Azofarbstoffe
,
Azofarben, eine Gruppe künstlich dargestellter Farbstoffe, die feit 1876 in großer Zahl und Mannigfaltigkeit hergestellt werden und in den Handel kommen. Sie enthalten wie z alle Azoverbindungen (s.d.) die Gruppe –N:N- beiderseits mit aromatischen (Benzol-, Naphthalin-) Kernen verbunden (chromopbore Gruppe). Aber erst durch den Eintritt salzbildender (chromogener) Gruppen an Stelle von Wasserstoff der aromatischen Kerne entstehen echte Farbstoffe.
Solche Gruppen, welche die
Azoverbindungen zu Farbstoffen machen, sind die
Amido- und die Hydroxylgruppc, NH2 und
OH. Man unterscheidet demnach
Amido- und
Oxyazofarbstoffe.
Amidoazobenzol (als salzsaures
Salz
[* 2] Anilingelb), C6H5NNC6H4NH2
^[C6H5 N:N C6H4NH2], und
Oxyazobenzol, ^[C6H5 N:N C6H4OH] (nicht zu verwechseln mit Azoxybenzol,
s.
Azoverbindungen), sind die einfachsten Azofarbstoffe.
Zur technischen
Darstellung von Azofarbstoffe
gebt man von Diazoverbindungen
(s. d.) aus, die man durch Einwirkung von Natriumnitrit auf saure Lösungen von
Anilin und andern primären aromatischen Aminbasen erhält (Diazotierung), z. B.:
C6H5.NH2HCl + NaNO2 + HCl ^[C6H5 NH2HCl + NaNo2 + HCl =]
C6H5.N:N.Cl + NaCl + 2H2O ^[C6H5 N:N Cl + NaCl + 2H2O].
Diazobenzolchlorid
Man isoliert die im trocknen Zustande explodierenden Diazoverbindungen nicht, sondern setzt zu der direkt erhaltenen mit Eis [* 3] gekühlten Lösung aromatische Amine oder Phenole. Aus Diazobenzolchlorid und Anilin entsteht beispielsweise auf diese Weise zuerst das gelbe nicht sehr beständige Diazoamidobenzol (nicht zu verwechseln mit dem isomeren Amidoazobenzol):
C6H5.N:N.Cl + C6H5NH2 ^[C6H5 N:N Cl + C6H5NH2] =
C6H5.N:N.NH.C6H5 ^[C6H5·N:N·NH·C6H5 + HCl.
Diazoamidobenzol
Dieses geht durch Erwärmen mit Anilinsalz unter einer eigentümlichen Umlagerung in
Amidoazobenzol, einen echten Azofarbstoff
,
über:
C6H5 N:N NH C6H5 ^[C6H5 N:N NH C6H5] =
C6H5 N:N C6H4 NH2 ^[C6H5 N:N C6H4NH2]
Mit tertiären aromatischen
Ammen, mit
Phenolen, Naphthylaminen und Naphtholen geben die Diazoverbindungen
aber direkt Azofarbstoffe
nach folgenden
Beispielen:
C6H5.N:N.Cl + C6H5N(CH3)2 ^[C6H5 N:N Cl + C6H5N(CH32] =
Dimethylanilin
C6H5.N:N.C6H4 N(CH3)2 HCl ^[C6H5 N:N C6H4N(CH32 HCl].
Salzsaures Dimethylamidoazobenzol
Ebenso wie das
Anilin geben alle aromatischen primären
Amine Diazoverbindungen, die nach den beschriebenen Reaktionen
einer
weitern
Kombination mit den verschiedensten aromatischen
Aminen und Pbenolen fähig sind, und es wird dadurch die Zahl der
Azofarbstoffe
eine ungemein große. Um die Farbstoffe in Wasser löslich zu machen, was für das
Färben notwendig ist, führt man die
Sulfongruppe SO3H an
Stelle von
Wasserstoff ein, am besten, indem man Amidosulfonsäuren
diazotiert (z. B.
Sulfanilsäure, C6H4(NH2) SO3H ^[C6H4(NH2) SO3H]), oder indem man die Diazoverbindungen
mit bereits sulfonierten
Aminen und
Phenolen kombiniert. Es entstehen dadurch Sulfonsäuren der Azofarbstoffe
, deren leicht lösliche
Natriumsalze dann die in den
Handel kommenden Präparate sind. So ist z. B. das
Tropäolin das Natriumsalz der
Benzol-Azo-α-Naphtholsulfonsäure
C6H5 N:N C10H5(OH) SO3Na ^[C6H5 N:N C10H5(OH) SO3Na].
Auch durch Zusatz von Natriumsulfit werden Azofarbstoffe
löslich gemacht.
Werden
Verbindungen wie das
Amidoazobenzol nochmals diazotiert und mit
Aminen oder
Phenolen kombiniert, so entstehen Azofarbstoffe
, welche
die Azogruppe N2 zweimal enthalten
(Tetrazofarbstoffe). Zu diesen gehören die wertvollsten Azofarbstoffe
, wie z. B.
das
Biebricher Scharlach (s. d.).
Die Azofarbstoffe
färben
Wolle direkt, Baumwollstoffe dagegen nur unter Zuhilfenahme von
Beizen. Eine Ausnahme bilden die sich von dem
Benzidin, NH2 C6H4 C6H4 NH2 ^[NH2 C6H4 C6H4 NH2] ableitenden, welche Pflanzenfasern
direkt färben. Man bezeichnet die Azofarbstoffe
meist mit willkürlichen
Namen unter Beifügung der
Buchstaben G oder Y (gelb,
yellow), 0 (orange) und R (rot). Die Anzahl der beigefügten
Buchstaben soll ungefähr die Intensität der Färbung andeuten.
In neuester Zeit ist es gelungen, auch violette, blaue und schwarze Azofarbstoffe
(meist
Tetrazoverbindungen) darzustellen, über die
wichtigsten Azofarbstoffe
, wie
Tropäoline, Ponceaus, s. die Einzelartikel.