der den Europäern am spätesten bekannt gewordene, auch der kleinste unter
allen
Erdteilen, umfaßt als solcher sämtliche vom
IndischenOzean und den
Grenzen
[* 3]
Asiens über das
StilleMeer
bis zu den Westküsten
Amerikas verstreute Ländermassen und hat in dieser
Ausdehnung
[* 4] ein
Areal von 8,952,855 qkm (162,609 QM.),
das von 4,4 Mill.
Menschen bewohnt wird. Dieses aus zahllosen Landfragmenten von der
Größe einer den
Kontinenten zugerechneten
Insel bis zu den winzigen
Schöpfungen der
Korallen
[* 5] zusammengesetzte Länderkonglomerat trennt sich aber
sowohl nach der natürlichen
Beschaffenheit der einzelnen Teile als der ihrer ursprünglichen Bewohner
(Pflanzen,
Tiere,
Menschen)
in zwei durchaus voneinander verschiedene Gebiete: den Australkontinent mit dem ehemals mit ihm verbundenen
Tasmania und die
große australische Inselflur, welche die einen als
Polynesien bezeichnen, ein
Name, der aber richtiger nur einem Teil
zukommt, die andern besser unter dem
NamenOzeanien
[* 6] zusammenfassen.
In den letzten
Jahren hat sich nun mehr und mehr der
Gebrauch
herausgebildet, den
NamenAustralien auf den Australkontinent (nebst
Tasmania) allein anzuwenden; dem folgend, beschränkt sich die
nachstehende
Darstellung auf dieses Gebiet (7,696,598 qkm = 139,778,8 QM.),
während wir die übrigen Teile des Weltteils (1,256,257 qkm = 22,830,2 QM.)
unter
Ozeanien behandeln.
Die
Engländer verstehen unter in der
Regel ihre sämtlichen australischen
Kolonien, d. h. außer dem Australkontinent nebst
Tasmania auch
Neuseeland, weil das letztere als Wohnplatz von
Menschen britischer Herkunft und Staatszugehörigkeit wie als
Produzent und
Konsument der gleichen Handelsprodukte wirtschaftlich durchaus zu den übrigen gehört;
ja,
sie fangen bereits an, die
Fidschiinseln
[* 7] hinzuzurechnen, welche, wenn die geplante
Konföderation der britisch-australischen
Kolonien zur
Thatsache wird, ein
Glied
[* 8] derselben zu bilden bestimmt sind.
Daher ist es gestattet, bei einer Schilderung der sozialen
und wirtschaftlichen Verhältnisse auch das geographisch durchaus anders veranlagte
Neuseeland zum
Vergleich
heranzuziehen.
Areal und
Bevölkerung
[* 9] (mit Ausschluß der Ureinwohner) dieser australischen
Kolonien sind gegenwärtig folgende:
Der Australkontinent wird von allen Seiten von
Meeren eingeschlossen: im W., N. und S. vom
Indischen, im O. vom
StillenOzean.
Der nördlichste
Punkt,
KapYork, liegt 10° 43', der südlichste,
KapWilson, 38° 61' südl.Br., der westlichste,
Kap Inscription, 112° 52', der östlichste,
KapByron, 153° 34' östl. L. v. Gr. Die größte
Breite
[* 10] beträgt von O. nach W.
4300, die größte
Länge von N. nach S. 3180 km. Mit seinem Flächeninhalt von 7,627,832 qkm (138,529,4
QM.) mißt der australische
Kontinent etwa drei
Viertel des
ArealsEuropas, dem es unter den
Erdteilen in
seinen Größenverhältnissen am nächsten steht, in seiner horizontalen
Gliederung aber durchaus unähnlich ist.
Küsteninseln und Archipele sind bisher noch unbekannt, auch noch nicht bewohnt; viele dürften es auch niemals werden, wenn
auch die innerhalb des vom Wendekreis bis nach Neuguinea reichenden GroßenBarrierriffs der KüsteQueenslands vorgelagerten zahlreichen
Inseln eine üppige Vegetation zeigen und daher Bewohnbarkeit versprechen und die Koralleneilande in jüngster Zeit
für Perlen- und Trepangfischerei Wichtigkeit erlangt haben.
Die vertikale Gliederung des australischen Kontinents ist gleichfalls sehr einförmig; man kann ihn als ein großes, im O.
höheres, im W. niedrigeres Plateau ansehen, dessen Ränder bald unmittelbar zum Meer abfallen, bald durch einen hier breitern,
dort schmälern Küstenstreifen von demselben getrennt sind. Dieses Plateau senkt sich von allen Seiten
nach innen zu, wo in der Gegend des Eyresees der Kontinent seine größte Depression
[* 17] hat. Auf den durchschnittlich 650 m über
den Meeresspiegel erhobenen Ostrand ist eine Reihe von niedrigen Bergketten aufgesetzt, welche von der Südspitze, wo eine
Anzahl von Klippen
[* 18] und Inseln den ehemaligen Zusammenhang des Kontinents mit Tasmania anzeigt, bis nahezu
zum äußersten Norden
[* 19] hinaufreichen und in dem MountClarke (2213 m) und dem MountKosciuszko (2187 m) in den AustralischenAlpen
[* 20] ihre höchsten, aber noch nicht zur Schneegrenze (hier über 2400 m) reichenden Erhebungen haben.
Doch liegt der Schnee
[* 21] in den geschützten Schluchten dieser wie der zahlreichen 1600-1950 m hohen Berge
auf victorianischem Gebiet ungestört manchen Sommer hindurch. An der Ostküste ist der Charakter des Tafellandes ein deutlich
ausgesprochener, und so unvermittelt hebt sich dasselbe von den schmalen Küstenebenen, daß die ersten Ansiedler lange Zeit
sich auf die letztern beschränken mußten. Ganz analog den schmalen, scharfen Einschnitten des Meeresufers
erscheinen die tiefen Einkerbungen der zuweilen mauerähnlich emporstrebenden Gebirgswälle. Am auffallendsten ist dieser
Charakter ausgesprochen in den BlauenBergen
[* 22] etwas östlich von Sydney,
[* 23] welche darum auch der Überschreitung anfangs große
Schwierigkeiten entgegensetzten, jetzt aber von einer Eisenbahn durchzogen werden.
Von den zahlreichen Bergzügen, welche auf das Plateau aufgesetzt sind, erhebt sich keiner zu bedeutender
Höhe; im nördlichen Teil von Neusüdwales erreicht der BenLomond 1517 m und auf einer der kleinen, mit dem Tafelland parallel
nahe am Meer hinlaufenden KettenMount Seaview 1520 m. Eine noch größere Höhe erreicht im hohen Norden
auf Queensländer Gebiet die massige Gruppe des Bellenden Kerr mit 1638 m. Während sich am Rande des Tafellandes, durch Querriegel
getrennt, eine Anzahl zum Teil sehr fruchtbarer Ebenen hinzieht, schließen auf demselben die nordsüdlich und einander parallel
laufenden Bergketten eine Anzahl von Ebenen ein, die vorzügliche Weidegründe abgeben.
Isolierte Bergzüge, meist von unbedeutender Länge und noch geringerer Breite, erheben sich über das ganze Tafelland hin.
Der bedeutendste derselben ist die in der KolonieSüdaustralien am Kap Jervis
bis an das große Seengebiet
(LakeTorrens, LakeEyre) streichende Kette, welche, in ihrem nördlichen Teil Flindersgebirge genannt, sich durch Reichtum an
Kupfer und Silber auszeichnet. Durch wüste Ebenen mit dem Salzsumpf Frome von ihr getrennt, ziehen sich östlich
in gleicher Richtung die rauhen Stanley- und Barrierketten hin, von denen die letztere durch große Gold- und Silberfunde in
jüngster Zeit bekannt wurde.
Die übrigen, gleichfalls isoliert auftretenden bedeutendern Gebirge: die dürre Gawlerkette, welche die große Eyriahalbinsel
im N. begrenzt, die mauerähnlich aufsteigende Macdonnellkette mit dem 1140 m hohen MountGiles, welche
am Wendekreis des Krebses im Zentrum des Kontinents der Errichtung des Überlandtelegraphen anfangs unüberwindliche Schwierigkeiten
entgegenstellte, die jener parallel laufende, etwas südlichere Jameskette, zwischen denen beiden sich eine fruchtbare Landschaft
hinzieht, die Musgravekette an der Nordgrenze des eigentlichen Südaustralien, die Rawlinson- und Petermannketten südlich
vom Amadeussee, die Leopoldkette in dem erst 1879 entdeckten Kimberleydistrikt Westaustraliens, sie sind
alle, wie viele andre mehr, noch wenig bekannt, zeichnen sich aber sämtlich durch Schroffheit und Rauheit aus.
Da keins der GebirgeAustraliens über die Schneelinie hinausreicht, da ferner die bedeutendsten derselben hart am Ostrand hin
gelagert sind, wo sie die Niederschläge der Passatwinde von dem großen westlich liegenden Teil des Kontinents
absperren, dessen äußerster Westrand nur aus unbedeutenden Bergketten gebildet wird, so konnte sich ein eigentliches Flußsystem
nur im O. des Kontinents bilden. In dem ganzen großen südwestlichen Plateau, in Südaustralien, in Zentralaustralien, sammeln
sich die seltenen, aber heftigen Niederschläge in zahlreichen, fast ausnahmslos salzigen Sümpfen, die
in Australien sehr unrichtig als Seen bezeichnet werden.
Die bedeutendsten dieser Seen finden wir in Südaustralien: den großen Eyresee, durch eine selten von Wasser bedeckte Zusammenschnürung
in Nord- und Süd-Eyresee getrennt, nebst den kleinern Gregory, Blanche, Frome, den langen Torrenssee, den
eine schmale Landenge vom Spencergolf scheidet, und westlich davon die große Gruppe, unter denen LakeGairdner der umfangreichste,
ferner im Innern der lange, noch wenig bekannte Salzsumpf Amadeus, endlich die zahlreichen auf dem westaustralischen Plateau
verstreuten Salzsümpfe: Austin, Moore, Barlee, Lefroy u. a. Ebenso sind von den vielen kleinen SeenVictorias
die meisten salzig, dasselbe gilt vom George- und vom Bathurstsee im Randgebirge von Neusüdwales; Ausnahmen machen von den
größern nur Lake Colac und Lake Burrumbeet sowie einige Seen, welche von Flüssen, wie Murray, Darling, gespeist werden (Lake
Urana, Benanee, Victoria,
[* 28] Cawndilla) oder, wie die Seen Alexandrina und Albert, Mündungsseen eines großen
Flusses sind.
Bogan, wie der Murrumbidschi nebst dem Lachlan leidet zuzeiten an solchem Wassermangel, daß die Schiffahrt auf ihm Unterbrechungen
erfahren muß. Die Flüsse des Innern, wie der seiner Länge nach bedeutende, aus der Vereinigung von Thomson und Victoria entstandene
Barku oder Cooper, sind nur zu seltenen Zeiten in ihrem ganzen Lauf mit Wasser gefüllt, oft nur eine Reihe
weit voneinander entfernter Becken oder ganz wasserleere Flußbetten, die in sandigen Ebenen verlaufen oder in salzigen Sümpfen
enden.
Einen ganz ähnlichen Charakter tragen die FlüsseWestaustraliens. Daher sind die australischen Flüsse für den Verkehr von wenig
Bedeutung; der Murray ist freilich in der Regel das ganze Jahr hindurch für Dampfer von geringem Tiefgang
befahrbar, aber eine Barre verschließt sein Mündungshaff, den Alexandrinasee, gegen die völlig ungeschützte Encounterbai
für die Schiffahrt fast gänzlich; auf seinen Nebenflüssen Darling und Murrumbidschi ist der Verkehr regelmäßig für einige
Monate im Jahr unterbrochen.
Von den auf der Ostseite ins Meer fallenden Flüssen (Hawkesbury, Hunter) ist eine große Anzahl eine kurze
Strecke von der Mündung aufwärts schiffbar, während die in den Carpentariagolf fallenden Gewässer bisher wenig bekannt
sind. Doch versprechen einige derselben wie auch mehrere des Nordterritoriums wichtige Verkehrsmittel zu werden. AllenFlüssenAustraliens ist ein enormes plötzliches Steigen des Wasserspiegels bei periodisch auftretenden gewaltigen
Niederschlägen eigen, wodurch sie ihren Uferlandschaften oft in hohem Maß gefährlich werden.
Eine eigentümliche Erscheinung sind die an einigen Stellen des Innern (LakeEyre) in Gruppen hervorbrechenden kalten und warmen
Quellen, welche aber, da sie massenhaft Kalksinter, auch Salzteile ablagern, für ihre Umgebung von beschränktem
Nutzen sind. Wenn sonach die natürliche Bewässerung des Kontinents nur dürftig ist, so berechtigen doch die durch Bohrungen
erzielten Resultate zur Hoffnung auf dereinstige Versorgung jetzt noch wasserloser Strecken.
Geologische Verhältnisse. Daß Australien eine Eiszeit
[* 31] gehabt hat, erscheint sehr zweifelhaft; man darf vielmehr nach den aufgefundenen
tierischen und pflanzlichen Überresten annehmen, daß das Klima
[* 32] des Kontinents früher ein wärmeres war.
Dafür liefern die heute im Gebiet von Neusüdwales aufgefundenen Knochen
[* 33] ausgestorbener Krokodile,
[* 34] Schildkröten,
[* 35] einer Riesenechse,
des den heutigen Emu weit überragenden Dinornis australis und riesiger, dem Elefanten an Größe nahekommender Beuteltiere
[* 36] (Diptrodon)
sowie die Reste der unter Lavaströmen aufgefundenen ehemaligen Flora den Beweis.
Noch mannigfaltiger und wechselnder scheint die Gebirgsbildung
[* 41] in Südaustralien; hier finden sich alle
ältern Gesteine bis auf den Kupferschiefer, dem die Kupfergruben des Landes angehören. Im nördlichen und nordwestlichen Australien sind
die hervorstechendsten GesteineSandsteine, die der devonischen Kohlenformation zuzurechnen sein dürften, und die aus ihnen
gebildeten Berge geben diesen Gegenden durch ihre regelmäßigen Bildungen einen ganz besondern Charakter.
Klima. Der Erdteil wird von dem Wendekreis so durchschnitten, daß etwa ein Drittel innerhalb der Tropen liegt. Hier
herrscht nun nicht überall ein Tropenklima. Im äußersten Norden gibt es nur zwei Jahreszeiten:
[* 43] eine nasse mit dem Nordwest-Monsun
und eine trockne mit dem Südwest-Monsun;
die erstere dauert auf der Yorkehalbinsel von November bis März, bei Port Darwin
von Oktober bis April, dort fallen 2200 mm, hier 1390 mm im Jahr, davon 1800, resp. 1000 mm in den vier MonatenDezember bis März. In dieser nassen Zeit sind Europäer von Fiebern heimgesucht, die aber selten verderblich werden.
Die Monsunregion
reicht im W. kaum bis zum 17.°, im O. bis 24° (Brisbane) hinab. An der Südostküste fällt Regen zu allen Jahreszeiten,
der meiste im Herbst, an der Süd- und Südwestküste im Winter. Die durchschnittliche Regenmenge ist in Brisbane 1330, in Sydney
1203, in Melbourne
[* 44] 697, in Adelaide
[* 45] 536, in Perth 839 mm. Nach dem Innern zu nimmt der Regenfall mehr und mehr ab. In Bourke
am Darling fielen 290, bei Charlotte Waters-Telegraphenstation nur 114 mm. Dabei fällt der Regen zuweilen
in solchen Massen, daß zerstörende Überschwemmungen eintreten, dann wieder fürchterliche monatelange, im Innern mehr als
jahrelange Dürren, denen die Pflanzen- und Tierwelt erliegt. Der Hauptcharakter des australischen Klimas ist seine Unbeständigkeit.
Die Sommer sind überall sehr warm; der mittlere Thermometerstand beträgt an der Nordküste gegen 27°
C., in Brisbane (27°
¶
Das Forschungswerk in dem Australkontinent ist zwar noch lange nicht abgeschlossen, denn die Karte weist
noch ungeheure weiße Flecke auf; da es aber in hohem Grade unwahrscheinlich ist, daß neue Reisen ein wesentlich andres Bild
von den natürlichen Verhältnissen des Landes geben werden als das, welches uns die Forschungen früherer Jahre geschaffen
haben, so hat sich die Thätigkeit der Forscher mehr auf die genauere Kenntnisnahme schon bereister Gebiete
beschränkt. So durchzog J. Forrest 1883 den Kimberleydistrikt im nordöstlichen Westaustralien, Ernest Favenc erforschte das
Gebiet des in den Golf von Carpentaria mündenden MacArthur-Flusses, während Carrington die vor der Mündung dieses Flusses liegende
Sir EdwardPellew-Gruppe näher untersuchte.
Die Entdeckung von Silbererzlagern von großer Ausdehnung und überraschendem Reichtum in der Barrierkette
an der westlichen Grenze von Neusüdwales machte diese öde Gegend auf einmal zu einem vielgesuchten, volkreichen Gebiet, und
Mitte 1884 entdeckte Johnston am Ordfluß unter 17° 30' südl. Br. und 28° 40' östl. L. v. Gr. Gold. Zugleich wurden die
das Nordterritorium durchfließenden bedeutenden Gewässer (Daly, Adelaide, Victoria) von ihrer Mündung
ins Meer aus untersucht. Vom Cambridgegolf an der Nordküste machte Stockdale einen Vorstoß ins Innere, der von sehr günstigen
Resultaten begleitet war. Dieselben Gegenden wurden auch 1885 wiederholt untersucht. Der Geolog Hardman forschte hier
im Auftrag der Regierung von Westaustralien,
¶
Von weitern Forschungsreisen im Australkontinent sind besonders zu nennen die ReiseLindsays vom zentralen Teil des Überlandtelegraphen
zu dem in den Golf von Carpentaria mündenden Mac Arthurfluß, die Reise von Giles und Laurie vom Überlandtelegraphen
zum Kimberleydistriit im J.1886 sowie die Untersuchung der mineralischen Reichtümer des Nordterritoriums durch den Geologen
Tenison Woods, welche außerordentlich günstig ausfielen, ebenso wie die 1888 ausgeführte Reise von Lindsay und von Brown und
East ins zentrale Australien. Die Thätigkeit fast aller Forschungsreisenden hatte zum Zweck die Auffindung für
Ackerbau oder Viehzucht
[* 50] geeigneten Landes oder die Entdeckung mineralischer Schätze, insbesondere von Goldlagern.
Weit bedeutender war die Thätigkeit, welche in der Erforschung des neuerdings in den Besitz von England und Deutschland
[* 51] übergegangenen
Teils von Neuguinea entfaltet wurde. Eine 1884 von der Melbourner Zeitung »Age« ausgesandte Expedition unter
Strachan drang vom Baxterfluß 195 km weit ins Land, entging aber nur mit Not den Angriffen der feindseligen Eingebornen; eine
andre Zeitung: »Argus«, entsandte Armit, welcher mehrere der Inseln an der Südküste erforschte.
Der Russe Miklucho Maclay, welcher sich mehrere Jahre an der Nordostküste von Neuguinea aufgehalten hatte,
kehrte 1886 mit reichen Sammlungen zurück, seine Ansprüche auf das ihm angeblich von den Eingebornen abgetretene Gebiet
fanden bei der russischen Regierung keine Unterstützung. Auf englischem Gebiet machte Euthbertson Vermessungen und erstieg 1887 den 3120 in
hohen Mount Obree; eine geplante Ersteigung des MountOwen Stanley konnte nicht ausgeführt werden. Wiederholt
wurden außerdem kleinere Vorstöße nach dem Innern sowie Befahrungen von Küstenflüssen, Untersuchungen der Küste vorliegender
Inseln ausgeführt, die indes keine sehr wesentliche Bereicherung unsrer Kenntnis des Landes ergaben.
In dem deutschen Teil Neuguineas wurde emsig gearbeitet. Nachdem schon 1884Finsch die Küste befahren und
einzelne Punkte untersucht hatte, ging 1886 Kapitän Dallmann den Kaiserin Augusta-Fluß aufwärts, eine wissenschaftliche Expedition
unter Schrader mit dem Botaniker Hollrung und dem Geologen Schneider wurde abgesandt, und der LandeshauptmannFreiherr v. Schleinitz
beteiligte sich selbst eifrig an der Erforschung des Gebiets. Sitz der Verwaltung wurde Finschhafen, im
Huongolf fand man eine ganze Anzahl vorzüglicher Häfen, Schrader drang mühelos auf dem Kaiserin Augusta-Fluß 600 km weit
aufwärts, und auch sonst wurden überall Vorstöße ins Innere gemacht; 1888 unternahm Zöller vom Konstantinhafen in der Astrolabebai
mit mehreren andern eine Expedition in das Finisterregebirge, welches bis 2750 m erstiegen wurde, dann
besuchte Zöller auch die Salomoninseln. Ein Bericht des Kapitäns Strachan, wonach im holländischen Neuguinea die Geelvinkbai
und der Mac Cluergolf durch eine Wasserstraße verbunden sein sollten, erwies sich bei genauer Untersuchung als falsch.
[* 2] Der bereits seit einer Reihe von Jahren die Bewohner des Australkontinents und Neuseelands beschäftigende
Gedanke einer Vereinigung aller australischen Kolonien zu einem Bundesstaat hat nach den bisher fruchtlos
verlaufenen Zusammenkünften endlich einen bedeutenden Schritt zur Verwirklichung gemacht. Eine von sämtlichen sieben Kolonien
beschickte Föderationskonvention trat in Sydney zusammen und faßte 10. April folgende Beschlüsse: Die Verfassung des
Commonwealth of Australia soll sechs Monate nach ihrer Genehmigung durch das Reichsparlament in London
[* 55] in
Kraft
[* 56] treten, nachdem sie vorher von den Legislaturen der einzelnen hier in Frage kommenden Kolonien angenommen wurde.
Das Repräsentantenhaus geht alle drei Jahre aus Volkswahlen der einzelnen Staaten hervor, ein Mitglied
auf 30,000 Einw. Die Mindestzahl der Abgeordneten für jeden Staat beträgt vier. AlleGesetze bedürfen der Zustimmung des
Generalgouverneurs, bez. der Königin. Die der letztern innewohnende Vollzugsgewalt wird durch einen Generalgouverneur ausgeübt,
welcher Oberkommandant des Heeres und der Flotte ist, und dem ein Ministerrat von sieben Mitgliedern zur Seite
steht.
zusammenfinden; Neuseeland wird sicher noch einige Zeit zurückstehen. Die KolonieWestaustralien erhielt als die
letzte der australischen Kolonien eine repräsentative Verfassung. Die Mitglieder des Oberhauses (LegislativeCouncil) werden
vom Gouverneur ernannt, das Unterhaus (Legislative Assembly) besteht aus 34 in 30 Wahldistrikten gewählten Mitgliedern, welche
Landeigentum im Wert von 500 Pfd. Sterl. besitzen müssen. Auch die
Wählerschaft ist von einem gewissen Besitz abhängig. Die Bevölkerung der sieben Kolonien betrug nach der Zählung vom
Nahrungszweige. Der Ackerbau nimmt stetig zu; am stärksten ist derselbe in Südaustraulien [^richtig:
Südaustralien], Victoria, Neuseeland und Neusüdwales (vgl. auch Getreideproduktion etc.). In Victoria hat man 1883 in verschiedenen
von Flüssen durchzogenen, der Bewässerung bedürftigen Distrikten 27 Behörden geschaffen, die für Aufstauung dieser Flüsse
durch Dämme und für Bewässerung der anliegenden Ländereien sorgen sollen. Solche Anlagen sind vorgesehen
im Goulburn-Distrikt, am Loddon, Kow Swamp, Campaspe, Broken River, Wimmera, Werribee uud Murray. An dem letztgenannten Fluß
hat eine amerikanische Firma eine Konzession von 250,000 Acres (100,000 Hektar) erhalten, welche ihr als Eigentum zufallen, wenn
sie innerhalb 5 Jahren 35,000 Pfd. Sterl. darauf verwendet.
Sie verausgabte aber in 3 Jahren bereits 183,385 Pfd. Sterl., errichtete große Pumpwerke
und schuf einen vortrefflich gedeihenden Ort von 3000 Einw. Ähnliche Anlagen hat dieselbe Gesellschaft etwas weiter abwärts
am Murray auf südaustralischem Gebiet unter gleichen Bedingungen gemacht. Es sind unter Aufwendung von 50,000 Pfd. Sterl.
über 2400 Hektar bereits für
die Kultur von Cerealien vorbereitet worden. Großartige Anlagen zur Ansammlung
und Verteilung vorhandener Wasservorräte sowie zur Erschließung neuer durch Tiefbohrungen hatten auch in Südaustralien den
besten Erfolg.
Der Viehstand betrug 1889: 1,542,957 Pferde, 9,497,665 Rinder, 101,267,084 Schafe und 1,131,547 Schweine.
[* 58] Der Handel mit gefrornem
Fleisch hat außerordentliche Dimensionen angenommen: 1880 gelangten nur 400 Tiere in gefrornem Zustand
probeweise nach London, 1890 waren die australischen Kolonien mit mehr als der Hälfte an der englischen Einfuhr in Höhe von
3,104,590 Stück beteiligt, wobei auf Neuseeland allein 1,205,063 Stück kamen. Die mit Kältemaschinen versehenen Schiffe
[* 59] können
bis 30,000 Schafe in gefrornem Zustand fassen.
Durch dle Errichtung großer, mit allen Erfordernissen ausgestatteter Kühlräume hofft man diesem Handel
noch bedeutend aufzuhelfen. Die Kaninchenplage, welche in Victoria, Südaustralien, Neusüdwales und Neuseeland bereits ungeheuern
Schaden auf den Äckern und Weidegründen angerichtet hat, ist trotz aller Anstrengungen und Kosten noch nicht unterdrückt.
Allein Victoria hat seit 1879 über 160,000 Pfd. Sterl. für die Ausrottung dieser Plage
verausgabt; den in 11 Jahren angerichteten Schaden schätzt man auf 3 Mill. Pfd. Sterl. Vergebens hat man auch auf der Grenze
zwischen Victoria und Südaustralien mit großen Kosten einen Drahtnetzzaun errichtet. Frettchen, Wiesel
[* 60] und Ichneumons sind ohne
Erfolg importiert, und auch der Pasteursche Versuch, die Kaninchen
[* 61] durch eingeimpfte Hühnercholera zu vertilgen,
scheiterte. Man kann die Plage nur unter bedeutenden jährlichen Kosten in Schranken halten. Allerdings wird auch durch den
Verkauf der Kaninchenfelle ein nicht unbedeutender Gewinn erzielt.
Von der Gesamtausfuhr im Betrag von (1889) 57,6 Mill. Pfd. Sterl.
entfielen auf Wolle allein 22,2 Mill., die Gesamteinfuhr betrug 65,3 Mill.
Pfd. Sterl. In Queensland entwickelt sich der Zuckerrohrbau schnell; 1889-90 betrug die Produktion 44,411 Ton., Neusüdwales
produzierte dagegen nur verhältnismäßig kleine Mengen. Die Staatseinkünfte sämtlicher Kolonien betrugen 1889: 28,738,025,
die Ausgaben 28,126,353, die Schulden Anfang 1890: 175,164,207 Pfd. Sterl.
Company, die Orient Steam Navigation Company, die British India Steam Navigation Company, die Union Steamship Company of New Zealand,
die Messageries maritimes und der Norddeutsche Lloyd. Die Zahl der 1889 ein- und ausgelaufenen Schiffe betrug 19,737 von 15,993,658
T. Die Handelsflotte zählte 2874 Schiffe von 356,384 T., darunter 1039 Dampfer von 155,071 T. Das Eisenbahnnetz
der verschiedenen Kolonien wird immer mehr ausgebaut. Victoria ist bereits zum größern Teil mit einem dichten Netz überzogen,
Neusüdwales wird von vier von Sydney ausgehenden Linien gegen den Darling zu durchschnitten, in Queensland streben drei große,
von verschiedenen Punkten der Meeresküste auslaufende Stammlinien der Westgrenze zu, in Südaustralien
wird an dem Riesenunternehmen einer den Kontinent von S. nach N. durchschneidenden Bahn rüstig weitergebaut, in Westaustralien
hat man durch Bewilligung großer Landstriche an den Tracen der zu bauenden Eisenbahnen bereits mehrere Eisenbahnunternehmungen
ins Leben gerufen, welche die Besiedelung des bislang sehr dünn bevölkerten Landes in die Hand
[* 64] genommen
haben, so die bereits vollendete Bahn von Perth nach Albany (391 km), an welcher eine deutsche Kolonie (Warabin) gegründet wurde.
Die Eisenbahnen sämtlicher Kolonien hatten Ende 1889 eine Länge von 18,050 km, im Bau waren 16,427 km. Die Telegraphenlinien
waren 65,269, die Drähte 122,883 km lang. Sydney, Adelaide, Melbourne, Brisbane und mehrere StädteNeuseelands
haben Trambahnen. Durch 5608 Postämter wurden befördert 175,5 Mill. Briefe, Postkarten und Zeitungen. Seit gehört
Australien dem Weltpostverein an.
Die Thätigkeit der zahlreichen in den letzten Jahren ausgesandten kleinern Expeditionen hat sich weniger auf die Erweiterung
unsrer Kenntnis des großen, noch vielfach unbekannten australischen Innern gerichtet, als auf die Prüfung schon bekannter
Gegenden hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit, insbesondere ihres Metallreichtums. Geringen Erfolg hatte in dieser Hinsicht Favenc
bei seiner Durchforschung der Quellgebiete des Gascoyne und Ashburton in Westaustralien.
Auf große Mineralschätze wird hier kaum zu rechnen sein, auch sonst bietet das Land wenig Aussichten
für eine Besiedelung. Doch wurden mehrere bedeutende
Zuflüsse des Ashburton entdeckt. Der australische Staatsgeolog Brown
unternahm im Auftrag der Regierung von Südaustralien 1889 eine Reise nach dem Musgravebirge unter 26° südl. Br., das im Mount
Woodroffe (1560 m) seine größte Höhe erreicht, fand indes von den gesuchten Erzen keine Spur, wohl aber
wertvolle Weidegründe.
Tietkins erforschte den großen, bisher nur an seinem östlichen schmalen Ende besser bekannten Salzsumpf Amadeus, welcher
nördlich vom 25.° südl Br. bis nach Westaustralien hinein sich erstreckt, entdeckte dabei eine ganze Reihe von niedrigen
Gebirgszügen in der ziemlich wasserlosen, teils sandigen und mit Stachelgras bedeckten, teils mit niedrigen
Wäldern bestandenen Gegend, auch einen neuen 1,28 km langen und 20 km breiten Salzsumpf, den
er LakeMacdonald benannte.
Der Norweger Karl Lumholtz hatte bereits 1886 eine auf 4 Jahre berechnete Reise im Auftrag und auf Kosten der UniversitätChristiania
[* 66] unternommen, um in Queensland zoologische Sammlungen zu machen und anthropologische und ethnologische
Forschungen anzustellen. Die Eingebornen, welche im N. in ihren »römischen«
Nasen papuanische Blutmischung verraten, sind arge Kannibalen, vergreifen sich indes an den Weißen nicht, deren Fleisch ihnen
zu salzig schmeckt, verzehren aber desto lieber die Chinesen. Im Kimberleydistrikt hatte 1889 Mac Phee durch Eingeborne von
einem Weißen gehört, der fern im SO. unter Schwarzen leben solle. Er fand auch wirklich einen Mischling,
der ihm mitteilte, daß in der Nähe seines Gebiets sich Reste der Ausrüstung einer Expedition von drei Europäern und einem
Eingebornen befänden, die dort vor vielen Jahren, mit Pferden von O. kommend, verschmachtet seien.
Man deutete diese Nachricht auf Leichhardt und beschloß, auf Anregung des Barons F. v. Müller eine Expedition
von Melbourne aus in jene Gegend zu senden. Ehe aber noch der Plan greifbare Gestalt annahm, erbot sich der freigebige Mäcen
australischer Forschung, SirThomasElder, eine solche Expedition, aber mit erweiterten Zielen, auf eigne
Kosten auszurüsten. Die Aufgabe sollte eine doppelte sein, die geographische Karte von in ihren Hauptzügen zu vollenden und
das Schicksal des seit 1848 verschollenen Leichhardt und seines Gefährten zu ermitteln.
Die Expedition sollte zu diesem Zweck von der australischen transkontinentalen Telegraphenlinie ausgehen, sich zwischen der
Route von Giles 1875 und dem ZugGosses von 1873 und Forrests von 1874 westlich wenden, versuchen, den 122.°
östl L. v. Gr. zu erreichen, dann nördlich bis in die Nähe von MountMacpherson zum obern Murchisonfluß vordringen, um dort
den neuen bereitgehaltenen Proviant und andre Erfordernisse zu erhalten und über diesen ersten Teil der Expedition
vorläufig zu berichten. In einem östlichen und etwas südlichen Kurs wird die
¶
[* 2] der fünfte und kleinste Erdteil. (Hierzu eine Karte: Australien.)
Name. Das Wort Australien bedeutet Südland. Früher verstand man darunter im weitern Sinne das ausgedehnte, im stillen Ocean von den
Grenzen Asiens und dem Indischen Ocean bis zu den KüstenAmerikas zerstreut liegende Inselgebiet, jetzt nur
das große insulare Festland, ehedem Neuholland genannt, sowie die InselTasmanien, und bezeichnet die übrige hierher gehörige
Inselwelt als Oceanien (s. d.). Die Engländer rechnen außerdem zu Australien noch
Neuseeland (s. d.).
Lage, Grenzen und Umfang. Australien erstreckt sich vom östlichsten Punkte, dem KapByron (153° 40' östl. L.), bis zum westlichsten,
dem Steep-Point (113° 6' östl. L. von Greenwich), durch 40 Längengrade (4300 km), und von
seinem nördlichsten Punkte, dem KapYork 10° 43' südl. Br.), bis zu seinem südlichsten, dem Kap Wilson (39° 9' südl. Br.),
etwa durch 28½ Breitengrade (3180 km) weit. In diesem Umfange hat Australien eine Fläche von 7627832, mit Tasmanien
7695726, mit Tasmanien und Neuseeland (samt Chatham-Inseln) 7965158 qkm. Seine Gestalt ist eine
ziemlich gerundete. Es wird bespült im O. vom Stillen Ocean, im W. vom Indischen Ocean, im N. von der Arafurasee und im S.
von den Ausläufern des südl. Eismeers.
Küsten. An der Nordküste zwischen den Halbinseln Arnhem-Land und York im O. findet sich der tiefste Küsteneinschnitt,
der Carpcntariagolf, und westlich von Arnhem-Land der zum Cambridgegolf und zum Oueen's Channel (in den der Victoriafluß mündet)
führende Busen. An der Südseite liegt die ausgedehnteste Einbuchtung, die GroßeAustralische Bucht (Australgolf), an deren
Ostseite der Spencergolf, der
St. Vincent-Golf und die Encounterbai eingeschnitten sind.
Von andern Einschnitten sind zu erwähnen: an der Südseite die BaiPort-Phillip;
an der Westseite der Freycinethafen, die
Sharksbai und der Exmouthgolf;
an der Nordwestseite der Kingsund, an der Nordseite der Van Diemensgolf, die BaiPort-Essington
an der Coburghalbinsel;
an der Ostseite die Prinzeß-Charlotte-Bai an der Yorkhalbinsel, die Halifaxbai,
die Edgecumbebai mit Port-Denison, die Herveybai, die Moretonbai, die Shoal-, Broken-, Port-Jackson-, Botany- und Jervisbai.
Flach sind nur wenige Küstenstrecken, wie z. B. die im innersten Teile des verschlammten Carpentariagolfs, während die Ufer
selbst an ganzrandigen Strecken, wie längs des Australgolfs, mit 1-200 m hohen Steilwänden zum Meere
abstürzen. Hohe, zernagte Felsufer mit vielen Einschnitten zeigt namentlich die Ostküste, an deren nördlichstem Teil überdies
die sich vor derKüste hinziehende Korallenbank, das GroßeBarriereriff genannt, die Annäherung hindert, während zwischen
derselben und der Küste eine schmale gefahrlose Verbindung hindurchführt.
Inseln. An Inseln ist Australien nicht arm. Im Norden wie im Süden führen Gruppen kleinerer Inseln einmal nach
Neuguinea (Thursday-Insel, Prinz-Wales-Insel, Mulgrave-Insel, Banksinsel), dann nach Tasmanien (Kingsinsel, Flindersinsel, Barreninsel,
Clarke-Insel) hinüber. Im Carpentariagolf liegen einige größere Inseln: Morningtoninsel und Groote-Eyland; dem Nordterritorium
gehören zu: Wesselinsel, Crokerinsel, Melville-Insel, Batburstinsel. Der Yorkhalbinsel gegenüber an der Südküste liegt
die Känguru-Insel, an der Ostküste die Frazerinsel. Zahllose Koralleninseln weist die Küste Queenslands auf; auch an den
andern Küsten fehlen kleine Inseln nicht. Tasmanien (s. d.) ist die größte Insel. Neuseeland wird nur politisch zu Australien gerechnet;
es ist geographisch selbständig.
Bodengestaltung. Australien ist im großen und ganzen ein etwa 540 m hohes Tafelland, dessen tiefste Einsenkung
die im N. des Spencergolfs liegenden und gleichsam dessen Fortsetzung bildenden Seen Torrens und Eyre, in 21 m Meereshöhe,
bilden. Namentlich erfüllt den ganzen Nordwesten ein mächtiges Tafelland von etwa 500 m Höhe, dessen wasserscheidender
Rücken etwa 450 m von der Küste entfernt bleibt. Auf der Hochebene erheben sich im Quellgebiete der
zur Westseite fließenden Ströme einzelne Höhepunkte, in der Nähe des Wendekreises selbst bis zur doppelten Höhe der Tafelfläche,
wie der 1158 m hohe Mount-Bruce und der 1091 m hohe Mount-Augustus.
Noch größere Höhen erreicht die Mac-Donnell-Range im NO. des Amadeussees, ferner der Mount-Wood-roffe
(1594 m) und Mount-Morris (1254 m) südöstlich desselben Sees; der See selbst liegt 204 m hoch. Kurze Ketten treten überall
auf, wo Reisende das Innere untersucht haben, und zwischen denselben dehnen sich Ebenen von verschiedenster Ausdehnung aus.
Der östl. Teil ist ein Gebirgsland, das sich nach Westen hin allmählich senkt. Das südlichste und bedeutendste
Glied dieses Gebirgslandes sind die Australischen Alpen, in denen sich der Mount-Kosciuszko (2240 m), der Mount-Clarke (2212
m) und westlich davon der Mount-Hotham (1955 m) erbeben. Der erste gewährt eine der prachtvollsten Aussichten der Welt.
Nach der Westseite fällt sein Gipfel steil fast 1000 in herab zu dem tiefen Schlunde,
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mehr
in dem der Murray entspringt, dessen Thal nur mit einem der schweiz. Hochthäler verglichen werden kann. Die Kette zieht sich
in demselben kühnen Charakter, aber an Höhe abnehmend, nach Südwesten und bildet ein fast unübersteigliches, dichtbewachsenes
Gebirge. Vom Mount-Gisborne auf seinem Kamme blickt man in das schöne, von hohen Gebirgen umgebene, fruchtbare
Gippsland am Fuße der Alpen hinab und bis in das Meer hinaus. Vom Westende dieser Ketten bis nach Kap Wilson im S. und nach W.
bis zum Glenelgfluß reihen sich mehrere andere Gebirgsmassen aneinander, wie die Grampians, in welchen sich Gipfel von 1700 und 1900 in
Höhe finden. (Vgl. von Lendenfeld, Forschungen in den australischen Alpen [Ergänzungsheft 87 von Petermanns
«Mitteilungen », Gotha 1887 ].) - Nördlicher liegt, im W. von Sydney, das Gebirge der Blauen Berge (Blue Mountains), 750-1230
m hoch, durchrissen von gähnenden Schlünden, tiefen, gewundenen Schluchten und schrecklichen Abgründen zwischen riesigen
Sandsteinwänden, überall nur mit Lebensgefahr zu durchklettern und fast labyrinthisch.
Diese Gestaltung, weniger die Höhe, machte den ersten Ansiedlern, deren Niederlassungen am Fuße der Blauen Berge standen,
das Überschreiten der letztern lange Zeit unmöglich und den Namen der Berge zu einem der bekanntesten in Australien. Die nach SW. ausgehenden
syenitischen und granitischen Massen leiten zu den Honeysuckle-Ketten, deren Grünsteinkamm im Mittel 1270 m
Höhe hat, weiterhin aber noch höher wird und dort seinen Charakter ändert; statt der reich bewaldeten Grünsteinkuppen
treten öde, phantastische Syenitgipfel auf.
Weiter nach SW. werden die Formen wieder runder und bewaldet, ändern sich aber beim Georgsee, wo ein westl.
Serpentin- und Porphyrausläufer, die Peel-Range, die Zuflüsse des Murrumbidgee von denen des Lachlan
trennt. Jenseit des Bathurstsees zieht ein anderer Ausläufer nach NO. über Camden und Cumberland, der die malerischsten und
wildesten Scenen bietet. Im W. der Blauen Berge erheben sich zwischen dem obern Macquarie und Lachlan die 1405 m hohen
Canobolasberge.
Nördlich vom Hunter-River heißt das Gebirge die Liverpoolkette, ein Granit-und Porphyrgebirge, auf dem sich Grünsteinkuppen,
wie der Mount-Orley und Mount-Arthur, erheben. Der im W. von Port-Macquarie stehende Mount-Seaview hat 1829 m Höhe. Eine
Fortsetzung dieser Ketten säumt Queensland im O., tritt bis auf 450 oder 500 km ins Innere westlich hinein
bis an die Quellen des Victoria oder Barcoo und zieht sich längs der Ostküste bis in die Yorkhalbinsel nach N. Zu demselben
gehören der 1738 m hohe Mount-Lindsay im SW. Von Brisbane und der mehr als 1300 m hohe Gipfel an der Ostseite der Yorkhalbinsel.
Auf der Südseite des Kontinents, westlich von der Mündung des Murray, ziehen sich Gebirge nach N. zur
Region der Seen, meist niedrig, aber in einzelnen Gipfeln, wie im Mount-Brown am Nordende des Spencergolfs, 969 m hoch. Von
diesem nach NNO. zieht das mehr als 300 km lange Flindersgebirge hin, in dessen Mitte sich der 914 m
hohe Mount-Serle erhebt. Auch an der Südwestseite hat man von der schmalen Küstenebene aus einen kaum 700 m hohen Bergrand,
die Darling-, Herschel- und Victoriakette, zur innern Hochfläche hin zu übersteigen. Als der höchste Berg in dieser Region
wird der 1158 m höbe Mount-Bruce angesehen.
Geologisches. Ein archäisches und paläozoisches Kettengebirge
erfüllt den ganzen OstenA.s, jedoch nur
bis etwa 400 km von der Ostküste entfernt. JüngereEruptivgesteine durchbrechen dasselbe an zahlreichen Stellen, besonders
in Queensland. Auch das Innere hat wahrscheinlich einen archäischen Untergrund, der z. B. in der Mitte im N. und S. am Amadeussee
hervortritt. Auch an der Nordküste südlich von Port-Darwin und im W. quer durch das Festland zeigt sich
dieses archäische Gebiet.
Darüber aber lagert im Innern der sog. Wüstensandstein von nicht sicher bestimmtem Alter um den Eyresee, den Amadeussee,
im NW. und N. Paläozoische Sedimente treten ferner auf zwischen Adelaide und dem Fromesee, um den Mount-Malcolm
im SW. und an einzelnen Stellen im Innern. Im westl. Queensland, dem Quellgebiet der FlüsseFlinders, Diamantina, Thomson, Cooper,
Warrego, liegen mesozoische Ablagerungen, ebenso an der Ostküste bei Port-Clarence und Sydney sowie im W. in einem schmalen
Streifen nahe der Küste, endlich im N. in der Arnhemhalbinsel. Tertiär bedeckt das Flußgebiet vom Darling,
Murray, Murrumbidgee, Lachlan und die Nullarbor-Ebene an der Südküste; Quartär umschließt den Carpentariagolf im S. und
die Roebuckbai im NW. Der ganze Osten ist gefaltet, das Innere und der Westen gelagert.
Gewässer. Infolge der Trockenheit des Klimas ist Australien schlecht bewässert. Seine Flüsse bestehen während
eines großen Teils des Jahres nur aus Reihen von Wasserlachen und Sümpfen. Die kleinen Flüsse oder Creeks lösen sich im
Sommer zu Reihen von Wasserlöchern auf, und ihr Lauf bleibt nur an dem Sande und an den ihre Ufer einfassenden Gummibäumen
erkennbar. Mancher von einem Gebirge in ansehnlicher Größe herabkommende Fluß versiegt einige Kilometer
weiterhin in einer sandigen Ebene.
Ohne diesen Übelstand wäre ein großer TeilA.s herrliches Weideland. Ein wirklich eingeschnittenes Bett
[* 68] scheint vielen der
Flüsse ganz zu fehlen. Das bedeutendste unter den bekannten Stromsystemen ist das des Murray (s. o.) oder Gulwa, der in den
Alexandrinaküstensee mündet. Da derselbe durch die Schneemassen der austral. Alpen genährt wird, so
ist er ein beständiger Strom, ebenso wie die rechts in ihn einmündenden vereinigten Murrumbidgee und Lachlan. Dagegen versiegt
der ein weit größeres Gebiet umfassende und ebenfalls rechts in den Murray mündende Darling oder Calewatta zeitweise. Zu
ihm fließen Condamine, Warrego von rechts, Peel, Macquarie, Bogan von links.
Nächstdem verdient der obere Lauf des Victoria oder Barcoo Erwähnung, der, mit dem Thomson vereinigt, vielfach auch Cooper
genannt wird. Dieser löst sich in einer Wüste fast auf, und von ihm endet der Hauptarm im Eyresee und ein anderer unbedeutender
Arm, der Cooper- oder Strzelecki-Creek, in dem Salzsee Gregory. Unter den kürzern Küstenflüssen
sind an der Ostseite zu nennen: der nördlich von Sydney mündende, 67 km lange Hawkesbury, der 150 km lange Hunter, der 230 km
lange Clarence, der 145 km lange Brisbane, der aus Dawson und Mackenzie gebildete Fitzroy, der von Leichhardt
entdeckte und von Dalrymple 1859 weiter untersuchte Burdekin mit dem Belyando und der Endeavour in Queensland. Im S., an der
Küste von Victoria, fließt der Glenelg, weiter nach O. der 120 km lange Hopkins, der ebenso lange Yarra-yarra, Latrobe,
Snowy; an der
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Die an Zahl und Ausdehnung nicht unbedeutenden Seen A.s sind einen großen Teil des Jahres nur Sümpfe. Im N. des Spencergolfs
(mit dem er nicht im Zusammenhange steht) zieht sich fast 225 km der von kahlen Sanddünen umgebene Torrenssee
hin. Weiter nördlich liegt in 21 m Meereshöhe der noch größere Eyresee, in dessen Osten sich der vielleicht in mehrere
Einzelseen zerfallende Gregorysee hinzieht. Südlich davon der Fromesee. Im W. des Torrenssees auf der Hochebene, in 115 m
Höhe, der große Gairdnersee.
Diese und unzählige kleinere Seen in derselben Gegend sind überaus salzreich und bilden ein Gebiet, das noch nicht lange
vom Meereswasser verlassen zu sein scheint, überhaupt sind deutliche Kennzeichen vorbanden, daß die Südküste noch jetzt
in langsamer Erbebung aus dem Meere begriffen ist. Noch weiter im NW. dieser Seen liegt im Innern 204 m
hoch unter 24° südl. Br. der 320 km lange schmale Amadeussee, in der Nähe der Westküste noch zahlreiche Seen, darunter
der Austin 427 m hoch.
Klima. Das austral. Klima ist bei der großen Ausdehnung des Festlandes naturgemäß kein einheitliches. Das nördl. Drittel
hat tropisches Klima, die südlichen zwei Drittel dagegen haben ein gemäßigtes, so daß das Klima der Kolonien im S. etwa
dem des südl. Europas oder auch Südafrikas gleichkommt. Der N. bat seine Regen im Sommer, vom November bis April, der S.
im Winter, vom März bis September. Der tropische Regen erstreckt sich jedoch nicht bis zum Wendekreise,
sondern, wie es scheint, nur bis zu 17° südl. Br. Zwischen beiden Regionen findet sich eine Übergangszone, in der Niederschläge
zu allen Zeiten, doch nur in sehr geringem Maße erfolgen. Im Innern giebt es auch ganze Strecken, in denen jahrelang kein TropfenRegen fällt.
Während der Regenzeit ergießt sich im S. in den Kolonien der Regen in Strömen. Durch denselben schwellen die Gewässer mächtig
an, veranlassen Zerstörungen und hemmen den Verkehr. Doch vergeben auch Monate ohne Regen, so daß in der That ein trocknes
Land ist. Zeitweise eintretende Dürren sind für die Kolonisten, die davon etwa alle 10-12 Jahre betroffen
werden, die schwersten Plagen; Ernten und Vieh gehen ihnen in solchen Zeiten zu Grunde. Indes werden Victoria und Südaustralien
von solchen Leiden
[* 70] nicht heimgesucht.
Die Regenmenge ist im N. nicht unbedeutend, etwa 1440 - 1660 mm im Jahre; im Innern dagegen sinkt sie
unter 200 mm und nimmt überhaupt von O. gegen W. rasch ab, da der Südostpassat seine Feuchtigkeit am Gebirge absetzt. Das
Innere erhält wenig davon. So ist das Gebirge im O. für Australien nicht vorteilhaft. Neusüdwales genießt neun Monate im Jahre ein
höchst angenehmes Klima. Nur die Sommerhitze ist hier drückend, da sie im Schatten
[* 71] zuweilen bis 47°
C. steigt, namentlich wenn der beiße Wind von Westen aus dem Innern weht, der jedoch nur 22-36 Stunden anhält.
Bei diesem Winde
[* 72] ist die ganze Luft mit dem feinsten Sandstaube erfüllt, der in dicken Wolken heranzieht, alle Vegetation zu
Grunde richtet und auf die Weißen eine Wirkung äußert ähnlich der des Siroccos oder des heißen Wüstenwindes.
Die Sommerwärme von Sydney kommt etwa der von Neapel
[* 73] oder Algier gleich, die Winterwärme der von Sicilien. Auch
Sydneys Jahreswärme
ist gleich der von Sicilien. Oft ändert sich der Stand des Thermometers binnen einer halben Stunde um 16-22°
C., namentlich im Sommer.
Sturt berichtet, daß er auf seiner Reise im Innern im Schatten 55° und in der Sonne
[* 74] 68° C. beobachtet habe. Überhaupt ist
das Klima des Innern sehr extrem; Alice-Springs(23½° südl. Br.)hat als mittlere Grenzen + 46,7° und - 2,2°. Trotzdem ist
das Klima entschieden gesund. Lungenkrankheiten treten nicht auf, höchst selten Epidemien. Dagegen sind
Diarrhöe und Ruhr sowie im N. Malaria sehr gewöhnliche Leiden. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Sydney 17,1, in Brisbane
22, in Melbourne 14, in Adelaide 17,3 und in Perth 18° C.
Pflanzenwelt. Ist auch die Flora in von einem gleichmäßigern Gepräge als in Afrika,
[* 75] Asien
[* 76] und Amerika,
[* 77] so stellt sie doch so wenig eine Einheit dar als die Flora von Europa, ja noch weniger als diese. In vier Hauptgebiete zerfällt
das Land:
1) Die Nordküste bis 20° südl. Br. und der zum Gebiet des Stillen Oceans gehörende Küstenstreif von
Queensland und Neusüdwales bis über den 30. ° südl. Br. hinaus haben eine feuchte Tropenflora von ind. Verwandtschaft,
die aber in ihrem besondern Verhalten, in der Beimischung von Araucarien, in dem Fehlen von Eichen u. s. w., sich mehr an
die malaiischen Inseln und Neuguinea als an den Kontinent Indiens anschließt. Diese Region hat ihre allgemeine
Südgrenze mit dem Aufhören der tropischen Sommerregen.
2) Es folgt nun das weite, regenarme InnereA.s, ein mit lichten Hainen, dichten Gebüschen, weiten Gras- und Geröllflächen,
Salzbuschsteppen und Steinwüsten bedecktes ungeheures Gebiet, in dem nur Herdenzucht mit wechselnden Standorten möglich erscheint,
und in dem manche Expedition aus Wassermangel zu Grunde gegangen ist. Diese Wüstenregion schneidet von
den Tropen bis zu der großen austral. Bucht fast durch das Festland hindurch und teilt dadurch den Rest zu zwei Hauptfloren
ab; sie ist am dürrsten in der großen westaustral. Wüste.
3) Der Südwesten bildet ein ungemein reiches Florengebiet zwischen dem Murchisonfluß und der
Südküste, ein Dreieck,
[* 78] erfüllt mit eigentümlichen Gattungen und Arten der austral. Charakterordnungen; 82 Proz. der Gesamtzahl
sind auf dieses Dreieck beschränkt, und die Flora am Schwanenfluß mit ihren Grasbäumen (Kingia, Xanthorrhoea) ist seit lange
berühmt.
4) Auch Südaustralien (südlich von 30° südl. Br.) hat eine Anzahl eigentümlicher Formen derselben
Sippen; ein neues Entwicklungsgebiet derselben ist aber nur im SO. im feuchtern Gelände
rings um und auf den austral. Alpen, in Victoria und der InselTasmanien zu suchen, wo Baumfarne (Alosophila, Dicksonia, Todea)
im Schatten der Gumbäume wachsen, und auf den Bergeshöhen alpine Formen entwickelt sind, die im Einklang
mit Neuseeland und Patagonien den südlichen niedern Temperaturen folgen.
Während nun die ersteRegion sich durch Tropenwälder mit kletternden Lianen, Baumorchideen, Palmen,
[* 79] Araceen und Pandanus auszeichnet,
leben die eigentlichen austral. Charakterformen hauptsächlich in den drei andern Regionen, setzen dort lichte Wälder mit
hängender oder auf hoher Kante aufreckt stehender Belaubung oder dichte, aus einer Masse kleiner Gesträuche
gebildete Gebüsche (Scrub) zusammen, oder finden sich zerstreut in den Wüstensteppen. Der Reiz der austral. Flora liegt
in der
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