer saubern Technik. Zufällige Darstellungen von Trinkgelagen, Fischfang, Reiten der Frauen auf Maultieren, Schwimmen auf Schläuchen (wie noch heutzutage), Füttern von Pfauen, Schlachten [* 33] von Schafen u. s. w. führen in das Leben ein. Die Vollendung der Weberei [* 34] bezeugt Ezechiel (Kap. 27). (S. Tafel. Babylonisch-Assyrische Altertümer.)
Wissenschaften. Sehr beachtenswert ist die Ausbildung der Wissenschaften bei den Babylonier-Assyrern. Die schulmäßige Tradition und Fortbildung der Kenntnis der äußerst verwickelten Schriftarten der babylon.-assyr. Keilinschriften und die Abfassung von Hilfsmitteln zum Studium derselben für die Priester- und Gelehrtenschulen ist hier allein schon beweisend. Entstanden sind die zahlreichen Zeichen- und Wortlisten, die verschiedene Ordnungsprincipien erkennen lassen, und die grammatischen Paradigmensammlungen gewiß durch das Bedürfnis, die heilig gehaltenen Gesänge, Hymnen und Psalmen, und die Zauber- und Beschwörungsformeln, die den semit.
Babyloniern in der sog. sumero-akkadischen Sprache bekannt wurden, zu interpretieren und in ihre eigene Sprache zu übersetzen, oder auch Produkte ihrer eigenen Lyrik (zum liturgischen Gebrauch) in die alte Sprache zurückzuübersetzen. Solcher Übersetzungen, die Zeile für Zeile mit dem sumero-akkadischen Text laufend mit diesem zusammen kopiert wurden, sind schon setzt mehrere Hunderte, freilich zum Teil nur in Bruchstücken, bekannt geworden. Die eigentlichen litterarischen Werke der Babylonier sind erst zu einem ganz geringen Teil ausgebeutet. Eine große Rolle scheinen darin allerhand Legenden über Götter, Dämonen und andere übernatürliche Wesen, Beschreibungen der Unterwelt oder des Himmels und eine Reihe von Tierfabeln gespielt zu haben.
Eine merkwürdige Beachtung wurde allerhand Vorbedeutungen, Traum- und anderer Wahrsagerei geschenkt; hierauf bezügliche Stücke sind im Britischen Museum äußerst zahlreich vertreten und harren der Bearbeitung. Die durch die Vorbedeutungen angedrohten Schicksalsschläge sind meist einförmig: Krieg, Dürre, Tod des Königs, Hungersnot, Sklaverei, Zerstörung von Stadt und Land u. dgl. Dazu kommen liturgische Werke. Zur Abwehr aller möglichen schädlichen Natureinflüsse, von Krankheiten u. s. w. sind bestimmte Vorschriften, Beschwörungsformeln nebst den begleitenden Ceremonien gesammelt. Daran schließen sich eine Reihe mediz. Rezepte, teils rein magischer Natur, teils, wie es scheint, auf einer vernunftgemäßen Mischung pflanzlicher und tierischer Stoffe basierend.
Viel fruchtbringender als die bisher besprochenen Arbeiten waren die der babylon.-assyr. Astrologie. Daraus, daß die Vorbedeutungen auf Himmelserscheinungen, Windrichtung, Wolkenzug u. s. w. ausgedehnt wurden, ergab sich naturgemäß die Beobachtung der Himmelskörper, die schließlich zu den Anfängen der wirklichen Astronomie führte, deren Schöpfer die Babylonier-Assyrer unzweifelhaft sind. In neuester Zeit hat man rechnungsmäßige astron. Aufzeichnungen aus der Zeit des spätbabylon.
Schrifttums gefunden, woraus folgende Punkte über das astron. Wissen dieses Volks mit Sicherheit erschlossen wurden: sie gaben die Daten für Konstellationen von Ekliptiksternen;
sie bezeichneten die heliatischen Auf- und Untergänge der Planeten;
ferner die Opposition derselben mit der Sonne; [* 35]
ihre Kehr- oder Stationspunkte;
sie besaßen ähnlich wie wir gewisse Tierkreissternbilder;
sie bestimmten die helialischen Auf- und Untergänge des Sirius und desgleichen die Anfangstermine der astron.
Jahreszeiten, [* 36] vermutlich vom Herbstäquinoktium ausgehend. In der Mathematik der Babylonier-Assyrer ist besonders ein doppeltes Zahlensystem, Sexagesimal- und Centesimalsystem, hervorzuheben sowie die Aufzeichnung von Quadraten und Kuben der einfachen Zahlen; es scheint, daß ihnen auch der Begriff der arithmet. Reihen geläufig gewesen ist. Über ihre Geographie ist wenig bekannt; namentlich verdienen mehrere Landkarten [* 37] im Britischen Museum Beachtung.
Litteratur. Von den Ausgrabungen handeln: Rich, Two memoirs on the ruins of Babylon, with a narrative of a journey to the site of Babylon in 1811 and another of a journey to Persepolis (Lond. 1839);
Botta und Flandin, Monuments de Ninive (5 Bde., Par. 1846-50);
Layard, Niniveh and its remains (2 Bde., Lond. 1849);
ders., Monuments of Nineveh (2 Serien, ebd. 1849-53);
ders., Nineveh and Babylon (ebd. 1853; deutsch Lpz. 1856; abgekürzte engl. Ausg., Lond. 1867);
Oppert, Expédition scientifique en Mésopotamie (2 Bde., Par. 1859-63);
G. Smith, Assyrian Discoveries (Lond. 1875);
H. Rassam, Transactions der Society of Biblical Archaeology (Bd. 7 u. 8). -
Entzifferungsgeschichte: Spiegel, [* 38] Die altpers. Keilinschriften (2. Aufl., Lpz. 1881); Schrader, Die assyr.-babylon. Keilinschriften (ebd. 1872). - Textpublikationen: H. Rawlinson, The Cuneiform Inscriptions of Westerm Asia (Lond. 1861-91);
De Sarzec, Découvertes en Chaldée (Par. 1884-93);
Mitteilungen aus den orient.
Sammlungen der königl. Museen zu Berlin, Heft 1-3 (hg. von Winckler, Berl. 1889-90); The Tell al-Amarna Tablets in the British Museum (hg. von Bezold, Lond. 1892); Straßmaier, Babylon. Texte, Heft 1-11 (Lpz. 1887-94);
Harper, Assyrian and Babylonian Inscriptions chiefly from Nippur, Bd. 1-2 (Lond. 1892-93);
Old Babylonian Inscriptions chiefly from Nippur, Tl. 1 (hg. von Hilprecht, Philad. 1893);
Winckler, Sammlung ¶