Titel
Ausweisung
,
die seitens der höhern Landespolizeibehörde verfügte Wegweisung 1) von
Ausländern oder der
Staatsangehörigkeit
Verlustigen aus dem
Staats-
(Bundes- oder
Reichs-) Gebiete oder 2) von Inländern aus bestimmten Orten,
Bezirken, Reichsteilen
(Externierung). Die Ausweisung
ist entweder eine rein polizeiliche Maßregel für die innere und äußere Sicherheit
des
Staates, oder sie erfolgt, und zwar immer bei Inländern, auf
Grund ausdrücklicher, allgemeiner oder
besonderer gesetzlicher Bestimmung, namentlich als Wirkung der
Stellung eines wegen
Verbrechens oder
Vergehens Bestraften unter
Polizeiaufsicht.
Auch soweit nach dem noch in Kraft [* 2] gebliebenen Landesstrafrecht solche Aufenthaltsbeschränkungen zulässig sind, ist dies in Kraft verblieben. Ferner kann Personen, welche innerhalb der letzten 12 Monate wegen wiederholten Bettelns oder wiederholter Landstreicherei bestraft worden sind, der Aufenthalt in jedem andern Einzelstaate von der Landespolizeibehörde untersagt werden. Die unbefugte Rückkehr eines Ausgewiesenen wird bestraft (Reichs-Strafgesetzb. §§. 39 und 361). Im Deutschen Reiche, dem namentlich auch die gesamte Fremdenpolizei in Deutschland [* 3] zusteht (Reichsverfassung Art. 4, Nr. 1), giebt und gab es außerdem noch besondere gesetzliche Gründe der und zwar 1) das noch geltende Gesetz über den Orden [* 4] der Gesellschaft Jesu vom Danach ist dieser Orden samt den ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen (von denen jedoch durch Gesetz vom die Redemptoristen und Priester vom Heiligen Geiste wieder zugelassen wurden) vom Gebiete des Deutschen Reichs aus geschlossen und können die Angehörigen derselben, wenn sie Ausländer sind, aus dem Bundesgebiete ausgewiesen werden. Sind sie Inländer, so kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten Orten versagt oder angewiesen werden.
2) Das Gesetz ¶
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über Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern vom das jetzt aufgehoben ist (Gesetz vom
Diesem zufolge konnte einem Geistlichen oder andern Religionsdiener, der durch gerichtliches Urteil aus seinem Amte entlassen
worden war und hierauf eine Handlung vornahm, aus welcher hervorging, daß er die Fortdauer des ihm entzogenen
Amtes beanspruchte, durch Verfügung der Landespolizeibehörde der Aufenthalt in bestimmten Orten oder Bezirken versagt oder
angewiesen werden, ja selbst die Staatsangehörigkeit aberkannt und daraufhin Ausweisung
verfügt werden.
3) Das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie vom Nach demselben konnte gegen Personen, welche sich die Agitation für socialdemokratische Zwecke zum Geschäft machen, im Falle einer Verurteilung neben der Freiheitsstrafe auf die Zulässigkeit der Einschränkung ihres Aufenthalts erkannt werden. Außerdem konnte Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu befürchten war, der Aufenthalt in den Bezirken oder Ortschaften, über welche der sog. kleine Belagerungszustand verfängt war, versagt werden. Dieses Gesetz, auf Zeit erlassen und mehrfach erneuert, ist gleichfalls durch Nichterneuerung außer Kraft getreten.
Personen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen, können jederzeit durch Polizeiverfügung des Landes verwiesen
werden; das Reichs-Strafgesetzbuch enthält überdies mehrere Specialvorschriften (§§. 39.2, 362), nach welchen
die Ausweisung
nach erfolgter strafgerichtlicher Verurteilung erfolgen soll. Das Recht, Ausländer auszuweisen, ist unbeschränkt; thatsächlich
allerdings wird in Zivilisierten Staaten Fremden, welche zu keinen Bedenken Anlaß bieten, der Aufenthalt unbeschränkt gestattet.
Eine generelle von Fremden (z. B. bei Ausbruch eines Kriegen mit dem Staate, dem sie angehören) wird von manchen
Schriftstellern als unzulässig betrachtet, was jedoch rechtlich nicht haltbar ist, so barbarisch auch eine derartige Maßregel
(z. B. die Austreibung der Deutschen aus Frankreich 1870) erscheint.
Die Gemeinden können neu anziehenden Personen den Aufenthalt versagen, wenn sie nachweisen, daß dieselben nicht im stande sind, sich und ihre Familien notdürftig zu ernähren; ferner können solche Personen aus der Gemeinde weggewiesen werden, welche unterstützungsbedürftig geworden sind, bevor sie den Unterstützungswohnsitz erworben haben, und wenn der Nachweis erbracht werden kann, daß dies nicht durch bloß vorübergehende Arbeitsunfähigkeit verschuldet ist (Gesetz über die Freizügigkeit vom §§. 4-6; Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom §§. 55 fg.). In Bayern [* 6] gelten jedoch strengere Vorschriften.