Avaren
(Awaren), tatar.
Volk, welches unter dem
Namen Ogoren am
Don und am
Asowschen
Meer wohnte. Als diese von den
Türken
besiegt und zum größten Teil vernichtet wurden, zog der Rest des
Volkes, welcher seitdem Avaren
hieß, nach dem
Kaukasus und
bot 558 dem
Kaiser
Justinianus seine
Dienste
[* 2] an. Dieser trug ihnen auf, die
Slawen und
Bulgaren an der untern
Donau zu bekriegen. Nachdem sie dieselben unterworfen, siedelten sie sich unter ihrem
Fürsten (Chagan) in
Pannonien an, halfen
den
Langobarden (566) das Gepidenreich zertrümmern und verbreiteten sich unter dem Chagan
Bajan über das ganze
Donaugebiet von den
Alpen
[* 3] bis zum
Schwarzen
Meer.
Pferdezucht [* 4] und Kriegszüge auf gepanzerten Rossen blieben ihre Hauptbeschäftigung. Die besiegten Völkerschaften behandelten sie auf das grausamste. Das Land zerfiel in sieben Hagane (Gaue), welchen in »Ringen« wohnende Tarchane unter der Oberhoheit des Chagan vorstanden. Der einflußreiche Oberpriester hieß Bokal Abras. Den Byzantinern (seit 581), den Franken (571 und 596) und den Langobarden (seit 610) fiel das räuberische Nachbarvolk höchst beschwerlich. Zur Zeit des letzten Kriegs zwischen Byzantinern und Persern plünderte es (Juni 619) die Vorstädte von Konstantinopel [* 5] und umlagerte (29. Juni bis 3. Aug. 626) die Hauptstadt.
Nach
Bajans
Tod (630) ausgebrochene
Unruhen erleichterten zwar den
Bulgaren (635) die Wiedererlangung der
Selbständigkeit, nachdem bereits die
Tschechen
(Böhmen)
[* 6] und Moraver
(Mähren) unter dem
Franken Samo, dann auch die
Sorben unter
Dervan und andre slawische
Stämme sich befreit hatten. Dennoch suchten die Avaren
noch im 8. Jahrh.
Italien
[* 7] und
Deutschland
[* 8] wiederholt
durch ihre Plünderungszüge heim. Erst
Karl d. Gr. brach die Macht der Avaren
, die gegen ihn den aufständischen
Herzog
Tassilo von
Bayern
[* 9]
¶
mehr
unterstützt hatten; er selbst drang 791 bis zur Raab
[* 11] vor, und sein Sohn Pippin stürmte 796 den Hauptring zwischen Donau und
Theiß. Alle Schätze, welche die Avaren
seit 300 Jahren den Griechen abgenommen, wurden erbeutet. Der Chagan Tudun ließ sich in
Aachen
[* 12] taufen und schwur Karl Treue, bewog zwar später die Avaren
zu einem Aufstand (799), der aber, wie Zodans
(803) Empörung, unterdrückt wurde, worauf das Land an der Enns mit deutschen Ansiedlern besetzt und in fünf Grafschaften
geteilt wurde, welche nachmals die Mark Österreich
[* 13] bildeten. Selbst der Name der Avaren
erlosch in den Donaugegenden, indem der
über die Theiß zurückgehende Teil des Volks sich mit den Bulgaren verband, der diesseitige sich unter
der slawischen Bevölkerung
[* 14] verlor. Nach 827 verschwinden sie ganz aus der Geschichte. Wahrscheinlich hat sich ein Überrest
der Avaren
im Kaukasus in der lesghischen Völkerschaft der Awarier (s. Awarien) erhalten.