Bärtierchen
,
s. Spinnentiere. [* 2]
Bärtierchen
109 Wörter, 778 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Bärtierchen,
s. Spinnentiere. [* 2]
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Bärtierchen
(Tartigrada), eine Ordnung der Spinnentiere (s. d.), die sehr kleine rückgebildete
Formen umfaßt. An dem länglichen Körper der Bärtierchen
lassen sich undeutlich einzelne Ringe, nicht aber ein Kopfbruststück und
ein Hinterleib unterscheiden. Die Mundteile sind zum Saugen eingerichtet, von den vier stummelartigen Beinpaaren ist das
letzte ans Ende des Körpers gerückt. Die Bärtierchen
sind Zwitter, was sie von allen andern Spinnen
[* 3] unterscheidet.
Sie leben an feuchten Stellen, z. B. unter dem Moos der Ziegeldächer, in Regenrinnen u. s. w. und können ganz austrocknen
und nach langer Zeit beim Anfeuchten aufleben. Eine von den etwa 15 bekannten Arten ist: Macrobiotus Schultzei Greef (s. Tafel:
Spinnentiere und Tausendfüßer I,
[* 4]
Fig. 10).
[* 2] (Arachniden, Arachnida, hierzu Tafel »Spinnentiere«),
Klasse der Gliederfüßler (Arthropoden), meist kleine Tiere von sehr mannigfacher Gestalt. Kopf und Brust sind bei ihnen gewöhnlich zu Einem Stück, dem sogen. Cephalothorax, verschmolzen. Die vordern, als Kiefer verwendeten Gliedmaßen des Kopfes, die Kieferfühler, entsprechen vielleicht den Fühlern der Insekten, [* 6] dienen aber nicht als solche, sondern als Kiefer und enden oft mit einer Schere [* 7] (Skorpione) oder Klaue [* 8] (Spinnen); auch das zweite Gliedmaßenpaar, die Kiefertaster, hat im allgemeinen ähnlichen Bau und ähnliche Verwendung. Es folgen dann vier Paar Beine, von denen nur selten das erste als Taster und Kiefer zugleich fungiert, gewöhnlich jedoch gleich den übrigen zum Laufen dient.
Diese Beine bestehen aus sechs oder sieben Gliedern. Der Hinterleib ist äußerst verschieden und hat seine Zusammensetzung aus Ringen (Segmenten) nur noch bei den Skorpionen und ihren nächsten Verwandten bewahrt, ist bei den Spinnen einfach rundlich und durch einen dünnen Stiel mit dem Cephalothorax verbunden, bei den Milben sogar mit diesem verschmolzen. Er trägt keine Beine. Auch der innere Bau ist bei den einzelnen Ordnungen der S. sehr verschieden. Das Nervensystem ist meist in Gehirn [* 9] und Bauchmark geschieden, letzteres auch wohl in eine Reihe Nervenknoten (Ganglien) getrennt, gewöhnlich jedoch zu einer einzigen Nervenmasse verschmolzen.
Die Augen sind unbeweglich und stehen, 2-12 an der Zahl, auf der Oberseite des Cephalothorax; Gehörorgane sind nicht mit Sicherheit bekannt; zum Tasten dienen die Kiefertaster und die Enden der Beine. Der Darmkanal läuft meist geradlinig vom Mund zum After und zerfällt in eine engere Speiseröhre und einen weitern, meist mit seitlichen Blindsäcken versehenen Darm; [* 10] häufig läßt sich an letzterm der Anfang als Magen [* 11] unterscheiden. Speicheldrüsen, Leber und Harnorgane in verschiedener Form sind fast immer vorhanden.
Kreislaufsorgane fehlen nur bei den niedersten Milben, bei den übrigen liegt das Herz gewöhnlich als mehrkammeriges Rückengefäß im Hinterleib; es besitzt seitliche Spaltöffnungen zum Eintritt des Bluts und häufig Arterienstämme am vordern und hintern Ende. Besondere Atmungsorgane fehlen gleichfalls bei manchen Milben völlig und sind im übrigen Tracheen [* 12] (s. d.), in welche die Luft durch Luftlöcher (Stigmen) eintritt. Mit Ausnahme der Tardigraden (s. unten) sind die S. getrennten Geschlechts.
Die Männchen, oft durch äußere Merkmale unterschieden, besitzen paarige Hodenschläuche, aber in der Regel keine eignen Begattungsorgane, so daß mitunter so entfernt gelegene Gliedmaßen wie die Kiefertaster der Spinnen die Übertragung des Samens auf das Weibchen übernehmen. Letzteres hat einen unpaaren oder paarige Eierstöcke, deren Eileiter meist gemeinschaftlich am Anfang des Hinterleibs ausmünden. Die meisten S. legen Eier, [* 13] die sie zuweilen in Säcken bis zum Ausschlüpfen der Jungen mit sich herumtragen.
Letztere haben meist schon die Form der ausgewachsenen Tiere; wenige durchlaufen eine wahre Metamorphose. Die Lebensdauer der S. ist nicht wie die der Insekten eine beschränkte; sie häuten sich auch noch nach Eintritt der Zeugungsfähigkeit in bestimmten Zeiträumen und sind zu wiederholten Malen fortpflanzungsfähig. Sie besitzen ein zähes Leben, so daß manche monatelang ohne Nahrung existieren können, und eine bedeutende Reproduktionskraft, welche sich z. B. im Wiederersatz verlorner Beine äußert.
Sie nähren sich meist vom Raub andrer Gliedertiere, besonders der Insekten, die sie meist nur aussaugen; unter den niedrigsten Formen leben einige parasitisch an Wirbeltieren; wenige nähren sich von pflanzlichen Säften. Fast sämtlich sind sie Landtiere, welche sich vielfach am Tag verborgen halten und nur nachts auf Raub ausgehen. Sie sind über den ganzen Erdkreis verbreitet, doch finden sich in den heißern Zonen die meisten und größten Arten. Die nicht besonders zahlreichen fossilen Arten gehen bis in das Steinkohlengebirge zurück (z. B. die Skorpiongattung Cyclophthalmus, s. Tafel »Steinkohlenformation I«). [* 14]
Man teilt die S. in sechs oder mehr Ordnungen ein (die früher hierher gestellten Krebsspinnen, ¶
Pantopoda oder Pycnogonidae, sind als selbständige Gruppe nicht mit eingerechnet), nämlich:
1) Gliederspinnen (Arthrogastra), welche durch ihren gegliederten Hinterleib und auch den innern Bau noch am meisten der ursprünglichen Form der S. zu entsprechen scheinen, während alle übrigen S. mehr oder weniger abgeändert sind. Zu ihnen gehören unter andern die Skorpione (s. Gliederspinnen).
2) Echte Spinnen oder Spinnen im engern Sinn (s. unten).
3) Milben (Acarina), schon stark rückgebildete Formen, die aber noch deutlich ihre Zugehörigkeit zu den Spinnentieren verraten.
4) Tardigraden.
5) Zungenwürmer, beides, namentlich aber die letztern, Ordnungen von eigentümlichstem Bau.
Die Tardigraden (Tardigrada) sind kleine, sich langsam bewegende Tiere mit wurmartigem Körper, der nicht in Cephalothorax und Abdomen geschieden ist, mit saugenden und stechenden Mundteilen und vier Paar kurzen, stummelförmigen Beinen. Herz und Tracheen fehlen ganz. Sie sind Zwitter und legen die Eier während der Häutung in die abgeworfene Haut [* 16] ab; sie leben zwischen Moos und Algen, [* 17] auf Ziegeln in Dachrinnen, zum Teil auch im Wasser, nähren sich von kleinen Tieren und können nach langem Eintrocknen durch Befeuchten wieder ins Leben gerufen werden. Hierher gehören nur wenige Arten, unter andern das Bärtierchen (Arctiscon tardigradum).
Die Zungenwürmer oder Pentastomiden (Linguatulidae), früher allgemein zu den Eingeweidewürmern gerechnet, sind durch Parasitismus außerordentlich rückgebildete, milbenartige S. mit wurmförmigem, geringeltem Körper, verkümmerten Mundwerkzeugen und Beinen, an deren Stellen zwei Paar Klammerhaken getreten sind, ohne Augen und ohne besondere Atmungs- und Kreislaufsorgane, mit einfachem Darm. Beide Geschlechter (das Weibchen ist bedeutend größer als das Männchen) hausen im erwachsenen Zustand in den Luftwegen von Warmblütern und Reptilien.
Das hierher gehörige Pentastomum taenioides Rud. (Textfig. 1), dessen Männchen 8 cm und dessen Weibchen nur 2 cm lang wird, lebt in den Nasen-, Stirn- und Kieferhöhlen des Hundes und Wolfs; seine Embryonen gelangen mit dem Nasenschleim auf Pflanzen und von da in den Magen der Kaninchen, [* 18] Hasen, Ziegen, Schafe, [* 19] seltener Rinder [* 20] und Katzen, [* 21] auch wohl des Menschen; sie schlüpfen aus, durchbohren die Darmwandungen, gehen in die Leber, kapseln sich hier ein und durchlaufen nach Art der Insektenlarven eine Reihe von Verwandlungen, durchbohren später die Kapsel und gelangen in die Leibeshöhle ihrer Wirte, kapseln sich aber, wenn sie daraus nicht bald befreit werden, wieder ein und sterben ab (sie sollen indes auch durch Lunge [* 22] und Luftröhre auswandern). Gelangen sie mit dem Fleisch ihres Wirtes in die Rachenhöhle des Hundes, so dringen sie in die benachbarten Lufträume und werden in 4-5 Monaten geschlechtsreif. Mit zahlreichen Pentastomen behaftete Hunde [* 23] zeigen oft starke Anfälle von Tob- und Beißsucht, die leicht mit Tollwut verwechselt werden können. Der junge Zungenwurm, früher als eigne Art (P. denticulatum, Textfig. 2) beschrieben, kann in Lunge und Leber seines Wirtes furchtbare Verheerungen anrichten, auch bei zahlreichem Auftreten den Tod veranlassen.
Die Spinnen oder Webspinnen (Araneina) haben einen ungegliederten, gestielten und stark hervortretenden Hinterleib. Ihre großen Kieferfühler enden mit einer wie die Klinge eines Taschenmessers einschlagbaren Klaue, an deren Spitze der Ausführungsgang einer Giftdrüse mündet, deren Saft in die durch die Klaue geschlagene Wunde fließt und kleinere Tiere fast augenblicklich tötet. Die Unterkiefer tragen einen mehrgliederigen Taster, beim Weibchen von der Form eines verkürzten Beins, beim Männchen mit aufgetriebenem, als Begattungsorgan dienendem Endglied.
Die vier meist langen, übrigens bei den einzelnen Gattungen sehr verschieden gebauten Beinpaare enden mit zwei kammartig gezahnten Krallen, oft noch mit kleiner unpaarer Afterkralle oder einem Büschel gefiederter Haare. [* 24] An der Bauchseite des Hinterleibs liegt die Geschlechtsöffnung, und seitlich von ihr befinden sich die beiden Spaltöffnungen der sogen. Lungensäckchen, öfters auch noch ein zweites Stigmenpaar. Den After umgeben am Ende des Hinterleibs vier oder sechs Spinnwarzen, aus denen die Absonderung der Spinndrüsen hervortritt.
Letztere sind birnförmige, cylindrische oder gelappte Schläuche; ihr Sekret gelangt durch Hunderte feiner Röhrchen nach außen, erhärtet an der Luft schnell zu einem Faden [* 25] und wird unter Beihilfe der Fußklauen zu dem bekannten Gespinst verwebt. Das Nervensystem besteht aus dem Gehirn und aus einer gemeinsamen Brustganglienmasse. Hinter dem Stirnrand stehen acht, seltener sechs kleine Punktaugen in einer nach den Gattungen und Arten verschiedenen Anordnung.
Der Darmkanal zerfällt in Speiseröhre, Magen mit fünf Paar Blindschläuchen und Darm, in welchen die Lebergänge und zwei verästelte Harnkanäle münden. Der Lebersaft wirkt ähnlich dem der Bauchspeicheldrüse der höhern Wirbeltiere. Die Atmungsorgane sind meist eigentümliche sogen. Fächertracheen oder Tracheenlungen (s. Tracheen), auch Lungensäckchen genannt; doch finden sich außerdem auch wohl noch gewöhnliche Tracheen. Das Blut fließt aus einem pulsierenden, im Hinterleib gelegenen Rückengefäß durch Arterien nach den Gliedmaßen und dem Kopf, umspült zurückkehrend die Lungensäckchen und tritt durch drei Paar seitliche Spaltöffnungen in das Rückengefäß zurück. Alle Spinnen legen Eier und tragen sie häufig in besondern Gespinsten mit sich herum. Die Männchen haben einen Hinterleib von geringerm Umfang als die Weibchen; das verdickte ¶
Cannabis sativa (Hanf), a Weibliche und b männliche Pflanze. (Art. Hanf.)
Zum Artikel »Spinnfaserpflanzen«. ¶
Endglied der Kiefertaster ist löffelförmig ausgehöhlt und enthält einen spiralig gebogenen Faden nebst hervorstreckbaren Anhängen. Bei der Begattung füllt das Männchen dies Glied [* 28] mit Samen [* 29] und führt es in die weibliche Geschlechtsöffnung ein, wo sich ein besonderes Behältnis zur Aufbewahrung des Samens (Samentasche) befindet. Zuweilen leben beide Geschlechter friedlich nebeneinander in benachbarten Gespinsten oder selbst eine Zeitlang in demselben Gespinst; in andern Fällen stellt das stärkere Weibchen dem schwächern Männchen wie jedem andern Tier nach, und selbst bei der Begattung ist dieses gefährdet. Die Entwickelung im Eie ist insofern interessant, als der Embryo eine Zeitlang einen deutlich aus 10 bis 12 Segmenten bestehenden Hinterleib besitzt, an dem sich auch die Anlagen von Gliedmaßen zeigen, die aber im weitern Verlauf samt der Gliederung wieder verschwinden. Die ausschlüpfenden Jungen erleiden keine Metamorphose, bleiben aber bis nach der ersten Häutung im Gespinst der Eihüllen. - Alle Spinnen nähren sich vom Raub: die vagabundierenden überfallen die Tiere im Lauf oder Sprung;
andre bauen Gespinste, welche bei den verschiedenen Gattungen sehr wesentlich voneinander abweichen und zum Fang von Insekten dienen;
oft finden sich in der Nähe derselben röhren- oder trichterartige Verstecke zum Aufenthalt der Spinnen.
Die meisten Spinnen ruhen am Tag und jagen in der Dämmerung. Junge Spinnen erzeugen im Herbst lange Fäden (sogen. Alterweibersommer, s. d.), mittels welcher sie sich hoch in die Luft erheben, vielleicht um sich zur Überwinterung an geschützte Orte tragen zu lassen.
Man kennt mehrere tausend Arten Spinnen; fossil finden sie sich namentlich in Bernstein [* 30] eingeschlossen vor. Man ordnet sie in zwei größere Gruppen:
1) Vierlunger (Tetrapneumones), mit 4 Lungensäcken und 4 Stigmen, 4, selten 6 Spinnwarzen. Hierher nur die Familie der Vogelspinnen (Theraphosidae), s. Vogelspinne.
2) Zweilunger (Dipneumones), mit 2 Lungensäcken und 2 oder 4 Stigmen (in diesem Fall führt das hintere Paar zu Tracheenstämmen), stets 6 Spinnwarzen. Sie zerfallen in mehrere kleinere Gruppen: a) Springspinnen (Saltigradae), b) Wolfsspinnen (Citigradae), unter andern mit der Gattung Lycosa (Tarantel, s. d.), c) Krabbenspinnen (Laterigradae), unter andern mit der Gattung Thomisus (umherschweifende Krabbenspinne, T. viaticus C. L. Koch), d) Röhrenspinnen (Tubitelariae), zu denen Tegenaria (Hausspinne, T. domestica L.) und Argyroneta (gemeine Wasserspinne, A. aquatica L.) gehören, e) Webspinnen (Retitelariae) mit der Gattung Theridium (bekränzte Webspinne, T. redimitum L.), f) Radspinnen (Orbitelariae) mit der Gattung Tetragnatha (gestreckte Strickerspinne, T. extensa Walck.) und Epeira (Kreuzspinne, s. d.).
Vgl. Walckenaer und Gervais, Histoire naturelle des Insectes aptères (Par. 1836-47, 4 Bde.);
Walckenaer, Histoire naturelle des Aranéides (das. u. Straßb. 1806);
Hahn [* 31] und Koch, Die Arachniden (Nürnb. 1831-49, 16 Bde.);
Koch, Übersicht des Arachnidensystems (das. 1837-50);