forlaufend
108
Der Umwälzung der Bevdlkerungspolitik in den Vereinigten Staaten [* 3] gegenüber, aber auch an sich betrachtet, sind die Änderungen der Auswanderungs- politik in den europ. Staaten nur unbedeutend und beschränken sich auf Schutzmaßregeln für die Aus- wanderer und Verbesserung der Auswanderungs- polizei. In Deutschland [* 4] besonders hat das Be- dürfnis nach einer Reform des Auswanderungs- wesens im 1.1893 zu einem Gesetzentwürfe geführt, welcher in der schärfern Kontrolle des Agentenwcsens und in der Einführung der Anzeigepflicht der Aus- wanderungsabsicht bei der Ortsbehörde gipfelte.
Gerade die letztere Bestimmung erregte aber fo starken
Widerspruch, daß der
Entwurf nicht einmal zur
Beratung gelangte. Ein
neuer
Entwurf soll dem Reichstag 1896/97 vorgelegt werden. Für
Österreich
[* 5] ist es besonders schwierig,
die
Beaufsichti- gung und Leitung der Auswanderertransporte ent- sprechend zu ordnen, weil es keine eigenen Aus- wanderungshäsen
besitzt. Eine Sonderstellung unter den überseeischen
Wan- derungen nimmt die Auswanderung
aus
China
[* 6] ein, welche be- sonders
Australien,
[* 7] Polynesien und die
Vereinigten
Staaten zum Ziele gehabt hat. In diesen
Ländern und anderswo haben die
Chinesen,
welche die
Über- völkerung aus der
Heimat treibt, eine große An- passungsfähigkeit an
Klima
[* 8] und Arbeitsweise be- kundet,
andererseits aber überaus zäh an
Sprache,
[* 9]
Religion und
Sitten der
Heimat festgehalten.
Bei ihrer erstaunlichen Bedürfnislosigkeit verdrängen sie häufig die eingeborenen Arbeiter vollständig, so daß die Gesetzgebung der überschwemmten Länder selbst zu einer Zeit, wo an sonstige Beschränkung der Einwanderung noch gar nicht gedacht wurde, gegen den chines. Zuzug scharfe Mahregeln ergriff. So erließen die Vereinigten Staaten 1882 ein Ge- setz, welches für 10 Jahre die Einwanderung chines. Arbeiter verbot und 1892 auf 10 Jahre verlängert wurde, und die meisten auftrat.
Staateu trieben die schon 1881 eingeführte
Kopfsteuer für jeden ein- gewanderten
Chinesen 1888 auf eine unerschwing- liche
Höhe. lS. Chinesenfragc, Bd. 4.) Die
Statistik der Auswanderung
, welche schon der uner- laubten Auswanderung wegen nie einwandfrei werden wird,
hat neben der Zahl der Auswandernden als wichtigste
Merkmale deren Geschlecht,
Alter und
Beruf zu er- fassen, da sich aus diesen
Schlüsse auf die
Größe des wirtschaftlichen
Verlustes der abgebenden Nation ziehen lassen.
Die überseeische Auswanderung
aus
Deutschland über deutsche, belg.,
Holland, und franz. Häfen betrug: Jahre überhaupt
Auf 1000 Einwohner Davon nach den
Verein.
Staaten
Brasilien
[* 10] 1891 1892 1893 1894 1895 120 089 116 339 87 677 40 964 35 629
2,41 2,31 1,73 0,80 0,68 108611 107 803 75102 34210 30 692 3710 779 1169 1283 1340 Im letztgenannten
Jahre war, abgefehen von den Hansestädten, die am stärksten aus Hannover
[* 11] mit 1,95, Oldenburg
[* 12] mit 1,93 und
Schleswig-Holstein
[* 13]
mit 1,90 auf 1000 E.; über 1 auf 1000 E. erreichte sie sonst nur in
Posen,
[* 14]
Pommern
[* 15] und Westpreußen.
[* 16]
Die schwächste Auswanderung
mit 0,0? auf 1000 E. wies Schaum- burg-Lippe auf. Im 1.1895 ist übrigens
die Auswanderung
mit 35629 fogar noch etwas unter jene des vorherge- gangenen Jahres gefunken. Auch
Großbritannien
[* 17] und
Irland haben
neuerdings einen erbeblichen Rückgang der Auswanderung
zu verzeichnen gehabt. Dieselbe betrug nämlich: Jahre überhaupt
Davon nach den
Vereinigten Staateu
Britisch-Nordamerika
Australien 1390 1891 1892 1893 1894 315 980 334 543 321397 307 633 227179
233 522 252 016 235 221 213212 159 605 31 897 33 752 41866 50 381 23 731 21570 19957 16183 11412 11185 An der beträchtlichen
Abminderung der Auswanderung
im I. 1894 sind am stärksten die
Schotten, demnächst die Engländer beteiligt, während
die irische Auswanderung
nur um ein Fünftel zurückgegangen ist.
Die italienische von der
Statistik geschie- den in dauernde (überseeische) und zeitweilige (euro- päische), gestaltete sich
im letzten Jahrfünft wie folgt: Jahr ! Dauernd ^ Zeitweilig ^ Zusammen 1890 104733 112511
217244 1891 175520 118111 293631 1892 107369 116298 223667 1893 124312 122439 246751 1894 101207 124139
225346 Zu der dauernden Auswanderung
stellt die Landwirschaft mit durchfchuittlich 55-65 Proz.
das Hauptkontingent, während bei der zeitweiligen die Erdarbeiter, Maurer u.
dgl. allein schon über die Hälfte ausmachen.
Einen außerordentlichen Rückgang hat die <
Skandinavien erfahren. Diefelbe
betrug: . aus Jahre ! Aus
Schweden
[* 18] 1890 1891 1892 1893 1894 30128 38318 41275 37 504 8 246 Aus
Norwegen Aus
Dänemark
[* 19] 10991 13 341 17 049 18 778 5 642 10 298 10 382 10422 9150 4105 Auch die übrigen
kleinern europ.
Staaten, bezüg- lich deren Nachweisungen vorliegen, haben 1894 geringere
Verluste durch Auswanderung
zu verzeichnen
gehabt. Die Ä. betrug: Jahre
Schweiz
[* 20]
Niederlande
Belgien
[* 21] 1890 6693 3526 2976 1891 6521 4075 3456 1892 7835 6299 5174 1893 6177 4820 3881 1894 3849 1146 1267 Äußerst
geringfügig im Verhältnis zur
Bevöl- kerung war die Auswanderung
aus
Frankreich.
Der mini- male Zuwachs des
Landes durch Geburtenüberschuh macht ein stärkeres Abströmen von
Arbeitskräften
unnötig. Im ganzen wanderten aus 1890: 20560, 1891: 0217,1892: 5528 und 1893: 5586
Personen. Auch die Auswanderung
aus
Ost erreich,
welche zu Beginn der neunziger Jahre eine ungewöhnliche
Ausdehnung
[* 22] angenommen hatte, ist noch unter ihr früheres
Ni- veau
zurückgegangen, und nicht minder scharf war die rückläufige
Bewegung in Nngarn. Aus der ganzen Monarchie
wanderten aus 1890: 55 658, 1891: 75197, 1892: 75047, 1893: 65 511 und 1891: 22 566
Personen. Die Auswanderung
aus
Spanien,
[* 23] deren Hauptziel
Cuba ist oder war, während die
Vereinigten Staaten so gut wie gar nicht in Betracht kommen, betrug 1890:
¶