AlleDinge gehen von Gott als dem einzigen Unveränderlichen aus, aber nicht unmittelbar, da das Unveränderliche
nichts Veränderliches unmittelbar hervorzubringen vermag.
Sein erstes und allein unmittelbares
Produkt ist die
Intelligenz
(die Weltseele); von da reicht durch die
Kette der verschiedenen Himmelssphären hindurch die
Kette der Ausflüsse bis auf
unsre
Erde herab. Aber dieselbe
Ursache, welche die
Dinge erzeugt, muß sie auch erhalten;
Ursache und
Wirkung
sind gleichzeitig, die
Welt daher ebensogut von
Ewigkeit wie Gott. AvicennasSchriften, die schon im 12. Jahrh. ins
Lateinische
übersetzt wurden, erschienen teilweise (die
Metaphysik) schon 1493, die
Logik und einige andre 1495 zu
Venedig
[* 3] und
seitdem öfter (Vened. 1523, 5 Bde.;
Bas. 1556).
Ibn Sina (AbûAlî al-Husain ibn AbdAllahibn Sina), arab. Philosoph und Arzt, geb. 980 zu Efschene, einem Flecken
in der Nähe von Buchara., studierte zu Buchara Mathematik, Astronomie,
[* 4] Philosophie und Medizin, wobei ihm der Zutritt zur reichen
Hofbibliothek des samanidischen Fürsten Nuh Ⅲ. besonders förderlich war. Nach kurzem Staatsdienst
verließ er seine Heimat und lebte fortan an den Höfen verschiedener pers. Kleinfürsten zumeist als Leibarzt; eine Zeit lang
war er in Hamadan auch Vezier bei dem bujidischen
Fürsten Schems aldin, nach dessen Tode er eingekerkert wurde.
Nach seiner Freilassung zog er nach Ispahan und starb auf einem Zuge seines Gönners, des Emir Ala-ed-Daula,
gegen Hamadan 1037. Sein Grab wird noch heute in Hamadan gezeigt. Avicénna hinterließ eine Menge Schriften, unter denen sein im
wesentlichen an Galen sich anschließendes System der Medizin «Kânûn fi’l Tibb» den größten Ruf erlangte. Das Buch ist
eine aus sekundären arab. Quellen geschöpfte Kompilation der griech. Medizin, galt aber für Jahrhunderte,
und in manchen Gegenden des Orients noch heute, als der Codex des mediz.
Wissens. Der arab. Text des «Kânûn» ist vollständig (4 Bde.,
Rom 1593; 3. Bde., Bulak 1294 der Hidschra) gedruckt. Von den zahlreichen lat. Übersetzungen (die älteste
von Gerhardus Cremonensis) ist seit dem 15. Jahrh. eine Anzahl gedruckt; für die sorgfältigste
gilt die nicht vollendete von Plempius (Löwen
[* 5] 1658). Auf die Scholastiker des Mittelalters haben die philos. Schriften des
Avicénna großen Einfluß geübt. Sein philos. Hauptwerk ist das «Schîfâ»,
das von den orthodoxen Mohammedanern viel angefeindet wurde; man erblickte darin den Inbegriff des Aristotelischen
Unglaubens.
Die Psychologie des Avicénna hat S. Landauer (1875) bekannt gemacht. Eine Reihe kleinerer philos. und religiöser Abhandlungen von
Avicénna sind (Konstantinopel
[* 6] 1298 der Hidschra) gedruckt worden. Die Darstellung der philos. und religiösen Lehren
[* 7] des Avicénna giebt
in einer Reihe von Abhandlungen der dän. Gelehrte F. Mehren in der Zeitschrift «Muséon», 1882 fg.;
derselbe hat auch den «Philosophus autodidactus» des Avicénna arabisch
und französisch herausgegeben: «L’allégorie mystique Hay ben Yaqzân» (Leid. 1889),
Forget den «Livre des théorèmes et
des avertissements» (Tl. 1, ebd. 1892). Ein «Poema de Logica» des Avicénna veröffentlichte
Schmölders in den «Documenta philosophica Arabum» (Bonn
[* 8] 1836).