(portug. Açores, »Habichtsinseln«, von den Engländern Western Islands genannt), eine zu Portugal gehörige Gruppe
von neun Inseln im Atlantischen Ozean, nordwestlich von Afrika und den Kanarischen Inseln, zwischen 36° 59'-39° 44' nördl.
Br. und 27° 35'-33° 27' westl. L. v. Gr.
Sie bilden einen 630 km langen Zug
in nordwestlich-südöstlicher Richtung und liegen in drei kleinen, durch Räume von etwa 180 km
getrennten Haufen zerstreut, deren mittlerer die Inseln Fayal, Pico, San Jorge, Graciosa und Terceira umfaßt, während San
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Miguel und Santa Maria die südöstliche und Flores mit Corvo die nordwestliche Gruppe bilden. Ihr gesamter Flächenraum ist
zu 2388 qkm (43,4 QM.) berechnet. Die Inseln sind vulkanischen Ursprungs und bedeckt von neuern vulkanischen Massen, Laven,
Tuffen, Bimssteinen und Schlacken; es finden sich auf ihnen nicht nur zahlreiche heiße Quellen und erloschene
Krater, sondern auch noch fortdauernd thätige, Lava nebst siedendem Wasser auswerfende Vulkane. Die bedeutendsten Ausbrüche
derselben ereigneten sich 1591, 1638, 1719 und 1841, und aus der Erscheinung, daß bei diesen Ausbrüchen kleine vulkanische
Inseln aus dem Meer emporstiegen, die bald nachher wieder verschwanden (1811 die Insel Sabrina bei San Miguel),
hat man auf das Vorhandensein eines vulkanischen Herdes unter dem Boden der Azoren geschlossen und dieselben zu den Zentralvulkanen
gerechnet, die ihren Herd in sich selbst haben.
Die Oberfläche sämtlicher Inseln ist bergig, durch tiefe Schluchten zerrissen, pittoresk und steigt in einzelnen kegelförmigen
Piks bis 2300 m empor. Auch die Küsten sind durchweg steil und hoch, häufig unzugänglich. Das Klima,
eins der gesündesten auf Erden, ist ausgezeichnet gemäßigt und fast das ganze Jahr hindurch gleichförmig, die Atmosphäre
stets ungemein rein. Der Stand des Thermometers bewegt sich zwischen +10 und 23° C. Die Vegetation ist auf dem gut bewässerten,
vulkanischen Boden höchst üppig ungeachtet der mangelhaften Kultur.
Vorzüglich gedeihen Orangen (einzelne Stämme tragen gegen 26,000 Früchte und geben bis 600 Mk. jährlichen Ertrag), Wein und
Orseille (besonders auf Pico und Flores), daneben alle unsre Getreidearten und Hülsenfrüchte, viele Arzneipflanzen, selbst tropische
Gewächse, wie Yams, Bananen, Kaffee und Zuckerrohr. Bemerkenswert ist unter den Pflanzen noch eine immergrüne
Myricee (Myrica Faya), die besonders auf der Insel Fayal in Menge vorkommt. Metalle und Schiffbauholz fehlen.
Von Tieren findet man die europäischen Haustiere, insbesondere Schafe und Ziegen nebst Schweinen, in sehr großer Menge (Käse
und Schinken von Terceira sind gesucht), vortreffliches Geflügel (Rothühner), mehrere schön gefiederte
außereuropäische Vogelarten etc., Fische und Austern in ziemlicher Menge an den Küsten. Giftige Reptilien gibt es auf den Azoren nicht.
Die Azoren, so weit von den Kontinenten entfernt und durch eine tiefe See von ihnen getrennt, echt ozeanische Inseln im Sinn Darwins,
sollten eigentlich, nach dem Beispiel andrer Inseln, eine eigentümliche Flora und Fauna zeigen.
Allein 80-90 Proz. der Tiere wie der Pflanzen sind mit europäischen Arten übereinstimmend, und nur unter den Landmollusken
finden sich 60 Proz. endemische Arten. Als Erklärung dieser Anomalie werden die heftigen Stürme gerade in dieser stets bewegten
See angegeben, welche mit dem Wind oder den Wellen von Europa leicht Pflanzen und Tiere herbeiführten. Auffallend
sind auf allen Inseln die guten Wasserleitungen, selbst für die kleinsten Dörfer, ferner die Brunnen, Teiche und Zisternen an
Wegen und Straßen, oft verziert und überall wohlunterhalten.
Dies erinnert an die maurischen Elemente, welche das hiesige Volksleben einst aufnahm (s. unten). Die
Bewohner (1881: 269,401 an Zahl), meist portugiesischer Abkunft, sind von hagerm, aber festem Körperbau, intelligent, ausdauernd,
mäßig und sparsam. Von den größern Inseln wird ein lebhafter Handelsverkehr trotz des völligen Mangels sicherer Häfen
mit Portugal, England, Brasilien
und den Vereinigten Staaten von Nordamerika unterhalten. Hauptexporte sind:
Wein und Branntwein, Orangen, Getreide, Hülsenfrüchte, Salzfleisch, Färbermoos, Öl (gepreßt aus den Beeren von Persea azorica),
Käse, Orseille, Leinwand.
Importiert werden alle europäischen Industrieerzeugnisse, da auf den Azoren selbst keine Industrie herrscht. Bei der für den
Handel so günstigen Lage und der Wohlfeilheit der Lebensmittel verproviantieren sich hier viele Schiffe.
Die sichersten Reeden sind die von Angra auf Terceira, Fayal und Ponta Delgada auf San Miguel. Die Azoren bilden keine Kolonie, sondern
stehen unter der unmittelbaren Verwaltung des Königreichs. Sie zerfallen in drei Verwaltungsbezirke mit den Hauptorten Ponta Delgada,
Angra und Horta, die zusammen 22 Gemeinden (concelhos) und 121 Kirchspiele umfassen. Trotz des natürlichen
Reichtums der Inseln liefern sie der Krone nur geringen Ertrag, da der Grund und Boden sehr ungleich verteilt ist und Großgrundbesitz
vorherrscht. Die religiösen Angelegenheiten stehen unter dem katholischen Bischof von Angra. Der Unterricht ist sehr vernachlässigt,
die Schulen sind schlecht und für den Bedarf nicht ausreichend.
[Die einzelnen Inseln.]
Die wichtigern Inseln der Azoren-Gruppe sind:
1) San Miguel, 777 qkm (14 QM.) mit 107,000 Einw., die größte,
bestkultivierte und wichtigste Insel der Azoren, ist gebirgig und erreicht im Pico de Vara 1175 m Höhe. Mineralquellen, kalte und
heiße, sind häufig. Hauptstadt ist Ponta Delgada, mit 3 verfallenen Forts, alten Kirchen und (1878) 17,635
Einw., worunter viele Engländer, die im Besitz des auswärtigen Handels sind. Übrigens fehlt der Insel ein Hafen; die Reede von
Ponta Delgada ist völlig offen. Südöstlich von San Miguel liegen Santa Maria (5880 Einw.) und die Felseneilande Formigas.
2) Pico, 447 qkm (8 QM.) mit 27,904 Einw.,
reich an schöner Waldung, gutem Rindvieh und vortrefflichem Wein. Fast auf allen Punkten steigen die Küsten senkrecht aus dem
Meer empor; die Insel selbst ist nur die Basis eines gigantischen Bergkegels, dessen majestätischer, 2350 m hoher und auf 180 km
sichtbarer Gipfel noch 1718 Lava ergoß und noch jetzt Schwefeldämpfe ausstößt. Außer Lagens (3310
Einw.) gibt es noch vier kleine Städte auf Pico.
3) Fayal, 179 qkm (3,2 QM.) mit 26,264 Einw.,
so genannt nach dem bei der Entdeckung in Fülle angetroffenen Strauch Myrica Faya, hat halbmondförmige Gestalt, einen fast 1000 m
hohen erloschenen Kraterberg am Südostende und einen zweiten Vulkan, der noch 1682 Lavaströme ergossen
hat. Hauptstadt ist Horta, am Meer, der Insel Pico gegenüber gelegen, ein gut gebauter, lebhafter Handelsplatz mit 7446 Einw.
(darunter viele Engländer, Nordamerikaner, Brasilier und Portugiesen) und vorzüglicher Reede, der einzigen Stelle der Azoren, wo
Schiffe ohne Gefahr ankern können. Dabei die kleinern Inseln Flores (10,700 Einw.) und Corvo (1000 Einw.).
4) San Jorge, östlich von Fayal, 244 qkm (4 QM.) mit 18,000 Einw., sehr fruchtbar,
aber häufigen Erdbeben ausgesetzt. Im J. 1580 und in neuerer Zeit (1808) wurde fast die ganze Insel durch Lavaausbrüche verwüstet,
und 1757 erschienen nahe der Küste unter Erderschütterungen 18 kleine Inseln, die bald wieder verschwanden.
Hauptstadt ist Villa de Velhas, mit 2150 Einw. und Hafen.
5) Graciosa, nördlich von San Jorge, vollkommen rund, einem Blumenkorb ähnlich, 63 qkm (1 QM.) mit 8718 Einw.;
Hauptort ist Santa Cruz, mit 3824 Einw.
6) Terceira, das Zentrum
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der Inselgruppe, 421 qkm (7,6 QM.) mit 45,391 Einw.
Im Innern erhebt sich der Bagacina-Pik, der 1761 einen großen Lavastrom bis an die Küste ergoß. Vulkanische Dämpfe steigen
noch jetzt aus den Schwefelhöhlen (furnas d'enxofre) fortwährend auf. Stark wird hier nur die Orseillegewinnung betrieben,
im übrigen ist der Handel gering. Die Hauptstadt Angra do Heroismo wird von einem kahlen Gebirge eingeschlossen,
ist gut gebaut, hat starke Festungswerke sowie große, schöne Kirchen und zählt 11,070 Einw., darunter viele Juden, welche,
aus Portugal vertrieben, hierher kamen und die Stelle der Engländer vertreten.
Geschichte. Die Azoren wurden 1431 von dem Portugiesen. Gonzalo Velho Cabral entdeckt; wahrscheinlich aber
waren sie schon im Altertum den Karthagern sowie später den Normannen und Arabern bekannt. Genauere Kunde von ihnen kam erst
seit ihrer Wiederauffindung und Bevölkerung durch die Portugiesen. Im J. 1431 fand Gonzalo Velho Cabral die Formigas und 1432 Santa Maria.
Im J. 1444 wurde San Miguel, 1449 Terceira, San Jorge, Fayal, Flores und Corvo, 1453 Graciosa entdeckt.
Die ersten Kolonien gründeten die Portugiesen auf Santa Maria und San Miguel. Nachdem König Alfons V. Fayal an seine Tante, die
Herzogin Isabella, Mutter Karls des Kühnen, auf deren Lebenszeit abgetreten hatte, fanden sich auf den Azoren viele
Ansiedler aus Flandern ein. Man nannte sie deshalb auch Vlämische oder Flandrische Inseln (Ilhas Flamengas). Azoren wurden dieselben
von den vielen Habichten (portug. acor) genannt, welche die ersten Entdecker hier antrafen. Später wanderten die aus Spanien
vertriebenen Morisken zahlreich ein und führten eine hohe Blüte der Kultur herbei.
Der Okkupation Portugals durch Philipp II. von Spanien (1580) unterlagen auch die Azoren außer Terceira, welches
sich der spanischen Herrschaft hartnäckig widersetzte. Allein im Juli 1582 siegte die spanische Flotte über die französische
und den portugiesischen Kronprätendenten Antonio von Crato, und 1583 ward Terceira unterworfen. Nach der Befreiung Portugals
(1640) folgte für die Azoren eine Zeit des Rückschritts und Verfalls, denn die portugiesische Politik vertrieb
nicht allein die hier angesiedelten Spanier, sondern beschränkte auch den Verkehr der Azoren auf die Gestade des Tejo.
Vergebens suchte Pombal die Azoren wieder zu heben; besser wurde es erst, als mit der Auswanderung des Hauses Braganza
nach Brasilien (1808) größere Handelsfreiheit und damit regerer Verkehr eintrat. In der neuesten Zeit zeichneten sich die
Azoren, besonders Terceira, durch ihre Treue gegen Dom Pedro und Donna Maria da Gloria aus. Als 1828 Dom Miguel Portugals Krone an sich gerissen
hatte, landete der pedristisch gesinnte Graf Villaflor mit etwa 20 Offizieren auf Terceira, wo Besatzung und
Einwohnerschaft den Anmaßungen Miguels Trotz boten, schlug die von Miguel gesandte Flotte zurück und gewann bald sämtliche
Azoren für seine Sache. Im J. 1832 erschien Pedro selbst mit einer Flotte auf Terceira; freudig verstärkten die Insulaner sein
Heer, das 8. Juli, 12,000 Mann stark, in Porto landete, 24. Juli 1833 Lissabon besetzte und bald darauf Dom Miguel
aus Portugal vertrieb.
Vgl. Hartung, Die in ihrer äußern Erscheinung und geognostisch geschildert (Leipz. 1860);
Kerhallet,
Description nautique des Açores (Par. 1865);
Godman, Natural history of the Azores (Lond. 1870).
(d. h. Habichtinseln), portug. Ilhas Acores,
engl. Azores, frz. Acores, auch Ilhas Terceiras und Westinseln, engl. Western-Islands, eine als Provinz, nicht als Kolonie
zum Königreich Portugal gehörige und von dem Festlande 1700 km entfernte Gruppe von neun Inseln und mehrern Klippen im Atlantischen
Ocean, zwischen 37-40° nördl. Br. und 25-31° 16' westl. L. gelegen, früher zu Afrika, jetzt zu Europa gerechnet. Die Inseln
haben 2388,3 qkm und (1890) 255511E., d. h. 107 Seelen auf 1 qkm.
Die Hauptmasse der Bevölkerung ist portug. Abkunft. Daneben leben einige Neger, Mulatten und, besonders auf Fayal, auch Engländer,
Schotten und Irländer.
Lage und Oberflächengestaltung. Die Azoren bilden einen über 650 km langen, von OSO. nach WNW. gerichteten Zug,
der mit Sta.
Maria beginnt, mit Flores und Corvo in der Nähe der berühmten Fucusbank oder dem Sargassomeer endet
und durch Zwischenräume von etwa 190 km in drei Gruppen geschieden wird:
1) die östl. Gruppe mit São Miguel, der größten, bevölkertsten und reichsten Insel (777 qkm), Sta. Maria (97 qkm) und nordöstlich
von letzterer die 45 qm große Bank Las Formigas nebst 7-8 Felsen;
2) die mittlere Gruppe mit Pico (447 qkm), Terceira (421 qkm), São Jorge (244 qkm), Fayal (179 qkm), Graciosa (63 qkm);
3) die westl. Gruppe mit Flores (141 qkm) und Corvo (19 qkm). Administrativ zerfällt der Archipel in drei nach ihren Hauptstädten
benannte Distrikte: Angra do Heroismo (Hauptstadt des ganzen Archipels, auf Terceira), 727,7 qkm, (1890) 71804 E.;
Horta (auf Fayal), 786,5 qkm, 58928 E.;
Ponta-Delgada (auf São Miguel), 874 qkm, 124779 E. Zu Angra gehören außer Terceira
noch Graciosa und São Jorge;
Ponta-Delgada umfaßt die östl. Gruppe, São Miguel und Sta. Maria, der Distrikt Horta
die übrigen Inseln.
Die Azoren haben im ganzen keine guten Häfen; der sicherste ist Angra auf Terceira, ferner Horta (auf Fayal)
und Ponta-Delgada (auf São Miguel).
Die einzelnen Inseln sind sämtlich von SO. nach NW. langgezogen, schwer
zugänglich und durchaus vulkanischer Natur. Die Oberfläche ist bei allen bergig, durch wilde Schluchten
zerrissen. Unter den Vulkankegeln ist der Pico-Alto (2320 m) auf Pico der bedeutendste. Der Pico de Vara auf São Miguel ist
1090, die Caldera de Sta. Barbara auf Terceira 1050, der Pico de Esperanza auf São Jorge 1067, die Caldera de Fayal 1021, der
Morro-Grande auf Flores 942, die Caldera de Corvo 777, der Pico-Alto de Sta. Maria 570, Graciosa nur 396 m
hoch.
Wirkliche Tafelflächen sind selten; auch diese sind durch parasitische Vulkankegel uneben. Die dem vulkanischen Terrain eigentümliche
Form der Kraterkessel (Caldera, s. d.) wiederholt sich hier außerordentlich häufig, der Boden derselben ist meist von Seen
erfüllt. So bilden namentlich auf São Miguel der Lagoa do Fogo, die Caldera das Furnas und vor allem die
Caldera das Sete-Cidades mit ihren herrlichen Seen und der üppigen Vegetation im Gegensatze zu den wilden Tuffwänden die
schönsten Landschaften des Archipels.
Der Boden besteht ausschließlich aus neuern vulkanischen Massen, Laven, Tuff, Bimsstein, Schlacken
und Agglomeraten.
Die ältesten Schichten sind trachytische Laven, nur auf Sta. Maria finden sich Versteinerungen
führende Kalkschichten marinen Ursprungs. Zahlreich sind die heißen Quellen, auf Sao Miguel führt das Val das Furnas, welches
von der gleichnamigen Caldera zum Meere durchbricht, seinen Namen von der außerordentlichen Menge heißer Quellen, die
teilweise sogar unter dem Wasser des Sees hervorbrechen.
Auf Terceira hauchen Solfataren Schwefeldämpfe aus. Von Erdbeben und Ausbrüchen sind die Azoren seit ihrer Besitzergreifung durch
Cabral (1444) 21mal heimgesucht worden, am meisten die Insel São Miguel, nämlich 12mal. Das Erdbeben von 1522 verheerte mit
mächtigen Erdstürzen und Schlammergüssen einen großen Teil der Insel, namentlich die damalige Hauptstadt
Villa Franca mit ihren 6000 Bewohnern. Einige von den Ausbrüchen fanden nicht unmittelbar auf den Inseln, sondern in der Nähe
derselben unterseeisch statt, wie 1638, 1720 und 1811 bei São Miguel, 1691 und 1757 bei São Jorge; ganz unberührt blieben
Sta. Maria, Graciosa, Flores und Corvo. Bei Gelegenheit der unterseeischen Ausbrüche entstanden jedesmal
Inseln, die nach kurzer Zeit wieder verschwanden. So entstand 1811 die Insel Sabrina, die 80 m über das Meer ragte, aber noch
im gleichen Jahre wieder versank. Am 25. Nov. 1857 beobachtete ein engl. Schoner unweit der Azoren ein
Seebeben, wobei eine halbe Stunde lang warme Dämpfe aus dem Meere stiegen, das in kochende Bewegung geriet.
- Die Azoren sind gut bewässert. Mineralquellen von wirksamen Eigenschaften giebt es besonders auf Terceira, São Miguel, Pico
und Flores.
Klima. Das Klima ist mild, feucht und gesund. Im Winter sind die Inseln heftigen Stürmen aus NW. und W.
ausgesetzt, und auch im Sommer, wo Nord-, Nordost- und Ostwinde vorwalten, weht der Wind meist ziemlich heftig. Als niedrigste
Temperatur hat man im Januar 7 2/9 ° C., als höchste im Juli 30° C. wahrgenommen.
Bisweilen fällt auf den Bergen Schnee. Zu Ponta-Delgada beträgt die mittlere Jahrestemperatur 17,7°
C. (Sommer 20,7, Winter 13,1). Die Luft ist oft so feucht, daß Tapeten und die Fourniere der Möbel sich loslösen. Ein immergrüner
Lorbeerwald reicht hier bis zu einer Höhe von 800 m hinauf.
Pflanzenwelt. Die Flora weist 478 Arten Gefäßpflanzen auf, von denen über 400 europ. Ursprungs und nur 40 den
Azoren eigentümlich sind. In den obern Regionen werden die Farne üppig, und Dicksonia culcita L'Herit. erreicht 2 m Höhe. Es
gedeihen hier alle Produkte Portugals, namentlich vorzügliche Orangen in Menge, Wein namentlich am Westabhange des Pico-Alto;
er wird gewöhnlich unter dem Namen Fayalwein, zuweilen auch als Madeira in den Handel gebracht. Auf São
Miguel wird die Ananas mit bestem Erfolge kultiviert. Die Feuchtigkeit des Klimas gestattet noch das Gedeihen einiger tropischer
Nahrungspflanzen (Bananen u. a.), doch ist keine Palme hier wild. Der Ölbaum gedeiht nur auf Terceira; Thee, Kaffee und Tabak wird
nur ganz wenig gebaut, wie früher auch Zuckerrohr. Wie an Schiffbauholz, ist auch Mangel an Metallen.
Tierwelt. Die Viehzucht ist sehr bedeutend und liefert vortreffliches Schlachtvieh in Menge; die Pferde, in geringer Zahl gehalten,
sind klein und schlecht. Eigentümlich ist auch eine auf Corvo gezüchtete Rasse von Kühen, die nur 1 m Höhe er
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reichen. Auch die wilden Säugetiere (Kaninchen, Wiesel, Ratten, Mäuse) sind, mit einziger Ausnahme einer Fledermaus, von
Menschen teils absichtlich, teils unabsichtlich eingeführt. Die 42 brütenden Landvögel weichen kaum von den europäischen
ab; nur ein Gimpel ist den Azoren eigentümlich. Reptilien und Amphibien, außer dem eingeführten Frosch und einer verschleppten
Echse, fehlen. Unter den Schmetterlingen befindet sich eine nordamerik. Art, unter den Käfern drei südamerik.
Arten.
Handel und Gewerbe. Landwirtschaft wird nur auf São Miguel, Fayal und Graciosa mit einiger Einsicht betrieben. Bedeutend ist
der Handel, besonders mit Portugal, England, Brasilien und Nordamerika. Hauptgegenstände der Ausfuhr sind Wein und Branntwein,
Orseille (aus Färberflechten), Orangen, Ananas, Getreide, Hülsenfrüchte, Rindvieh, Schweine, Salzfleisch,
Käse, Öl, Vogelfedern und aus solchen verfertigte kostbare Blumen, Stroh zu Hüten. Die Orangen spielen die Hauptrolle, sie
gehen fast ausschließlich nach England, da sie den Transport nicht so gut vertragen wie die italienischen.
Ihr Exportwert betrug 1872: 80705 Pfd. St. 1878-88 wurden jährlich zwischen 400000
und 500000 Kisten à 400 Stück nach England ausgeführt. Sie heißen dort St. Michaels-Orangen, nach dem Haupthafen. Unter
den 34 Arten von Farnen ist die stattliche Dicksonia culcita. L'Herit. auf allen größern Inseln verbreitet und wird viel gesammelt,
um als Stopfmaterial für Matratzen unter dem Namen Cabellinho in Portugal und Brasilien Verwendung zu finden.
Bodenkultur wie Ausfuhr sind dadurch beeinträchtigt, daß der bei weitem größere Teil des Landes großen Landbesitzern (Morgados)
gehört, von denen Pächter kleine Teile erhalten. Armut herrscht daher allgemein, und die Auswanderung nach Britisch-Guayana/Westindien,
Brasilien und den Hawaii-Inseln ist anhaltend. Industrie fehlt gänzlich; die Inseln werden meist von England
aus mit Manufakturwaren versehen, außerdem werden Rum, Zucker, Thee und Kaffee importiert.
Geschichte. Daß die Azoren schon von Karthagern besucht wurden, scheinen die auf Corvo gefundenen punischen Münzen zu beweisen.
Auch den Normannen und Arabern waren sie bekannt. Indessen erst seit der Besetzung durch die Portugiesen
wurden die Inseln genauer erforscht. Der Komtur Gonçaló Velho Cabral entdeckte 1431 die Klippen der Formigas und 1432 Sta.
Maria. Schon auf der Welttafel des Venetianers Andreas Bianco von 1436 und auf der catalon. Karte des Gabriel de Balsecea von 1439 sind
die Azoren angegeben als von Diego von Sevilla 1427 gesehen, und sogar auf dem mediceischen Portulan von 1351 ist
bereits der ganze Archipel genau und im einzelnen merkwürdig richtig angegeben. 1444 wurde São Miguel, 1449 Terceira, São
Jorge, Fayal, Flores und (wenn nicht erst 1460) Corvo, 1453 Graciosa entdeckt.
Sämtliche Inseln waren bei ihrer Besitznahme unbewohnt, reich an Wald und Vögeln. Die ersten portug. Kolonien
erhielten Sta. Maria und São Miguel gleich nach ihrer Auffindung. Der Volksglaube hielt die Azoren für die Inseln der Sete-Cidades
oder Sieben Städte, das Asyl von sieben Bischöfen, die nach der Eroberung der Iberischen Halbinsel durch die Araber sich geflüchtet
und sieben Städte gegründet haben sollten.
Columbus hielt den Archipel für die Atlantis (s. d.). König Alfons V. trat 1466 die
Insel Fayal an seine Tante Isabella, Herzogin von Burgund (Mutter Karls des Kühnen), auf Lebenszeit ab, worauf sich viele Ansiedler
aus Flandern auf derselben einfanden.
Daher auch der Name der Flandrischen, Flamländischen oder Vlämischen Inseln (Ilhas Flamengas), den freilich
manche davon ableiten, daß ein Kaufmann Vanderborg aus Brügge die Inseln 1439 zuerst aufgefunden haben soll. Infolge jener
Schenkung wurde Jobst von Hürter aus Moerkirchen mit einer flamländ. Kolonie als Lehnsmann und erblicher Statthalter nach
Fayal und Pico geschickt. Dessen Tochter Johanna heiratete 1486 den berühmten Kosmographen Martin Behaim
(s. d.), der sich 1486-90 und wieder 1494-1506 in Fayal aufhielt. Mit dem Tode der Herzogin Isabella kam Fayal wieder an Portugal,
und gleich diesem standen die Azoren 1580-1640 (Terceira erst seit 1583) unter span. Herrschaft. In neuerer Zeit wurden die Inseln
dadurch wichtig, daß der Angriff gegen Dom Miguel 1832 von hier ausging.
Vgl. Hebbe, Nachrichten von den Azoren, besonders der Insel Fayal (deutsch von Rühß, Weim. 1806);
Boid, Description of the Azores
(Lond. 1835);
Kerhallet, Description nautique de l'archipel des Açores (Par. 1858);
G. Hartung, Die in ihrer äußern Erscheinung
und nach ihrer geognost.
Natur geschildert (Lpz. 1860); Morelet, Iles Açores. Notice sur l'histoire naturelle des Açores
(Par. 1860): Godmann, Natural history of the Azores (Lond. 1870).