Als die persische
Regierung gegen diese
Schwärmer vorging, setzten sich diese unter
Hussein Buschrewi zur
Wehr. Zuerst wütete
der
Kampf in
Chorasan und dann in
Masenderan, im
OrtScheich Tebersi, wo sich die Babi 1848 in einem festen
Turm
[* 3] vier
Monate lang hielten, aber nach der
Übergabe, 214 an der Zahl, sämtlich hingerichtet wurden. Das gleiche
Schicksal
traf
MohammedAli, der sich inzwischen in
Schiraz versteckt gehalten. Der neue
Bab, Mirza Jaia, ließ sich
in
Bagdad nieder, empfing hier insgeheim zahlreiche Wallfahrer, verbot aber seinen Anhängern jeden
Versuch einer Empörung,
bevor er das
Signal dazu gegeben.
Als man bei einem öffentlichen
Attentat die Schuldigen als Babi erkannte, wurden 40 derselben unter Martern hingerichtet, und
noch heute ist jeder, welcher sich als Anhänger des Babismus zu erkennen gibt, dem
Tod verfallen. Trotzdem
hat derselbe immer größere Ausbreitung gewonnen und soll nach den
Berichten der amerikanischen
Missionäre gegenwärtig
Millionen
von
Bekennern zählen. Heute sind die in größter Anzahl im türkischen
Arabistan anzutreffen, doch läßt sich ihre Verbreitung
über die ganze Islamwelt nachweisen. Über die eigentliche
Lehre
[* 4] der Babi bestehen zur Zeit noch sehr verschiedene
und unsichere Mitteilungen. Sie scheint, wie die meisten orientalischen
Religionen, auf dem Emanationssystem zu beruhen; die
von Gott emanierte
Kreatur ist zu weitern
Kreationen unfähig, vereinigt sich aber nach dem
Tod wieder mit der Wesenheit
Gottes.
Der
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Bab steht höher als Mohammed, wie dieser höher als Christus stand; er schreibt wenige Gebete vor und verhält sich den islamitischen
Waschungen gegenüber gleichgültig. Ein engerer Verkehr mit Christen ist gestattet. Das weibliche Geschlecht darf ohne Schleier
am bürgerlichen Leben teilnehmen; bezüglich der Getränke und Speisen besteht keine religiöse Kontrolle.
Bettelei ist verboten. Jedenfalls entspricht der Babismus dem kritischen Geiste der Neuperser weit mehr als der schiitische
Islam, und die jetzt unterdrückte, sich verbergende Sekte dürfte dereinst noch eine große Rolle zu spielen berufen sein.
Vgl. Gobineau, Les religions del'Asie centrale (Par. 1865);
oder Babisten, mohammed. Sekte in Persien, Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts von dem aus einer bescheidenen
Handelsfamilie in Schiras stammenden 'Ali Mohammed gestiftet. Dieser unternahm 1835 im Alter von 23 Jahren
die Pilgerreise nach Kerbela, dem heiligen Wallfahrtsorte der Schi'iten, wo er auch mystische Vorlesungen besuchte. Dann begann
er dem Volke in schwärmerischer Weise zu predigen und durch seine hinreißende Beredsamkeit sowie den Erfolg seiner öffentlichen
Disputationen mit den
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Theologen die allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen. Bald erklärte er sich dann als Bâb (d. h. die Pforte) der Gotteserkenntnis;
später verkündete er, der Pol zu sein, um welchen sich die ganze Weltordnung bewege; seine Anhänger nannten ihn Hasret-i-a'lâ'
(d. h. hohe Majestät) und hielten ihn für eine Inkarnation der Gottheit. Er trat
mit einem neuen Koran in arab. Sprache
[* 7] auf und legte seine Lehre in einer Reihe von religiösen Schriften nieder. In denselben
wird eine Art Emanationslehre verkündet, welche noch mehr als die Theorie der Sufis sich von der Gotteslehre des Islams entfernt.
Die rituellen Lehren
[* 8] des Korans werden zum Teil beseitigt. Die wichtigste Reform der Babilehre ist die Befreiung
der Frauen von den Schranken, die ihnen der Islam auflegte. Der Schleier wird abgeschafft, die Ehescheidung erschwert, hingegen
die Wiederverehelichung der Geschiedenen ohne Beschränkung gestattet. Eine gelehrte Frau aus Kaswin, Serrin Tadsch (goldene
Krone), die den Beinamen Kurrat al-'ajn erhielt, gehörte zu den frühesten und eifrigsten Aposteln des
neuen Propheten.
Anfangs ließ die Regierung die Babi gewähren und begnügte sich damit, den Stifter wegen seiner heterodoxen Lehren in den entferntesten
Teilen des Reichs zu internieren, ohne seinen Verkehr mit seinen Anhängern und der Außenwelt zu beschränken; so konnte er
seine Lehre in unmittelbarem Verkehr verbreiten und seine Religionsschriften abfassen sowie einen zum
Teil erhaltenen Briefwechsel mit seinen Missionaren unterhalten. Bald aber begannen sich die Babi der Regierung zu widersetzen,
so daß mit dem Regierungsantritt des Schah Nasr ed-din (1848) energischere Maßregeln notwendig erschienen, um die entstandenen
ernsten Unruhen zu unterdrücken.
Die Babi verschanzten sich in einem von ihnen beim Grabe des Scheich Tabarsi in Masenderan erbauten Fort und
verteidigten sich dort mit großem Mute. Auch ein noch heftigerer Aufstand in Sendschan konnte nur mit großer Mühe unterdrückt
werden. Bab selbst wurde 1849 in Täbris mit seinem treuen Apostel Mollah Mohammed 'Ali erschossen. Ein babistisches
Attentat auf den Schah (1852) führte zu einer furchtbaren Katastrophe und zu völliger Vernichtung der Babi. Der Rest derselben
mußte sein Bekenntnis verleugnen oder in der Flucht seine Rettung suchen. In Persien giebt es jedoch noch geheime Babi, unter
welchen in neuerer Zeit Browne Forschungen angestellt hat.
Vgl. Mirza Kazem-Beg, Bab et les Babi ou le soulévement politique et relegieux en Perse, de 1845 à 1853 (Par.
1857);
Gobineau, Les religions et les philosophies dans l'Asie centrale (Par. 1865);
Kremer,
Geschichte der herrschenden Ideen des Islam (Lpz. 1868).
Die gründlichste Aufhellung über die Babi giebt Browne, The Babis of Persia (in dem «Journal of the Royal
Asiatic Society», New Series, Bd. 21). Wichtige Handschriften über die Babi sind
beschrieben in Victor von Rosens Katalogen der arab. und pers. Handschriften des Instituts für orient. Sprachen in St. Petersburg
[* 9] (Petersb. 1877, 1886 u. 1801).