Azteken
,
die Bewohner
Mexikos (s. d.) zur Zeit der Ankunft der
Europäer in
Amerika.
[* 2] Sie waren im 13. Jahrh. von
Norden
[* 3] her in die
Thäler von
Mexiko
[* 4] eingedrungen, hatten im
Bund mit den
Akolhuern die bisherigen Einwohner unterjocht
und ein mächtiges
Reich errichtet, als dessen Hauptstadt sie 1325 die Stadt Tenochtitlan (d. h.
Mexiko) gründeten. Die Azteken
standen
in dem
Ruf mutiger
Krieger und behaupteten ihre Herrschaft über die nach
Befreiung seufzenden
Völker nur durch
Furcht und
Schrecken.
Bei der Ankunft der
Europäer erstreckte sich das
Reich
Montezumas II. an den
Küsten des Atlantischen
Ozeans
vom 18. bis 21.°, an denen der
Südsee vom 14. bis 19.° nördl.
Br. Einzelne Häuptlinge, wie der kühne Ahuitzotl (1482-1502),
waren noch weiter, bis zu den entferntesten
Winkeln
Nicaraguas und
Guatemalas, vorgedrungen. Der
Staat der Azteken
war ein
Wahlkönigreich. Der König wurde durch vier von ihrer eignen
Körperschaft auserkorne Edelleute aus den Nächstverwandten
des verstorbenen Herrschers gewählt.
Die gesetzgebende Macht war ganz dem Herrscher überlassen, dem eine Art von geheimem Staatsrat zur Seite stand. Ein Gegengewicht gegen etwanige Willkür bildeten jedoch die völlig unabhängig von der Krone bestehenden höhern Gerichtshöfe. Auch gab es geschriebene Gesetze, welche den Stempel blutiger Strenge trugen. Eheangelegenheiten entschied ein eigner Gerichtshof. In den meisten größern Städten waren militärische Besatzungen, welche die an den König zu zahlenden Steuern und Abgaben einzutreiben hatten.
Die Verhältnisse der Sklaven waren durch spezielle
Gesetze zu ihrem Vorteil geregelt. Der letzte
Zweck
aller häuslichen
Erziehung und öffentlichen Anstalten der Azteken
war Kriegstüchtigkeit. Auf das engste mit der bürgerlichen
Verfassung der Azteken
war ihre
Religion verschmolzen. Sie glaubten an das Dasein eines höchsten, unsichtbaren Schöpfers und
Herrn
des Weltalls, des Taotl, unter dem noch 13 Hauptgottheiten und 200 untergeordnete standen; Schutzgott
des ganzen
Volks war der schreckliche Huitzilopochtli, in dessen prachtvollen
Tempeln die
Kriegsgefangenen geopfert wurden.
Man glaubte an ein dreifaches Dasein nach dem Tod: an einen Himmel, [* 5] in welchem die Krieger in paradiesischer Seligkeit schwelgten, an einen Ort der empfindungslosen Zufriedenheit für die auf gewöhnliche Weise Verstorbenen und an eine Hölle mit ewiger Finsternis für die Gottlosen. Der zahlreiche Priesterstand übte im öffentlichen und Privatleben einen unbegrenzten Einfluß aus. Die religiösen Feierlichkeiten bestanden teils in Umzügen der Priester, Frauen, Männer, Kinder, teils in Opfern von Blumen, Früchten und Tieren sowie in Menschenopfern. In den letzten Zeiten des aztekischen Reichs sollen jährlich an 20,000 Menschen auf den Altären der Götter geschlachtet worden sein. In höhern Lehranstalten, Calmecac genannt, wurde die zum Priesterstand bestimmte Jugend in der Sternkunde, Götterlehre, Geschichte etc. unterrichtet, wobei Aufzeichnungen in einer Art von Bilderschrift als Hilfsmittel dienten. Auch Gesetze, Berichte der ¶
mehr
Beamten, Landkarten [* 7] wurden in solcher Schrift mit Farben aus baumwollenen Tuchen, sauber zubereiteten Häuten und einer Art von Pflanzenpapier aufgezeichnet. Zur Zeit der Ankunft der Spanier war eine große Anzahl solcher Handschriften vorhanden, von denen aber die fanatische Wut der christlichen Priester und Soldaten nur wenig auf uns hat kommen lassen. Einiges findet sich in verschiedenen europäischen Bibliotheken (z. B. in Dresden) [* 8] zerstreut und wurde zum größten Teil in des Lord Kingsborough Prachtwerk »The antiquities of Mexico« (Lond. 1831-48, 9 Bde.) herausgegeben.
Das Rechensystem, das Kalenderwesen und die Chronologie der Azteken
setzten bedeutende Kenntnisse in Mathematik und Astronomie
[* 9] voraus.
Ihr Sonnenjahr mit 18 Monaten zu je 20 Tagen, wozu noch 5 Schalttage kommen, war genauer berechnet als das
der Griechen und Römer.
[* 10] Hauptbeschäftigung war der Ackerbau, der mit religiösen Einrichtungen eng verbunden war. Silber,
Blei
[* 11] und Zinn wurden durch regelmäßigen Bergbau
[* 12] aus den Gruben von Tasco, Kupfer
[* 13] aus den Gebirgen von Zacotollan,
Gold
[* 14] aus Sand und Flüssen gewonnen.
Den Gebrauch des Eisens kannten die Azteken
aber nicht, statt desselben bediente man sich zu Werkzeugen einer Mischung von Kupfer
und Zinn sowie fester Steinarten, wie des Obsidianporphyrs. In gewissen Gold- und Silberarbeiten machten die Goldschmiede der
den spanischen den Vorrang streitig. Die irdenen und hölzernen Geschirre, die dauerhaften und glänzenden
Farben, die stickereiartigen Gewebe,
[* 15] die Schmucksachen
[* 16] aus Federn etc. beweisen ihre große Kunstfertigkeit.
Denkmäler ihrer Bildhauer und Baumeister sind noch in großer Zahl vorhanden (s. Amerikanische Altertümer). Handel wurde teils
mittels Tausch, teils mittels bestimmter Ausgleichungsmittel von verschiedenem Wert betrieben. Vielweiberei
war erlaubt, beschränkte sich aber auf die reichen Klassen. Der Staat der Azteken
stand auf dem Glanzpunkt seines Gedeihens, als
Cortez demselben für immer ein Ende machte. Zwar leben noch ihre Nachkommen mit den Europäern vermischt in den Bergen
[* 17] und
Thälern des Anahuac; aber alles, was ihre Eigentümlichkeit als Nation ausmachte, ist verwischt.
Vgl. außer Prescotts »History of the conquest of Mexico«: J. G. ^[Johann Georg] Müller, Geschichte der amerikanischen Urreligionen (Bas. 1855);
Buschmann, Über die aztekischen Ortsnamen (Berl. 1852);
Derselbe, über die Spuren der aztekischen Sprache [* 18] (das. 1871);
Bancroft, Native races of the Pacific states (San Francisco 1875, 5 Bde.);
Bastian, Die Kulturländer des alten Amerika (Berl. 1878, 2 Bde.).
Vgl. auch Mexiko.