Büreaukratie
(franz.-griech., »Schreibstubenherrschaft«),
Regiment vom grünen Tisch aus; Bezeichnung für eine kurzsichtige und engherzige Beamtenwirtschaft, welche in kaftenmäßiger Absonderung und Selbstüberhebung, dem eigentlichen Volksleben entfremdet, in pedantischer Weise und mit geringem Verständnis für die praktischen Bedürfnisse des Volkes zu verfahren pflegt. Auch eine solche Beamtenschaft und ihre Angehörigen nennt man Büreaukratie. Der Boden der Büreaukratie ist der absolute Staat mit dem System polizeilicher Bevormundung gegenüber dem »beschränkten Unterthanenverstand«. So stand das büreaukratische Regiment während des 18. und auch noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. in voller Blüte, und bis in die neueste Zeit hinein finden sich Anklänge an das Beamtenwesen jener Zeit des Polizeistaats, welches mit dem Wesen des modernen Rechtsstaats unverträglich ist.
Die Begründung der konstitutionellen Regierungsform, die parlamentarische Mitwirkung der Unterthanenschaft bei den wichtigsten Regierungshandlungen, das freie Vereins- und Versammlungsrecht, die Bedeutung der Presse für die öffentliche Diskussion der Staatsangelegenheiten, die Anerkennung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden und der Gemeindeverbände, alles dies sind Momente, welche ein büreaukratisches Regiment für die Gegenwart unerträglich und unmöglich machen. Mögen einzelne »Büreaukraten« an dem alten Standpunkt eigensinnig festhalten, im Volk haben ihre Bestrebungen keinen Boden mehr, und die Autorität der Behörde, in deren Schoße sich solche Tendenzen geltend machen, wird dadurch keineswegs gefördert. Die Ausdrücke und Büreaukratismus werden auch als gleichbedeutend mit der Bezeichnung »büreaukratisches System« gebraucht (s. Büreaukratismus).