Bühler
,
Georg, bedeutender Sanskritist, geb. zu Berstel ^[richtig: Borstel] bei Nienburg [* 2] in Hannover [* 3] als Sohn eines Predigers, studierte zu Göttingen [* 4] Philologie, vergleichende Sprachwissenschaft und orientalische Sprachen, besonders Sanskrit, und promovierte daselbst 1858. Nachdem er die nächsten Jahre abwechselnd in Paris, [* 5] London [* 6] und Windsor, wo er als Assistent des Bibliothekars der Königin beschäftigt wurde, und in Göttingen, wo er sich als Privatdozent habilitierte, zugebracht hatte, folgte er 1863 einem Ruf nach Indien als Professor der orientalischen Sprachen an dem Elphinstone College in Bombay. [* 7] Eine seiner ersten Arbeiten war hier die im Auftrag des damaligen Gouverneurs der Präsidentschaft Bombay, Sir Bartle Frere, in Gemeinschaft mit einem englischen Juristen, R. West, unternommene Bearbeitung des geltenden indischen Erbrechts auf Grund der Aussprüche indischer Pandits und der Originalstellen in den Sanskritgesetzbüchern. Das Werk erschien unter dem Titel: »A digest of Hindu law« (Bomb. 1867-69, 2 Bde.; 3. Aufl. 1880) und ist durch die historische Einleitung und die als Anhang beigegebenen Auszüge aus den ältesten indischen Rechtsquellen auch für die indische Rechtsgeschichte von großer Bedeutung. 1868 zum Educational Inspector (Oberschulrat) befördert, gründete er zahlreiche neue Primär- und Sekundärschulen; namentlich nahm er aber auf seinen amtlichen Visitationsreisen die Gelegenheit wahr, eine sehr bedeutende Anzahl von wichtigen alten Sanskrithandschriften teils für die indische Regierung, teils für die Bibliotheken von Oxford, [* 8] Cambridge und Berlin, [* 9] teils auch für sich selbst anzukaufen.
Später dehnte er im Auftrag der indischen Regierung diese Nachforschungen bis nach Kaschmir [* 10] aus, wo er 1875 eine Menge höchst wertvoller, meist auf Birkenrinde geschriebener Sanskrithandschriften entdeckte und für die Regierung ankaufte. Über die hier, in Zentralindien, Gudscharat und der Radschputana erworbenen Handschriften, über 5000 an der Zahl, gab er wertvolle Kataloge heraus, von denen der besonders interessante kaschmirsche 1877 als Extranummer des Journals der Royal Asiatic Society von Bombay erschien.
Auch als
Editor von Sanskrittexten war Bühler
vielfach thätig, namentlich für die
»Bombay
Sanskrit series«,
die er zusammen mit
Kielhorn gründete. Sie umfaßt jetzt bereits einige zwanzig Sanskritwerke, die größtenteils von indischen
Gelehrten (wie Bhandarkar, Telang, Shankar
Pandit u. a.) ediert worden sind, wie überhaupt das
Studium des
Sanskrits im westlichen
Indien durch Bühler
einen bedeutenden Aufschwung nahm. Für die von
Max
Müller herausgegebene Sammlung »Sacred
Books of the
East« übersetzte er die
Gesetzbücher des Upastamba und
Gautama (Oxf. 1879); den Sanskrittext des erstern hatte
er schon früher herausgegeben
(Bomb. 1869-71, 2
Tle.). Auch an der Entzifferung indischer
Inschriften nahm Bühler
lebhaften
Anteil;
namentlich gelang es ihm, durch die Enträtselung dreier von dem
General
Cunningham entdeckter
Inschriften
des buddhistischen
Königs Asoka das Todesjahr des
Buddha genauer als bisher zu bestimmen.
Auch schrieb er Sanskritschulbücher und edierte während eines vorübergehenden Aufenthalts in
Europa
[* 11] ein altes Prâkritwörterbuch
(zum
Benfey-Jubiläum, Gött. 1879). Im
September 1880 nahm Bühler
aus Gesundheitsrücksichten seinen
Abschied aus dem indischen
Dienst und wurde schon einen
Monat später zum
Professor des
Sanskrits und der indischen
Philologie in
Wien
[* 12] ernannt, als welcher er außer zahlreichen Abhandlungen über indische
Altertumskunde einen »Leitfaden für den Elementarkursus
des
Sanskrit, mit
Glossaren«
(Wien 1883) und einen
Band
[* 13] englischer Übersetzungen indischer
Gesetzbücher veröffentlichte.