Titel
Ausstellungsgebäude,
[* 1] die baulichen Anlagen, die zur Aufnahme besonders größerer Ausstellungen (s. d.) dienen. Bisher ist es keinem der zahlreich vorhandenen Systeme von Ausstellungsgebäude gelungen, allseitige Anerkennung zu finden. Im allgemeinen ist man von der ursprünglich vorherrschenden Verwendung von Eisen und Glas abgekommen und hat immer größere Teile in Stein herzustellen begonnen. Die größte Schwierigkeit für die richtige Gestaltung der Ausstellungsgebäude liegt darin, daß die auszustellenden Gegenstände übersichtlich und nach verschiedenen Systemen zugleich geordnet werden können, damit der Besucher womöglich die Erzeugnisse eines Landes sowohl als die Erzeugnisse derselben Art beisammen findet. Wie die erste Weltausstellung, 1851 zu London veranstaltet, eine neue Ära des Ausstellungswesens einleitete, so war auch das für dieselbe ausgeführte Gebäude von bahnbrechender Bedeutung. Dieses 1851 von Jos. Parton errichtete (s. Tafel: Ausstellungsgebäude I, [* 1] Fig. 1) zeigte ein freies Langschiff (560 m lang, 20 m breit, 19,5. m hoch), ein dieses in der Mitte durchschneidendes, bis zu 31 m emporsteigendes Querschiff von gleicher Breite und durch Galerien in mehrere Geschosse geteilte Nebenschiffe. Der bedeckte Raum betrug 95000 qm, davon 21000 qm in den Galerien. Wenn auch die Seitenschiffe unübersichtlich, die Galerien unpraktisch waren, so wurde die lichtdurchflutete, ganz in Eisen und Glas hergestellte Mittelhalle doch mit Recht bewundert.
Der Bau wurde etwas verkleinert als Krystallpalast zu Sydenham bei London 1852 neu aufgestellt (s. Taf. II, [* 1] Fig. 1; ferner den Grundriß in vorstehender [* 1] Fig. 1) und wirkt noch heute mächtig auf die Besucher. Als Verbesserungen dabei sind hervorzuheben die Durchbrechung des Langschiffes (490 m) durch drei Querschiffe (110 und 95 m lang) und die strengere Gliederung der letztern. - Der Glaspalast zu München (1854 von Voit erbaut, 233 m lang, Mittelschiff 23 m hoch) entwickelte dasselbe System.
Bei zahlreichen Ausstellungen hat der Bau sich als praktisch bewährt. Ähnlich ist der für die Weltausstellung in Paris 1855 von Viel erbaute, jetzt zu den alljährlichen Kunstausstellungen (Salon) benutzte Industriepalast (250 m lang, 108 m breit, 35 m hoch; s. Taf. I, [* 1] Fig. 2), mit einer Mittelhalle (142 m lang, 48 m breit), einem an der Hauptfaçade vorspringenden Pavillon (80 m lang), acht massiven Treppenhäusern und monumentaler Steinfaçade. Die Anlage war außerdem bestimmt durch den Umstand, daß Napoleon III. den Bau zugleich als Operationsbasis für Truppen bei Aufständen benutzen wollte.
Das Ausstellungsgebäude für die Weltausstellung in London 1862 (erbaut von Fowke) führte die Trennung der einzelnen Gegenstände in Gruppen weiter durch, indem zu beiden Seiten des Langschiffs (25,8 m breit, 30,4 m hoch) je drei glasüberdeckte Höfe und an den Enden zwei gleichbreite Querschiffe hinzugefügt wurden. Die geistvollste Lösung des Ausstellungsgebäude brachte die Weltausstellung in Paris 1867; hier wurde vom Ingenieur Leplay auf einer Fläche von 149000 qm nach dem Radialsystem ein Centralbau von ovaler Grundform (s. nachstehende [* 1] Fig. 2; a-b Raumteilung, b-c Teilung der Sparren, c-d-a Dachkonstruktion) geschaffen, von dem die einzelnen Segmente den verschiedenen Ländern, die konzentrischen Ringe den gleichartigen Ausstellungsgegenständen zugewiesen wurden.
Doch stellten sich bei der Benutzung des Ausstellungsgebäude große Übelstände ein, da in manchen Ländern einzelne Industrien ganz fehlten, also Lücken entstanden, andere für ihre größern Bedürfnisse keine Erweiterungsbauten machen konnten und dadurch die Übersichtlichkeit erschwert wurde.
Die Wiener Weltausstellung 1873 bildete das sog. Fischgrätensystem
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aus. Das auf einer Grundfläche von 190000 qm von C. von Hasenauer erbaute Ausstellungsgebäude (907 m lang, 206 m breit; s. Grundriß in umstehender [* ] Fig. 3) bestand aus einem mittlern Rundbau (Rotunde, einer der bis dahin am weitesten frei überspannten Räume, 102 m Durchmesser, 83,5 m hoch; s. Taf. I, [* ] Fig. 3), an den sich zu beiden Seiten eine Längshalle (25 m breit, 23 m hoch) anschloß, die in ihrer geradlinigen Erstreckung wieder von 16 Querhallen (15 m breit, 14 m hoch) durchschnitten wurde.
Die Höfe zwischen diesen boten Raum für die nötigen Erweiterungen. Konnten auch die Länder ihre Objekte gut zur Darstellung bringen, so boten die großen Entfernungen in der Haupthalle ein Hindernis zu vergleichenden Studien an verwandten Gegenständen. Die Maschinen, die Landwirtschaft und die Kunst hatten besondere Hallen. Diese Teilung nach Gegenständen in verschiedenen Hallen ist in der Folge für die Ausstellungsgebäude maßgebend geblieben. Die Weltausstellung zu Philadelphia 1876 (Ausstellungsgebäude erbaut von H. Pettit und I. Wilson) brachte an der Haupthalle das Tabellensystem auf; die Pariser Anordnung wurde derart abgeändert, daß in der rechtwinkligen Halle (572:141 m) nach Gegenständen und Ländern in Rechtecke abgeteilt wurde. Doch ließ sich auch hier das System in der Praxis nicht völlig aufrecht erhalten. Die Haupthalle bedeckte 80800 qm, der überdeckte Raunt mit den Nebenhallen betrug 220000 qm. Die Pariser Weltausstellung 1878 (Ausstellungsgebäude erbaut von Brunfaut und Hardy, s. Taf. II, [* ] Fig. 3) nahm das Tabellensystem für die Haupthalle an und bildete es in geschickter Weise fort.
Von besonderer künstlerischer Bedeutung war hier der Festbau (Palais du Trocadéro), der auf einer Anhöhe jenseit der Seine, als Abschluß des Ausstellungsplatzes, von Davioud und Bourdais in maurischem Stil errichtet wurde; er besteht aus einem kuppelgekrönten runden Mittelbau (s. auch Taf. II, [* ] Fig. 4), mit einem 6000 Personen fassenden Festsaal von 62 m Durchmesser und 55 m Höhe, zu dessen Seiten sich zwei niedrigere Seitenhallen halbkreisförmig anschließen. Bebaut waren 360000 qm. Die Weltausstellungen zu Sydney (1880) und Melbourne (1881) boten nichts wesentlich Neues. Um so glänzender war das Ergebnis der Pariser Weltausstellung 1889, deren (s. Taf. II, [* ] Fig. 4 u. 2) auf gleichem Boden wie die von 1878 errichtet, im wesentlichen deren System beibehielt, die Haupthalle auf 4400 qm beschränkte, die Zahl der für besondere Zwecke abgetrennten Hallen vermehrte und dem Ganzen im Eiffelturm (s. d.) einen mächtig wirkenden Mittelpunkt gab. Die künstlerische Ausbildung der Ausstellungsgebäude erwies sich als eine besonders glückliche durch die sichere Behandlung der dem Eisen angemessenen Kunstformen. - Die Weltausstellung in Chicago 1893 (s. Chicagoer Weltausstellung) hatte einen Hauptbau für Manufaktur, Kunst- und ethnolog. Sammlungen (mit 158400 qm), während Landwirtschaft, Maschinenbau, Elektricität u. s. w. sowie die Vereinigten Staaten (s. Taf. I, [* ] Fig. 4) und der Staat Illinois je einen eigenen Bau hatten. (S. den nebenstehenden Plan [* ] Fig. 4.)
Auch in den deutschen kleinern Ausstellungen trat wiederholt künstlerisches und praktisches Können hervor. In erster Richtung ist namentlich das Nürnberger von 1882 (erbaut von Gnauth, s. Taf. II, [* ] Fig. 5), in letzter das zu Düsseldorf von 1880 (erbaut von Boldt und Frings), zu Berlin von 1879, zu Breslau von 1881 (erbaut von Brost und Grosser) zu erwähnen. Immer mehr hat sich für die größern Städte das Bedürfnis herausgestellt, ständige Ausstellungsgebäude zu besitzen, ähnlich dem Glaspalast zu München und Industriepalast zu Paris, solche entstanden 1881 in der Gewerbehalle zu Stuttgart (erbaut von Wolff), in dem Landes-Ausstellungsgebäude zu Berlin (erbaut 1882 von Dr. Pröll und Scharowsky, die besonders glückliche künstlerische Ausbildung rührt von den Architekten K8llmann und Heyden her, s. Taf. II, [* ] Fig. 6). Wien erhielt die Rotunde. (S. Kunstausstellung.)