Böckh
,
Aug., Altertumsforscher, geb. zu Karlsruhe, [* 2] wo sein Vater Kanzleibeamter und kaiserl. Notar war, bezog 1803 die Universität Halle, [* 3] wo ihn F. A. Wolfs Einfluß von dem Studium der Theologie abwendete und der Philologie zuführte. Ostern 1806 ging er nach Berlin [* 4] und wurde hier Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen. Infolge der Kriegsunruhen kehrte er in die Heimat zurück und privatisierte im Sommer 1807 zu Heidelberg, [* 5] wo er dann im Herbst eine außerord. und 1809 eine ord.
Professur erhielt. Als Professor der
Beredsamkeit und der alten Litteratur an die
Universität
Berlin berufen, wirkte Böckh
hier
seit
Ostern 1811 mit großem Erfolge sowohl durch feine Vorlesungen wie durch die Leitung des philol. Seminars und
seit 1820 des Seminars für gelehrte Schulen. Böckh
, der fünfmal das Rektorat der
Universität bekleidete, starb Durch
seine
Auffassung der
Philologie als einer geistigen
Reproduktion des gesamten
Altertums hat Böckh
eine Zeit lang an G.
Hermann und
der
Leipziger Philologenschule Gegner gefunden, aber zweifellos zu einer tiefern
Auffassung des
Altertums
den Anstoß gegeben.
Ausgezeichnet ist seine Ausgabe des Pindar (2 Bde. in 4 Tln., Lpz. 1811-22, mit der Abhandlung «De metris Pindari libri III quibus praecepta artis metricae et musices Graecorum docentur», ebd. 1811). Schon vor Vollendung dieses Werkes erschien «Die Staatshaushaltung der Athener» (2 Bde., Berl. 1817; hierzu als 3. Band: [* 6] «Urkunden über das Seewesen des attischen Staates», ebd. 1840; 2. Aufl. 1851; 3. Aufl., besorgt von M. Fränkel, 1886),
ein
Buch, das für die Betrachtung der nationalökonomischen und polit. Verhältnisse des
Altertums bahnbrechend
wurde. Weitere Forschungen auf diesem Gebiete hat Böckh
namentlich in «Metrolog.
Untersuchungen über Gewichte, Münzfüße und
Maße des
Altertums» (Berl. 1838) niedergelegt. Neben diesen
Arbeiten beschäftigte ihn seit 1815 ununterbrochen die Sammlung und Erklärung der griech.
Inschriften, deren Ergebnisse in dem «Corpus inscriptionum graecarum»
(Bd. 1-4 in 13
Tln., Verl. 1828 -77) niedergelegt sind, das er im
Auftrage der
Akademie der Wissenschaften
herausgab, und das nach seinem Rücktritt von
Franz, E. Curtius und Kirchhoff fortgesetzt wurde. Höchst beachtenswert sind
auch B.s übrige
Schriften. So die
Schriften zu
Plato («Commentatio in Platonis qui vulgo fertur Minoem»,
Halle 1806;
«Simonis
Socratici dialogi quatuor», Heidelb. 1810),
die kritische Untersuchung über die drei großen griech. Tragödiendichter (lateinisch, Heidelb. 1808),
die Abhandlung «Über die Versmaße des Pindaros» (Berl. 1809); die «Entwicklung der Lehren [* 7] des Pythagoreers Philolaos» (ebd. 1819); die ¶
mehr
Forschungen, welche die griech. Tragödie betreffen (wie z. B. die Ausgabe und Übersetzung der «Antigone» des Sophokles, ebd. 1843),
die Untersuchungen über «Manetho und die Hundssternperiode» (ebd. 1845),
«Untersuchungen über die kosmischen Systeme der Griechen» (ebd.1852),
«Zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen» (Lpz. 1855),
«Epigraphisch-chronol. Studien» (ebd. 1856),
«Über die vierjährigen Sonnenkreise der Alten» (Berl.
1863). Viele Abhandlungen von ihm enthalten die «Denkschriften» der Akademie, der er seit 1814 als Mitglied angehörte; sie
bilden den 5. und 6. Band seiner «Kleinern Schriften» (hg. von Ascherson, Bratuscheck und Eichholtz, 7 Bde., Lpz.
1858-72). Auch an der neuen Ausgabe der Werte Friedrichs d. Gr. nahm Böckh
als Direktor des dafür ernannten
akademischen Ausschusses teil. Seine Vorträge über «Encyklopädie und Methodologie der philol. Wissenschaften» gab Bratuschek
heraus (Lpz. 1877; 2. Aufl. 1886, besorgt von Klußmann). Sein Briefwechsel
mit K. O. Müller erschien Leipzig
[* 9] 1883. -
Vgl. Sachse, Erinnerungen an A. Böckh
(Berl. 1868).